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zur Schreckensherrschaft angewachsene Macht des demokratischen Klubs, des Studentencomite es und ihrer Werkzeuge, der bewaffneten Proletarier, viel zu machtlos sehen, um ihrem Willen nur einige Geltung zu verschaffen, daß sie demnach selbst den Schuß des Feldmarschalls für ihre Personen und ihr bedrohtes Eigenthum anflehen müßten, nachdem die Rotte gesonnen sey, sich unter den Trümmern der durch fie in Brand zu steckenden Stadt zu begraben. Die aus 5 Bataillons bestehende Brigade Jablonowski rückte nun anstandslos bis auf das Glacis der innern Stadt vor, wurde aber, dort angekommen, von den Wällen und Bastionen nächst dem Kärnthnerthor mit Kartätschenschüßen empfangen; die Brigade Colloredo beseßte die Gumpendorfer- und Hundsthurmerlinie. Die Vorstädte Gumpendorf, Neubau und Mariahilf lieferten 4 Kanonen, 1 Munitionskarren und 20 Wagen voll Gewehre ab, die nach Schönbrunn geführt wurden. Die innere Stadt wurde indessen ganz umschlossen, die Besaßung auf den Wällen durch Kartätschen und Raketenwürfe vertrieben und das äußere Burgthor um 5 Uhr Nachmittags, nach einer heftigen Beschießung aus drei Zwölfpfündern, zertrümmert, und durch die Zimmerleute der unterdessen formirten Sturmkolonne (Land. wehrbataillon Kaiser, 1 Bataillon Nassau und eine Division Gränzer) völlig eingeschlagen, worauf das Bataillon Kaiser in die Burghöfe eindrang, die Zugänge gegen die Stadt mit kleinen Abtheilungen beseßte und dann unaufhaltsam bis zum Stephansplaße vordrang. Nach der Einnahme der Burg, von welcher derjenige Theil, worin das Naturalienkabinet und die k. k. Bibliothek aufbewahrt find, in Brand gesteckt wurde, fanden die Truppen keinen Widerstand mehr. Auf dem Wall nächst dem Burgthor wurden 8 Kanonen erobert und in der Stadt viele Gefangene gemacht. Die Nacht über blieben die Truppen in ihren Aufstellungen und am Morgen des 1. November wurde die gänzliche Beseßung Wiens vollendet und zur Waffeneinsammlung geschritten. GM. Cordon wurde zum StadtCommandanten ernannt. Um die am meisten bei dem Aufstande betheiligten Personen in die Militärgewalt zu bekommen, wurde die Kommunikation zwischen der Stadt und den Vorstädten und dieser Legteren mit dem Lande noch durch einige Tage beschränkt.

So unterlag die Stadt Wien, nachdem die Faktion, welche sich der Gewalt bemächtigt, die bereits eingegangene Kapitulation, für welche der Obercommandant Messenhauser selbst am 29. October gesprochen und welche die Nationalgarden-Compagnien mit großer Stimmenmehrheit angenommen hatten — auf das Schändlichste verlegte. Offenbar war die von den magyarischen Rebellen zugesagte Hülfe die Hauptursache, daß es die Wiener bis zu der theilweisen Zerstörung ihrer Stadt, bis zur Eroberung derselben mit Waffengewalt, und bis zu allen Maßregeln fommen ließen, die nothwendigerweise auf dieselbe folgen mußten.

Der angebliche Verlust der f. f. Truppen in diesen Tagen bestand: an

Todten in 14 Offizieren und 175 Mann vom Feldwebel abwärts; an Verwundeten in 42 Offizieren und 775 Mann vom Feldwebel abwärts. An Pferden 57 todt, 11 verwundet. Der Verlust der Wiener Wehrmänner und nicht Wehrmänner mag, nach beiläufiger Schäßung über 2000 Menschen an Todten und Verwundeten betragen; ist aber bis jezt noch nicht genau ermittelt, weil viele in der Erde todt oder von den Angehörigen als Verwundete verheimlicht wurden, viele auch in brennenden Gebäuden umgekommen oder im Lager bestattet worden sind.

Indem wir auf das Seite 208 bereits Gesagte verweisen, können wir nicht unterlassen die dort ausgesprochene Betrachtung weiter zu vervollständigen. Schlagender als alles Andere beweisen aber für die ausschließlich magyarischen Impulse dieser Wiener Bewegung die Fakta, namentlich die Arretirung des ungarischen Ministers, Generals Recsey, den Wien, sage die Haupt- und Residenzstadt Wien, - oder in ihrem Namen die Aula gefänglich einzog, weil er das Manifest des Königs von Ungarn an die Völker Ungarns vom 3. October unterzeichnet hatte, dadurch aber eine Verlegung der ungarischen Geseße, wohlgemerkt jener Geseße vom März 1848, begangen hätte, durch welche die Losreißung Ungarns von der Monarchie durchgeführt werden sollte!! Recsey wurde von der Wiener Aula eingezogen und durch Wochen lang gefangen gehalten; weil der ungarische Reichstag, jener verstümmelte Popanz Kossuth'sher Willkührherrschaft, den General Recsey wegen jenes Faktums für einen Landesverräther erklärte und vor Gericht stellen wollte! Nun fürwahr, Wien ist niemals für eine schlechtere Sache eingestanden, und die Aula hatte sich den Titel eines Schergen Kossuth's in ihre Lorbeern nicht eben einzuflechten gebraucht. Doch man würde irren zu glauben, daß der Magyarismus sich mit diesen Opfern seiner Leidenschaft hätte genügen lassen. Pulszky's Helfershelfer in den kecksten Unternehmungen, der Sekretär Varga, hatte die Dreistigkeit in einem durch die Zeitung veröffentlichten Berichte an den ungarischen Reichstag ohne Scheu zu melden, daß in Wien, außer auf Latour und Recsey, auch noch auf den kroatischen Freiherrn Franz Kulmer, (den vertrauten Freund und Agenten des Ban Jella čič, dessen (Kulmers) häufiger Verkehr mit Latour kein Geheimniß war), dann auf die Herren Wirkner und Paziazzi, die in Ungarn anrührigen ehemaligen geheimen Werkzeuge des gewesenen ungarischen Kanzlers Appony, und endlich auf den bekannten Deutschen Staatsrath und Director der Ministerraths-Kanzlei, Pipiz, jedoch ohne Erfolg gefahndet worden sey; offenbar, weil diesen Männern, mit mehr oder minder Recht, ein Antheil an den gegen die magyarische Insurektion beschlossenen Maßregeln des Cabinets in Wien zugeschrieben wurde. Empörend war der blutgesättigte Jubel, die Schadenfreude, mit welcher & at our's Ermordung und die Wienerereignisse in Pesth aufgenommen wurden. Kossuth, auf der Rednerbühne, in dem revolutionären, weil

vom Kaiser aufgelösten Reichstage, bläst sich auf die Hand, und ruft spöttisch: ,,Der Wind hat das Haus Oesterreich weggeblasen." Tags darauf berichtete er, der gaunerischeste Lügner unserer Zeit, der Wiener Reichstag habe über die Dynastie das Verbannungsurtheil ausgesprochen. Die magyarischen und ultraradikalen Wiener Blätter schmähten die Dynastie ohne alle Schonung, legten alles Blutvergießen, alles vergangene und zukünftige Unheil ihr allein zur Last, und in einem Blatte hieß es ausdrücklich: Wann endlich wird sich die Dynastie am Blutvergießen ersättigt haben! Zugleich aber seßte der Diktator Kossuth denselben Pulszky, der durch königliche Verordnung in der Wiener Zeitung vom 6. October auf sein Ansuchen seine Stelle als Unter-Staatssekretär bei dem ungarischen Ministerium entlassen worden war, unter der frechen Angabe, daß Pulszky seine Enthebung nicht angesucht habe, in seine frühere Stelle wieder ein, so zwar, daß derselbe, ungeachtet jener königlichen Verordnung, seine Wirksamkeit in Wien wieder fortzuseßen habe, und sogar ermächtiget seyn solle, alle Beamten des Wiener ungarischen Ministeriums, welche nicht die erforderliche Sympathie für die neue ungarische (Kossuth'sche) Regierung bezeigt haben, sogleich des Amtes zu entlassen.

So bahnte Kossuth die Thätigkeit seines Agenten für die zu Stande gebrachte Wiener-Revolution vom 6. October, und die von ihm dafür schon zum Voraus versprochene Million soll unter die darum verdienten Agenten und Werkzeuge bereits wirklich vertheilt worden seyn.

So aber auch wüthete der magyarische Terrorismus durch Standrecht, Konfiskation und Amtsentseßung in den Eingeweiden des ungarischen Landes, nach dem Grundsage:,,Wer nicht mit mir ist, ist gegen mich!"

Welch' großen Antheil Pulszky an der Durchführung der Plane Kossuth's in Wien gehabt, beweist, außer jener Belohnung des magyarischen Diktators, ganz schlagend der Umstand, daß Fürst Windischgräß nebst dem Polengeneral Bem und dem reisenden Apostel der Republik, Schütte, vor allem Pulszky's Ausliefernng verlangte.

Hoffentlich wird die Untersuchung über die Vorgänge am 6. October so strenge abgeführt werden, daß die ganze Verkettung der Wiener ultrademokratischen und radikalen Wühler mit Kossuth juridisch erwiesen, und sohin die Genesis der Wiener-Revolution baldigst sonnenklar zu Tage gefördert werden wird. Die größte Schmach liegt ohne Zweifel in dem notorischen Umstande, daß polnische und magyarische Umtriebe und ungarisches Geld der Haupthebel unserer Freiheitsjünger war; Fischhof's Arretirung und Goldmark's Hochverraths-Erkennt niß wird wohl auch einiges Licht gewähren. Die Wühler warfen das Geld mit vollen Händen weg, und kein Hehl wurde gemacht, daß Kossuth noch größeren Lohn verheißen, wenn nach Oesterreichs und Wiens Ruin der magyarische Separą

tis mus sich behaupten werde. Die Allianz der liberalen Koryphäen Desterreichs mit den Polen und Italienern, vorzüglich aber mit den Magyaren, die doch Schufelka in seinen mehresten politischen Schriften als die geschworenen Feinde Desterreichs, als das einzige Hinderniß eines einigmächtigen Staates geschildert hatte, hat diese Männer moralisch vernichtet!

Nur einen Erfolg konnte diese Allianz haben: die Zertrümmerung Desterreichs, und daß bei diesem Werke deutsche Oesterreicher die Hauptrolle gespielt, muß den wahren Patrioten auf das tiefste schmerzen.

Man betrachte nun, um die Beweggründe jener politisch-wälsch-magyarischpolnischen Alliirten zu begreifen, den Ausspruch eines der italienischen Koriphäen J-y:,,Wir sind," sagte derselbe schon am 7 October - wir sind weder Republikaner, noch Constitutionalisten, noch Absolutisten; uns ist die Regierungsund Verfassungsform ganz gleichgiltig; wir sind aber, und bleiben immer und ewig die Feinde Oesterreichs.“

Kossuth endlich, der seine zusammengetriebenen Horden einem Zusam menstoße mit der Armee vor Wien lange nicht ausseßen mochte, fertigte das Andringen der Wiener-Radikalen: Tausenau, Mahler und Consorten mit den Worten ab: „Ich habe Euch gezahlt, wir sind somit quitt, und Ihr habt feinen weiteren Anspruch auf ungarische Hülfe; helfet Euch, wie Ihr könnet, selber." Wenn endlich Kossuth doch nachgegeben, so hat er und dessen Wiener Verbündete durch den Einbruch einer fremden Armee auf österreichischem Boden, in ein deutsches Bundesland, ihr Verbrechen nur noch vergrößert. Dadurch ist aber auch die Stellung zu Ungarn eine ganz andere geworden.

Nicht der König von Ungarn allein hat nunmehr die bewaffnete Empörung Ungarns gegen seine geseßliche Autorität zu rächen: Desterreich selbst durch die Invasion der magyarischen Horden betroffen, ist in seinem Rechte und in seiner Pflicht, Ungarn für diesen doppelten Treubruch zu züchtigen, und nachdem es jede Nachsicht verwirkt, mit Gewalt zur Anerkennung jener Pflichten zu verhalten, welche die so reich fließenden Vortheile des Verbandes mit dem großen Gesammtstaate Desterreichs ihm von jeher auferlegten, und welche es durch die Schuld der vorigen Systemlosigkeit zum furchtbaren Nachtheile der übrigen Provinzen durch so lange Jahre immerfort von der Hand zu weisen sich erdreistete, nun aber gar, hier durch Kossuth's, dort in Benedig durch den Verrath Zichy's die Monarchie selbst an den Rand des Verderbens führte.

Jest oder nie! wird ein mächtiges einiges Desterreich gebaut! Ungarn und Siebenbürgen und Italien in den Bau symmetrisch einzufügen, ist die große, aber auch schwierige Aufgabe ! Ungarn als Ganzes wäre als Baustoff viel zu spröde, ungefügsam; und der bezügliche Schlußfaß im Manifeste vom

3. October hat dem Kossuth vielleicht weit mehr Anhänger zugeführt, als alle seine Redekünfte! Wenn aber alle die disparaten Volkes-Elemente, die im ungarischen Volksleben in ihrer eigenen Entwickelung bisher sich gegenseitig nur behinderten, und, nach dem Sturze der angemaßten Suprematie des einen Stammes und der unabweisbaren Gleichberechtigung aller Nationalitäten unmöglich in einem Staatswesen vereinigt bleiben können, erst ethnographisch und topographisch in entsprechende Länder- und Völker-Complexe auseinander- und bezüglich zusammengelegt und als Provinzen constituirt, sohin aber zur Central-Regierung und zu dem einen, allumfassenden Reichstage in unmittelbar organische Verbindung gebracht werden, dann werden die Völker Ungarns sich ungestört und kräftig ent= wickeln; Desterreich, des an seiner Lebenskraft zehrenden magyarischen Separatismus entledigt, wird unter den freien Nationen Europas schnell zu jenem hohen Range von Macht und Wohlstand emporsteigen, zu welchem es durch alle seine bisher gebahnten Schäße der Natur und Intelligenz berufen ist. Darum dreimal Heil und Sieg und Triumph dem andern Heere Oesterreichs, das gleich jenem unter Radesky dem geseßlichen Rechte von der Leytha bis zur Temesch die Anerkennung zu erzwingen, diese verbündeten Völker vom Terrorismus des Kossuth'schen Advocaten-Regiments zu befreien, und zum Bruderbunde mit gleichem Rechte und gleicher Pflicht in die große österreichische Völkerfamilie einzuführen berufen und begeistert ist.

Folgt der Sieg, wie bisher, der geseßlichen Fahne, so wird Oesterreich in Jahr und Tag das Fest seiner glorreichen Wiedergeburt feiern und einer Zukunft entgegenschreiten, so herrlich und großartig, wie seine tausendjährige Geschichte fie bisher nicht aufweist! Dazu aber gibt es nur eine Poltif:,,Carthago delenda."

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