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in der Haide. Du sollst das Waidwerk bei uns nicht schlechter finden als in deinen Bergen. Und noch Anderes begehre ich von dir. Die Burgen, welche fremde Seeräuber an der Küste im Wasser geschanzt haben, will ich brechen, sobald der Eisfrost eine harte Bahn zu ihren Holzringen bereitet, dabei sollst du mir helfen. Bist du's zufrieden, so schlage ein.“ Er hielt ihm die Hand hin, welche Immo freudig ergriff. Und der Herzog fuhr fort: „Der König erhebt sich, das Heer zu entlassen. Unsere Krieger sind ungeduldig, die Herden der Beutethiere und der gefangenen Böhmen zu theilen."

Der König und seine Edlen bestiegen die Rosse; die Helden sprengten auseinander zu ihren Haufen. Vor jeder Schaar hielt der König an, zollte seinen Dank und sprach die Worte der Entlassung. Auch als er zu dem kleinen Haufen der Bogenschüßen kam, welche Immo führte, neigte er das Haupt und rief: Treu erfüllt habt ihr den Eid, den ihr freiwillig gelobtet, ich löse euch von der Pflicht, zieht in Frieden heim zu euren Bergen." Aber dabei ruhte sein Blick kalt und feindselig auf ihrem Führer, und dieser erkannte, daß der König ihn ungnädig von sich entfernte und daß sein Schicksal ihn anders, als er selbst gedacht hatte, aus dem Königsdienst löste. Er grüßte zum letzten Mal mit seiner Waffe den Kriegsherrn und führte seine Knaben nach der Stadt zurück.

Aus der Herberge eilte er zum Grafen Gerhard, bairische Königsmannen hielten die Wache und weigerten ihm den Zutritt; er stürmte zu dem Hofe der Nonnen, die frommen Mütter waren mit Hildegard durch Reisige aus der Stadt geleitet, Niemand wußte zu sagen, wohin. Da suchte er den Kanzler auf, dieser empfing ihn kalt. Soll ich dir Gutes rathen, so entziehe dich dem Auge des Königs, denn ich fürchte, er sinnt dir nichts Günstiges. Für die Jungfrau wird der König selbst sorgen; wie ich vernehme, will mein Herr, daß sie geschleiert werde, damit sie für die Missethaten des Vaters von den Heiligen Verzeihung erwerbe."

Mit Mühe bewahrte Immo die Kraft, den Segen des Kanzlers zu erbitten, den dieser mit einer nachlässigen Handbewegung ertheilte. Er kam verstört in seine Herberge und trat in die Kammer, in welcher Heriman, der Goldschmied, lag, der von seiner schweren Wunde langsam genas. Oft hatte Immo während der Belagerung in der Hütte des Kranken gesessen und dem klugen Landsmann vertraut, was ihm auf der Seele lag, jetzt sezte er sich bleich und erschöpft neben ihn. ,,An einem Tage habe ich Alles verloren, worauf ich hoffte, und wenn ich von hier weiche, wie ich soll, so nehme ich ein Herz voll Angst und Sorge mit mir. Dennoch vermag ich das Land nicht zu räumen, bevor ich die Jungfrau wiedergesehen habe."

„Ich bleibe zurück," versette Heriman tröstend, „,,dir danke ich, Immo, daß ich lebe und meine Glieder wieder zu regen beginne. Diese Schuld zahle ich dir jezt oder wann du verlangst. Besser vielleicht als du selbst vermag ich dir zu nüßen. Denn Kundschaft habe ich beim Könige und vielen Großen, und mancher Stolze beachtet in der Stille meine Worte. Ziehe mit dem Herzog, denn weilst du hier, so wird es dein Verderben. Du läßt Einen zurück, der ein wenig die Weise kennt, wie man die Geheimnisse der Mächtigen erkundet. Noch ist die Jungfrau nicht geschleiert. Und was ich erfahre, Günstiges oder Ungünstiges, das sollst du wissen.“

Während der Burgmann dem jungen Helden Trost einsprach und dieser gern seinen Worten lauschte, scholl in der Hausthür und auf der Straße ein wirres Getön von Pfeifen, Fiedeln und Menschenstimmen, ein wilder mißtönender Lärm von allerlei Weisen, welche durcheinander klangen, von Gelächter und trunkenem Geschrei. Immo eilte die Treppe hinab. Im Hausflur saßz Brunico an der weit geöffneten Thür, eine Trinkkanne in der Hand, umgeben von seinen Bogenschüßen, vor ihm aber auf der Schwelle und auf der Straße stand ein großer Haufe fahrender Spielleute, von denen jeder unbe

fümmert um die andern in seiner Kunst das Beste that, so daß ein unordentliches und greuliches Getöse durch das Haus und über die Straße schallte. „Schneller," trieb Brunico, „ihr zirpt wie die Mädchen, die zum erstenmal im Reigen springen. Wer um die Wette läuft, darf seinen Athem nicht sparen." Von Neuem begann das tolle Gefiedel und Geschrei. ,,Jezt merkt auf," mahnte Brunico lachend, der Schnellste fängt den Preis." Er zog den goldenen Ring vom Armgelenk und hielt ihn in die Höhe, schleuderte ihn über die Köpfe der Spielleute in den Staub der Straße und rief: „So wirft der Bauer von Friemar den Armring des Königs." Gleich Hunden sprangen die Fahrenden nach dem Ringe, sie fielen und überschlugen sich in wirrem Knäuel, das Volk schrie, jauchzte und balgte sich mit den Unehrlichen, bis endlich einer der Spielleute den Goldschmuck faßte, emporhielt und schnellfüßig mit dem Preise entrann. Und als Immo den Gespielen schalt: Wie magst du eine werthvolle Gabe vergeuden, die dein Geschlecht und dein Mädchen lange erfreut hätte?" da antwortete Brunico: „Ich warf sie fort, damit sie mir nicht die Augen blenden sollte. Denn übel stände mir an, das Ehrengeschenk eines Königs zu tragen, der dich gekränkt hat, während er mir spendete."

9.

Unter den Rößlein der Horfila.

Die Felder in Thüringen waren geleert, die Viehherden weideten auf den Stoppeln und die Jäger zogen mit ihren Hunden in den Bergwald. Auch die Brüder Immos hatten durch einige Wochen den Heerschild getragen, sie waren gegen die Elbe gezogen, um einen Einbruch der Böhmen zu rächen, aber der Feind war ihnen eilig hinter seine Berge ausgewichen und sie fanden nur die verkohlten Trümmer der niedergebrannten Höfe. Da waren sie unzufrieden heimgekehrt und sannen mit ihren Landsleuten auf einen vergeltenden Zug für das nächste Frühjahr.

Als sie an einem hellen Herbstabend von der Jagd zurück kamen und gerade über die Brücke eines Nachbardorfes ritten, fanden sie den Weg durch Gedränge der Einwohner gesperrt, und noch immer liefen die Leute aus den Höfen, einander zurufend und heranwinkend. In der Mitte hielten Reiter, und um diese schloß sich der Ring. Die Jagdhunde der Brüder fuhren mit wüthendem Gebell gegen den Haufen, und Erwin hatte Mühe, die Zerrenden an ihren Riemen zurückzuhalten.

„Es sind Fremde, welche ausgefragt werden," rief Ortwin, und schneller trabten die Rosse. Die Dorfleute machten den Jünglingen grüßend Play und diese fanden in der Mitte den Spielmann Wizzelin, der wie ein Herr gekleidet und von einem dienenden Genossen begleitet war, welcher das Saitenspiel bewahrte. Zwei Landleute hielten das Roß des Spielmannes am Zügel, vor ihm standen die Aeltesten des Dorfes und in

großem Kreise Alt und Jung mit aufgerissenen Augen, Verwunderung und helle Neugierde in den Gesichtern. „Sei ge= grüßt, Spielmann,“ rief Odo lächelnd, „wer deine Pferde betrachtet, muß rühmen, daß du Glück im Kriege gehabt hast.“ Wizzelin neigte sich artig und trieb sein Pferd, damit es die wohlgeformten Glieder rege. „In dem siegreichen Heere findet auch ein armer Spielmann etwas Gutes," erwiederte er stolz.

„Wunderbares erzählt er von dem Glück des Königs und wie die Burgen des Markgrafen brannten," berichtete ein alter Bauer.

,,Tag und Nacht könnte ich euch erzählen, Niemand vermöchte in einem Niedersißen alle Heldenthaten herzusagen," fuhr Wizzelin fort. „Auch bei euch raste ich wohl einmal und singe unter der Linde; jezt aber öffnet den Weg, denn ich begehre dringend weiter zu ziehen.“

„Ich hoffe, du herbergst heut bei uns im Hofe," mahnte Odo. Doch unter den Dorfleuten erhob sich Gemurr. „Er hat noch wenig gesagt," riefen mehre Stimmen. Wir verlangen von den Nachbarn zu hören, welche freiwillig zu König Heinrich gezogen sind,“ schrien Andere.

„Als Helden kehren sie zurück, ihre Wagen sind schwer mit dem Kampfgewinn beladen und Beuterosse führen sie in langer Reihe, auch böhmische Knechte, welche ihnen der König zugetheilt hat, wenn sie dieselben nicht bereits an die Händler verkauft haben; denn ihnen wird mühsam sein, die Menge der Sklaven auf der Reise zu ernähren.“

Ein lauter Schrei der Verwunderung antwortete, und die Knaben schlugen in ihrer Aufregung Burzelbäume im Staube. „Sahst du den Dindo, den Sohn meiner Schwester Wendilgard?" frug eine stattliche Bäuerin.

,,Dindo?" versette Wizzelin, „der Held mit den runden Backen, sicher kenne ich ihn. Er kehrt ganz heil zurück, und ich meine, in seinem Reisegepäck liegt auch eine Spange, welche das stolze Herz seiner Base erfreuen wird."

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