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König möge vielmehr seine Flotte mit der kaiserlichen vereinigen, um den Verheerungszügen dieses Barbaren Widerstand zu leisten. Troß Allem aber, was Franz I. bisher gethan, sei er von Herzen gewillt, sich mit ihm zu verständigen und eine enge Verbindung abzuschließen: voll und offen möge der König sich über die Mittel aussprechen, die eine solche Verbindung herbeiführen könnten. Zu Allem, was nicht seine Ehre verlege, erklärte sich Carl bereit; er brachte eine Doppelheirath zwischen seinen und den Kindern des Königs in Vorschlag; er bot dem Könige für seinen Sohn, den Herzog von Orleans, ein Jahrgeld bis zu sechzigtausend Thalern aus den Einkünften des Herzogthums Mailand an. Das Herzogthum selbst, sagte der Kaiser in der Instruction für seinen an Franz I. abgeordneten Gesandten, Grafen Heinrich von Nassau, könne er dem Könige nicht einräumen, denn derselbe habe kein Recht darauf, weder durch Geburt, noch durch Belehnung; auch widerspreche diese Abtretung den Friedensschlüssen von Madrid und Cambray, dem Friedstande Italiens und dem allgemeinen Friedstande; überhaupt sei es für das allgemeine Wohl nicht rathsam, daß Frankreich oder Oesterreich das Herzogthum besitze 1.

Franz I. aber, der die Türkennoth und die feindselige Stellung seiner deutschen Verbündeten gegen den Kaiser zu seinem Vortheile ausnutzen wollte, verlangte im August 1534 nicht allein Mailand gegen ein dem Herzog Franz Sforza zu entrichtendes Jahrgeld von zwanzig- bis fünfundzwanzigtausend Thalern, sondern auch Genua und Asti 2. Zum Zeichen seiner besondern Mäßigung erklärte er den kaiserlichen Gesandten als letzte Antwort und Resolution': er wolle sich begnügen, wenn der Kaiser ihm sofort das Marquisat von Montferrat mit den Städten Alexandria, Genua und Asti und allen festen Plägen abtrete und ihm Sicherheit biete, daß ihm gleich nach dem Tode Sforza's das ganze Herzogthum Mailand übergeben werde 3. Seiner

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il peut assez entendre que en tous advenemens l'Ytalie [ne] sçauroit longuement et moings perdurablement comporter ne souffrir audit estat personne de si grande maison que la nostre et sienne, et seroit toujours occasion à nouvelles motions de guerre.... Die Schriftstücke bei Weiss 2, 107. 109. 118. 122. 137-157. Raumer, Briefe aus Paris 1, 261-264.

2 Am 4. Sept. 1534 schrieb der Kaiser an den Grafen von Nassau: Franz nehme nicht bloß Mailand in Anspruch, sondern ,maintenant il retourne dejà à conjoindre la seignorie de Gennes avec Milan et Ast, de laquelle il n'a jamais faict semblant ne mention quelconque . . . il est tout évident, que par raison, honnesteté, équité et bonne conscience ne luy en puis satisfaire. Bei Weiss 2, 182. 183. Vergl. die Articles des französischen Gesandten de Vely 191–194. In einem Memoire Granvell's heißt es: il persiste d'avoir ledit Gennes, dont il n'avait jamais fait semblant jusques à la venue dudit Barbarossa, que convient aux propos que icelluy Barbarossa en a tenu et ce que l'on a sceu du coustel de Constantinoble. p. 212.

3 Finale response et resolution des Königs vom 20.-24. Oct. 1534, bei Weiss

Des Kaisers Zug gegen Tunis. 1535.

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Verbindung mit den Türken wollte der König so wenig entsagen, daß er einmal dem Papste Clemens VII. geradezu erklärte, er gedenke einen Einfall der Osmanen eher hervorzurufen, als demselben zu widerstehen 1.

Um die türkischen Raubnester an der Europa gegenüber liegenden Küste zu zerstören, und das Unglück der unzähligen dorthin geschleppten und gleich dem Zugvich' behandelten Christen zu lindern, entschloß sich der Kaiser im Juni 1535 zu einem gewaltigen Kriegszuge gegen Tunis. Sein Unternehmen war vom Glücke begünstigt. Nach der Einnahme des Schlosses und Arsenals von Goletta fand man unter den erbeuteten Kanonen auch einige, welche mit den französischen Lilien bezeichnet waren. Tunis wurde erobert und dem rechtmäßigen Beherrscher, Muley-Hassan, als ein Lehen der spanischen Krone zurückgegeben; achtzehn- bis zwanzigtausend Christensclaven wurden in Freiheit gesetzt. Es waren,Siegestage reiner Freude' für Carl. Und gerade während dieser Freudentage tauchte zum erstenmal in seiner Seele der Gedanke auf, aller weltlichen Macht zu entsagen und sich in die Einsamkeit eines Klosters zurückzuziehen 2.

Zunächst wollen wir, schrieb er am 16. August seinem Gesandten am französischen Hofe, in unseren Königreichen Sicilien und Neapel Ordnung schaffen und alle unsere Kräfte aufbieten für den Dienst Gottes, für das Wohl unseres heiligen Glaubens und die Ruhe der christlichen Republik, was wir stets gewollt haben und was der eigentliche Zweck dieses unseres Zuges ist' 3. Nach dem glänzenden Erfolge in Tunis beabsichtigte nämlich der Kaiser, im nächsten Sommer Algier anzugreifen und wo möglich selbst Constantinopel zu erobern und so die Christenheit vom türkischen Joche zu erlösen.

Aber Franz I. wurde auch jetzt wieder der böse Dämon'.

Da der Herzog Sforza von Mailand inzwischen gestorben war, so zeigte sich der Kaiser, auf den Vorschlag der französischen Königin Eleonore, bereit, dem dritten Sohn des Königs, dem Herzog von Angoulême, das Herzogthum zu übertragen. Er hoffte dadurch Franz I. zufriedenzustellen und seine Beihülfe für den Türkenkrieg, für die Zusammenberufung des

2, 205. Granvell seßte in einem Memoire 206-221 trefflich auseinander, was für Deutschland und Italien und die Freiheit des apostolischen Stuhles erfolgen würde, wenn man den exorbitanten Forderungen des Königs nachgebe. Zum Beweise seiner Macht rühmte sich Franz I., er sei in seinem Königreiche entièrement libre et du tout en tout à son appétit obey.' Weiss 2, 211.

1 Vergl. Ranie 4, 9-10.

2 Die Belege bei Mignet 6-7.

3 bei Lanz, Correspondenz 2, 201.

Concils und die Ausführung der Beschlüsse desselben, und dadurch für die Herstellung der katholischen Einheit zu gewinnen. Jedoch Franz stellte die Anforderung, daß Mailand seinem zweiten Sohn, dem Herzog von Orleans, gegeben, und daß er selbst sofort auf Lebenszeit in den Nießbrauch des Landes gesetzt werde. Auch erhob er Ansprüche auf Piemont und Savoyen, um die Zugänge zu Italien in seinen Händen zu haben. Während er durch seinen Botschafter dem Kaiser feierlich versichern ließ, daß gegen Savoyen nichts Thätliches gehandelt werden solle 2, brach er im März 1536, mitten im Frieden, plötzlich in das Reichlehen ein und besetzte am 3. April dessen Hauptstadt Turin. Fortwährend warb er Truppen in Italien und Deutschland 3, und zog italienische Fürsten und Städte an sich, verdächtigte aber gleichzeitig den Kaiser und seinen Bruder allenthalben als Störer des Friedens.

Der König von Frankreich, schrieb Carl, sucht den Papst und die Cardinäle zu überreden, daß ich und mein Bruder aus selbstsüchtigen Zwecken Schuld seien an allen Uebeln und Unzuträglichkeiten in der Christenheit, wie in Sachen des Glaubens so bezüglich der Türken; als seien wir leidenschaftlich auf den Krieg bedacht und wollten Nichts wissen von einer Aufrichtung des Friedens. Noch immer wirft man mir vor, als strebe ich nach der Monarchie, obgleich doch alle meine Thaten in der Vergangenheit und Gegenwart offenes Zeugniß ablegen für das Gegentheil. Ich fühlte die Pflicht, mich zu rechtfertigen.' 5

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Der Kaiser rechtfertigte sich in einer Nede, die er am 17. April, am zweiten Osterfeiertage, in Rom vor dem Papste Paul III. und den Cardinälen hielt.

In dem Eingange derselben dankte er dem Papste für die gute Gesinnung, die derselbe in Sachen des Concils bewiesen. Auch er begehre ein

1 bei Weiss 2, 395.

2 ,... promit tres expressement sur sa foy et sur son honneur, disant avoir charge ainsi le faire, que ledit s roy son maistre ne mouvroit ny feroit riens alencontre dudit s' duc de Savoye.' Carl an Hannart bei Lanz, Correspondenz 2, 226.

3 Auch die Herzoge von Bayern gestatteten dem Franzosen Werbungen in ihren Landen. Ein französischer Gesandter, ließ Pfalzgraf Friedrich im Frühjahr 1536 dem Kaiser mittheilen, sei in München gewesen beim Herzog Wilhelm,,lequel luy a consenty de lever et faire lever par le comte Guillaume de Furstenberg secretement certain bon nombre de pietons, et a l'on donne aus dictz pietons grand nombre d'escuz et florins d'or sur la main. Bei Lanz, Staatspapiere 208.

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pareillement afin de nous justifier en ce, comme avions fait de tout le passe, de la monarchie que lon nous avoient cydevant voulu imputer, comme encoires aucuns faisoient, bien que noz oeuvres eussent toutes ouvertement tesmoingne (et faisoient continuellement) le contraire."

5 Der Kaiser an Hannart am 17. und 18. April 1536, bei Lanz 2, 223–239.

Des Kaisers Rede in Rom gegen den französischen König. 1536. 289

solches aus ganzem Herzen, weil es nöthig sei für die allgemeine Wohlfahrt der Christenheit. Um dieses allgemeinen Wohles willen erwünsche er gleichfalls Freundschaft und Vertrauen mit dem Könige von Frankreich. Aber ohne allen Erfolg. Allen mit ihm geschlossenen Verträgen habe der König zuwider gehandelt, noch zuletzt habe er im Widerspruch mit dem Vertrage von Cambray Praktiken in Deutschland wider den Kaiser angezettelt, wie es besonders im württembergischen Kriege offenbar geworden. Jezt sei er, aller Friedensversicherungen ungeachtet, gewaltsam in Italien eingedrungen, habe Savoyen, ein Lehen des Reiches, überfallen, und rücke immer weiter vor. Der Kaiser habe ihm für einen seiner Söhne die Aussicht auf Mailand eröffnet, aber der König fordere den Besitz und den Nießbrauch des Landes für sich. Noch immer, sagte Carl, biete ich dem Könige Frieden an. Vereinigt könnten wir zum Wohle der Christenheit arbeiten, sie in die erwünschte Ruhe setzen. Ich bin noch jetzt bereit, dem Herzog von Angoulême unter hinreichender Sicherheit Mailand zu übertragen. Es wäre mir tief schmerzlich, wenn es nicht zum Frieden, sondern zum Kriege käme und wir genöthigt wären, gegenseitig Alles gegen Alles zu sehen. Das würde der Untergang des Einen oder des Andern sein und der Sieger müßte seinen Sieg theuer erkaufen. Die christlichen Völker würden dadurch furchtbaren Schaden erleiden und der Herrschaft der Türken und anderer Ungläubigen “anheimfallen.“ Ich rede nicht zum Frieden,' fuhr der Kaiser fort, ,aus Mißtrauen in meine Kräfte, denn ich habe getreue Unterthanen und hinreichende Hülfsmittel zum Krieg, aber ich bin für den Frieden im Hinblick auf das allgemeine Wohl der Christenheit. Will der König unbedingt den Krieg, so scheint mir das Beste, daß ich selbst persönlich, Mann gegen Mann, mit ihm zur Entscheidung aller Streitigkeiten kämpfe, um dadurch größeres Nebel für unsere Völker zu verhüten. Haben doch auch früher, zur Vermeidung oder zur Beendigung eines Krieges, Fürsten persönlich gegen einander gekämpft.'

Auch den französischen Botschaftern gegenüber wiederholte der Kaiser am folgenden Tage, wie viel Gutes aus einem wohlbegründeten Frieden und Vertrauen zwischen ihm und dem Könige entstehen werde, und welches Heil für die Kirche durch Bekämpfung der Türken, Förderung eines Concils und Zurückführung der vom Glauben Abgewichenen zur kirchlichen Einheit. Durch ihre fortdauernde Zwietracht würden alle öffentlichen Angelegenheiten in die größte Verwirrung gerathen, die Unterthanen sich über ihre Herren erheben, die Kirche würde ihr Ansehen verlieren, Glaube und Gottesfurcht der Welt verloren gehen 1.

1 Bericht des Kaisers bei Lanz 2, 223-228. Lettre collective de Dodieu de Vély et de l'évêque de Macon à François Ier bei Charrière 1, 295-309, wo auch die schöne Antwort des Papstes. Vergl. Buchholz 4, 306–316.

Jansen, deutsche Geschichte. III.

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Der Papst pries in seiner Antwort auf das Höchste die Bemühungen des Kaisers für den Frieden und versprach seinerseits für denselben aus allen Kräften thätig zu sein.

Nur Franz I. wollte nicht Frieden, sondern Krieg. Das Anerbieten Carl's, Mailand dem Herzog von Angoulême zu übertragen, nahm er nicht an. Piemont und Savoyen zu räumen, war er noch weniger gewillt. Er schloß vielmehr einen neuen Vertrag mit den Türken zum gemeinsamen Angriff gegen die Länder des Kaisers. Die Türken hatten schon im März 1536 sich mit aller Macht gerüstet, um gegen Neapel und Sicilien und auch gegen die Moldau vorzurücken1. Im August brach auf Befehl des Sultans ein Heer von achtzehntausend Mann in Slavonien ein und verheerte dort Alles mit Feuer und Schwert 2.

Nachdem alle Friedensversuche gescheitert waren, faßte der Kaiser den Entschluß, den französischen König in seinem eigenen Lande anzugreifen, und zwar gleichzeitig im Süden und im Norden. Unter dem Grafen Heinrich von Nassau drang im Sommer 1536 aus den Niederlanden ein Heer in Frankreich ein und eroberte Guise. Carl selbst rückte mit etwa fünfzigtausend Mann, unter diesen zwanzigtausend Deutsche, im Süden vor und schlug im August sein Lager bei Air auf. Aber die Luft war uns entgegen, schreibt Schärtlin von Burtenbach, der unter Caspar von Frunds berg ein Fähnlein befehligte, die Armada mochte nicht fort. Sind bei zwei Monaten vor Marsilia und bei Air gelegen. Ist schier der halbe Haufe Hungers gestorben. Wir haben allein ob zwölftausend deutscher Knechte hinten gelassen, viele Pferde, Harnasch und Wehr. Ist ein jämmerlicher Zug Hungers halber gewesen, kein Feind nie an uns kommen.3

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Das französische Heer unter Montmorency wich nämlich jeder Feldschlacht aus, während der König, um die Kaiserlichen auszuhungern, den Befehl gegeben, weit und breit das platte Land wüste zu legen, alle Vorräthe zu vernichten, die Mühlen zu zerstören, die Bauern mit ihrem Hab und Gut wegzuführen. Der deutsche Prinz Christoph von Württemberg, der von Franz I. ein Jahrgehalt von sechstausend Franken bezog, freute sich über die Unfälle des Kaisers. Die Kriegshandlungen, schrieb er aus Lyon am 21. September 1536, ,haben sich noch glücklich und wohl auf unserer Seite angelassen, mit großem Verlust unserer Widerwärtigen, beiderseits in Provence und Picardia. Der Kaiser sah sich zum Rückzuge genöthigt, und

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1 Weinmeister an die Herzoge von Bayern am 19. März 1536, bei Muffat 494. Der Erzbischof von Lund an den Kaiser am 20. Aug. 1536, bei Lanz, Correspondenz 2, 247.

3 Lebensbeschreibung 43–44.

• Brief des Kaisers an Heinrich von Nassau vom 14. Sept. 1536, bei Lanz 2, 249. 5 Heyd 1, 576. Kugler 1, 32 Note 39.

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