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stopschin, Stein und viele andere? Man übte die kleinliche und nie erhörte Rache aus, selbst das Privateigenthum von Ministern einzuziehen und zu verschenken, als wenn Ar muth und Mangel den Muth und die Treue eines redlichen Mannes gegen Fürsten und Vaterland erschüttern könnten.

Nicht die Feder feiler Schriftsteller bestimmt in der Ge schichte den Werth einer Nation, ihrer Beherrscher und ihrer Minister.

Möge die tapfere russische Nation, deren Völker jest auf dem französischen Boden stehen, uns alle Drangsale vergeben G), die wir in ihr unerschütterliches Reich getras gen haben!

Unser Leichtsinn fing damit an, die Russen, bey unserm tollkühnen Einfalle in ihr Gebiet, als Barbaren zu verhdhnen, und wir endigten damit, daß unsere Soldaten von diesen angeblichen Barbaren zurückgeschlagen und feldflüchtig sich nicht eher für sicher hielten, als bis sie die Festungen und den französischen Boden erreicht hatten.

Dieses große Volk that in einem Jahrhundert mehr zu feiner National: Bildung, als wir in zwey Jahrhunderten zur Herstellung unserer Kultur, unserer Finanzen, unserer Marine, unsers Handels und unserer öffentlichen Erziehung, bey der Erschöpfung und Ohnmacht je werden thun können, in die wir durch unsere unbesonnene Unternehmungen gesun ken sind.

Wir rechneten es den russischen Feldherrn als eine em: pårende Barbarey auf, daß sie ihre Hauptstadt den Flammen preisgaben. Aber der glimmende Brand von Moskau bez leuchtete die Schande unserer fiehenden Heere. Er zernichtete auf einmal alle Hoffnungen der Beute, die unsern Soldaten versprochen war, endlich jene ungeheuern, schon vorher berechneten Kontributionen, mit denen man den Krieg nåh ren wollte, und jene Mittel der Subsistenz, ohne die ein er: müdetes Heer in einem fremden Lande nie bestehen kann.

So weiß eine große Nation zu rechter Zeit große Opfer zu bringen.

Doch wenden wir unsere Blicke von den Scenen dieser Verheerung ab, die uns unter den Verwünschungen der Na tionen ewig zur Last fallen. Deffnen wir unser Herz dem milden Einflusse einiger tröstlichen, wenn gleich ungewissen Hoffnungen, mit denen man uns zu schmeicheln sucht.

Der gepriesene Redner unsers Senats verspricht uns, ,,daß jener tavfere Prinz aus französischem Geblüte, der ehe mals Frankreich vertheidigte, nicht lange Frankreichs Feind bleiben könne.“

In diesem emblematischen Bilde erkennen wir den hel denmüthigen Kronprinzen von Schweden. Allein, wir wis fen auch zu gut, daß dieser Fürst, einst Waffengenosse Naz poleon's, nicht nach Würde seiner ausgezeichneten FeldherrnTalente behandelt worden ist.

Nicht dem französischen Einflusse verdankt er seine Ers hebung. Wenn er auch gewisse Ungerechtigkeiten, die ihm Napoleon anthat, mit Aufopferung aller Empfindlichkeit vergessen wollte, so binden ihn doch Pflicht und Dankbarkeit an das edle Volk, dessen Vertrauen ihn zum schwedischen Throne bestimmte.

In der Wagschale der Politik, in den Gefühlen der Erkenntlichkeit, geben Waterland und zufällige Geburt keinen Ausschlag.

Unter fast gleichen Beziehungen können wir den gleichen Grundsah auf den Kaiser von Oesterreich anwenden. Dieser edelmüthige Monarch sandte das Liebste, was er hatte, eine mit allen Tugenden und Reizen ausgeschmückte Prinzessinn, als Unterpfand des Friedens nach Frankreich.

Unter welchen Kåmvfen muß dieser großmüthige Fürst den Sieg über seine gerechte Empfindlichkeit, und über sein Vatergefühl errungen haben, indem er diese geliebte Tochter mit aufrichtiger Verzeihung einer Nation hingab, auf der

noch die Blutschuld der gegen die Gerechtigkeit ermordeten Maria Antonie, der vorigen Königinn, seiner Tante, haftete.

Aber es gibt Pflichten und Gefühle, die noch stärker find, als die Bande der Natur: die Sorge für die Freyheit Europens, für die Unabhängigkeit der in eine gemeinschaft= liche Familie verbundenen Nationen, und endlich die Sorge für das Heil des eignen Volkes, dessen Vater jeder Souve rain ist.

Mit welchem Fuge der beredsame Graf die Gewogenheit des größten Monarchen, der das nordländische Europa und einen unermeßlichen Theil Aftens beherrscht, und der seinen Ruhm auf Napoleon's Freundschaft gegründet haben. solle, in Anspruch zu nehmen sich getraue, ist schwer abzusehen.

Wenn große Feldherrn- und Herrscher-Talente vom Glücke begleitet sind, so mögen sie augenblicklich hohe Bewunderung erregen. Aber wenn Uebermuth, im Bunde mit Talent und Glück, sich anmaßt, die Welt zu unterjochen, wenn dann Nationen weinen, fo muß nothwendig die Bewunde rung sinken. Jenes strahlende Diadem mit 50 Siegen verherrlicht, um das wir uns jezt zu sammeln aufgeboten werden, seinen verdunkelten Glanz zu retten, wird zu einem un glückbringenden Kometen, den die geschreckten Völker noch in seinem Sinken mit Verwünschungen begleiten.

Dann kommt der Zeitpunkt, wo die göttliche Nemesis erwacht, und dem Frevler, der das ewige Gesetz der Gerechtigkeit verlegt hat, empfindliche Warnungen zusendet.

Die Trunkenheit im Glücke kann zu großen Missetha= ten verleiten. Ein großer Mann soll in einem solchen Taumel ausgerufen haben:,,wer jeden Monat 30,000 Men= fen aufopfern, und 30 Millionen aufwenden kann, dem ist es erlaubt die Welt zu beherrschen.“

Schreckliche Worte! Unglück dem Volke, das an den Willen dieses Beherrschers gefesselt ist.

In 20 Jahren haben wir die Krisen und alle Verände rungen durchlaufen, zu dessen Durchwanderung das königliche Volk der Römer sieben Jahrhunderte verwendete. Unser Leichtsinn, angefacht von Parteygeist, wechselte unter schrecklichen Konvulfionen eine Staatsform um die andere. Das Genie eines einzigen Feldherrn stellte mit vielem Glücke die Monarchie her, die einzige Regierungart, die einem großen Volke angemessen ist.

Håtten wir die Kräfte so vieler Tausender jest gefallener Månner, und so viele Millionen, die wir für Eroberungen entfernter Völker vergeblich aufopferten, auf Gründung un sers Nationalglückes verwendet, so wåren die Wunden geheilt, die uns Revolutionen schlugen. Wir wären wo nicht das erste, doch das glücklichste Volk in Europa.

Eben dieser große Feldherr entschuldigt jest in öffentli chen Reden und Proklamationen feine erlittenen Unfälle mit dem scheinbaren Vorwande:,, er habe die Absicht gehabt, die Welt glücklich zu machen.“ Aber so lange er keine als gått: lich anerkannte Urkunde aufzuweisen vermag, die ihn zum Vormund der Völker bestimmt hat, so muß es uns erlaubt feyn, an der Reinheit dieser Absicht zu zweifeln: ewige Kriege und Waffen und Umsturz aller Verfassungen sind nicht die Mittel, durch die ein Eroberer die Völker glücklich macht. Er muß sich den Zuruf jenes scythischen Gesandten an Ale= rander den Großen gefallen lassen, der da sagte: Tu omnium nationum, quas adiisti, latro es.

Durch Mißbrauch der Gewalt und Despotismus empóra ten wir gegen uns alle nachbarliche und entfernte Staaten. Wir lehrten sie ihre Kräfte kennen. Sie befestigten ihre Macht durch den Geist der Eintracht, vereinigten sich mit den Beherrschern Ostens und Westens, und jest kommen sie sieg reich mit den Waffen in der Hand von uns Friede zu erzwingen.

Was können wir dieser edlen Absicht entgegen stellen? Michte uns das Geschenk des Himmels,, Friede" bald zu

Theil werden! Schon ist der Ton der Insolenz herabgestimmt, mit welcher unsere Diplomatie fremde Regierungen folange mißhandelte.

Wir wollen diese heilsame Aenderung der Gesinnungen als eine Folge der Ueberzeugung unserer Schwäche, unserer Selbsterkenntniß und des Bestrebens ansehen, zu den Grundfäßen der Gerechtigkeit aufrichtig rückzukehren, die wir allen Nationen ohne Unterschied schuldig sind.

Note 1.

A) Siehe Herodots Geschichte 4. Buch. Der Perfische König Darius wagte einen Einfall in Scythien oder das südliche Rußland, und war bereits jenseits des Don gedrungen, ewige Gefechte, Mangel an Lebensmitteln und Krankheiten endlich nöthigten ihn zum Rückzug. Die Rettung seines Heeres vers. dankte er einer Herde Esel, die er Nachts um sein Lager anbinden ließ. Da die scythischen Pferde das Geschrey der Esel fürchteten, so konnten sie die Reiter nicht bezwingen, sich dem persiz schen Lager zu nähern. Der König brach, nach Anzündung vieler Wachtfeuer, in der Nacht heimlich auf, und gewann einen Marsch nach seiner Brücke an der Donau, die zum Glück noch von jonischen Truppen besezt war.

B) Ein deutscher Gelehrter, Chr. Aug. Fischer, hatte den Einfall, aus dem Moniteur alle Reden, Proklamationen und Manifeste Napoleons in Leipzig 1808 drucken zu lassen. Dies se Sammlung ist eine sonderbare Progression von Widersprüchen, menschlichen Leidenschaften und abwechselnden Gesinnungen, die je in dem Geiste eines Eroberers gedrungen sind. In Aegypten sagte Napoleon ganz bestimmt in einer arabisch geschriebenen Proklamation an die Chefs der Nation, ganz nach dem Ton des Corans :,, Dites au peuple, que c'est nous, qui avons detruit le Pape, qui disoit, qu'il falloit faire la guerre aux musulmans... N'est ce pas nous, qui avons detruit les Chevaliers de Malte, parceque ces insensés croioient, que Dieu vouloit, qu'ils fissent la guerre aux musulmans. “

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