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auf, räumte die Insel zwischen den Brücken, und zog sich gegen die Leopoldstadt zurück. Die gewöhnliche Fahr- und die Eisenbahnbrücke über das Kaiserwasser wurde bei dieser Gelegenheit von den Mobilen in Brand gesteckt.

G. M. Wyß beseßte nunmehr, über die große Taborbrücke kommend, die Insel zwischen den Brücken.

Am 24. fam der zum General-Quartiermeister ernannte 6. M. Graf Nobili in Heßendorf an.

Alles, was man von den Kroaten Erschreckendes in Ansehung ihrer Tracht erzählte, konnte man eben so an der Mobilgarde rühmen. Jenes gewisse Farbenbunterlei, und die zum Sprichwort gewordene „Zerrissenheit“ war der Armee des Reichstages nicht minder eigen.

Die von der ungarischen Leibgarde requirirten Pferde wurden der neugeschaffenen Lancier-Eskadron zum Gebrauche angewiesen, einem Wehrkörper, welcher unter der ganzen Mobilgarde durch Costümseinheit hervorragte. Die Wiener lachten vor Freude, wenn sie die Lanciers mit ihren rothweißen UhlanenFähnlein und ihrer polnischen Kopfbedeckung, gehüllt in lange graue Mäntel, durch die Straßen auf und nieder sprengen sahen Diese berittene Mobilgarde hätte eigentlich die reitende Artillerie, über deren Abgang General Bem so hâufig und so bitterlich klagte, darstellen und ersehen sollen. Allein, wenn man sich fragte, was will man mit diesen dreißig Mann ausrichten, soll dieser halbe Schock ungeübter Cavalleristen mit ihren schußscheuen Pferden zur Maskirung von Batterien verwendet werden, so mußte jede, selbst die günstigste Antwort, die Zwecklosigkeit dieses minutiösen Institutes darthun. Darum handelte sich's aber nicht. Bem sah ein, die berittene Garde lasse sich im Momente augenscheinlicher Gefahr nicht zum Kanonenfutter gebrauchen, am allerwenigsten, wo es darauf loszugehen schien, die Marotte des als Emissär bezeichneten Führers zu befriedigen. Demungeachtet entwickelten einige von der berittenen Bürgerwehr eine bewunderungswürdige Thätigkeit und Kühnheit, namentlich was die Couriergeschäfte betraf, welche sie von den äußersten Linienpunkten in das Hauptquartier zu besorgen hatten. Die Bemühungen wurden nicht minder anerkannt, als jene des Abgeordneten Freiherrn von Pillersdorff, der, obgleich seiner alten Mäßigung nicht untreu, dennoch dem Radikalismus sich annähernd, manches kräftige Wort in die Abgeordneten-Versammlung fallen ließ. Allenthalben cirkulirte die Ansicht, Olmüß sey der Siß der Adelsverschwörung, welche dem Volke gegenüber stehe, und die Cernirung der Residenz leite u. s. w. Eine Nachricht von Olmüß brachte großen Jubel unter den Republikanern hervor. Erzherzog Franz Joseph, hieß es, habe seiner erlauchten Mutter Vorwürfe wegen ihrer volksfeindlichen Bestrebungen gemacht. Die Zeitungen beuteten diesen Stoff recht reichlich aus, und machten ihre Gloffen darüber. Der vernünftigere Theil der Bevölkerung

vermuthete hinter dem Altenweibergewäsche nichts als einen leeren Kniff, wodurch man die aufgereizten Gemüther noch mehr zu erbittern versuchte. Alle dem Hofe angedichteten Dinge, alle hirnlosen, aber nichts desto weniger abscheulichen Gerüchte und Sudeleien über die Camarilla und ihren Anhang, mußten verderbenbringend werden; denn jeder bösen That folgt die Strafe auf dem Fuße nach. Deshalb war auch F. Windischgräß gekommen, und offen vor ihm lag das Buch des Martialgeseßes, unter welches Wien zu stellen sein Entschluß war, ohne aber, wie man allenthalben das Gerücht verbreitete, damit grausame Pläne zu verbinden.

,,Kundmachung. Durch den Parlamentär, Herrn Hauptmann und OberCommandanten - Sellvertreter Thurn, sind dem Unterzeichneten eine Anzahl Exemplare der nachfolgenden Proklamation des Feldmarschalls Fürsten zu Windischgräß mit dem Auftrage zugekommen, selbe ungesäumt zur öffentlichen Kenntniß zu bringen. Ungeachtet das Ober-Commando unter den Befehlen des Ministeriums des Inneren, des hohen Reichstages und des Gemeinderathes (!) steht; so sieht der Gefertigte dennoch keinen Grund, dem zwar in seltsamer Weise ausgedrückten Wunsche des Herrn Feldmarschalls nicht nachzukommen.

Wien, am 24. Oct. 1848. Messenhauser, m. p., prov. Ober-Comm. ,,,,Proklamation. Im Verfolge des von mir in meiner ersten Proklamation vom 20. d. M. verkündeten Belagerungszustandes und Standrechtes für die Stadt Wien, die Vorstädte und nächste Umgebung habe ich befunden, als fernere Bedingungen zu stellen:

1. Die Stadt Wien, deren Vorstädte und die nächsten Umgebungen haben 48 Stunden nach Erhalt dieser Proklamation ihre Unterwerfung auszusprechen, und legions, oder compagnieweise die Waffen an einen zu bestimmenden Ort an eine Commission abzuliefern, so wie alle nicht in der Nationalgarde eingereihten Individuen zu entwaffnen, mit Bezeichnung der Waffen, welche Privat-Eigenthum find.

2. Alle bewaffneten Corps und die Studenten-Legion werden aufgelöst, die Aula gesperrt, die Vorsteher der akademischen Legion und 12 Studenten als Geißeln gestellt.

3. Mehrere von mir noch zu bestimmende Individuen find auszuliefern. 4. Auf die Dauer des Belagerungszustandes sind alle Zeitungsblätter zu suspendiren, mit Ausnahme der Wiener Zeitung, welche sich bloß auf offizielle Miltheilungen zu beschränken hat.

5. Alle Ausländer in der Residenz sind mit legalen Nachweisungen der Ursache ihres Aufenthaltes namhaft zu machen, die Paßlosen zur alsogleichen Ausweisung anzuzeigen.

6. Alle Clubbs bleiben während des Belagerungszustandes aufgehoben und geschlossen.

7. Ein Jeder, der sich a) obigen Maßregeln entweder durch eigene That oder durch aufwieglerische Versuche bei Andern widerseßt; - wer b) des Aufruhrs oder der Theilnahme an demselben überwiesen, oder c) mit Waffen in der Hand ergriffen wird - verfällt der standrechtlichen Behandlung.

Die Erfüllung dieser Bedingungen hat 48 Stunden nach Veröffentlichung dieser Proklamation einzutreten, widrigen Falls ich mich gezwungen sehen werde, die allerenergischsten Maßregeln zu ergreifen, um die Stadt zur Unterwerfung zu zwingen. Hauptquartier Heßendorf, am 23. October 1848.

Fürst zu Windischgräs, m. p., Feldmarschall.''''

Durch Vergleichung der Proklamation Messenhausers Seite 628 mit der vorstehenden, stellt es sich heraus, daß die Wiener von beiden Seiten kriegsoder standrechtlich bedroht waren.

Nachdem am 24. October um halb 1 Uhr Nachmittag die hinlängliche Anzahl Mitglieder der Reichsversammlung erschienen war, eröffnete Präsident Smolka die Sißung, und theilte der Versammlung mit, daß, da über eingelangte Nachricht drei Abgeordnete, hierunter der Abgeordnete Kosowski, in Floridsdorf zurückgehalten werden, daß deren sogleiche Freilassung in Anspruch nehmende Schreiben vom Vorstande an Fürsten Windischgräß abgegangen sey.

Wegen einer, vom Fürsten Windischgrät eingelangten Kundmachung, worüber der permanente Ausschuß erst zum Zwecke vorzuschlagenden Antrages berathen müsse, wurde die Sigung um 1 Uhr bis 5 Uhr Nachmittags unterbrochen erklärt. Bei Wiederaufnahme derSißung um halb 6 Uhr, in Anwesenheit der nöthigen Mitglieder-Anzahl, erstattete der Abgeordnete Schuselka im Namen des permanenten Ausschusses Bericht wie folgt: An Geldbeträgen, theils zur Unterstüßung für arme und verwundete Legionisten und Garden, theils für die Hinterbliebenen der Gefallenen, werden übergeben: a) durch Herrn Mahler, Redacteur des Freimüthigen" und der Bauernzeitung" 385 fl. 52 fr. C. R., b) durch den Abgeordneten Mandl von der Stadt Braunau am Inn 213 fl. C. M., begleitet mit einem, das Vertrauen dieser Stadt auf den Reichstag aussprechenden Adresse, ddo. Braunau am Inn, den 19. October 1848. u. z.

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An den hohen constituirenden Reichstag in Wien. Hoher Reichstag! Treue Söhne des Vaterlandes! Empfangen Sie unseren wärmsten Dank! In einer ernsten Zeit blieb die große Mehrzahl der Vertreter unserer Wünsche ihrer Pflicht treu, ihrer Pflicht gegen das hart bedrängte Vaterland, umgeben von einer aufgeregten Volksmasse, deren Hände noch von dem Blute gräßlicher Selbsthülfe rauchten - umgeben von einer bewaffneten Macht, einer Hofpartei, deren Streben unsere Rechte, unsere Freiheit bedrohte! Seyen Sie unserer vollsten

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Anerkennung aller Schritte, welche die hohe Reichsversammlung in dieser gefahrvollen Lage unseres gemeinschaftlichen Vaterlandes gethan hat, versichert; ja! was sagen wir, Anerkennung?? - Stolz, Hochachtung, Zuversicht, find jene Gefühle, welche der hohe Reichstag in unserer beklemmten Bruft erweckte, und darin eine tröstende Beruhigung erzeugte, weil wir unsere Hoffnungen, die der heldenmüthigen Hauptstadt Wien, die von ganz Deutschland in den Händen einer so hochansehnlichen, gesinnungstüchtigen Versammlung geborgen wußten, in deren Mitte wir mit Stolz auch unsere Landsleute sehen! Harren Sie aus in jener Kraft, mit der Sie begonnen haben, übertreffen Sie jene Hoffnungen, die Sie schon so schön gerechtfertiget haben! Wir alle glühen für des theuren Vaterlandes Wohl! Ein Wort aus Euerer Mitte, und es erheben sich Alle für die gerechte Sache! Muth und Vertrauen sind unsere Waffen! Ein freies, starkes Desterreich, ein großes einiges Deutschland unsere Losung! Allen Nationen reichen wir die Bruderhand, die mit uns vereint nach dem großen Ziele streben wollen! Die kleine Gabe, welche beiliegt, soll ein Beweis seyn, daß unser Wort nur der Vorbote der That ist, sie soll ein Tropfen Balsam seyn in jene Wunden, aus welchen die edlen Bewohner Wiens für das ganze Vaterland bluten! Ihrer Wahl vertrauen wir deren beste Verwendung! Nochmals unseren Dank!*) Beharren Sie, wie bis jeßt, als die Vertreter eines freien Bolles, aus Ihrer Hand erwarten wir ein Gebäude, unter dem wir alle friedlich und glücklich wohnen werden. Braunau am Inn, den 19. October 1848."

(Folgen die Unterschriften.)

c) Durch den Abgeordneten Borrosch werden ferner von der Gemeinde Balchen 43 fl. 42 kr. C. M. übergeben.

Hierauf wurde das vom Minister Krauß mit Schreiben, ddo. 23. Oct. 1848, 3. 2666, dem permanenten Ausschusse mitgetheilte Antwortsschreiben, ddo. Hauptquartier Inzersdorf, am 21. October 1848, des Grafen Auer 8perg verlesen, und über den daselbst angeführten Grund der verfügten Lebensmittel-Absperrung bemerkt, daß der Ausschuß für Verpflegung der Truppen im Schwarzenbergischen Garten, unterstügt von der akademischen Legion, (nicht auch von der Garde??), das Möglichste leistete, und erst dann weitere Ablieferung einstellte, als dieß die Vorsorge für die Stadt Wien gebieterisch forderte. Dann wurde das weitere Schreiben, ddo. 23. October 1848, 3. 2667, verlesen, womit Minister Krauß die mündlich vom Fürsten Windischgräß, über die an ihn ergangene Aufforderung, wegen Suspendirung des Belagerungszustandes, gegebene Antwort mittheilte.

Schusella verlas nun die an den Gemeinderath der Stadt Wien gelangte

*) Merkwürdig ist diese Adresse durch die darin vorkommenden 15 Ausrufungszeichen.

Proklamation, ddo. Heßendorf, den 23. October 1848, des Fürsten Windisch gräß, welche mit der Aufforderung, Tag und Stunde des Empfanges zu bestätigen, in einigen gedruckten Exemplaren an den Gemeinderath übergeben, und von diesem dem permanenten Ausschusse mitgetheilt worden ist. Hierüber verfügte der Ausschuß, einen Abdruck dieser Proklamation durch Eilboten an den Minister Wessenberg nach Olmüß mit dem Auftrage zu übersenden, welche friedliche constitutionelle Mittel er zur Pacificirung der Stadt Wien angewendet habe, und ob die in der Proklamation angedrohten Maßregeln in der, dem Fürsten Windischgräß ertheilten Vollmacht enthalten seyen. Nach Gutheißung dieser Verfügung durch das Haus, eröffnete der Abgeordnete Schuselka, daß der Ausschuß, in Anerkennung der Nothwendigkeit und Pflicht für den Reichstag, die ihm legal zustehenden moralischen Mittel unausgeseßt in Anwendung zu bringen, gegen die, durch diese Proklamation wiederholte Gefährdung nicht nur der constitutionellen, sondern der gewöhnlichen Bürger- und Menschenrechte vor der Gegenwart, vor der Geschichte und vor Gott mit der Hindeutung zu protestiren in Vorschlag brachte, daß Fürst Windischgräß durch diese Proklamation dem monarchisch-constitutionellen Principe mehr schade, als irgend Jemand.

Unter Bekanntgebung, daß die Minorität des Ausschusses mit der am 22. October 1848 gefaßten, und die Ungeseglichkeit der Erklärung des Belagerungszustandes und des Standrechtes aussprechenden Beschlusse die Proklamation, ddo. Hegendorf, den 23. October 1848, erledigt ansehe, und es einer weiteren Erklärung der hohen Reichsversammlung nicht bedürfe, verlas der Abgeordnete Schufelka den, von der Minorität des Ausschusses beantragten Entwurf der zu erlassenden Erklärung in folgender Fassung:

„Da Feldmarschall Fürst Windischgräß, im offenen Widerspruche mit dem kaiserlichen Worte vom 19. October, und in offener Nichtachtung des Reichstags-Beschlusses vom 22. October, in einer neuen Proklamation, ddo. Heßendorf, vom 23. October 1848, Maßregeln über Wien verhängt, die nicht nur die vom Kaiser sanctionirten constitutionellen, sondern die allgemeinen Bürger- und Menschenrechte völlig aufheben, so erklärt der Reichstag, daß dieses Verfahren des Fürsten Windisch gräß nicht nur ungeseßlich, sondern eben so sehr gegen die Rechte des Bolles, wie des erblichen constitutionellen Thrones feindlich sey."

In Berufung auf bereits vorgekommene Plakate erfolgte nachstehende „Erklärung. Es verbreitet sich das Gerücht, daß die sowohl als Deputirte an Seine Majestät den Kaiser nach Olmüş abgeschickten Vertrauensmänner dec Nationalgarde, als auch die Adreßsteller an den hohen constituirenden Reichstag verrätherischer Abfichten gegen die Interessen der Bevölkerung beschuldiget, und persönlich bedroht werden.

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