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den dem Zeughause zunächst liegenden Gebäuden mit Schießbaumwolle *) geschossen werde. Dieser Umstand gab der Vermuthung Raum, daß weder das im Zeughause befindliche Militär, noch die Arbeiter oder Garden, vielmehr fremde Meuchelmörder dort Stand gefaßt haben; denn Militär schießt nicht auf Parlamen= Dieß war die Ursache, warum dem Feuern nicht Einhalt gethan

täre!

werden konnte.

Ungefähr um 9 Uhr erschien beim Ober-Commando ein Feuerwerker, welcher fich in Civilkleidern aus dem Zeughause hinauszuschleichen wußte. Durch denselben wurde die Besagung von der mit Auersperg geschlossenen Convention unterrichtet.

9 Uhr Abends im Zeughause. Schon vor dem ersten Angriffe auf das Zeughaus war der Hauptmann Kastell bedacht, einen Offizier und einen Unteroffizier in Civilkleidern in die Salzgries-Kaserne um Verstärkung, und zu dem commandirenden Generalen und dem Obersten und Distrikts - Commandanten von Wellenau zu schicken, worauf bald eine Compagnie von E. H. Ludwig Grenadieren unter Commando des Hauptmanns Möse ankam, die Boten aber nicht zurückkehrten.

Um diese Zeit wurde vom Reichstags-Ausschusse befohlen: die akademische Legion von Neuem mit Munition zu versehen, und das Ober- Commando das Nöthige zu verfügen angewiesen; das Feuern im Namen des Reichstages auf allen Punkten einzustellen (fruchtlos); einen Offizier der Nationalgarde zu beauftragen, um das Volk vom kaiserlichen Zeughause abzuhalten; dem Commando der akademischen Legion den Auftrag zu ertheilen, die Straßen zum Zeughause zu beseßen; ein Offizier mit zwei Trompetern soll sich dahin begeben, um dem Feuern Einhalt zu thun; das k. Zeughaus der akademischen Legion zu übergeben. Hierauf folgten Berichte auf Berichte, daß das Feuern nicht eingestellt wird; daß sich zwei Compagnien des Schottenviertels im Zeughause befinden, was sich aber als leeres Gerücht erwies.

Schuselka berichtete, die Nationalgarde von Fünf- und Sechshaus habe sich entschlossen, die Ruhe beim Zeughause herzustellen.

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Auf der Südbahn wurde telegraphirt, daß kein Militär anrücken solle, eben so auf der Nordbahn, und folgende zwei Proklamationen wurden erlassen: ,,Der Reichstag beschließt, der Direktion der Nordbahn zu befehlen, daß dafür zu sorgen sey, daß kein Militär auf der Nordbahn hieher geführt werde. Die betreffende Weisung ist nach Olmüß und Brünn zu geben. "

Wien am 6. October 1848.

Vom ersten Vice-Präsidenten des Reichstages. Franz Smolka. m. p."

*) Der Plagoffizier Dunder fand im November in einer Lade der Feldadjutantur eine Anzahl Schießbaumwoll-Patronen, und lieferte solche nebst anderer Munition ins kaiserliche Zeughaus ab,

,,Der Reichstag beschließt, der Direktion der Südbahn zu befehlen, daß dafür zu sorgen sey, daß kein Militär auf der Südbahn hieher geführt werde." Wien am 6. October 1848.

Vom ersten Vice-Präsidenten des Reichstages.

Franz Smolka, m. p.

Cavalcabo. m. p.

Schriftführer."

9. Uhr. Dem Reichstags-Ausschusse wurde berichtet, daß zwei Parlamentäre, vom Reichstage durch das Ober- Commando an das k. Zeughaus abgeschickt, fielen, darunter Friedrich Kaiser, der bekannte Dichter. (Leßteres hat sich nicht bestätigt, da derselbe nicht einmal verwundet worden ist.) Die Namen der gefallenen Parlamentäre sind leider nicht bekannt geworden.

Nachdem der Nationalgarde-Artillerie-Commandant Spig hitl nach 5 Uhr Nachmittags die Basteien abgegangen, um nachzusehen wie man die Kanonen aufgeführt, begab sich derselbe in's bürgl. Zeughaus zurück. Auf dem Wege dahin gellte ihm schon an mehreren Orten ein Volksjubel über die Ermordung Latour's in die Ohren, der ihn auf's Höchste empörte, doch schenkte er demselben keinen Glauben. Aber als er auf der Freiung angelangt den Leichnam in der Ferne am Gaskandelaber des Hofes hängen sah, da durchschauerte ihn die Ahnung von der schrecklichen Wahrheit, und er eilte dahin, um sich durch eigene Anschauung Gewißheit zu verschaffen, insgeheim hoffend, in der Leiche nicht den Kriegsminister Latour zu finden.

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Leider fand er das Volksgeschrei nur zu sehr bestätiget, und er kehrte auf's Tiefste erschüttert in's bürgerliche Zeughaus zurück, vor welchem er mehrere Kanonen gegen das Kriegsgebäude aufgepflanzt, und einen großen Volkshaufen in wildester Aufregung vorfand.

Schon auf seinem Wege von der Freiung nach dem Hofe knatterte in demselben Momente, als er in die Verlängerung der Renngasse kam, ein lebhaftes Kleingewehrfeuer aus den Fenstern des k. k. Armatur Zeughauses, doch er war von dem Anblicke der am Hofe hängenden Leiche zu sehr ergriffen, um sich nach näheren Ursachen dieses Feuerns zu erkundigen und bemerkte nur, daß dadurch die Renngasse wie gefegt war, und einige hievon Getroffene auf der Straße lagen.

Bald nach seiner Rückkehr in's bürgerl. Zeughaus, allwo er sich die Vorfallenheiten während seiner Abwesenheit von etlichen Stunden erzählen ließ, drang ein Volkshaufe nach dem andern dort ein und verlangte Kanonen zur Erstürmung des f. k. Armatur-Zeughauses, aus welchen man angeblich ohne Veranlassung auf das Volk feuere. Er war zu ohnmächtig um sich einem solchen Vorhaben mit Erfolg entgegen zu seßen, versuchte aber dennoch Alles, um durch allerlei Vorwände die Entführung der Kanonen zu verhindern; es half aber nichts, das Bolk nahm eines nach dem andern von den vor dem Thore des bürgl. Zeughauses

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aufgepflanzten Geschüßen, und schleppte sie in die Renngasse nnd Wipplinger-Straße, um von da das k. k. Zeughaus anzugreifen.

Der Angriff geschah auch wirklich, aber wie er sich sagen ließ, auf eine so ungeschickte Weise, daß er für dieses Haus keine ernstlichen Besorgnisse hegte. Doch da geschah es, daß noch spät Abends ein neuer Volkshaufe unter Anführung eines Akademikers zu Pferd in's bürgerliche Zeughaus drang, und neuerdings Kanonen begehrte, mit dem laut ausgesprochenen Vorhaben, das kaiserl. Zeughaus von der Bastei aus zu beschießen. Spighitl aber kannte diese als die schwächste Seite des Hauses, und es fing ihm an um leßteres bange zu werden. Er bot daher Alles auf, um diesem Haufen begreiflich zu machen, keine Kanonen verabfolgen zu können, vorschüßend, daß er weder Bemannung noch Bespannung dazu bereit habe.

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Das Volk ließ sich auch zum Abzuge ohne denselben bewegen, aber nur um auf die Bastei zu gehen, und dort welche von den Thoren wegzunehmen und zu dem (Spighitl weiß nicht ob durch einen Zufall, oder durch wessen Eingebung) neuprojektirten Angriff zu verwenden.

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Froh des drängenden Haufens los geworden zu seyn, hoffte Spighitl, daß die ober den Thoren aufgestellten Garden ihre Pflicht verstehen, und den ihnen anvertrauten Posten mit ihren Kanonen nicht verlassen werden; aber leider, wie er später erfuhr, täuschte er sich in seiner Erwartung; -die Geschüße ober dem Schottenthore von der bürgerlichen Artillerie besezt verließen ihren Posten und der unheilvolle Angriff geschah. Er aber erwartete denselben nicht mehr im bürgl. Zeughause, sondern erkannte es als die höchste Zeit, sich ganz zu entfernen, um nicht dennoch genöthiget zu werden, weiters Kanonen hergeben zu müssen, und begab sich vor 10 Uhr Nachts in Begleitung mehrerer Gefährten nach Hause.

10 Uhr. Der Kampf beim Zeughause dauerte fort, und zwar mit der größten Erbitterung von Seite der Angreifer. Aus den Häusern wurde mit Schießbaumwolle, sowohl auf die Besagung im Zeughause, als auch auf die Parlamentäre geschossen.

General Frank verließ um diese Zeit das bürgerliche Zeughaus, und blieb in der Stadt.

Ehe die Nachricht beim Reichstage und beim Ober-Commando anlangte, daß irgend ein Parlamentär erschossen worden sey, bekam der Playoffizier Dunder vom Ober-Commandanten Scherzer die freundliche Aufforderung, als Parlamentär sich mit dem Reichstags-Befehle zum Zeughause zu begeben, das Feuer einzustellen, die Gassen zu räumen, und das Zeughaus der Nationalgarde zur Bewachung zu übergeben. Zu diesem Zwecke ging mit Dunder der. Plazoffizier Jos. Ruff, ein Garde mit einer großen Fahne, ein zweiter

Behufs der llebergabe der Depesche an den Commandanten des Zeughauses, dann mehrere Offiziere als Begleiter und da man keinen Trompeter auftreiben konnte, ein Tambour auf die Freiung, um als Assistenz und Behuf Absperrung der Straßen, zwei Compagnien der Schottnergarden zu requiriren. Als Dunder mit dieser Begleitung im Schottenhof anlangte, dauerte das Feuern beim Zeughause fort. Die Schottenviertler weigerten sich, den Schottenhof zu verlassen, angeblich, um es zu beschüßen, und anderseits weil sie nicht über zwei Compagnien, sondern nur über 8 oder 10 Garden disponiren könnten. Es blieb also nichts übrig, als ohne Assistenz der zwei Compagnien die Mission anzutreten. Dunder seßte seine Begleitung in Bewegung, als vom Zeughause ein großer Haufe wüthend schreienden Pöbels mit einer Kanone angezogen kam.,,Bon hinten angreifen!" riefen sie. Da erhob Dunder seine Stimme, während die Fahne geschwenkt wurde, und eröffnete dem Volke den Befehl des Reichstages. Die Menge hörte die Rede an, aber kaum war sie beendet, so riefen sie einige sehr unanständige Worte über den Reichstag, und gefährliche Drohungen gegen die Parlamentäre, und zogen mit der Kanone weiter. In dem Momente wollte Dunder vorwärts, da rief das Volk warnend zu:,,Sehen Sie nicht hin, Sie werden erschossen, ein Parlamentär ist bereits gefallen, man erschießt jeden Parlamentär!" — Nachdem diese traurige Erfahrung von allen Seiten bestätiget, die Assistenz der Schottenviertler verweigert und in demselben Momente ein Leichnam in Garde - Uniform, angeblich der gedachte Parlamentär, vorüber getragen wurde, verließ die ganze Begleitung den Plaßoffizier Dunder, und er ward genöthigt, allein mit Ruff zum Ober-Commando zurück zu kehren, um über die verunglückte Mission zu berichten. Während er berichtete, kam die Nachricht, daß derjenige Garde, der die Reichstags-Depesche übergeben sollte, die Fahne ergriffen habe, allein parlamentiren ging — und erschossen worden sey. Im Zeughause. Truppen von der Nationalgarde kamen mit flingendem Spiele bis an die Barrikaden auf der hohen Brücke, und von 5 zu 5 Minuten erfolgten Dechargen und einzelne Kanonenschüsse auf das Thor des Ober-Arsenals. Die Kanonenschüsse wurden aus dem Zeughause beantwortet, jedoch nur nothdürftig, um erstlich die ohnehin schon losgelassene Volkswuth nicht noch mehr zu reizen, anderseits aber die wenige Stuckmunition für wichtigere Momente aufzusparen.

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Der Plazoffizier Player erhielt den Befehl vom Ober-Commando, zum Zeughaus zu gehen, das Feuern, welches neuerdings begonnen, einzustellen, damit ein Parlamentär in dasselbe gelangen könne. Er stellte das Feuer ein, es war ruhig, und als der Parlamentär mit einer weißen Fahne und einem Trompeter in die Nähe des Zeughauses kam, fielen gleichh wieder Schüsse, und der Parlamentär fonnte nicht weiter kommen. —

1/11 Uhr. Verstärktes Feuern beim Zeughause, Angriff von der Bastet aus mit Kanonen. Es verbreitete sich die Nachricht, Fürst Sulkowski, welcher angeblich mit einem Jägerstußen vor dem Zeughause auf die Besazung feuerte, sey getroffen von 8 Kartätschen-Kugeln mit vielen Andern gefallen und todt geblieben. Der Fürst muß irrsinnig gewesen seyn!

Brand des kaiserlichen Zeughauses.

11 Uhr Nachts im Zeughause. Nach einer Stille von einer Viertelstunde ertönte in der Wipplingerstraße unaufhörlicher Sturmstreich. Das Geprassel des Kleingewehrfeuers, welches von 9 Uhr Abends bis gegen 7 Uhr des andern Tages unaufhörlich währte, wurde von mehreren Salven und Kanonenfeuer unterbrochen, welches aber nur dazu diente, um die Besagung und deren Kanonen hinter den Thoren zu verjagen. Vergebliche Mühe des Volkes! Denn einige Kartätschenschüsse reichten hin, um den alten Respekt herzustellen. —

Um diese Zeit beiläufiz wurde das Thor der Umfassungsmauer auf der Schottenbastei forcirt, und das Volk schlich unter dem Schuße des Vorhauses der großen Schmiedwerkstätte in ersteres, und steckte es in Brand.

Der Abgeordnete Violand theilte dem Reichstage mit, es werde von der Nationalgarde eine Petition an den Reichstag gelangen, um die Erzherzoge Ludwig und Franz Carl, dann die Erzherzogin Sophie auf ein oder zwei Jahre aus Desterreich zu entfernen. Hiebei ist zu bemerken, daß die Nationalgarde keineswegs, wohl aber im Studenten- Comitee ein ähnlicher frecher Antrag gemacht wurde, wie solches am Schlusse dieses Tages ersichtlich ist. Vi oLand scheint jenem Antrage das Daseyn gegeben zu haben. Er scheint für das Entfernen oder Beseitigen sehr eingenommen gewesen zu seyn.

11. Uhr Nachts. Die Reichstags-Deputation an Seine Majestät, deren Ankunft am Josefsplaß durch ein tausendstimmiges Bravo von Außen angekündiget wurde, kehrte von Schönbrunn zurück. Pillersdorff bestieg die Tribune und berichtete: In Begleitung von Offizieren der Nationalgarde im Lustschloß angelangt, wurden wir mit gewohnter Güte von Sr. Majestät huldvoll empfangen. Der Kaiser hat die Bitte des Reichstages in einem Handbillet zum Theil bewilliget, indem er die Bildung eines neuen volksthümlichen Ministeriums mit Zuziehung von Doblhoff und Hornbostl zusagte, um die weiteren Maßregeln zu berathen. Uebrigens vertraue der Kaiser, daß die Bevölkerung Wiens der Gnade Sr. Majestät vertrauen werde. Nachstehende Proklamation verständigte das Publikum über das Nähere:

„Der Reichstag hat beschlossen, Seiner Majestät die Bildung eines volksthümlichen, das Vertrauen der Bevölkerung genießenden Ministeriums, an welchem die bisherigen Minister Doblhoff und Hornbostl Theil zu nehmen hätten, „als ein unerläßliches Bedürfniß zur Herstellung der Ordnung zu bezeichnen.

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