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Man wollte eine allgemeine durchgreifende Ordnung und Gleichheit einführen, und daben das Wesen und die her: kömmliche Weise der Steuer beybehalten. Man wollte allgemeine Steuersäße für die Grundstücke festseßen, und kann te weder ihren Flächeninhalt, noch ihren Ertrag.

Indeß ward doch endlich die Noth die Lehrmeisterinn, und führte auf die einfachste Art, wie die Kontribution eine fichere Grundlage erhalten konnte. Die Eintheilung des art baren Landes nach seiner Güte war jedem Landwirth von Alters her geläufig; man nahm daher in dem ganzen Lande 3, 4 oder mehrere Klassen an, und ließ von Achtsmännern era klären, in welche Klasse entweder eine ganze Feldmark, oder ein steuerpflichtiges Grundstück gehöre. Diese Bestimmung vertrat die Stelle der Abschäßung des Ertrags. Eben so ges läufig, als die Klasseneintheilung, war den Landwirthen, wie viel man auf einen Morgen an Einsaat rechne; statt der Vermessung ließ man daher die Einsaat erklären und abschås hen, und berechnete darnach die Mörgenzahl.

Damit waren die beyden Haupterfordernisse der Arbeit zwar nicht vollkommen, aber doch einigermaßen im Klaren, und es ließ sich nun die Aufnahme und Beschreibung der eins zelnen Gemeinen vornehmen. Wo man Eile hatte, begnügte man sich, darnach die Steueranfäße der Gemeinen im Allges meinen zu bestimmen, und ließ ihnen, nach wie vor, die Sorge der weitern Vertheilung unter ihre Mitglieder; wo man mehr Muße oder weniger zu verlieren hatte, bestimmte man darnach die Beyträge der einzelnen Steuerpflichtigen, nahm auch wohl dabey die alten Steuersäße der Gemeinen, ohne sie zuvor unter sich auszugleichen, zur Richtschnur.

Bey der Ausgleichung der übrigen Bestandtheile der Kontribution gab es wenigere Schwierigkeiten. Zu der Aust mittlung des Viehstammes bedurfte es nur gesunder Augen, und zur Bestimmung des Steuersaßes der einfachsten Rech nung. Auf gleiche Weise verhielt es sich mit der Kopfsteuer

der Hauslinge. Auch bey den Handwerkern ließ sich leist durchkommen, indem man entweder auf die Volkszahl ihres Wohnortes, oder auf die Anzahl der Gesellen Rücksicht nahm: wegen der gewerbtreibenden Steuerpflichtigen behielt man entweder die altherkömmliche Weise der eignen Erklärung des Vermögens bey, oder ließ es nach dem Umfang des Gewerbs abschäßen.

Auf diese Weise war das Kontributionwesen im Anfang des vorigen Jahrhunderts geordnet; auf sein Rechnungwesen aber hatte die Regierung des Königs Friedrich Wilhelm I. nicht allein in Preußen, sondern auch in den benachbarten Staaten, den wohlthätigsten Einfluß. Er sah bekanntlich die Hauptrechnungen selbst nach, und der Geist der Ordnung und Genauigkeit, welchen er dadurch hervorrief, wirkte fort bis auf die geringste Dorfrechnung, die gewöhnlich die Schulmeister führten. Jeder Steuerpflichtige erhielt nun über die Steuerzahlung seine Quittung *), und das Heer von Rück: ständen verschwand aus den Steuerrechnungen. **) Aus auf die Ablieferung der eingegangenen Kontributiongelder

*) Ordre vom 19ten Nov. 1723.

**) Der erste Versuch, durch namentliche Verzeichnisse der Schuldner dem Uebel yorzubeugen, mißglückte, weil die Rechnungsührer die Verzeichnisse jedesmal wörtlich wieder abschrieben. Der zweyte: kommissarische Untersuchungen der Rückstände an Ort und Stelle: - führte zum Zweck. Aber die Verordnung vom 4ten Sept. 1738, daß nun gar keine Rückstände mehr geduldet werden sollten, ließ sich nicht durchseßen, weil kein Zwangmittel gegen völlige Zah lungunfähigkeit hilft. Sehr naiv sagt daher der französi. sche Finanzbericht im Moniteur vom 22sten April 18c6. ,,La marche du recouvrement des contributions s'est parfaitement soutenue il ne restait plus à recouvrer qu'en. viron 62,000,000 fr. sur les contributions de l'année dernière.!

zur bestimmten Zeit ward streng gehalten. Der Schah dès Königs war der beste Lobredner über die Vortrefflichkeit sei: ner Verordnungen im Rechnungwesen, welche daher schnell nachgeahmt wurden.

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Vieles war geschehen, Manches mit großer Einsicht; Manches mit gewissenhafter Sorgfalt für das Wohl der Steuerpflichtigen. Dem Recht in Steuerfachen huldigte man, aber nicht mehr, wie ehemals, dem Ausspruch der Gerichtshöfe darüber. *) Die Kommissionen über Steuersachen wa ren zahllos gewesen, aber sie hatten endlich die herrliche Wirkung gehabt, daß treffliche Gedanken über das Steuerwesen in Umlauf kamen. Vor Allem follte fest und bestimmt seyn, was jedes Gut zu tragen habe, damit fest und bestimmt sey, was dem Steuerpflichtigen bleibe, sowol von dem Ertrage, als von dem Werth des Gutes, damit er seine Ausgaben und fein Vermögen übersehen könne, und damit nicht das Unwans delbarste im Staate, das Grundeigenthum, zum trügerischen Glücksspiel werde. Man unterschied ferner die Grundstücke, welche gutsherrlicher Lasten frey waren, von denen, welche ihnen unterworfen waren, und schonte die Lehtern in der Besteurung. Zu keiner Zeit erhielt oder behielt der bloße Handarbeiter mehr, als der Sachsenspiegel ihm in den Wor ten zubilligt:,,des Knechtes Lohn ist sein Leben." Daß des Bauern Loos nicht beneidenswerth war, als er keine Steuern, fondern nur gutsherrliche Gefälle, entrichtete, lehrt die Geschichte, daß es sich nicht verbessert habe, folgt schön daraus, daß er erst, außer den gutsherrlichen Gefällen, auch Steuern. entrichten muß, die außerordentlichen Hülfmittel, welche in der neuern Zeit den Gutsertrag vermehrt haben, sind den Bauern auch allerdings zu gut gekommen, und glückliche Ereignisse haben sie bald hier, bald dort, zum Theil in freye

* Preuß. Rescripte vom sten Juli 1738 und 24sten Dezbr. 1793. Braunschw. Verordn. vom 8ten Juni 1743.

Gutsbesißer verwandelt. Aber, wenn man vom Ganzen re: det, kann man dagegen nicht durch Ausnahmen beweisen, und die Frage, welche beantwortet werden muß, wenn man über den Zustand der Bauern im Allgemeinen urtheilen will, kann nur die seyn: ob die Anzahl der Bauernhöfe zu: oder abgenommen hat? Und da giebt es kein Land, wo sie sich nicht verringert hat, wenn man die Zeit vor und nach dem 30jährigen Kriege vergleicht. *). Der Landbau hat sich seit: dem zwar ungemein verbessert, auch die Bevölkerung hat wieder zugenommen, aber die Bauernhöfe sind weniger ge: worden, theils weil die Gutsherren sie zu ihren Gütern geschlagen, theils weil die Gemeinen das wüstgewordene Land unter sich vertheilt, und theils weil sich, statt Bauern, freye Gutsbesiger oder Tagelöhner angesiedelt haben. Die Bauern verfassung gehört in eine Zeit, worin der Geldverkehr noch keine Gewalt hatte, und seitdem er sie erhalten hat, muß jene Verfassung sich allmählig verlieren; aber nichts war für den Landbau so nachtheilig, als die Geseße, wodurch sie gegen den Geist und das Bedürfniß der Zeit aufrecht erhalten wer

*) Die Kurmärkische Domånenkammer berichtete unterm 2ten Nov. 1746, daß in der Kurmark 94 Dörfer mehr, als vor dem 30jährigen Kriege, vorhanden wären, und obgleich in allen Dörfern nicht mehr so viel Bauern und Kossathen jego befindlich seyen, als den åltern Katastris nach darin befindlich seyn sollen, und daher in der ganzen Kurmark 1912 Bauern und 935 Kosfathen, in Summa 2847 Acker: leute weniger, als vor dem 30jährigen Kriege, angesessen wåren, weil von den resp. Obrigkeiten, vornehmlich in der Uckermark, und Sr. K. M. Aemtern selbst viele Höfe und Huthen zu den Vorwerken gezogen, dagegen aber deûd mehr andere Einwohner an Hausleuten angeseht worden, daher auch jeho 15,792 Hausleute mehr, als vor dem zɔ jährigen Kriege, und also nach Abzug der weniger vorban. denen Anzahl an Bauern und Kosfathen 12,945 Wirthe in der Kurmart mehr vorhanden wären.

den follte, obgleich sich auch nicht läugnen lässt, daß die Geseße, durch welche ihre Aufhebung beschleunigt werden sollte, mehr geschadet als genugt haben. Nur, wo diese Aenderung durch die Gewalt des Geldverkehrs bewirkt wurde, geschah sie ohne Reibung, war sie beglückend, z. B. in der Nás he retcher Handelsstådte.

Die Hindernisse, welche der Boden und die langen Winter dem deutschen Landbau entgegenseßen, sind zu groß, als daß der Einzelne ihnen mit Glück gewachsen seyn sollte; ohne Spannwerk, Knechte nnd Tagelöhner kann keine gute Wirth: schaft bey uns bestehen, und Höfe, welche diese Hülsmittel nicht gewähren können, sind daher mit dem Fortgang der Landwirthsaft unverträglich. Sie machen indeß die Mehr: zahl aus, weil sie ursprünglich nicht sowol auf ihre eigne Be: wirthschaftung, als auf den Haushalt des Gutes berechnet waren, dem sie zehnt-, zins- und dienstpflichtig sind; und sie waren unentbehrlich, so lange als wie es weder Knechte und Tageldhner, die sich verdingen wollten, noch Geld gab, um fie zu dingen. Die Besißer dieser Höfe konnten aber leben, so lange wie es für sie keine Steuren gab, als diejenigen, welche sie den Gutsherren entrichteten. Alles dieses verán: derte sich von Grund aus, nachdem die vermehrte Bevdlkerung und Geldmasse den Gutsherren die Mittel gab, die Landwirthschaft durch Knechte und Tagelöhner treiben zu las sen, und den Gutsherren den Vortheil zeigte, die Bauernhöfe einzuziehen, oder zusammen zu schlagen, und nachdem auf der andern Seite die Bauernhöfe vom Staate mit ståndigen Steuern belegt wurden. Håtten die Gutsherren ihren wahren Vortheil gekannt, so würden sie nie in die Besteurung ihrer Hintersaffen gewilligt, sondern für die Höfe derselben die öffentlichen Steuren bezahlt, ihre Gefälle aber darnach er: höht haben. Hätten die Regierungen ihren Vortheil gekannt, so würden sie diesen Weg gewählt haben, statt sich in das Landwirthschaftliche Verhältniß zwischen Gutsherren und Hin:

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