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nicht ermittelt werden. Ein Offizier äußerte sich: es sey ein elender Servilismus der ihn ärgere, obwohl er Militär sey. Auf der Höhe von Inzersdorf arbeitet man heute an neuen Batterien. Dieselben sind jedoch zu weit von der Stadt ent fernt, als daß sie einen anderen Zweck als den der Vertheidigung der eingenommenen Stellung haben könnten. Die Truppen, die früher um Mödling, Rodaun u. s. w. standen, haben sich links gegen Schönbrunn gezogen. Der Geist ist im Ganzen ein gemäßigter."

Diese Schilderung lieferte die slawenfeindliche „allgemeine österreichische Zeitung" über das kroatische Hauptquartier.

Die Physiognomie der Stadt gewann eine lebhaftere, mehr kriegerische Färbung. Bewaffnete sah man in ungewöhnlicher Anzahl durch die Gassen streifen. Reitende Couriere, Studenten und Garden sprengten durch die Stadt und Vorstädte, und brachten aus dem Belvedere, woselbst sich die Ober-Commandantur befand, Befehle und Anordnungen.

Um 8 Uhr Morgens begann eine Kanonade, welche später immer vernehmbarer wurde. Die Kroaten begannen bei der Marxer-Linie Schanzen aufzuwerfen. General Bem ließ zwei Kanonen dem Friedhofe gegenüber auffahren, und nach einem anderthalbstündigen Feuern war die Ruhe wieder hergestellt.

Auf den Lärm dieser Kanonade hatte sich das Militär aus Inzersdorf auf der Anhöhe von der Spinnerin am Kreuß bis zur Larenburger Allee in Schlachtordnung aufgestellt. Nach Verlauf von zwei Stunden formirte es wieder Com pagnien und zog sammt der Reiterei und den Geschüßen nach Inzersdorf zurück.

Das Finanz-Ministerium fand sich bewogen, dem Ober-Commando, statt wie früher durch das t. t. Universal-Cammeral-Zahlamt, von nun an durch die Stadt-Commune die nöthigen Geldmittel zufließen zu lassen, um die, durch die außergewöhnlichen Zeitverhältnisse herbeigeführten Auslagen bestreiten zu können.

In Folge dieses Ministerial-Beschlusses wurde der f. f. liquidirende KassaOffizier des Universal- Cammeral- Zahlamtes und Kaffier des Ober-Commando, Josef Grimm, einberufen, und der magistratische Ober-Kammeramts-Official Blaschte als Kassier, und der magistratische Ober-Kammeramts-Accessist, Carl Fürst, als Controllor zum Nationalgarde-Ober-Commando delegirt, welche beide auch diese schwierigen Geschäfte bis zur Einnahme der Stadt von den k. k. Truppen versahen.

Messenhauser erhielt das Publikum in einer anhaltenden Lesegier. Die täglich eingenommenen 200 fl. C. M. waren kein unbedeutendes Honorar für derlei literarische Produkte. Im,,Radikalen" erschienen billigere Novellen von ihm. Kundmachung. Sestern Abends hat der Ober Commandant den ersten Be richt des Herrn General Lieutenants Bem entgegengenommen. Alle Linien und Außenthore find von den Mobilen beseßt. Wir sind bereits jezt im Stande, jedem

Angriffe, von welcher Seite er immer erfolgen möge, kräftig die Spiße zu bieten. Im Laufe des heutigen Tages wird an der Organisation und Aufstellung der Reserve im Lager energisch fortgeschritten. Ich hoffe Euch hierüber morgen Erfreuliches mittheilen zu können. Mitbürger! Garden! Nahmittags theile ich Euch die Antwort Sr. Excellenz des Herrn Feldmarschall - Lieutenants Grafen Auersperg mit. Ich werde ihn in einer neuen Note über die vielen Jrrthümer (?) seines sonst sehr freundlichen Schreibens aufflären, und Euch weiters mittheilen, wie ich einen Protest an die Centralgewalt in Frankfurt, und endlich eine Deputation Seitens der Nationalgarde, der Mobilen, und des sich vorbereitenden Landsturmes, an Se. Majestät den Kaiser, im Einklange mit den vorausgegangenen Deputationen des hohen Reichstages vorbereite. Wir stehen und bewegen uns auf dem gefeßlichen Boden! ganz im Gegentheile von dem, was Herr Graf Auersperg sagt, sind nicht wir es, welche den Kampf wollen (!). Man biete uns den Frieden auf einer Grundlage, wie wir ihn mit Ehre anneh= men können, und wobei unsere Errungenschaften durch unerschütterliche Bürgschaften gesichert sind. Ein solcher Friede wird uns rasch zu unsern friedlichen Beschäftigungen und Gewohnheiten zurückführen. Mitbürger! Harret entschlossen aus. Bloß durch andauernden Muth, durch unbeugsame Entschlossenheit können wir des Sieges versichert seyn, und seine segensreichen Früchte genießen. Wien, am 18. Oct. 1848. Messenhauser, m. p., pr. Ober-Commandant."

8 Uhr Morgens. Dem Ober-Commando wurde gemeldet: Bei der St. MargerLinie fallen Kanonenschüsse. Man vermuthet einen Angriff der Ungarn.

9 Uhr Vormittags. Der Bäckermeister Valentin, in der Alser-Vorstadt wohnhaft, beschwerte sich beim Ober-Commando, daß er schon einige Male von Garden und Arbeitern insultirt und mit Gewalt zur Dienstleistung aufgefordert wurde, ungeachtet er seine Enthebungskarte vorgezeigt, die ihm und jedem Bádermeister vom Gemeinderathe ausgestellt worden.

9 Uhr. Wurde beim Ober-Commando gemeldet: Die NationalgardeArtillerie soll bei der St. Marṛer-Linie cine Batterie aufgestellt haben, die von Jellačič beschossen und zerstört wurde. Laut späterer Nachricht habe die Nationalgarde-Artillerie den t. t. Truppen eine Kanone demontirt.

9. Uhr. Garde Auer meldete im Auftrage des Studenten-Comitee's beim Ober-Commando, daß ein Schmied auf der Möller-Bastei, vis-à-vis vom Mölkerhofe, 4 Gewehre versteckt habe, selbe nicht benüße, und auch nicht ausfolgen wolle.

Am 18. wurde der Schub bei der Tabor - Linie von dem Volle angehalten, die Schüblinge gewaltsam der polizeilichen Wachmannschaft entrissen, leßtere versprengt, und erstere gleich zum Abtragen des Brückenjoches verwendet, und in die Mobilgarde eingereiht.

Hier trug es sich zu, daß Bem bei diesen Arbeiten, die er sehr beschleunigt wissen wollte, einem von diesen Schüblingen, der nicht vertraut mit der schweren Arbeit, und zu schwach, die großen Trame zu tragen, befahl, einen solchen Brückenbaum mit Andern fortzutragen, allein die Last war ihm zu groß, er stürzte und ward ein Opfer derselben.

Auf den Glacien weideten Heerden ungarischer Ochsen, mit langen spigen Hörnern, mit denen sie ihre eigenen Genossen incommodirten die Wiener machten zeitgemäße Glossen darüber.

Die Reichstags-Armee, d. i. die mobilen Corps, mehrten fich — die Nationalgarde verminderte sich immer mehr und mehr. Die allg. österr. Zeitung brachte zwei gehäßige Artikel gegen die Czechen. Die Zeitungen zählten bereits 15,000 Mobilen in Wien, die Constitution nur 6000; aber auch diese Zahl war um die Hälfte übertrieben.

Bernbrunn stellte im Gemeinderathe den Antrag, daß wenn die Geschäftsordnung in Bezug auf die Verlautbarung der Gemeinderaths-Verhandlungen keine maßgebende Norm enthalte, hierüber im Principe über die Frage, was zu veröffentlichen sey, berathen und Beschluß gefaßt werde, worauf Wef= sely den weiteren Antrag stellte: Nicht blos die Anträge, Amendements und Beschlüsse, sondern die gesammte Debatte, so weit dieses ohne stenographische Kräfte thunlich ist, in den der Wiener Zeitung einzuschaltenden Protokollen der Oeffentlichkeit zu übergeben, welch' leßterer Antrag auch angenommen wurde.

Sylvester's weiterer Antrag: zwischen den Protokollen und Debatten dieserwegen einen Unterschied eintreten zu lassen, blieb in der Minorität, worauf Kaiser noch beantragte: Stante concluso, und bei dem vollsten Betrauen, dessen sich das Bureau des Gemeinderathes erfreue, wodurch jede weitere Kors rektur als erläßlich erscheine, das bisher bestandene Redactions-Bureau aufzuheben, und die richtig gestellten Protokolle zu veröffentlichen, welches einstimmig angenommen wurde.

Präsident Bondi theilte dem Gemeinderathe den Auftrag des ReichstagsAusschusses mit, wornach dem Ober-Commandanten der Nationalgarde 50,000 fl. Conv. Münze zur Verfügung anzuweisen sind, welche Zahlungsanweisung auch sogleich ertheilt wurde, und Winter die Anzeige machte, daß eben ein Einschreiten des Ober-Commando im Gemeinderathe eingelangt sey, worin dasselbe die Beigebung zweier Kassabeamten in Anspruch nimmt, welchem Anfinnen auch durch den Vice-Bürgermeister Berg müller sogleich entsprochen wurde. Hierauf wurde die in der vorherigen Sißung von 17. October 1. J. abgebrochene Verhandlung über die Mittheilung des Reichstags-Ausschusses übergegangen, in welcher von Stifft über den bereits gestellten Antrag der weitere Antrag gestellt wurde, daß auf Erlangung einer bestimmten Erklärung von Seite der

nächst Wien lagernden k. k. Generale, durch eine besondere Deputation añ diese gedrungen werde.

Im Laufe der Debatte erschien im Gemeinderathe eine Deputation in Massa des Studenten-Comitee's, den Gemeinderath in eindringlicher, begeisterter Rede auffordernd, die Hülfe der Ungarn für Wien und die be drohte Freiheit anzurufen; das schriftliche Wort wurde durch den mündlichen Vortrag des Deputations-Sprechers Fortunsky würdevoll unterstüßt, worauf der Präsident die Deputation auf den hierwegen wiederholt ge= faßten Beschluß aufmerksam machte, deßungeachtet derselben aber das Versprechen gab, diesen Gegenstand in neuerliche Berathung nehmen, und das Resultat derselben mittheilen zu wollen, worauf Kaiser beantragte, diese höchst wichtige Angelegenheit der Berathung der vollen Gemeinderaths-Versammlung vorzubehalten, und alle Mitglieder, mit Beseitigung aller anderen Beschäftigungen, alsogleich herbeizuziehen, welcher Antrag auch angenommen wurde.

Hierauf erschien im Gemeinderathe eine Deputation des Clubbs der Linken aus Frankfurt, welche durch ihre Sprecher, Robert Blum und Trampusch, dem Gemeinderathe den Dank und die Bewunderung für die hochherzige Erhebung und den standhaften Muth Wien's zur Wahrung der Freiheit aussprach, und welchen der Vice-Präsident Stifft mit gleichem Danke erwiederte.

Stifft verlas im Gemeinderathe den Entwurf der an Se. Majestät durch eine Deputation zu überreichenden Adresse, worauf Wessely das Amendement stellte, daß in die Garnison nur volksthümliches Militär verlegt werden solle; Bernbrunn wünschte in die Adresse aufgenommen: Se. Majestät wolle sich bewogen finden, sogleich ein volksthümliches Ministerium zu ernennen; und Klobasfer stellte den Antrag, Se. Majestät wolle eine allgemeine Amnestie (!) gewähren.

Hiernach wurde die mit der Abfassung der Adresse betraute Kommission aufgefordert, diese angenommenen Amendements mit der Adresse in eine zweckmäßige Verbindung zu bringen, dieselbe dann nochmals zu revidiren, und der Plenar-Versammlung vorzutragen.

Martyrt stellte den Antrag diese Adresse zu veröffentlichen, und Wessely stellte das Amendement, die Veröffentlichung durch Druck nicht eher zu veranlassen, bis die Adresse Sr. Majestät übergeben. Beide Anträge wurden angenommen. Dem zu Folge wurde jene Adresse am 19. durch Plakate veröffentlicht. Wessely stellte noch den weiteren Antrag, der abzusendenden Deputation eine Instruction mitzugeben, wodurch ihr Verhalten am Hoflager genau vorgezeichnet werde, welcher Antrag nach längerer Debatte angenommen und beschlossen wurde: zu diesem Behuse, die mit der Ausarbeitung der Adresse betraute Commission durch drei Mitglieder zu verstärken, wozu Stubenrauch, Brodhuber und Wessely bestimmt wurden.

Hierauf verlas Stifft die revidirte Adresse, welche ohne Debatte ange nommen wurde, ebenso wurde die von Freund vorgelesene Instruction genehmiget, und beschlossen, eine Deputation von 5 Mitgliedern durch das Loos zu wählen. Durch das Loos wurden A. Müller, Bernbrunn, Kaiser, Dr. Beer und Gassenbauer bestimmt, und denselben aufgetragen mit dem Abendtrain am 19. nach Olmüß abzureisen, und über Wessely's Amendement ein eigenes Reise-Journal zu führen. Wessely theilte dem Gemeinderath mit, es sey ihm bekannt geworden, daß der Verwaltungsrath der Nationalgarde Vollmachten ausgestellt habe, zur Aufsuchung von Waffen und Munitionsvorräthen in den Häusern selbst, und stellte nach Verlesung einer solchen Vollmacht den Antrag: da nur nach richterlichem Erkenntniß Hausuntersuchungen vorgenommen werden können, das Ober-Commando und den Verwaltungsrath zu ersuchen, diese Vollmachten zurückzuziehen, und durch ein Plakat ihre Zurücknahme und Ungiltigkeit bekannt zu geben. Dieser Antrag wurde auch angenommen und Kubenik mit der Abfassung eines Plakats beauftragt, dasselbe vorgelesen und genehmiget.

Der Präsident verlas die an den Gemeinderath gelangte Zuschrift des Buchhändlers Tendler, und übergab der Versammlung die durch denselben überschickten Exemplare der Broschüre: Offener Brief an das österreichische Ministerium, von Carl Möring, Deputirten in Frankfurt. Dieselben wurden hierauf vertheilt, und Carl Möring den Dank der Versammlung schriftlich auszudrücken einstimmig beschlossen.

Hierauf verlas der Präsident eine, dem Gemeinderathe zugekommene Zuschrift des ungarischen Ministerial-Sekretärs Wargha, welche lautete: „Die in jüngster Zeit abgegebenen zwei Erklärungen des Herrn Franz Pulßky, Staats-Sekretärs des ungarischen Ministeriums des Aeußern, sind dahin zu berichtigen, daß selbe keineswegs als direkte officielle Erklärungen des ungarischen Reichstages, sondern blos als Privatmittheilung desselben angesehen werden können. Wien, am 18. Oct. 1848. Stefan Wargha, m. p., ung. Min. Set.“

Ferner zeigte der Präsident dem Gemeinderathe an, daß zu Mariahilf drei Spitäler errichtet worden sind, und zwar bei den barmherzigen Schwestern mit 60 Betten, beim goldenen Kreuß mit 25 Betten, und Laimgrube Nr. 77 mit 18 Betten.

Der Präsident verlas im Gemeinderathe eine Note des Staats-Untersekre tårs Baron Stifft vor, welche bekannt macht, daß die von der Approvifionirungs-Commission des Gemeinderathes eingeführten Viktualien von der Verzehrungssteuer nicht befreit werden können, welches zur Kenntniß genommen wor den ist. Die vom Klosterneuburger Commissariate an den Gemeinderath eingelangte Zuschrift, worin dasselbe um Hintanhaltung des Holzfrevels in der Brigittenau ersucht, wurde mit dem Ersuchen dem Ober-Commando der Nationalgarde über

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