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feine Schrift,,von der Hierarchie der Kirche" deuts
lich zeigt. Sie enthält so manchen, warmen, le-
bendigen Erguß über die Gemeinschaft mit Gott,
die Mittel dazu zu gelangen, so manches freimů-
thige, treffende Urtheil über die Kirche; das Ideal
einer wahren Kirche schwebt ihm so lebendig vor
der Seele, und er drückt Alles mit so hohen, ein-
zigen Worten aus, daß man wohl merkt, die ge-`
wöhnliche Sprache war ihm zu eng, sein Gemüth
war so voll von himmlischen Gefühlen, daß er nicht
mehr reden oder schreiben, sondern kaum noch lallen
konnte, wie denn auch Paulus von „unaussprech-
lichen Worten redet, die er gehört habe. *). ́ Eben
darum war er freilich allen denen ein Aergerniß
und eine Thorheit, die nur das Flache kennen, das
man durch und durch sehen kann, weil sie nie em-
pfunden haben, daß das Tiefe eben
durchschauen ist, weil es tief ist; aber in allen
Jahrhunderten wurden seine Schriften geschäßt und
wirkten auf kindliche, tiefe Gemüther, was nur
solche Schriften wirken können. Chrysostomus
nennt ihn einen „Vogel des Himmels." Der bes
rühmte Patriarch zu Antiochien, Anastasius Sinaita
redet von ihm als von dem berühmten und aposto
lisch geheimen Lehrer göttlicher Dinge. Der be-

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*) 2. Korinth. 12, 4.

darum nicht zu

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indem er

rühmte Marimus im fiebenten Jahrhundert beklagt es, daß viele aus Mangel der wahren Beschauung Gottes der Wahrheit wenig nachforschten, also auch Dionysium nicht achteten. So ging es durch alle Jahrhunderte durch, der treffliche Hugo de S. Victore meint, das, was Dionysius von den Seraphim geschrieben, sey so, als wenn es ein Engel geschrieben hätte. Und selbst Luther. zählte diesen Dionyfius unter die besten Theologen, die deutsche Theologie so hoch gerühmt. Er führt des Dionysius Worte an Timotheus an, um daraus zu beweisen, daß ein Mensch über alle Wesen. und Erkenntniß kommen könne. (Sie sehen, daß Luther auch ein Mystiker, oder, welches bei Manchen für Einerlei gilt, ein Schwärmer war.) Clemens von Alexandrien sprach mit Entzücken von dem über alle Menschen ausgegossenen göttlichen Logos, der wahren Quelle der in allen Zeitaltern von guten Seelen so innig geliebten Religion des Gefühls und der Vereinigung mit Gott. So drückt sich selbst Henke in seiner Kirchengeschichte über ihn aus, den man doch wohl nicht des Mysticismus beschuldigen wird. Mit Entzücken spricht er von diesem Logos.,,Was die Griechen von Amphion und Arion auf eine sehr lächerliche Art ge= dichtet haben, das hat Christus in der That und auf sehr würdige Art geleistet. Seine Lehre ist

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ein einnehmendes und krankheitheilendes Lied. Er weiß dadurch die Menschen zahm zu machen, die Thiere, die sich unter Allen am schwersten zahm machen lassen. Diejenigen, die sonst wie todt waren, haben sein Lied gehört und sind wieder aufgelebt. Dies Lied hat die Welt so fein ausgeschmückt und die Elemente in Harmonie gebracht;" (námlich in dem Mikrokosmos, dem Menschen),,die Menschen hat der Herr nach seinem Bilde zu einem guten Instrument gemacht, das durch seinen Odem ertönt. Ja, das himmlische Wort, die überirdische Weisheit ist selbst Gottes heiliges Instrument." (Der wahre Sinn von Logos.),,Was soll aber dies göttliche Werkzeug, das Wort und dieser neue Ges fang? Der Blinden Augen öffnen und der Tauben Ohr, die unverständigen Menschen von Gott unterrichten, der Verwesung ein Ende machen, die unbehutsamen Kinder wieder aussöhnen mit dem Vater. Dieser heilsame Gesang ist eben nicht so neu. Die Arkadier mögen von ihrem Alterthume sagen, was sie wollen; es war doch Keiner, ehe die Welt war, aber wir find's" (als innig verbunden, Eins mit dem Worte, Glieder an ihm, dem Haupt, Reben an ihm, dem Weinstock)..

,,Das Wort Gottes ist Mensch worden, damit du vom Menschen lernst, wie der Mensch einst Gott werden möge." (Gerade wie Augustin: Der

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Mensch ist, was seine Liebe ist. Liebst du Erde, so bist du Erde, liebst du aber Gott, was soll ich sagen? so bist du Gott"). „Wir tragen das Bild Gottes in diesem lebendigen und beweglichen Menschenbild, das Bild, das allezeit bei uns ist, mit uns zu Rathe geht, sich mit uns unterhält, bei uns wohnt und mit uns leidet 2." *) Auch Justin der Mårtyrer sprach in diesem Geist und im Geist der Bibel von diesem Logos, dem Sprecher Gottes, dem Grundprincip aller Mystik; und Polykarp, der zugleich mit ihm lebte und zugleich mit ihm starb, schrieb mit einer solchen Wärme für und vom Christenthum, wie ein schulgerechter, kaltdogmati= scher, oder spit- und scharfsinniger, theologischer Raisonneur nie schreiben kann und wird. Sie erin= nern sich vielleicht, in welcher Zeit Origenes lebte, welche unselige Folgen für Sittlichkeit der Wahn hatte: der Mensch könne mehr als seine Pflicht thun, durch sein höheres Verdienst könne er einem andern Sündhaften helfen, kirchliche Strafen könnten also um eines solchen fremden Verdienstes willen erlassen werden, und daß man am Ende wähnte, auch bei göttlichen Strafen finde eine solche Stellvertretung statt. Die wahre Mystik arbeitet mehr

*) Aus der Ermahnung an die Heiden.

als irgend eine andere Lehre diesem schädlichen Wahn entgegen, indem sie jedem Menschen ein Ziel von Vollkommenheit seht, nach dem er immer zu streben hat, ob er es gleich auf der Erde nicht erreichen wird. Und in Origenes Schriften ist viel ächt Mystisches, obgleich mit unächter Mystik vermischt, wozu ihn sein Wik, sein Scharfsinn und seine Gelehrsamkeit verleiteten. Indeß findet sich bei ihm das Wesentliche der Mystik. „Schon die Phi- · losophen, sagt er, *) haben das höchste Ziel, wornach alle Creatur strebt, darin gesezt, daß sie Gott so viel möglich ähnlich werde. Sie haben das aus den göttlichen Büchern. Moses sagt: ,,Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde c. zum Bild (imaginem) gleich von Anfang, und zu seiner Aehnlichkeit (similitudinem) am Ende der Dinge zu kommen." Johannes sagt auch davon: „Kindlein, wir wissen noch nicht, was wir werden sollen, wenn es aber offenbaret wird, dann werden wir ihm gleich seyn." (1. Joh. 3, 2.) Hierher gehört: auch Joh. 17. Es fragen Einige, ob das nicht gegen die Natur Gottes sey, sich mit einem mate= riellen Wesen, wenn es auch noch so gereinigt und

*) In seiner Schrift über die ersten Gründe der Dinge, in dem Capitel von dem Ende der Welt.

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