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Unrecht, das bezeugte die Verwüstung ihres Landes, und daß die Engländer sich auch hierin nicht verrechnet haben, lässt sich leicht beweisen. Wenn es unmöglich ist, den Grundertrag eines Landes mit Bestimmtheit zu wissen, so ist es auch unmöglich, zu bestimmen, der wievielste Theil des Er: trags zur Grundsteuer genommen werden soll. Die Bestim mung des Grundertrags ist unmöglich, weil er nicht anders als durch chemische Untersuchung des Bodens erhalten werden kann, wenn er zuverlässig seyn soll; und weil alsdann gerade auf alle die Rücksichten, welche bey der Besteurung wichtig sind, keine Rücksicht genommen wird; weder auf die Ver theilung des Grundeigenthums, noch auf die äußerlichen Hindernisse oder Hülfmittel des Landbaus, auf die übliche Be wirthschaftung, auf den schwerern oder leichtern Absah, auf den Geldverkehr der Gegend, die Getreidepreise u. s. w. Kann diese chemische Ertragsbestimmung nicht zur Anwendung kommen, so kann es die landübliche, auf Erfahrungsäßen beruhende, Abschäßung noch weniger, weil diese ein bestimmtes Gut und dessen Bewirthschaftung, wie hier vorliegt, auch eine bestimmte Zeit vorausseßt, und von einem bestimmten Gute kann die Rede nicht seyn, denn der Ertrag, welcher durch besondern Aufwand von Kosten und Sorgfalt bey grofsen Gütern erhalten wird, darf nicht zur Berechnung kom

weil sonst nicht allein der Grund und Boden, sondern auch das Kapitalvermögen und der Arbeitfleiß besteuert werden würde; der kümmerliche Ertrag vernachlässigter Güter, d. h. der aus dem Mittelalter hervorgegangenen Menge klei ner Höfe, deren Nachtheile oben geschildert sind, deren Eigenthümer aber leben wollen, und sich nicht mit der Antwort eines franzssischen Ministers auf das Zulaggesuch eines Beamten, um mit Frau und Kindern leben zu können, abfertigen lassen:

Sterling ein für allemal festgeseßt; statt ihrer Erhöhung aber die Einkommensteuer aufgelegt.

Je n'en vois pas la nécessité, kann auch nicht zum Anschlag kommen, weil er offenbar nicht der eigentliche Ertrag ist. Es muß also ein idealer Ertrag in dem einen Fall durch Zurechnung, in dem andern durch Abrechnung gebildet, und der Wahrscheinlichkeit - Rechnung offener Spielraum gelassen werden, d. h. Haus und Hof der Phantasie anvertrauen. Aber gefeßt, der wahre wirkliche Ertrag des Landes lege, auf Heller und Pfennig richtig ausgerechnet, in einer goldge ränderten Tabelle zur höchsten Einsicht vor, wie nun berech nen, wie viel davon als Grundsteuer genommen werden kann? Weiß man, was davon an Schuldzinsen außer Lands geht? *) schwerlich; was davon dem Gutsbesißer bleibt? ges wiß nicht. Weiß man, wie der Ertrag im folgenden Jahr seyn wird? auf keine Weise. Der Getreidepreis sinkt vielleicht auf die Hälfte, und damit die ganze schöne Berechnung in Nichts, obgleich man mit unsäglicher Mühe nach dreyßig jährigem Durchschnitt gerechnet hatte. Der Krieg verschlingt die Söhne, die als Knechte auf dem väterlichen Hof dienten. darauf ist wieder nicht gerechnet; der Zinsfuß steigt zum Doppelten, und dieselben Schulden, worüber man vor wenigen. Jahren scherzte, können nun den Gutsverkauf bewirken. Kurz, die Zahlungfähigkeiten der Grundbefizer hängt nicht allein von dem Ertrag ihrer Güter, er hängt von ihren sämmtlichen häuslichen und bürgerlichen Verhältnissen ab; und da diese sich aller Berechnung entziehen, so gibt es keis

*) In einem beträchtlichen deutschen Lande, worin der Güz terverkauf sehr häufig war, hatten die Käufer großentheils nur den Namen von Gutsbesißern, die eigentlichen Eigens thümer waren ihre Gläubiger: Kaufleute in den benachbarten reichen Handelsstädten. Die Folge der französie schen Steueranlage in diesem Lande würde also gewesen seyn, daß die Gläubiger ihre Kapitale aufgekündigt, und ihre Schuldner ihre Güter, und mit ihnen die Mittel zum Unterhalt verloren hatten.

nen sichern Maßstab, um zu bestimmen, welcher Theil ihres Einkommens Grundsteuer werden könne. So viel ist jedoc gewiß, daß es das Fünftel des reinen Ertags weder in Deutschland überhaupt, noch in Westphalen seyn könne, wenn man nicht die Bauern in Tagelöhner verwandeln will. Ein ein faches Beyspiel mag dem Beweise vorangehen. Ein franzófischer Bauer entrichtete vormals an gutsherrlichen Gefällen 100 Rthlr., wobey er sich kaum auf dem Hofe halten konnte. Jene Gefälle hatten in dem Erb-Leihbriefe den Namen droits feodaux, also wurden sie ohne Ersatz als erloschen angese hen *); bey der Grundsteuer: Anlage fahm man ihren Be trag für den reinen Ertrag, und der Bauer zahlte nur 20 Rthlr. Grundsteuer, und mit Freuden, weil seine Einnahme fich jährlich um 100 Rthlr. vermehrt hatte. In demselben Fall würde er in Deutschland, nach wie vor, die gutsherrli chen Gefälle entrichten, und überdem 20 Rthlr. an GrundSteuer zahlen sollen! Um nun den Beweis selbst zu führen, ist vor Allem zu bemerken, daß die Grundsteuer auf den Zu stand nicht des Steuerpflichtigen, sondern seines Gutes Rück sicht nimmt, daß aber bey den Wirkungen einer Steuer die Hauptfrage ist, welchen Einfluß sie auf den Zustand des Steuerpflichtigen hat, ob sie sein Hauswesen nicht zerrütte, seinem bürgerlichen und moralischen Zustande nicht schade? Die Grundsteuer soll der Gutbesizer zahlen, ohne Rücksicht, ob er verschuldet oder schuldenfrey sey; ob das steuerpflichtige Einkommen in seiner Hand bleibe, oder durch seine Hand ge he. Das Lehtere ist mehr, als das Erstere der Fall. Die Gläubiger des Adels und der Bauern sind in den Städten, dort die öffentlichen Anstalten, welchen sie zu Zins und Zehnten verpflichtet sind, dorthin fließen größtentheils die Lehn stamme und Gutsabfindungen aller Art, zu denen sie verbun

*) Das Beyspiel findet sich in den Entscheidungen des Paris ser Kassationhofes,

den sind. Ueberdem ist der Adel durch langen Frieden zahlreicher, als je geworden. Er hat durch die Einziehung der Bisthümer unglaublich verloren; weniger durch die Fürstenhüte, die er trug, als durch die Einkünfte der Stiftsgüter und Ordensgüter, welche er bezog. Seine Familienausga ben haben sich dagegen vermehrt, sein Hauswesen ist kostbarer geworden. Es wird wenig Gutsbesißer geben, denen nach Abzug der Schulden, und Lehnsstämme und Abfindungen mehr von ihren Gütern bleibt, als der Betrag der damit ver: bundenen gutsherrlichen Gefälle, denen man den Krieg ankündigte. Können diese ein Fünftel nicht ihres Einkommens, fondern ihres Gutsertrages, ohne zu verarmen, zahlen? Eben so wenig, als diese, können es die Bauern. Von je: nen glücklichen Ausnahmen, wo auf den Kammergütern mil der Fürsten, oder in der Nähe reicher Städte, die ehemali gen Bauern zwar nicht nach Tracht und Namen, aber wohl nach Wesen und Gehalt, wohlhabende Gutsherren geworden find, kann hier die Rede nicht seyn, sondern von dem Bauernstande überhaupt, der fremdes Gut für fremde Rechnung baut, und dem, so lange Grundeigenthum bleibt, nie mehr werden kann, als sein tägliches Brod, und dem es gleichgül tig seyn kann, ob sein alter Gutsherr, oder der Steuer:Be amte, oder sein jüdischer Gläubiger den Ertrag des Hofes mit ihm theilt. Die weitere Entwicklung dieser Behauptung gehört nicht hieher. Der Bauernstand hatte sich allerdings erholt, seitdem die gutsherrlichen Gefälle und die Kontribu tion ständig geworden waren, und man genau wusste, was zu geben war. Die Accise nahm, und konnte von ihm nehmen, was er für bessern Lebensgenuß erübrigte. Aber ein Fünftel des Ertrags unmittelbar von ihm fordern, müsste schnell die alte Verwirrung seiner Verhältnisse zurückführen, und den verjährten Streit zwischen Staatssteuern und guts herrlichen Gefällen erneuern. Nicht minder kläglich müssre der Zustand in der Menge kleiner Städte seyn, welche sich

im Mittelalter gebildet hatte, und deren Haupterwerb, nach dem 30jährigen Kriege, der Landbau blieb, weil, außer den gutsherrlichen Gefällen, noch städtische Abgaben gezahlt wurden.

Ueberdem wirkt die Grundsteuer nicht allein als Abgabe, sondern als eine, auf dem Grund und Boden haftende, Schuld; und ein Fünftel des Gutswerths dem Staate mit einem Federstrich verschreiben, ist, bey Gott, für tausend und tausend Familien der Freybrief zum Bettelstabe. Allen Gläubigern wird dadurch ein Theil ihrer Sicherheit genom men; wollen und können sie sich bey dem, was ihnen blieb, beruhigen!

Zu diesen allgemeinen Betrachtungen kamen für Westphalen noch, daß der Adel für seine gutsherrlichen Gefälle zittern musste, weil die Verfassung:Urkunde im 13ten Art. unbestimmt verordnete;,,Alle Leibeigenschaft, von welcher „Natur sie seyn, und wie sie heißen möge, ist aufgehoben;“ daß die Konscription das båurische Hauswesen veränderte, daß die Accise erweitert wurde, daß die Lage des Königreichs befürchten ließ, Kriegslasten sonder Zahl und Ende würden den Gutsbeßßer drücken; und daß der Krieg und die Han: delssperre gegen England den besten Markt für die Getreide-Ausfuhr verschließen, die Kornpreise also plöhlich sinten würden. Diese Behauptung, daß es weder möglich sey, den Ertrag eines ganzen Landes in Zahlen anzugeben, noch zu bestimmen, welcher wievielste Theil davon als Grundsteuer erhoben werden könne und solle; diese Behauptung enthält indeß keineswegs die Mißbilligung der Grundsteuer, und noch weniger die Meinung, daß es keinen sichern Maßstab zu ihrer Anlegung gebe. Die Grundsteuer muß vielmehr in einem Lande, dessen Hauptgewerbe der Landbau ist, Hauvt: steuer seyn. Sie kann nach Morgenzahl und bestimmten Er: fahrungsägen über die Ertragsgüte vortrefflich angelegt wer

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