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Händen, ihr den Sohn, ihre einzige Stüße, zu lassen; aber es war vergebens. Sie machte ihnen wiederholte Vorstellungen und suchte sie zu bewegen, von ihrem Begehren abzustehen, indem, wenn sie diesen Sohn verlieren würde, fie und ihre vier noch unmündigen Kinder der Noth und dem Elende preis gegeben sind. Allein auch das blieb vergebens. Einige lachten über den Jammer der alten unglücklichen Mutter, während die andern nun ernstlich den guten Sohn zwangen, mit ih nen zu gehen. Schon hatten sie ihn ergriffen und wollten mit ihm zur Thüre hinaus gehen, in diesem Augenblicke kam aus dem Nebengemach ein blonder Jüng ling im Alter von 16 Jahren, der den Anführer ber Patrouille folgendermassen ansprach: Lassen Sie meinen Bruder da, damit doch meine Mutter getröstet sey, statt ihm gehe ich mit Ihnen; und bin ich auch jünger als er, so habe ich dafür mehr Muth, und sobald der Kampf beginnt, sollen Sie Proben meiner Unerschrockenheit sehen. -Dem Anführer gefiel das ungenirte und troßige Benehmen des Jünglings, er gab sich zufrieden, ließ den ältern Sohn zurück und nahm dafür den jungen Rekruten mit sich. Nach 6 Stunden kehrte dieser jedoch wieder zurück, indem er einem Offizier der National-Garde sein Geheimniß entdeckte, daß er keinesfalls der Bruder des Mitzunehmenden, sondern daß sie seine Schwester sey. Kundmachung Von 8 ihr Abends an ist der erste Stock sämmtlicher bewohnten Häuser in der inneren Stadt, bei Vermeidung strenger Ahndung zu be leuchten. Die Herren Hauseigenthümer werden verantwortlich dafür gemacht. Wien, den 27 October 1848.

Fenneberg, m. p., Chef der Sicherheits-Behörde.“ Ein Akt des Kriegsgerichtes lautet wörtlich :

„Note. Das Play Commando der Nationalgarde hat die im MilitärSpitale in der Alservorstadt als Spitals Gefreite commandirten zwölf Militärs verschiedener Branchen zu entwaffnen, und ihnen zu bedeuten, daß sie sich vollkommen neutral zu verhalten haben, widrigens sie ohne weiters standrechtlich behandelt werden würden. Vom Kriegsgerichte. Wien, am 27. October 1848. Franz Knoth, m. p., Präsident.

Jos. Hammerschmid, m. p., Stabs-Auditor.

Erster Chef d. Sicherh.-Behörde, Fenneberg, m. p."

,,Dem Herrn Lieutenant Hoffmann zur Vollziehung des inenthaltenen Auftrags im Einvernehmen mit dem Herrn Commandanten des Militär-Spitals. Vom Corps-Commando der Municipal-Garde. Wien, den 27. October 1848. Balentin, m. p."

,,Zweimal wurden 412 Stück Gewehre, und 10,140 Stück scharfe Patronen abgegeben, daher gegenwärtig nichts mehr vorhanden. Wien, am 27. October 1848.

Stein, m. p., Oberstlieutenant."

,,Nach Entsprechung des inenthaltenen h. Auftrages wird gegenwärtiges Aktenstück dem löblichen Plaß-Commando diensthöflich zurückgemittelt.

Corps-Commando der städtischen Municipal-Garde. Wien, den 27. October 1848.

Valentin, m. p., Sauptmann." Abends erschien ein Garde der Bürger-Cavallerie im Liechtenstein'schen Palais, wo sich die Nationalgarde-Cavallerie befand, und meldete, daß Lieutenant Jakob Schawell der Nationalgarde-Cavallerie als Gefangener auf der Aula fich befinde, und eröffnete zugleich, daß im Falle sie gezwungen wären, den Gefangenen mit affengewalt zu befreien, alle seine Kameraden ihnen beistehen würden. Ein Jubel erscholl bei diesem brüderlichen Antrage; Rittmeister Martinis eilte jedoch ungesäumt zum Ober-Commando, und eröffnete zweien Offizieren der akademischen Legion, daß, wenn Schawell binnen einer Stunde nicht frei wäre, die Aula gestürmt werde. Diese Offiziere gingen, und Schawell war binnen einer halben Stunde frei. Bravo, Martinig! Die Schawell's waren, so wie nahebei alle Garden der Cavallerie, wackere Männer, und immer bereit, für Ruhe, Ordnung und Recht einzustehen. Wackere erste und zweite Division!

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Nachdem unterm 26. sämmtliche Wachabtheilungen in der Hofburg, um eine Gleichförmigkeit im Dienste hervorzubringen, durch Vollmacht des Ober-Commando unter die unmittelbare Oberleitung der Burg-Plazoffiziere v. Heidt und Untersteiner gestellt wurden, und von Seite der Hofbehörden alles geschehen ist, was möglicher Weise zur Feuersicherheit der Burg und Reichstagslokalitäten einzuleiten thunlich war, kam am 27. Abends zu der auf der Wach e befindlichen Abtheilung der Hofburgwachleute auf Befehl Fennebergs eine halbe Compagnie Legionäre und eine halbe Compagnie Mobilgarden unter Anführung eines jungen Legionärs um dieselbe zu entwaffnen, d. h. sie der Schußwaffen und der Munition zu berauben. Dieser junge Mann benahm sich jedoch so schonungslos brutal und unverschämt, daß der Plaßoffizier Heidt zum Ober-Commandanten Messenhauser eilte, um Vorstellungen dagegen zu machen. Derselbe bedauerte diesen Borfall, erklärte jedoch keine Gewalt zu haben, dieses verhindern zu können, schrieb jedoch auf Ecsuchen Heidt's selbst an den Commandanten der Burgwache in sehr anständiger und möglichst schonender Weise, und versprach hierin die Waffen so lange in eigener Obhut zu verwahren, bis sie der Hofburgwache wieder zurückgestellt werden können. Hierauf erfolgte wohl die Uebergabe der Shuß vaffen und der Munition an das Executions-Detachement, und Playoffizier Untersteiner geleitete dasselbe bis in das Ober-Coum indo, um zu veranlassen, daß diese Waffen in die zugesicherte Obhut gebracht werden. Doch im Hofe der Stallburg angelangt, wollte die daselbst aufgestellte Compagnie Proletarier mit Gewalt sih die Waffen aneignen, welches aber Utersteiner

mit noch dazu gekommenen Plaß-Offizieren des Ober-Commando mit großer Anstrengung zu verhindern wußte. Diese Waffen wurden in das Bureau der Permanenz des Verwaltungsrathes abgegeben, und vom Actuar Dr. Ernst in Verwahrung genommen.

In der Sigung des Gemeinderathes am 27., 6 Uhr Abends, wurde berichtet: Es liegen in den Spitälern seit mehreren Tagen eine beträchtliche Anzahl Leichen, die durch die jeßigen Umstände nicht beerdiget werden konnten. Die Leichen häuften sich von Tag zu Tag immer mehr an, und es mußten aus Sanitätsrücksichten unverzüglich Maßregeln getroffen werden, wodurch die Beerdigung möglich gemacht werden würde. Es wurde nach einer längern Debatte beschlossen, das Brünnelfeld zu einem zeitweiligen Begräbnißplaße zu benüßen. Der Gemeinderath und Bezirkschef Braun meldete, daß vor der Hand der Gottesacker auf der Schmelz von kaiserlichen Truppen geräumt ist, und nun auch daselbst wieder beerdigt werden könnte. Die Bürgerwache des k. k. Zeughauses bath im Gemeinderathe um Verhaltungsbefehle beim Eindringen der Truppen in die Stadt. Die Bürgerwache wünschte zu wissen, ob das Zeughaus von dem Gemeinderathe werde übergeben werden, oder ob dasselbe zur Zeit von der Wache selbst geräumt werden solle, da der jezige Zustand des Zeughauses die Wuth der Soldaten nur noch erhöhen, und die daselbst befindliche Mannschaft einer besonderen Gefahr ausgesezt seyn würde. Im Gemeinderathe wurde eine Zuschrift des ReichstagsAusschusses verlesen, vermöge welcher die Militär-Stadtwache fortan auf ihrem Posten zur Bewachung der Gefängnisse zu verbleiben habe. Die Baumeister-Innung erklärte, daß durch die beschädigte Wasserleitung vor der Nußdorfer Linie ein fühlbarer Wassermangel durchaus nicht eintreten dürfte, da in der Stadt in jedem Hause und in den Vorstädten in den meisten Häusern Brunnen wären, welche dem Publikum durch Affichen an den Häusern werden kund gegeben werden. Die ausgesprochene Besorgniß, daß die Gasbeleuchtung durch den Mangel des zu der Erzeugung des Gases nothwendigen Kalkes werde auf eine Zeit suspendirt werden müssen, wurde dadurch beseitiget, daß Fürst Windischgräß auf Verwendung des Ministeriums des Innern die Zufuhr von Kalk bewilliget hatte. Vom Gemeinderathe wurde dem Öber-Commando eine Zuschrift zugewiesen, in welcher ersterer vom Fürsten Windisch gräß angesucht wird, für das Militärspital unter sicherem Geleite Fleisch, Milch 2c. einführen zu lassen, und dieß der Militärverwaltung kund zu geben. Es wurde im Gemeinderathe Klage geführt, daß des Nachts Mobilgardisten unter den heftigsten Androhungen in die Häuser dringen, Durchsuchungen vornehmen, und bejahrte Leute zum Waffendienste zwingen. Solche Fälle wiederholten sich bei den Professoren Herzig, Fleisch und Schlager. Wurde dem Ober-Commando zugewiesen. Es entspann sich über die Approvifionirungs-Angelegenheiten eine heftige Debatte, ob nähmlich der

Stand der Approvisionirung veröffentlicht werden solle oder nicht, welche dann in die Frage überging, ob überhaupt bei dem dermaligen Stande der Dinge die Approvifionirungs-Angelegenheiten in geheimen oder öffentlichen Sizungen berathen werden sollen. Beide Meinungen hatten ihre Vertreter und es wurde deßhalb eine Commission ernannt, welche berathen solle, ob die Approvisionirungs-Comission in einer geheimen oder öffentlichen Sigung ihren Bericht abstatten solle. Viele Gemeinderäthe meinten, es gehöre dieß unmittelbar zu den strategischen Maßregeln, daher es nothwendig wäre, sich darüber mit dem Ober-Commandanten ins Einvernehmen zu sehen.

Das Ober-Commando suchte wieder im Gemeinderathe um einen Vorschuß von 100000 ft. CM. an. Dieses Ansuchen gab, wie immer, zu der lebhaftesten Debatte Anlaß, ob die jeßigen Auslagen die Gemeinde oder der Staat tragen werde. Viele meinten die Gemeinde, da selbst in den Quittungen durch die gebrauchten Ausdrücke: Vorschuß, Aushülfe, darauf hingewiesen wurde. Wurde der Finanz Commission zugewiesen.

Die medizinische Fakultät bath den Gemeinderath, durch ein Plakat zu erklären, daß den Aerzten überall der gehörige Schuß und die nöthige Beihülfe zukommen möge. Auch bath die Fakultät, daß 30 Träger in Bereitschaft seyn solllen, die Verwundete allsogleich zu tragen haben werden.

Bezüglich einer, neben dem Hauptzollamte zu errichtenden Barrikade wurde im Gemeinderathe beschlossen, sich mit dem Ober-Commando ins Einvernehmen zu sehen, so wie demselben zur Bereitung von Munition behülflich zu seyn. Der Mangel an Munition stieg aufs Höchste, und die Forderungen beim Ober-Commando waren stürmisch. Bei den patriotisch gesinnten Bewohnern fand man in Folge Anzeigen beim Studenten-Ausschusse versteckte Packete scharfer Patronen, welche dem verderblichen Ansinnen der Aufständischen sammt vielen Waffen ent: zogen oder zu entziehen versucht worden find. Im Augarten verschanzten sich die Jäger hinter Verhauen aus gefällten Bäumen. Am Tabor wurde eine dem Feuer des Militärs zu sehr ausgeseßte Barrikade von den Vertheidigern geräumt, eben so die an der Donau gelegene Reiterlaserne. Die Häuser wurden in jener Gegend von Kartätschen stark beschädiget. Vortrefflich gebaute Barrikaden erhoben sich von der über die Donau gegen die Neugasse führenden Brücke längs des Ufers gegen Nußdorf hin. Solche waren aus Holz und Erde gebaut und mit Laufgräben versehen. Die Brückenpassage war ungehindert.

In Bezug auf Vorstehendes erschienen nachstehende Plakate: Alle Sachverständigen, welche im Stande sind Schießpulver zu erzeugen, wollen sich so bald als möglich bei dem Verwaltungsrathe, Stadt, Stallburg, melden.

Wien, am 27. October 1848.

Bom Verwaltungsrathe der National-Garde."

,,Von Seite des Gemeinderathes der Stadt Wien wird hiermit bekannt gemacht, daß von demselben im Einverständnisse mit der medizinischen Fakultät den inspicirenden Aerzten der Nothspitäler für Verwundete, Herren Professor Schuh, Primarius Dummreicher und Primarius Dr. Sigmund in Bezug des Transportes und der Pflege der Verwundeten unbedingte Vollmacht ertheilt worden, und daß daher den genannten Aerzten in ihren dießfälligen Anordnungen unverweigerlich Folge zu leisten ist. Eben so ist in Bezug auf Pflege und Transport den Anordnungen des Herrn Professors Dr. Beyer als Stabsfeldarzt auf sämmtlichen Verbandplägen Folge zu leisten.

Wien, am 27. October 1848. Vom Gemeinderathe der Stadt Wien." Im Studenten-Ausschusse langte eine Unzahl Meldungen, Anforderungen, Denunciationen gegen Schwarzgelbe und jene, die da sagten, die Studenten solle man aufhängen. Die Gutgesinnten zitterten, und mancher ergriff die Waffen und fämpfte, um nicht verfolgt zu werden, um nicht für feig zu gelten. Der Ausschuß bestand aus ungefähr dreißig Mitgliedern, jedes bezog täglich 1 fl. CM. Das vom Gemeinderathe geschenkte Geld verschwand auf Unterstüßungen und andere Ausgaben, so daß 500 fl. CM. täglich nicht genügten. Wenn man alle Umstände berücksichtiget, kann man die ungeheuere Masse Lügen, die im Publikum die Parteien übereinander häuften, nicht anders als verabscheuen. Die Legionäre und deren Anhänger häuften Schmach auf die Schwarzgelben, auf jene, die keine Republik, kein Aufgehen der österr. Monarchie in einem einigen Deutschland, keine Losreißung der Provinzen wollten, und leßtere übertrieben Manches, was von den irregeleiteten Jungen geschah. Es ist viel Edles, aber jedenfalls mehr Gräuliches verübt worden. Die Studenten sind von der Legion so sehr zu unters scheiden, wie die niversität von der akademischen Legion. In leßterer waren Subjekte eingereiht, die in großer Anzahl ins Zuchthaus gehörten.

Es ist eine unumstößliche Wahrheit, daß die sich politisch bewußte Partei in Wien sehr gering; eben so daß darunter die Ueberzahl terrorifirt war. Die Proletarier waren ein politisch bewußtloser Ballast der Umsturzpartei. Leßtere hat die Arbeiter und Proletarier überhaupt für sich behufs des Umsturzes zu gewinnen für nöthig gefunden; nicht so jene Partei der sich politisch bewußten redlichen Staatsbürger. Legtere blieb ohne jenen Ballast mit bewaffneten Fäusten ; fie blieb materiell schwach, und verlor an Zahl der Köpfe durch die Flucht jener, die in ihrer politischen Unwissenheit den Kopf verloren. Windischgrä ß's Proklamation hat die meisten Gutgesinnten mit Zorn erfüllt; doch die Verständigen waren überzeugt, er werde nicht so sehr extrem verfahren; aber man fürchtete doch, es werde der vormärzliche Zustand eingeführt werden, und diese Befürchtung, dann der widerstrebende Gedanke, sich widerstandslos unterwerfen zu sollen, die Furcht vor den Executionen jener, die Verbrechen begangen hatten,

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