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Zustand. Wenn die Entzückungen der niedern Stufen mit dem Verluste der Sinne vergesellschaftet find, so ist Dies der Mangelhaftigkeit der entrückten Seelen zuzuschreiben, so sehr solche auch von den Leuten bewundert werden." (Also fern von aller Kopfhångeret, von allem quåkerischen Inspirationismus.)

S. 122.,,Seliges Nichts, wie glorreich endest du! Entblößung, Verlassung, Vernichtigung, ihr Schauder und Schrecken des mystischen Todes, wie überschwenglich werdet ihr vergolten! Seele! welcher Gewinn ist dir gefallen für alle deine Verluste! Hättest du es ahnen können, als du modertest in der Asche, daß eben, was dir Grausen machte, dir dienen müsse, zu einer Herrlichkeit zu gelangen, die keinen Ausdruck duldet? Ein Engel håtte dir es sagen können, und du hättest es nicht geglaubt. Lerne denn aus eigener Erfahrung, wie gut es sey, Gott zu vertrauen, und daß, die auf ihn hoffen, nimmer zu Schanden werden."- Vergleichen Sie einmal diese Stelle mit dem Erguß des Apostels Paulus, 2. Kor. 4, 7, bis 5. 6. oder Róm. 8. 28 39.; und Sie mit Ihrem Sinn werden sicher die Einheit der Empfindungen in beiden Erhebungen nicht verkennen.

Ich habe die fromme, fromm duldende, in dem tiefsten Christenthume hoch erfahrene Seele selbst

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reden lassen und Ihnen Winke gegeben, wie manche ihrer anfangs auffallenden Aeußerungen mit den Aeußerungen der Apostel und anderer als classisch in diesem Fache anerkannten Månner übereinstimmen. Ihrem Urtheile sey es nun überlassen, wofür Sie diese als Schwärmerit verschrieene Person nehmen wollen.

Nächstens rede ich Ihnen von einer andern Mystikerin, deren Schicksale ebenfalls interessant find.

Zwei und zwanzigster Brief.

An denselben.

Die ie Person, von der ich Ihnen in meinem lehten Briefe sprach, hieß Antoinette Bourignon. Sie wurde im Jahre 1616 in der flandrischen Stadt Ryssel geboren, war anfangs sehr ungestalt, wurde jedoch geheilt, aber von der Mutter gehaßt, von den Geschwistern gequålt, zwar von dem Vater geliebt, der aber wenig zu Hause seyn konnte. Von Jugend auf liebte und suchte sie die Einsamkeit, merkte auf Gottes Stimme in ihrem Innern und in ihren Schicksalen. Schon in ihrer frühen Jugend wurde ihr in ihrem Innern Vieles vom Christenthume klar, und sie wurde durch manche Verkehrtheit der Geistlichen empórt. (,,Die mich frühe suchen, die finden mich." Ich danke dir, Vater, daß du es den Unmündigen offenbart hast.") Ihre älteste Schwester beredete

Jeden, sie sey nicht recht bei Verstande; (fie hatte also gleiches Schicksal mit unserm Herrn. Mark. 3, 21.), sie tauge also nicht zum Umgange. Um das Gegentheil zu beweisen, ließ sie sich in die Welt ziehen, bereuete es aber so tief, daß sie sich alle Nahrung entzog. Dies mißfiel ihrem Vater, der sie in dem Weltleben haben wollte. Eben darum drang er in sie, einen reichen Kaufmann zu heirathen. Dies war ihr so unerträg= lich, daß sie sich nicht anders zu helfen wußte, als ohne Geld das väterliche Haus zu verlassen und sich zu einem frommen Priester in Blatton zu flüchten. Dieser ließ sie in der Kirche verwahren, bis sie von dem Bischof verhört worden war. Ihre Aeltern holten sie aber zurück, die jedoch dem Bischof versprechen mußten, sie nach ihrer Ueberzeugung leben zu lassen, sonst solle sie zu ihm zurückkehren, er wolle wie ein Vater für sie sorgen. Der Vater hielt seyn dem Bischof gegebenes Versprechen nicht, sondern zog sie wieder in die Welt und drang heftig in sie, an ihren Freuden Theil zu nehmen. Dies war ihr aber unerträglich; sie bat deßwegen den Vater um die Erlaubniß, wieder zu dem Bischof zu gehen. Als ihr aber der Vater dies abschlug, so beredete sie sich mit ihrem Beichtvater und andern frommen Männern, die ihr nicht ab riethen, als sie das våterliche Haus verlassen wollte.

Sie that's und ging wieder zu dem Bischof, der ihr erlaubte, einsam zu leben, bald aber diese Erlaubniß zurücknahm. Jcht wurde sie zu einer frommen Gråfin (Villerval) berufen, die fie zwar sittlich gut, aber nicht christlich fand, fich also bei ihr allein fühlte und von ihr wegging, besonders da sie hörte, daß ihre Mutter krank sey. Sie verpflegte diese bis an ihren Tod. Als ihr Vater wieder heirathete, wurde sie sehr übel be= handelt und endlich aus dem Haus gestoßen. Da ihr Vater ihr ganzes Erbtheil behalten hatte, To suchte sie die Einsamkeit, wo sie årmlich und kårglich ihren Unterhalt mit ihrer Håndearbeit verdiente. Indeß fühlte sie sich so glücklich in dieser Lage, daß sie einst Gott fragte, ob es denn im Himmel noch eine größere Seligkeit gebe. Ein Beweis, daß Ruhe und Einsamkeit ihre größte Seligkeit war. - Aber sie konnte nicht lange in dieser Ruhe bleiben. Ein Jüngling liebte sie rasend; und als sie seine Liebe nicht, erwidern konnte, haßte er sie eben so heftig, wie er sie geliebt hatte, und sagte ihr die årgsten Vergehungen nach. (Leidenschaftliche Liebe auf eine Person des andern Geschlechts gerichtet, ist wie Sonnenstrahlen in einem Brennspiegel concentrirt. Sie entzünden, verbrennen, verzehren, aber sie erleuchten, erwär men, beleben nicht um sich her.) Durch den

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