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Methodisch geordneter Stoff für den Zeichnenunterricht auf der Mittelstufe der allgemeinen Volksschule. Von Joh. Heinrich Lutz, Lehrer in Zürich. 3 Abtheilungen, jede à Fr. 2. 20. Druck und Verlag von Friedr. Schulthess in Zürich. Hiezu gehört ferner: Anleitung zur Benutzung des methodisch geordneten Stoffes für den Zeichnenunterricht" (Freihandzeichnen), von demselben Verfasser. 8°. 57 Seiten.

Von diesem Lehrmittel sind bis jetzt zwei Abtheilungen, die erste für's 4., die zweite für's 5. Schuljahr berechnet, erschienen und es wird das dritte Heft, das den Zeichnenstoff für's 6. Schuljahr enthalten soll, auch nicht mehr lange auf sich warten lassen. Schon aus den vorliegenden beiden Abtheilungen, noch mehr aber aus der Gebrauchsanweisung, geht klar hervor, dass dieses Lehrmittel aus der Schule selbst herausgewachsen und eine Frucht vieljähriger Studien ist, die der Bearbeiter über die Methode des Freihandzeichnens zu machen Gelegenheit hatte. Derselbe spricht im Vorwort seines Kommentars mit fast zu grosser Bescheidenheit über seine neue Arbeit; denn was er durch seinen Bienenfleiss wieder geschaffen hat, das darf sich vor der ganzen Lehrerwelt gar wohl sehen lassen; sicher werden alle Lehrer, welche ihr Urtheil über die im Zeichnen zu befolgende Methode noch nicht abgeschlossen haben, dem Werke des Herrn Lutz bei näherer Durchsicht und Prüfung desselben viele sehr schätzbare Winke und mannigfache Anregungen entnehmen können. Ueber die Methode, welche dem Zeichnenunterrichte in diesem den Volksschullehrern warm zu empfehlenden Lehrmittel zu Grunde gelegt wurde, sei nur noch bemerkt, dass in allen drei Klassen der sogenannten Realschule theils nach Modellen, theils nach Vorzeichnungen und individuellen Vorlagen gezeichnet werden soll. Der beschränkte Raum dieser Blätter verbietet uns leider, näher auf das Ganze einzugehen.

M.

Die Feldherrnkunst des XIX. Jahrhunderts von W. Rüstow. 3. Aufl. Zürich, Schulthess, 1878. I. Lieferung. 8°. 96 S. mit 1 Tfl.

Der verdiente Verfasser tritt uns hier mit der 3. Auflage eines seiner bedeutendsten Werke entgegen, das keinerlei Empfehlung mehr bedarf. Nur aus dem Grunde mag ein Hinweis am Platze sein, weil die vorigen Auflagen seit einer längern Reihe von Jahren vergriffen sind und weil desshalb in unsern Tagen dieses Werk den erweiterten Leserkreis nicht mehr besass, den es verdient.

Das Buch hat nach zwei Seiten hin eine hervorragende Stelle in der Militärliteratur erlangt.

Einerseits enthält es eine gedrängte, charakteristische und sehr zuverlässige Darstellung der Kriege unseres Jahrhunderts, und zwar ist dieselbe ebenso brauchbar als Orientirungsmittel für Solche, welche die Kriegsgeschichte der Neuzeit interessirt, wie als Vorbereitung für Solche, welche hernach eingehendere Werke zu studiren beabsichtigen.

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Lehrbuch der Astrognosie oder methodische Anleitung zur Kenntniss der im mittlern Europa sichtbaren Sternbilder, nebst Beschreibung der merkw. Erscheinungen in der Fixsternwelt. Mit 1 Karte des Sternhimmels. Von Otto Möllinger. 3. umgearb. Aufl. Zürich, Cäsar Schmidt. 120 S. 8°. Preis: Fr. 3. 60.

Still und geräuschlos, aber unablässig sind Hunderte von Denkern und Forschern auf's Gewissenhafteste bemüht, der Menschheit mehr und mehr das Buch der Natur aufzuschliessen und ihre Arbeit ist von den grossartigsten Erfolgen gekrönt, so dass man fast versucht sein möchte, den Dichter des Faust eines Irrthums zu zeihen, wenn er dem Helden seiner unsterblichen Tragödie die Worte in den Mund legte:

„Geheimnissvoll am lichten Tag

Lässt sich Natur des Schleiers nicht berauben,
Und was sie deinem Geist nicht offenbaren mag,
Das zwingst du ihr nicht ab mit Hebeln und
mit Schrauben."

Wohl wird uns des Geheimnissvollen in der Natur immer genug bleiben, aber der Schleier, der sie der Menschheit Jahrtausende lang dicht verhüllte, ist doch um ein Bedeutendes gelüftet worden; nicht gerade durch „Hebel und Schrauben", aber durch Teleskop und Mikroskop, durch Dutzende anderer wichtiger Erfindungen, welche dem Naturforscher heute bei seiner schönen, wenn auch mühsamen Arbeit treu an die Hand gehen. Sucht hier der Mikroskopiker der Erforschung irdischen Lebens beizukommen und uns das Räthsel unsers eigenen Daseins zu lösen, so strengt dort ein Anderer mit ebenfalls bewaffnetem Auge seine Kräfte an, den Schleier vom Makrokosmus zu heben und uns als Mentor in jene himmlischen Regionen seine Dienste anzubieten. So ist denn auch Möllinger's Lehrbuch der Astrognosie dem gebildeten und geduldigen Leser ein zuverlässiger Wegweiser, mit dessen Hülfe er sich allmälig am Firmament zurechtzufinden lernt. Der Lehrer macht die Sache dem Schüler so leicht als immer möglich: er führt mit ihm nicht die trockene und schwerfällige Sprache des Gelehrten; was er ihm aus dem reichen Schatze seines Wissens mittheilen zu sollen für nöthig hält, das sagt er in schlichter Weise, und wo es sich um tieferes Eingehen in die Sache, um wichtige Erklärungen handelt, da hilft er dem bessern Verständniss durch treffliche Veranschaulichungsmittel nach. Solche sind die dem Buche beigegebene Aligne

Mit

mentskarte des Sternhimmels und seine „grosse dritte Himmelskarte" mit beweglichem Horizonte (letztere ist beim Verleger aufgespannt und mit Rahmen zu Fr. 25 zu beziehen). Wo nun gar, wie hier in Zürich, dem Wissbegierigen eine Sternwarte zur Verfügung steht, da fällt es ihm um so leichter, im gestirnten Himmel heimisch zu werden. Recht hebt der Verfasser hervor, dass immer noch viel zu wenig Gebildete diesem Studium obliegen, das doch, wie kein anderes, geeignet ist, im Menschengeiste die Idee des ewigen Lebens und Webens, der ewig wandelbaren und der ewig seienden, durch eingeborne Kraft belebten und vergeistigten Materie zu immer höherer Entwicklung und Vollendung aufleuchten zu lassen. Der denkende Forscher wird seines hohen und unschätzbaren Daseins auf dieser so glücklich und schön gebildeten Weltinsel, aus der er entsprossen ist und die mit ihm dahinschwebt durch die Räume der Sternenwelt, inniger und tiefer bewusst werden; in der Erkenntniss der Gesetze, welche das Seiende in allen seinen Lebensformen beherrschen, wird er das Wesen und Sein des Allgöttlichen, sich selbst aber und alle höhern Menschen als Zweige des göttlichen Stammes erkennen. Denn der persönliche Gott wirkt nur da, wo die Menschen und die geistigen Wesen aller bewohnbaren Weltkörper göttlich denken und wirken. Möchte dieses herrliche Wort, mit welchem der Verfasser sein Buch schliesst, namentlich viele jüngere Leute veranlassen, unter Zuhülfenahme dieses letztern ihre Blicke an sternenhellen Nächten zeitweise eher dem gestirnten Himmel als dem tollen Treiben unserer eigenen kleinen Weltinsel zuzuwenM. den!

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Cet ouvrage, muni de l'approbation de Mgneur. Marilley, évêque de Lausanne et d'une lettre de Mgneur. Mermillod, se divise en deux parties; dans la première, l'auteur, après avoir rappelé l'importance du chant dans le service divin, se demande quel est le chant qui convient à l'Eglise et quelles conditions il doit remplir pour être conforme à son but; sans méconnaître les mérites de la musique moderne et sans vouloir la proscrire entièrement du culte, il lui oppose cependant le plein-chant, comme répondant mieux par sa gravité et sa simplicité aux exigeances du culte catholique et de sa liturgie fort belle mais aussi assez compliquée. L'auteur appuie son opinion de l'autorité d'un grand nombre d'écrivains; nous lui en signalerons un qu'il a oublié et avec lequel il s'étonnera sans doute d'être si bien d'accord, c'est Calvin, qui, dans son Institution, s'exprime ainsi: Les chants et mélodies qui sont composés au plaisir des oreilles seulement, comme tous les fringots et fredons de la papisterie, et tout ce qu'ils appellent musique rompue et chose faite, et chants à quatre parties, ne conviennent nullement à la majesté de l'Eglise, et ne se peut

faire qu'ils ne déplaisent grandement à Dieu." Après ces considérations générales, une seconde partie plus pratique traite de l'exécution du pleinchant et a pour but d'indiquer comment doivent être rendues ces mélodies grégoriennes pour être appréciées des fidèles et pour rendre aux offices divins la majesté et la beauté qui leur conviennent; l'auteur fait connaître d'abord briévement les principales parties de l'organe de la voix humaine, les ressources qu'elle présente et les soins qu'elle exige; puis, les divers modes du chant ecclésiastique, les règles de l'accentuation de la langue latine et les précèptes pour l'exécution même du chant; enfin les trois derniers chapitres traitent des avantages résultant du chant collectif, du caractère des différentes parties de l'office catholique, du rôle de l'orgue et des devoirs de l'organiste. En résumé, cet ouvrage, écrit avec compétence et avec une conviction profonde, peut certainement être utile, selon le vœu de l'auteur, pour rendre dans le culte catholique le chant digne, édifiant et agréable à l'oreille. A. Bs.

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Erasmus, der grösste Rotterdamer, wurde in der Weiten Kirchstrasse geboren und hat sich bei seinen Lebzeiten so verdient gemacht, dass ihm auf dem Markt ein Standbild errichtet wurde: da liest er in einem grossen Buch und von diesem grossen Buch schlägt er ein Blatt um, so oft er die Glocke schlagen hört, wenn er wenigstens nicht verhindert wird durch all den Schmutz, der sich an ihm aufhäuft, oder seine Aufmerksamkeit nicht abgelenkt wird durch das Geschrei der vielen Krämer, die sich an Wochentagen um ihn herumdrängen.

metallenen Mann mit dem feingeschnitteDas ist es ungefähr, was viele von dem nen, nachdenkenden Gesicht wissen, und die lateinische Inschrift zu seinen Füssen erzählt den Vielen auch nicht viel mehr; denn es ist ihnen ebenso unbegreiflich, als den Uneingeweihten das Umschlagen des Blattes. Ein ehernes Bild hat so mancher Schriftsteller erhalten, ohne dass man ihm, was er selbst gewiss über alles wünschte, Liebe und Hochschätzung zu Theil werden liess in dem, was er sprach und schrieb, sprach und schrieb nicht für sein Volk oder für seine Zeitgenossen allein, sondern

auch für die Menschheit, für die Ewigkeit!, Sollte Erasmus auf mehr Anspruch haben als so viele andere, deren Werke wohl gepriesen, aber nicht gelesen werden? Unsere Eindrücke wechseln fortwährend mit einander ab; kein einziger hat beinahe Zeit sich festzusetzen, sich scharf und tief in unsern Kopf oder unser Herz einzuzeichnen. Immer wieder und immer mehr verlangt man neues Interesse für alte Dinge und für Fragen des Tages und eines Tages und inzwischen vergeht unser Leben, zersplittert man unsere Kräfte, bis das träge Alter herangeschlichen kommt und sowohl Eifer als Lust zerrinnen.

Darf ich da noch einige Aufmerksamkeit für eine Persönlichkeit wie Erasmus verlangen, während so viele Geschäfte bereits zum voraus auf unsere Zeit Beschlag gelegt haben?

Das Ausland hat ihm bei seinen Lebzeiten Brot und nach seinem Tod ein Grab geschenkt; es scheint nicht müde zu werden, seine,,Figure ondoyante et diverse" von verschiedenen Standpunkten aus zu bezu betrachten. Alle Einzelheiten, welche den grossen Rotterdamer betreffen, finden da Beachtung, und hat Rotterdam selbst, ja ganz Niederland ihm nichts andres darzubringen als Stein und Metall? Ein nicht allzu gelehrter Aufsatz, der einzelne Punkte aus seinem Leben und seinen Schriften behandelt, wird, hoffe ich, in seiner Geburtsstadt wenigstens Leser finden und vielleicht unsre Gelehrten anspornen, nicht zurück zu bleiben, da nun die Fremden so gut vorausgehen. Mein Ziel ist erreicht, wenn ich nur zu zweifeln veranlasse an vielem, was man jetzt in Bezug auf Erasmus für unumstösslich wahrhält.

Was ist hier zu Lande in den letzten Jahren für das kleine, alte Männchen, wie Albrecht Dürer ihn nannte, gethan worden? Mir ist nichts bekannt, was den Vergleich mit demjenigen auszuhalten vermöchte, was die Franzosen lieferten, deren Erzfeind, Karl dem Fünften, er einst als Berather zur Seite stand. Nicht nur verdankt man Jean Le Clerc die grosse Ausgabe seiner Werke, nicht nur hat Pierre Bayle den ersten guten Artikel über ihn geschrieben, nicht nur fand er in Levesque de Burigny den ersten Biographen, der diesen Namen verdient, sondern vor fünf Jahren erschien von H. Durand de Laur das Buch: Erasme, précurseur et initiateur de l'esprit humain, dem dann zwei Jahre später das Werk von G. Feugère folgte, betitelt: Erasme, étude sur sa vie et ses ouvrages.

In niedlicher Form werden noch in die

sen Tagen in Frankreich Uebersetzungen des Lobes der Narrheit und der Gespräche herausgegeben und begierig gekauft. Eine soeben erschienene wohlfeile Ausgabe (25 Cts.) beweist, wie populär unser Landsmann noch immer in Frankreich ist. 1)

Deutschland bleibt nicht zurück: ich verweise bloss auf Prof. Stähelin's 2) Schrift: Stellung des Erasmus, 1873; in Wien sammelt Prof. Adalbert Horawitz Materialien zu einer neuen Lebensbeschreibung. Um von England nicht zu sprechen, welches dem Freunde des Thomas Morus nicht untreu wird, sondern durch eine Anzahl von Uebersetzungen und Monographieen sein Interesse darzuthun fortfährt, wende ich mich nun zur Schweiz, wo im Jahre 1876 eine Schrift von 36 Quartseiten erschien, welche denselben Titel trägt wie dieser Aufsatz. Sie ist von der Hand des Professors Wilhelm Vischer und diente als Programm zur Rectoratsfeier der Universität Basel. In dieser Stadt, wo Erasmus so lange Zeit wohnte, wo die erste Ausgabe aller seiner Werke erschien, wo er im Münster begraben liegt, da wird sein Name noch stets in Ehren gehalten und unterhält man auch seinetwegen noch immer Beziehungen zu Rotterdam. Da ist es denn auch nicht mehr als billig, dass Rotterdam Kenntniss nimmt, wenn auch nicht von allen den wichtigen Documenten, die in dieser Schrift enthalten sind, so doch von der einen Frage, welche Prof. Vischer zur Sprache bringt: Wie hiess Erasmus?

Eine dumme Frage, wird mancher sagen. Er hiess Desiderius Erasmus und der Name ist nichts als eine Uebersetzung von Geert Geertsz oder Gerard Gerardssohn, das erste ist lateinisch und das zweite griechisch. Das pflegten die Gelehrten jener Tage so zu machen. Diese Wahrheit kann man bereits in jedem Schulbuch finden. Perizonius hiess eigentlich Voorbroek, Oecolampadius Hausschein, Capnio Reuchlin u. s. w. Bis jetzt hat man diesen Ursprung von Desiderius Erasmus" gläubig angenommen, vorzüglich weil es oft nicht leicht ist, zu ergründen, wie die Verfasser von Schulund Lehrbüchern, die alles so sicher und fest wissen, zu ihrer Weisheit gekommen

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1) Vgl. F. L. Hoffmann, Essai d'une liste d'ouvrages et dissertations concernant la vie et les écrits d'Erasme (1518-1866), Bruxelles, Olivier, 1867; (Extrait du Bibliophile belge, Tom. II), und Jules Dukas in der Revue critique, Jahrgang 11 (1877), S. 257 u. ff.

2) Stähelin ist ein geborener Basler und Professor der Theologie in Basel.

Anmerk. d. Uebersetzers.

sind. Dies fällt um so schwerer, weil sie die löbliche Gewohnheit haben, einander nachzuschreiben, ohne je zu fragen, wie der eine oder der andre, an deren Hand sie gehen, in Erfahrung gebracht hat, was er glaubte publiziren zu müssen.

rend an die Schande erinnerte, welche ihm das Leben verbitterte.

Die Frage, in wie fern diese Meinung Empfehlung verdient, hängt genau mit derjenigen nach der Glaubwürdigkeit der Quellen zusammen, aus denen wir unsre Kenntniss von dem Namen und der Geburt des Erasmus schöpfen. Die üblichen Berichte, wie oft sie auch durch das sklavische Volk der Nachschreiber mögen wiederholt worden sein, dürfen wohl einmal einer genauen Untersuchung unterzogen werden.

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Nun geht aus einem von Prof. Vischer mitgetheilten Schreiben Papst Leo's X. an Ammonius deutlich hervor, dass Erasmus selbst fürchtete, er möchte die Frucht sein nicht allein von einer einfach unerlaubten Gemeinschaft zwischen einer unverheiratheten Frau und einem Mann, die jedoch mit einander eine Ehe hätten eingehen können, sondern von dem sündlichen Umgang eines Priesters mit einer Frau; mit andern Wor-,,Oratio funebris in obitum D. Erasmi Roteroten, Erasmus scheint die Ueberlieferung, dass sein Vater erst nach seiner Geburt Geistlicher geworden, nicht geglaubt zu haben.

Sodann und das halte ich für wichtiger lautet die Adresse eines von dem genannten Papst selbst an unsern Mitbürger gerichteten Briefes: „An meinen lieben Sohn Erasmus Rogerii, Geistlicher zu Rotterdam in der Utrechter Diöcese".

Der Papst wusste, dass Erasmus von den streitbaren Mönchen und andern Obscuranten jener Zeit viel zu leiden hatte, besonders weil sie ihm als einem entlaufenen Mönch misstrauten, und gewiss nicht am wenigsten von wegen des Schandflecks, der an seiner Geburt klebte. Der Mann, dessen Lob der Narrheit, um jetzt von seinen Gesprächen zu schweigen, so viele Thoren und, was mehr sagt, so viele Frevler entlarvte, dessen satirischer Geist so schöne Formen zu finden wusste, gab ihnen zweierlei Waffen in die Hand, die sie denn auch nicht ungebraucht liessen. Er wandte sich demzufolge an das Oberhaupt der Kirche, und dieses wusste die Mittel zu finden, um ihm den ruhigen Besitz seiner Freiheit zu bestätigen, indem es ihn überdiess sicher stellte vor allem Schaden, den seine Geburt ihm als Weltgeistlichem verursachen mochte.

Erasmus suchte direkt und durch Vermittlung seiner Freunde vom Papste diese Vergünstigungen zu erwirken. Es ist also für's erste höchst wahrscheinlich, dass er an die Wahrheit der Erzählung, der zufolge sein Vater erst nach seiner Geburt Priester wurde, nicht glaubte, – der Papst schöpfte ja doch seine Ansicht aus den Worten des Bittstellers - und zum andern haben wir hier, wenn ich recht sehe, seinen wahren Geschlechtsnamen vor uns, den er natürlich so viel als möglich verheimlichte, weil gerade dieser ihn fortwäh

Die älteste Quelle ist ihrer Art nach etwas trübe, weil sie eine vielleicht wenig bekannte Leichenrede ist. Ihr Titel lautet:

dami, autore Gulielmo Insulano Menapio Grevibrocensi, oratore luculentissimo“; sie datirt vom Jahr 1536 und ist dem Herzog Wilhelm von Cleve, Jülich, Berg u. s. w. gewidmet. Es wird darin gesagt, Erasmus sei zu Rotterdam von einfachen, aber angesehenen Eltern geboren (parentibus modicis, sed honestis). Darauf folgt eine Tirade, worin gesagt wird, dass er, wie Cato der alte Censor, leicht Adelstitel hätte erwerben können, dass er diess aber nicht gewollt habe. Sodann wird von dem zu Deventer bei Hegius genossenen Unterricht gehandelt, von anderen Einzelheiten seines Lebens ist weiter nicht die Rede. 3)

Vor den Werken des Origenes, die Erasmus 1536 herausgab, und in einem Brief an Kaiser Karl V., welcher vor der vollständigen Ausgabe von Erasmus Werken (1541) steht, behandelt Beatus Rhenanus das Leben seines verstorbenen Busenfreundes, aber auch er weiss oder sagt durchaus nichts von allen den Einzelheiten, die jetzt als unumstössliche Wahrheiten gelten. Ueber seinen Namen meldet er nur folgendes: „Im Umgang war er freundlich und höflich, ohne irgend welchen Stolz: überall war er gewiss Erasmius, das heisst liebenswürdig, und es ärgerte ihn, dass er diesen Namen nicht annahm, als er zu schreiben und durch die Herausgabe von Büchern bekannt zu werden begann."

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Eine Anzahl von Einzelheiten erzählt Dominicus Baudius, Professor der Beredsamkeit an der Universität Leiden, in einem Briefe an P. Merula vom 18. October 1606.) Es liegt also ein Zeitraum von ungefähr 70 Jahren zwischen dem Briefe des Beatus Rhenanus und dem seinigen.

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Die Einleitung zu dieser Epistel ist folgende: P. Merula über welchen später mehr besass eine Biographie des Erasmus, die durch diesen selbst war verfasst worden, und er zögerte lange, ob er sie herausgeben oder geheim halten, weil letzteres vielleicht mit der Würde oder dem Wunsche des Verstorbenen mehr übereinstimmte und seinen Schatz nur seinen vertrautesten Freunden zeigen sollte, damit nicht, wenn es bekannt werde, der Name und Ruhm des vortrefflichen Mannes darunter leide. Es gereichte Baudius zum Vergnügen, dass Merula endlich beschloss, die Autobiographic drucken zu lasund er beweist auf die rhetorische Art der Gelehrten seiner Zeit, wie sehr es Erasmus nicht zur Schande, sondern vielmehr zum Ruhme gereicht, dass er, ein uneheliches Kind, durch sein eigenes Verdienst es so weit gebracht hat. Auch war seine Mutter, so heisst es weiter, im Uebrigen keine schlechte Frau; sie wird sogar mit Dido aus Virgil's bekanntem Heldengedicht (Aen. 4, 19) auf eine Linie gestellt. Vielleicht unterlag sie doch nur dieser Schuld.“ (Huic uni forsan potuit succumbere culpæ.) Sein Vater stammte, Baudius zufolge, aus einer angeschenen Familie und war für seine Zeit noch ganz gebildet und überdiess ein so geistreicher und witziger Plauderer, dass man ihn Præt (Eutrapelos Witzbold) nannte. Während Erasmus in Merula's Handschrift von der Stadt schwieg, wo sein Vater geboren war, behauptet unser Schreiber sicher zu wissen, dass er ein Bürger und Einwohner von Gouda gewesen welche Stadt er dann himmelhoch preisst und dann folgt die Erzählung von der Reise Margarethas nach Rotterdam und von dem Namen des Neugebornen. Er hiess also Gerardus Gerardi, aber weil dieser Name verwandt schien mit dem lateinischen desiderare (begehren), nahm er den Vornamen Desiderius an, fügte dazu ein griechisches Wort von derselben Bedeutung und wollte also, dass sein Zuname (oder Geschlechtsname) Erasmus lauten sollte."

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Baudius entschuldigt die ausführliche Be

5) Es ist Epist. 2 Centur. II. (Amsterdam, Janssonius, 1639).

handlung dieser kleinen Details damit, dass jetzt und früher berühmte Gelehrte ihre Zeit darauf verwendet haben, ganze Blattseiten mit der Erörterung der lächerlichen Frage zu füllen, ob man Virgilius sagen müsse oder Vergilius u. s. w. Sollte man es also hier nicht auch mit einer der gerade in jenen Tagen so beliebten Ableitungen, Erklärungen und Wortklaubereien zu thun haben? Menage, der 1613 geboren wurde, in demselben Jahre also, in welchem Baudius starb, bewies noch sonnenklar, dass Ratte von Maus (mus, muratus, rat) abgeleitet ist; seine Landsleute waren überzeugt, dass Paris von Paris, dem Sohne des Priamus, gegründet wurde, und die unsrigen wussten Vlissingen mit Ulysses und Assen mit Ascanius, dem Sohne des Aeneas, in Verbindung zu bringen.

Bevor wir nun aber über diese Ausschmückung der Autobiographie des Erasmus ein Urtheil fällen, verdient diese selbst und ihr Herausgeber zur Sprache gebracht zu werden.

(Fortsetzung folgt.)

Découverte du premier Catéchisme français de Calvin (1537).

Nous tirons d'une notice de M. A. Rilliet le récit de cette intéressante trouvaille :

Au dire de tous les biographes modernes de Calvin et des plus récents éditeurs de ses écrits, le catéchisme français, qu'il avait publié peu de temps après son arrivée à Genève en 1536, a entièrement disparu. Tout au moins a-t-il échappé jusqu'ici aux recherches des hommes les plus aptes et les plus intéressés à le découvrir. Un heureux hasard, mis à profit par une heureuse inspiration, permet de combler aujourdhui, dans la série des œuvres du grand réformateur, une lacune qui semblait irréparable.

C'est en faisant, dans la Bibliothèque nationale à Paris, des investigations relatives aux Eglises de France, que M. H. Bordier est tombé sur un volume de la collection Dupuy, dans lequel il a rencontré un opuscule intitulé:,,Instruction et confession de foy dont on use en l'Eglise de Genève“, imprimé en caractères gothiques, sans nom d'auteur et sans aucune indication du lieu, ni de la date de l'impression. Informé de cette trouvaille, M. Théophile Dufour a immédiatement pensé que ce pourrait bien être un exemplaire (probablement

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