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schwersten Strafen. Nach langem qualvollem Gefängniß wurden sie auf dem Markte, an der Stelle, wo Johann früher auf dem Thron gesessen, mit glühenden Zangen gezwickt, mit einem glühenden Dolche erstochen; ihre Leichname zur Warnung und zum Schreckbilde in drei eisernen Käfigen am St. Lambertithurm aufgehängt.

In der verwüsteten und verödeten Stadt schaltete der Fürstbischof als strenger Gebieter. Die entmuthigte Bürgerschaft konnte ihre bürgerliche Freiheit nicht behaupten, aber sie behauptete nach den schrecklichen Erfahrungen über die Wirkungen der Neulehre von nun an unverbrüchliche Treue gegen ihren alten katholischen Glauben, dessen Uebung in allen Kirchen der Stadt wieder hergestellt wurde. Nicht zum Schuße dieses Glaubens, sondern nur zum Schuße seines Landesfürstenthums hatte Franz von Waldeck den Aufruhr bekämpft; er machte kein Hehl aus seinen neugläubigen Gesinnungen, stieß aber, als er später das Lutherthum in Münster einführen wollte, auf unüberwindlichen Widerstand.

Schon vor der Eroberung Münsters war die Niederlage Lübecks entschieden worden. Herzog Christian von Holstein, der von dem dänischen Adel zum Könige gewählt worden, wollte, während die Lübecker für den vertriebenen König Christian II. eintraten, seine Ansprüche auf den Thron mit den Waffen zur Geltung bringen. Unterstützt von Gustav Waja von Schweden, dem Herzog Albrecht von Preußen und dem Landgrafen Philipp von Hessen, nahm er im December 1534 Aalborg ein und brachte ganz Jütland zum Gehorsam. Seine Truppen besetzten auch Fünen und die übrigen Inseln. Am 11. Juni 1535 erfolgte die entscheidende Schlacht auf Fünen bei dem Ornebirg unweit Assens, wo die Lübecker eine vollständige Niederlage erlitten. Fast gleichzeitig wurden auch bei Bornholm lübeckische Schiffe auseinander getrieben und größtentheils weggenommen. In Lübeck traten nach dem Sturze Wullenwebers die alten Rathsherren wieder in ihre Stellen ein1. Unter Vermittlung der schmalkaldischen Fürsten kam im

1 Wullenweber wurde im Gebiete des Erzbischofs von Bremen gefangen genommen, nach peinlichem Verhör dem Herzog Heinrich von Braunschweig, dem Bruder des Erzbischofs, übergeben, von den Gesandten Lübecks und Christian's III. zugleich angeklagt, und am 24. September 1537 auf dem Richtplate bei Wolfenbüttel enthauptet; sein Leib wurde geviertheilt und auf vier Räder gesteckt. Es ist dieß Erempel,' sagt der Lübecker Superintendent Hermann Bonnus, ‚der Obrigkeit und sonderlich den Bürgermeistern in den Städten wohl zu merken, darum sie gewarnt und gelehret werden, daß sie mit den ordentlichen erwählten Rathsherren in allen das Regiment belangenden Sachen sich berathen und nicht durch leichtfertige lose Leute außerhalb des Rathes überreden und verführen lassen, als dem Jürgen Wullenweber von Marcus Meyer wider

Die deutsche Seemacht mit der Herrschaft der Hansa für immer dahin. 317

Februar 1536 zwischen der Stadt und Christian III. ein Friede zu Stande, der den Lübeckern scheinbar günstig war, aber dem Hansabunde den Todesstoß versezte. Der Bund verlor seine politische Bedeutung und mit ihr allmäh lich seine ganze Macht. Das Sinken Lübecks war zugleich ein Sinken deutschen Einflusses, in der Heimath wie in der Fremde 1.

Die Bemühungen des Kaisers, einen kaiserlich gesinnten deutschen Fürsten, den Pfalzgrafen Friedrich, der sich mit der Tochter Christian's II. vermählt hatte, auf den dänischen Thron zu erheben, waren erfolglos. Mit Hülfe der schmalkaldischen Fürsten siegte in Dänemark das deutschfeindliche Interesse. Die Herrschaft über den Sund und die deutschen Meere ging den Deutschen verloren. Am 6. August hielt Christian III. seinen Einzug in Kopenhagen und begann die Ausbeute der,Goldgrube seines Sundzolles. Er begann zugleich die gewaltthätige Unterdrückung der katholischen Kirche, indem er die Bischöfe verhaften, alle Güter der Stifte in Besitz nehmen ließ. Seine einzige Stüße war der Adel, der Antheil erhielt an dem geraubten Kirchengute und, wie so vielfach in Deutschland der Fall, ungestraft die Bauern in eine knechtische Leibeigenschaft herabdrückte; selbst die Kinder der Prediger und Küster blieben leibeigen 2. leibeigen 2. Ohne deutsches Kriegsvolk konnte sich Christian in Dänemark und in seinen Erblanden vor Aufruhr nicht erwehren noch erhalten' 3. Im Jahre 1538 wurde er Mitglied des schmalkaldischen Bundes.

fahren ist, denn es können solche unordentlichen Praktiken und Rathschläge endlich nicht wohlgerathen. Schlözer 205–206.

1 Wait 3, 350–352.

2 Vergl. Barthold, Geschichte von Rügen und Pommern 4b, 294. „Die Häupter des schmalkaldischen Bundes, bemüht, Dänemark in die große Opposition gegen den Kaiser zu ziehen', traten für Christian III. ein. Der Norden war umgestaltet; Christian III. König; das Lutherthum befestigt: aber der Bürger seufzte fortan unter dem Soldatenjoche, die freien Bauern sanken in des Adels hündische Leibeigenschaft; die deutsche Seemacht mit der Herrschaft der Hansa war für immer dahin. Barthold, Geschichte der deutschen Seemacht, in Raumer's Histor. Jahrbuch, 3. Folge, 3. Jahrgang 2, 99. 100. Die Bewohner der.großen geistlichen Besitzungen,' sagt der ebenfalls protestantische Historiker Allen, Geschichte Dänemarks, übersezt von Fald (1846) S. 310 bis 313,,mußten nun die milde Herrschaft der Geistlichkeit mit dem drückenden Joche des Adels vertauschen. Die Frohnden wurden willkürlich gehäuft, die Bauern als Leibeigene behandelt. Der Ackerbau sank tief unter die Stufe herab, auf der er sich im Mittelalter befunden hatte, die Bevölkerung verminderte sich und das Land war mit wüsten Höfen überfüllt. Schon im ersten Jahre nach der Einführung des Lutherthums wurden die grausamsten Jagdgesetze erlassen: Augenausstechung, selbst Lebensstrafe für das bloße Halten eines Jagdhundes. Vergl. Döllinger, Kirche und Kirchen 97--98.

3 schrieb Stephan Hopfensteiner am 17. October 1542, bei Waiy 3, 560.

von 1537

VIII. Verstärkung des Schmalkaldischen Bundes - der Bundestag Vertreibung des Bischofs von Augsburg und Proteftantifirung der Stadt.

1

Die politisch-kirchliche Bundesmacht der protestirenden Stände gewann seit dem durch offenen Landfriedensbruch mit überraschender Schnelligkeit glücklich ausgeführten Unternehmen gegen Württemberg eine immer größere Festigkeit und Stärke. Der Hesse, Sieger und über den König triumphirend, schrieb Georg Wizel, hat das Land mit dem lautesten Freudengeschrei erfüllt, und die neue Kirche so gestärkt, daß sie von nun an keiner Macht mehr weichen wird. Tausend Bücher Luther's hätten ihrer Sache nicht solchen Vortheil gebracht, wie jener einzige Krieg des Landgrafen. Ein großer Theil der jüngeren Fürsten, Adelichen und Mächtigen ist, ohne daß die Väter davon wissen, lutherisch gesinnt. Der schmalkaldische Bund nahm, fortwachsend von Jahr zu Jahr, alle im Reiche vorhandenen oppositionellen Elemente entweder in sich auf, oder befreundete sich wenigstens mit denselben. Er wurde zugleich ein natürlicher Stützpunkt und Hebel für die politischen Plane und Umtriebe der auswärtigen Feinde des Kaisers. Schon im April 1535 befürchteten katholische Reichsstände, daß der Kurfürst von Sachsen sich zum König und zum Vorkämpfer aller Lutheraner im Reiche aufwerfen werde es seien bereits, behauptete Herzog Georg von Sachsen, deutsche Bücher verfaßt, um das Volk zu diesem Zwecke in Bewegung zu sehen. Der Erzbischof von Lund, der darüber an den Kaiser berichtete, besorgte für den Augenblick eine derartige Erhebung nicht, wegen der Eifersucht des hessischen Landgrafen gegen Sachsen 2. Fast in Verzweiflung schrieb König Ferdinand im December 1535 an den Kaiser über die Zustände Deutschlands: an allen Orten und Enden sei Alles voll Irrthum, verderbter Sitte und Aufruhr; die Katholiken und alle Getreuen des Kaisers hätten aller

1 Epist. Qq. a. Vergl. Döllinger 1, 41.

2 Bericht des Erzbischofs von Lund an den Kaiser vom 8. April 1535, bei Lanz, Correspondenz 2, 173-174. Quantum ego res Germanie intelligo de hoc tumulto nunc nihil timeo, quin jam landgravius Saxonie ducem electorem pro rege ferre non potest.'

Vorgehen der Schmalkaldener wider den Nürnberger Frieden. 1535. 319

wärts das Schlimmste zu befürchten; wenn nicht Carl komme und die Dinge durch seine Vorkehr und Autorität' gewendet würden, so würde,Deutschlands Untergang und Umkehr und ein Ruin alles Standes, aller Ordnung daraus erfolgen 1.

Aber der mit dem Türken- und Franzosenkrieg beladene Kaiser konnte nicht kommen.

Auf einer Versammlung zu Schmalkalden im December 1535 erneuerten die Bundesverwandten ihre Einigung auf weitere zehn Jahre und beschlossen die Aufstellung eines Heeres von zehntausend Mann zu Fuß und zweitausend zu Roß;,nach Gelegenheit fürstehender Noth und Angriffs' sollten die Hauptleute und die verordneten Kriegsräthe Macht haben, die Zahl der Truppen auf das Doppelte zu erhöhen. Den Einigungsverwandten, welche in Sachen des Glaubens und der Religion durch kammergerichtliche Urtheile und Erecutionen beschwert würden, sollte thätliche Hülfe geleistet werden. Ueber die Aufnahme neuer Mitglieder in das Verständniß waren die Bundeshäupter Sachsen und Hessen längere Zeit verschiedener Meinung gewesen; der Kurfürst wollte nicht darauf eingehen, weil dieselbe dem zu Nürnberg mit dem Kaiser geschlossenen Frieden nicht entspreche und auch dem Bunde selbst nicht nüßlich sei 2. Jetzt in Schmalkalden gewann Philipp von Hessen die Oberhand. Es wurde die dem Nürnberger Frieden geradezu widersprechende Bestimmung getroffen, daß zur Erweiterung und mehrerem Troste alle diejenigen Stände, so jeho angesucht und nachmals darum ansuchen würden, die Gott und sein heiliges Evangelium lauter und rein bekennen, Friede lieben und sich als fromme Leute halten, in solches christliches Verständniß einzunehmen sein sollten. Aber die Aufzunehmenden müßten die Augsburger Confession bekennen und sich den anderen Einigungsverwandten in allen Punkten und Artikeln gemäß halten'. Dem erlangten Frieden und Stillstand entsprechend, wollten sie, sagten die Stände in dem Abschied des Tages, Niemand seiner Güter wider den kaiserlichen Landfrieden und Stillstand entsehen und mit der That vergewaltigen'; doch soll das was Entsehung der päpstlichen und geistlichen Jurisdiction, Ceremonien und Mißbräuche, auch Abschaffung derselben und andere Religionsjachen und was denselben anhängt, betrifft, hierunter von uns, den vereinigten Ständen, nicht gemeint, sondern einem Jeden darin Besserung fürzunehmen vorbehalten sein, und in selbigen Fällen vermöge unserer aufgerichteten Verständniß und Einigung gehalten werden. Sollten aber darüber gegen die alten und neuen Mitglieder

1 bei Buchholz 5, 324–327.

2,Dubitabat non solum de jure, an liceat novos socios adsciscere post pacem Norimbergensem, sed et de utilitate, quae inde sperari posset.' Mai 1534. Seckendorf 3, 75.

des Bundes am Kammergericht oder an anderen Gerichten Processe angehängt und die Stände dadurch beschwert und von Jemanden angegriffen werden, so wolle man vermöge der Verständniß und aufgerichteten Verfassung zur Gegenwehr greifen und fortfahren, Alles treulich und ungefährlich'.

Die schmalkaldischen Bundesgenossen wollten volle Freiheit haben in der Abschaffung des katholischen Cultus, der Aufhebung der katholischen Unterrichtsanstalten, der Einziehung des katholischen Kirchenvermögens. Sie wollten volle Freiheit haben in der Aufrichtung eines Landeskirchenthums, welches den Katholiken nur die Wahl ließ, entweder abzufallen von ihrem Glauben oder mit Weib und Kindern ihre und ihrer Väter Heimath zu verlassen. Für die Behauptung dieser Freiheit sicherten sich die Bundesgenossen gegenseitige Unterstützung zu, und wollten, wenn sie in ihren Vergewaltigungen durch kammergerichtliche Entscheidungen und Executionen behindert würden, thätlich mit den Waffen einander beistehen. Traten die Katholiken zum Schuße ihrer Rechte, ihres Besitzstandes, ihrer freien Religionsübung auf, so nannten die Schmalkaldener diesen Schutz einen Angriff', gegen den sie zur Gegenwehr greifen müßten. Nur in diesem Sinne war ihr Bund ein Defensionsbund'. In Wahrheit war er ein Bund zu beständigem Angriff gegen bestehendes Recht und bestehenden Besit.

Wiederholt stellte der Kaiser den Protestirenden vor, daß er keineswegs, wie man ihnen einzubilden suche, Willens sei, sie der Religionssache halber mit Gewalt zu überziehen und zu strafen. Er habe bisher Alles aufgeboten, um auf friedlichem Wege, ohne Krieg und thätliche Handlungen, das Reich in Ruhe zu stellen, und er sei fest entschlossen, den Nürnberger Frieden zu halten. Aber mit Mißfallen vernehme er, daß sie die Güter der Katholiken einzögen, und wenn sie um solcher Gewalt willen verklagt würden, den Vertrag von Nürnberg vorschüßten, um nicht zu Recht stehen zu dürfen: das zu gestatten, sei er nicht gemeint. Mit Befremden höre er auch von allerlei Praktiken und Rüstungen, die gegen ihn und seinen Bruder gerichtet seien, auch von Praktiken mit fremden Potentaten 2.

1 * Abschied des Schmalkaldener Tages 1535 von (Freitag am hl. Christabend) Dec. 24 im Frankfurter Archiv, im Folioband Religions-Aynigung 1535-1536 fol. 20-28. Mittelgewölb D 41 Nr. 2. Daß der Kurfürst von Sachsen sich bezüglich der Aufnahme neuer Mitglieder auf ein Zugeständniß König Ferdinand's berufen konnte, wird man aus dem von Ranke 4, 55 dafür Beigebrachten nicht leicht entnehmen.

2 Vergl. Carl's Briefe vom 1. Januar und 30. Nov. 1535 und 28. Januar 1536, bei Schirrmacher 340–341. Neudecker, Aktenstücke 112-115. Originale in den Frankfurter Reichstagsacten 45 fol. 102. 103. In Caesare nihil crudele, nihil alienum a natura Austriacorum esse fertur; ea una spes est, ut inter humana, pacis', schrieb Melanchthon am 28. Oct. 1535, im Corp. Reform. 2, 960.

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