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„Kundmachung. Im Falle wieder eintretenden Kampfes sind bei Vermei dung augenblicklicher standrechtlicher Behandlung der DawiderHandelnden, alle Thore und Fenster sogleich zu öffnen.

Es ist von dem patriotischen Sinne der Bewohner Wiens zu erwarten, daß diesem Befehle, der zur Beruhigung (?) und Widerlegung gegentheiliger Gerüchte bekannt gegeben wird, unbedingte Folge geleistet werde. Wien, am 28. Oct. 1848. Der Chef der Sicherheitsbehörde: Fenneberg, m. p."

In der Proklamation des Fürsten Windischgräß vom gestrigen Tage wird befohlen, die Thore und Fenster der Häuser zu schließen, in obigem aber gerade das Gegentheil. Wie gerne hätten die Gutgesinnten alle Thore und Fenster geschlossen gehalten - wenn die bewaffneten Massen der Umsturz- Partei solche nicht selbst geöffnet und beseßt hätten! Eine schwere, in ihren Folgen furchtbare Alternative für die Schuldlosen! — —

„Kundmachung. Ich mache wiederholt darauf aufmerksam, daß alle wehrpflichtigen Personen, auch außer Dienst, in Waffen zu erscheinen haben.

Die mit Sicherheits- und Enthebungskarten versehenen Individuen haben dieselben, zur Vermeidung von Mißverständniß, stets bei sich zu führen, und auf Berlangen den Führern der, die Stadt durchstreifenden Patrouillen, vorzuzeigen.

Die Herren Aerzte und Spitalbediensteten, welche das Abzeichen einer gelben Binde tragen, sind verpflichtet, ihre Legitimationen mit sich zu führen. Wien, d. 28. Oct. 1848. Der Chef d. Sicherh.-Beh. Fenneberg, m. p.

„Die Befißer von Greislereien, Spezereihandlungen und sonstigen Viktualten-Verschleißen haben ihre Gewölbe, in so lange stets offen zu halten, als kein ernstlicher Angriff erfolgt. Wien, am 28. October 1848.

Der Chef der Sicherheitsbehörde: Fenneberg, m. p."

Anmerkung. Zur Charakteristik der geschichtemachenden Zeitgenossen möge folgendes rührende Plakat vom Juni dienen:

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,,An die Mitglieder der akademischen Legion. Ein tief gebeugter Vater (!) richtet einige Worte an Euch, um den Vorkämpfern der Freiheit (?) den Tod eines Mitbruders zu berichten. Mein Sohn, Anton Ziegler, His storienzeichner und Garde der akademischen Legion, (23 Jahre alt), ist als Deputirter (?) nach Brünn gegangen, und wollte dann über Prag eine Kunstreise nach Dresden unternehmen. Das Schicksal bestimmte ihn aber zu einem Opfer des Parteihasses (!!). Er wurde am Pfingstmontage den 12. Juni 1848 in Prag mit dem deutschen Bande auf der Brust und in der Wiener akademischen Uniform gekleidet, meuchelmörderisch aus dem Fenster herab von einem Czechen erschossen (!!) und liegt neben zahllosen (!!) deutschen Brüdern in seinem Blute (1) auf den Stra Ben von Prag. Diese mich tief erschütternde Nachricht theile ich den Kunstfreun den meines Sohnes und Euch braven Studenten, mit denen er in den Märztagen

Da sich bezüglich der Hofburg immer beunruhigendere Gerüchte verbreiteten, so wurde am 28. auch die Reichstagswache am Josephsplage durch eine weitere Compagnie Bürgergrenadiere unter dem Hauptmann Obermayer und Oberlieutenant Entres bis zur Beseßung der Stadt durch die k. k. Truppen beseßt. Der Interims-Grenadier-Bataillons-Commandant Hauptmann Manussi inspicirte täglich die Grenadierwache.

In einem Kamine der Hofburg wurden sechs Kisten mit Munition versteckt gefunden. Der Finder war Joseph Dolesch al, Oberfeuerwerker der bürgerlichen Artillerie. Angeblich wären die Kisten bestimmt gewesen, angezündet zu werden, um die Burg in die Luft zu sprengen. Eben so sagte ein eingefangenes Individuum aus, daß Pechkränze gelegt waren.

Am 28. Vormittags 8/. 11hr erhielt vom Ober-Commando das Nationalgarde-Cavallerie-Divisions-Commando den Auftrag, den türkischen Bothschafter Chekib Effendi vor die Mariahilfer Linie mit einem Offizier und vier Garden geleiten zu lassen. Rittmeister Martiniz begab sich selbst in die Jägerzeile, woselbst das Gepäck bereit stand, und begleitete den Gesandten bei der Abreise. Als sie bei der Mariahilfer Linie anlangten, konnten sie wegen dem heftigen Beschießen, dieselbe nicht passiren; Martiniß führte nun deu Gesandten in die Stadt zurück, und da ebenfalls in der Jägerzeile gekämpft wurde, so führte er denselben in das Lichtenstein'sche Palais in der Herrengasse, und eine Stunde später in das Trautmannsdorf’sche Palais, und ließ 12 Garden als Wache daselbst zurück.

Im Bezirke Josefstadt gehörte der größere Theil der Offiziere und der Nationalgarde der gemäßigten Partei an, dennoch wurde derselbe durch die Mobilen von Ottakring, Neubau, Lerchenfeld 2c. 2c. und einigen sich daselbst aufhaltenden

im Landhause und in den Maitagen auf den Barrikaden stand, mit, damit Ihr eine Thräne der Wehmuch (!) auf die Leiche des deutschen (!) Bruders, eines Opfers der blutgierigen (?) Czechen, fallen lasset. Friede seiner Asche (1) unter den Parteikämpfern Prags!

Anton Ziegler, Verfasser der Geschichte Desterreichs, und Mitglied der Wiener Nationalgarde (im Wiedner Bezirke). Fr. Ziegler, Bruder des Verunglückten und Mitglied der Wiener Nationalgarde (im Wiedner Bezirke).“

Vorstehendes ist dadurch merkwürdig, daß dieser Deputirte Anton Ziegler nicht erschossen wurde, auch nicht,,auf den Straßen“ von Prag lag, sondern vom 28. bis 30. October 1848 noch als Offizier bei der Mobil-Garde Wiens gedient, seit jenen Tagen aber neuerdings von seinem Vater vermißt worden seyn soll. Viel leicht ist der Sohn des Verfassers der Geschichte Desterreichs zum zweiten Male ein Opfer der als blutgierig benamseten Czechen gefallen, und liegt ,,auf den Straßen" Prags. · Herr Ziegler wird ersucht, dieses Faktum in seine Geschichte Oesterreichs aufzunehmen; denn die Czechen dürften seine Geschichte Desterreichs aus Parteihaß pragmatisch nennen.

Legionären und überspannten Radikalen in immerwährender Aufregung erhalten. Auch an abenteuerlichen Planen und mitunter spekulativen Erpressungen fehlte es nicht. So kamen zwei Israeliten in Legionsuniform mit einer Vollmacht des Studenten-Comitees zur Herstellung der Kommunikation, die Mauern der Häuser durchzuschlagen und anderen ähnlichen Anforderungen, wobei manchesmal förmliche Geldabfindungen zwischen den Bevollmächtigten und den Hauseigenthümern Statt fanden. Diese zwei israelitischen Legionäre wurden aber durch den Plazoffizier Ruf in einem Hause arretirt, als sie eben im Begriffe waren, ihre Anordnungen treffen zu wollen. Bezirks-Chef Brants erklärte ihnen trocken, daß er in seinem Bezirke am besten die nöthigen Anordnungen zu treffen wissen werde, und er seine Befehle nur vom Ober- Commando, und nicht vom Studenten-Comitee entgegen nehmen könne, worauf die Legionäre abzogen. Brants veranstaltete die Bildung eines eigenen Comitees von Offizieren des Bezirkes, mit welchen er die Einleitungen zur Sicherheit des Bezirkes in jeder Art und Weise berieth und ausführte.

Der Bezirk Alservorstadt hatte durch die Zeit der October-Ereignisse eine der schwierigen Aufgaben zu lösen, indem in diesem Bezirke die meisten zu bewachenden öffentlichen Gebäude sich befinden, als die verschiedenen Civil- und Militär-Spitäler, Criminalgerichts-Gebäude, Casernen, Gewehrfabrik, Bettenmagazin, Montursdepot, Heumagazin, k. Holzplay, Waisenhaus, Josefs-Akademie, und die verschiedenen Bersorgungshäuser. Die Nationalgarde dieses Bezirkes war daher sehr in Anspruch genommen, da sie in numerischer Zahl nach ohnedieß nicht sehr stark war. Auch in diesem Bezirke war die Haltung derselben bis zur Bewaffnung des Proletariats eine gute, doch als die Mobilen theils unter Anführung ihrer selbst gewählten Offiziere, theils unter Leitung einzelner Legionäre daselbst festen Fuß faßten, war auch in diesem Bezirke die Ordnung kaum mehr zu erhalten. Auch in die Alservorstadt kamen am 28. Legionäre, oder wenigstens Leute so gekleidet mit schriftlichen Befehlen, die theils vom Studenten-Comitee, theils vom Central-Comitee gefertiget waren, Barrikaden zu bauen, Durchbrüche in den Häusern zu machen 2c. 2c., und wer sich diesem widerseßte wurde insultirt, oder gar am Leben bedroht. Der Bataillons-Adjutant, Valentin Röthler, welcher sich diesem widerseßen wollte, wurde durch die Bezirks-Ordonnanz Stöckel im Namen eines Hauptmannes der Legion gewarnt, sich ja nicht derlei getroffenen Anordnungen zu widerseßen, indem man ihn sonst gefangen nehmen würde.

Vormittags um 9 Uhr wurde in Ung er 8 Kaffehhaus in Hernals auf sechs Stellen von einem Offizier der Legion und mehreren Mobilen Feuer gelegt; mit Hülfe eines Garden der 6. Compagnie, Namens Bucharotti, einem Brennholzhändler von Hernals, und ungefähr acht Buben, löschten diese den Brand mit Gefahr ihres Lebens und wendeten von dem Orte Hernals eine große Gefahr ab, indem das Feuer bei einem hölzernen Salon, welcher mit Garten-Tischen

und Bänken angefüllt, gelegt war, nahe an einem Holzplag angränzend Nahrung genug gefunden hätte, um weiter zu greifen, und bei dem Umstande, daß alle Linien verbarrikadirt gewesen sind, jede Hülfe wenn nicht unmöglich gemacht, doch erschwert haben würde, da überdieß noch ein gut gerichtetes Kleingewehrund Kanonenfeuer unterhalten wurde.

Die Wiener Vertheidiger wollten die schönen Baumanlagen auf den Glacien fällen, was aber glücklicherweise verhindert wurde.

Von der Gemeinde Fünfhaus wurden aus den Häusern 23, 53, 62, 64, 93, 96, 117, 129, 132, 134, 136, 154, 157, 203 Waffen an das Ober- Commando abgeliefert, welche der Plaß-Oberlieutenant Dunder an das kaiserl. Zeughaus übergab.

Der Feldwebel Kafka erstattete an das Ober-Commando die Anzeige, daß der Plaß-Oberlieutenant Dunder am 28. mehrere Kisten mit Waffen in das t. Zeughaus abgeliefert habe, und erbath sich zugleich die Weisung, auf welche Art die ferner noch anlangenden Waffen zu übernehmen seyen.

Am 28. verlegte Messenhauser sein Observations-Quartier auf die Rothenthurm-Bastei, wohin er sich aus der Stallburg über die Basteien verfügte, wobei es sich ereignete, daß aus den Fenstern des Dominikaner-Klostergebäudes fieben bis acht Schüsse auf die Nationalgarde, welche auf der Stubenthor-Bastei aufgestellt war, jedoch ohne zu treffen, abgefeuert wurden, als er eben mit seinem Adjutanten Barthel vorüberging. Messenhauser rief leßterem, welcher stehen blieb um zu sehen was noch geschehe, zu, ihm zu folgen, und im Weitergehen rief er zurück: „Ein Mißverständniß, ein Mißverständniß!" Seine Eilfertigkeit deutete jedoch eher darauf, als sey er der Meinung, die Schüsse dürften ihm gegolten haben.

Schon nach einer halben Stunde, als die Beschießung der Linien begonnen, kamen von mehreren Seiten Ordonnanzen, und meldeten, daß ihnen Munition fehle, und auch Truppen-Verstärkungen nöthig seyen. Dafür gab es keinen Rath, keine Hülfe, es war keine Munition mehr vorr thig. Verstärkung! Woher? Es fehlte an zweckmäßiger Eintheilung und an Disciplin. Messenhauser fertigte dieselben mit barschen Worten ab, und rieth ihnen, von den Bajonetten Gebrauch zu machen, wenn sie keine Munition hätten; er sagte, altenmäßig könne er nachweisen, daß der Nationalgarde und den übrigen Bewaffneten bei 11⁄4, Millionen Patronen ausgefolgt wurden, was haben sie damit gethan? @chießt nicht auf eine Distanz von tausend Schritten! nun kann ich auch nicht helfen, es ist kein Vorrath mehr da."

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Gleich darauf erschien nachstehender Befehl :

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Bom Nationalgarde-Ober-Commando. Das Ober-Commando hat keine Reserve Munition mehr zur Verfügung. Der Herr Commandant wolle daher

sein Möglichstes thun, seinen Plaß zu behaupten. Die Kanone, die feinen Schuß mehr hat, ist hinter die Barrikade zurückzuziehen. Die Mannschaft muß so viel als möglich hinter den Wällen vor dem Kanonenfeuer gesichert werden. Der angreifende Feind ist von dem Walle mit dem Bajonette zurückzuweisen. Im äußersten Falle wolle der Herr Commandant seine Mannschaft hinter die Barrikaden zurückziehen, um den eindringenden Feind in dem für ihn verderblichen Straßenkampfe zu vernichten. Wien, am 28. October 1848.

Messenhauser, m. p., prov. Ober-Commandant."

„Tagsbefehl. Der derzeitige Chef der Sicherheitsbehörde, Hauptmann Fenneberg, wird mit dem Majors-Charakter bekleidet. Der beim Central-Bureau zugetheilte Oberlieutenant Schindler erhält den Hauptmannsrang. Der beim Generalstab zugetheilte Franz Tilling, quittirter Militär, ist als Lieutenant im Stande des Generalstabes zu führen. Herr Hauptmann Starnbacher ist als Ordonnanz-Offizier ohne Bezüge dem Herrn Obersten ad latus Schaumburg beigegeben. Die Auszahlungen von Geldern für die Compagnien ohne das Vidi der betreffenden Bataillons-Commandanten kann in Zukunft nicht Statt finden. Die Bataillons- und Compagnie-Commandanten sind bei ihrer Ehre verantwortlich, täglich ihre Mannschaft abzuzählen, und nach deren Anzahl pünktlich die Auszahlung zu bewerkstelligen. Der erhaltene Mehrbetrag ist augenblicklich in die Operations-Casse in der Stallburg abzuführen. Ich habe mit großem Vergnügen aus dem heutigen Früh-Rapporte entnommen, daß die Besaßung an der Nußdorfer-Linie den vom Feinde vor einigen Tagen genommenen Sechspfünder in einem eben so kühn als gut ausgeführten nächtlichen Ausfalle wieder eroberte, und ich spreche derselben im Namen des Vaterlandes meinen Dank aus.

Wien, den 28. Oct. 1848. Messenhauser, m. p., pr. Ober-Comm."

Wie bekannt, war der Plan des Feldmarschalls, die Vorstädte Landstraße und Leopoldstadt einzunehmen; die übrigen jedoch blos durch Scheinangriffe zu beschäftigen. Die Wasserlinie gegen die Vorstadt Erdberg, so wie die St. MarxerLinie waren im Vergleiche mit den k. k. Truppen sehr schwach beseßt. Dem ganzen Rayon standen blos zwei Kanonen und eine Haubige zu Gebote. Es war Wahnsinn, nur einen Augenblick an die Vertheidigung gegen eine so gewaltige Macht, die überdieß aus geregelten, wohlexercirten Soldaten bestand und mit Geschüßen versehen war, zu denken; dennoch griff das Häuflein die Gelegenheit auf, ihren Heldenmuth zur unrechten Zeit zu beweisen. Die Garden zogen sich nach zweistündiger Vertheidigung gegen Erdberg zurück, nur die Arbeiter hielten noch länger Stand.

1/.10 Uhr Vormittag. In der Alservorstadt. Während der heftigsten Kanonade gegen diese Vorstadt durch die k.k. Truppen, war das allgemeine Krankenhaus dem Kanonenfeuer sehr ausgeseßt; um dieses Gebäude vor Beschädigungen

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