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Nothwendigkeit der Scheidung und aus Allem, was er vorher und nachher sagte, zu sehen, welche übertriebene Bedeutung er auf die unselige Verbindung mit jenen alten Familien legte, deren Kraft mehrentheils abgestorben ist. Schon am 15. Dez. ward über die Scheidung der Civilche, im Beisein der ganzen kaiserlichen Familie und unter den Augen des Erzkanzlers vom Sekretär des Civilstandes des kaiserlichen Hauses, von Regnauld aus St. Jean d'Angely, ein sentimental rhetorisches Protokoll aufgenommen, worin Napoleon und seine Gemahlin ihren freiwillig gefaßten Entschluß, ihre Ehe zu trennen, niederlegten. Als Grund dieses Entschlusses wird angegeben, daß der Kaiser eine Ehe, aus der er keine Kinder hoffen dürfe, des Staatswohls wegen trennen müsse. Da um der Form willen ein Senatsdekret erforderlich schien, so brachte Eugen Beauharnais, der bei der Gelegenheit zum ersten Mal seinen Plaz als Senator einnahm, den Vorschlag dazu an die Versammlung. Von 87 Senatoren stimmten nur 7 da= gegen, 4 stimmten gar nicht; Grégoire allein wollte dage= gen reden, er durfte aber das Worte nicht nehmen. Wir fügen das vom Senat erlassene Dekret unter dem Text bei 4), weil darin auch die Vortheile angeführt werden, welche der geschiedenen Kaiserin, die sogleich nach Malmaison zog, ange= wiesen wurden.

Die kirchliche Scheidung würde bei der Erbitterung des Papstes gegen den Kaiser einige Schwierigkeiten gehabt haben, hätte nicht der Kardinal Fesch, der die um 1796 blos bürgerlich gültig geschlossene Ehe um 1804, als die Gemahlin Napoleons schon besorgte, daß man ihren Gemahl bewegen wolle, sich von ihr zu trennen, durch seine Einsegnung kirchlich gültig machen sollte, dafür gesorgt gehabt, daß bei dieser Einseg

4) Das Dekret lautet: 1) Le mariage contracté entre l'empereur Napoléon et l'impératrice Josephine est dissous. 2) L'impératrice Josephine conservera le titre et rang d'impératrice couronnée. 3) Son douaire est fixé à une rente annuelle de deux millions de francs sur le trésor de l'état. 4) Toutes les dispositions qui pourront être faites par l'empereur en faveur de l'impératrice sur les fonds de la liste civile seront obligatoires pour son successeur.

nung eine Kleinigkeit fehle, welche einen Vorwand geben könne, ihre Gültigkeit zu bestreiten. Ein Artikel des Tridentinischen Konziliums erklärt nämlich jede Ehe für ungültig, die nicht im Beisein des Pfarrers einer der beiden Theile, oder seines Vikars und zweier Zeugen geschlossen worden. Die Kaiserin Josephine selbst hatte damals den schlauen Kardinal an jenen Artikel erinnert, da er aber doch nicht sorgte, daß die Formalität beob= achtet werde, so schloß man nicht mit Unrecht, daß er dies ab= sichtlich gethan habe. Der Vorwand ward in der That jezt benußt, um durch die Offizialität oder das geistliche Gericht der Pariser Diözese am 14. Januar 1810 einfach erklären zu lassen, daß die Ehe des Kaisers niemals gültig geschloffen ge= wesen sei. Dies Dekret der Offizialität ward hernach von einer in Paris versammelten Kommission von Bischöfen und Erzbischöfen gebilligt und vom Erzbischofe von Paris bestätigt. Nichts destoweniger mißbilligte hernach der Papst das ganze Verfahren. In Wien legte man eine solche Bedeutung auf die schnelle Beendigung der Sache, daß man als die feierliche Werbung einmal geschehen war, anfangs über die geistlichen Skrupel ganz hinausging. Metternich, der in's Ministerium getreten war, forderte anfangs die geistlichen Urkunden gar nicht. Dies geschah erst, als der Erzbischof von Wien darauf bestand, sie zu sehen.

Die Heirathsangelegenheit wurde in so kurzer Zeit ganz abgethan, daß nothwendig Alles, was sich darauf bezog, vorher ausgemacht gewesen sein muß, so daß also des Ministers Champagny Korrespondenz mit Caulaincourt noch im Januar und bis zum 6. Februar wegen einer russischen Prinzessin nur irgend eine List napoleonischer Diplomaten zum Zweck gehabt haben mag. Schon am 7. Februar erschien der Vizekönig Eugen beim österreichischen Gesandten Fürsten Schwarzenberg in Paris, um feierlich um die kaiserliche Prinzessin Marie Louise zu werben und schon am folgenden Tage (den 8. Februar) unterzeichnete der französische Minister der auswärtigen Angelegenheiten den Heirathsvertrag. Am 27, ward dem Senat durch eine Botschaft verkündigt, daß Berthier Herzog von Neufchatel und Fürst von Wagram nach Wien reisen werde, um die

dem Kaiser verlobte österreichische Prinzessin abzuholen. Am 4. März ging Berthier wirklich ab, am 7. warb er des Ceremoniels wegen beim Kaiser Franz um die Hand seiner Tochter, am 11. ward diese ihrem Onkel, dem Erzherzoge Karl als dem erwählten Stellvertreter Napoleons angetraut, schon am 13. wurde die Reise nach Paris angetreten.

Unser Zweck erlaubt uns nicht bei diesen und bei den folgenden, der Förmlichkeit wegen nöthigen Handlungen, oder bei dem Pomp und der Pracht zu verweilen, welche bei der Gelegenheit aufgeboten ward, um den Herren und Damen des Hofs Gelegenheit zu geben, sich in ihrem Glanze zu zeigen, oder um den Haufen zu blenden, der sich zu Hinrichtungen und zu Hoffesten in gleicher Weise gaffend drängt. Wir bemerken daher nur summarisch, daß die Civilvermählung am 1. April zu St. Cloud Statt fand, und daß die Neuvermählten einen prächtigen Einzug in Paris hielten und am 2. von Napoleons Mutter= bruder, dem Kardinal Fesch, kirchlich getraut wurden. Sonderbar ist es dabei, daß Napoleon sich durch die Kirche zu derselben Zeit mit den legitimen Häusern verbinden ließ, als das Haupt dieser Kirche ihn verfluchte und aus der Gemeinde stieß und als alle legitimen Regenten alter Zeit gegen ihn konspirirten! Uebrigens leitete ihn derselbe Irrthum bei dieser Ehe mit dem alten Regentenhause, der ihn bewog eine neue Adelskaste zu gründen und die alte vom Tode zu erwecken. Er glaubte eine Stüße zu finden, und doch war er eigentlich die einzige Stüße eines Adels und einer Monarchie, die längst alle Bedeutung verloren hatten.

Was die Domänenordnung angeht, so hatte er schon früher Fiscus und Schatulle vom Volke ganz unabhängig gemacht. Er hatte bei der Gelegenheit gewissermaßen öffentlich erklärt, daß er den Krieg als eine Industrie zu seinem Vortheil und die Konskribirten als bloße Werkzeuge seines Erwerbs betrachte. Es waren vorher nämlich bei jeder Verbindung, welche geschlof= sen, bet jeder Gunst, welche fremde Staaten oder auswärtige Privatleute bei Napoleon suchten, von Ministern, Hofleuten, Beamten des Kaisers bedeutende Geschenke und Zahlungen eingefordert und an sie entrichtet worden; diese Summen wur

den fortan für den Kaiser in Anspruch genommen, und ihr Betrag erhöht durch die secularisirten Güter der Geistlichen in den eroberten Ländern, durch die Regalien und Domänen der Fürsten und die Güter der vertriebenen oder ausgewanderten Besizer, endlich durch die ganz ungeheuern Summen für konfiscirte englische und Kolonialwaaren, zulezt durch den Gewinn vom Verkauf der Licenzen. Auf welche Weise die Sophisten und Rhetoren der Revolution jeden neuen Gewaltschritt des Kaisers als höchste Weisheit priesen, sehen wir auch bei dieser Gelegenheit aus der Rede, welche Regnauld aus St. Jean d'Angely im Senat hielt, als das Staatseigenthum zu Gunsten des kaiserlichen Privatvermögens gesetzlich geschmälert werden sollte. Er sagte: Das Dekret, welches er vorschlage, sei eine politische Gesetzgebung für die Person des Kaisers, wie das neue Gesetzbuch eine bürgerliche Gesetzgebung für alle Franzosen sei. Der Senatsbeschluß, der dieser Empfehlung des kaiserlichen Rhetors zufolge am 30. Januar 1810 zum Geseze gemacht ward, gab unermeßliche Summen in die Hand des militärischen Regenten und schied fie also vom Nationalvermögen ganz aus. Der erste Artikel seht fest, was Güter der Krone sein sollen, der zweite bestimmt das, was mit einem neu erfundenen Kunstausdruck außerordentliche Domäne genannt wird; der dritte endlich das Privateigenthum des Kaisers. Die lezten Artikel begriffen unermeßliche Güter und Schäße, die ohne daß die Nation auch nur befragt ward, als besonderes Eigenthum dem Kaiser gefeßlich überlassen wurden. Daher konnte dieser auch hernach bei einer feierlichen Audienz und bei der Gelegenheit als Ney 1812 zwischen Orscha und Beresoff einmal von ihm abgeschnitten wurde und durch Durchwaten des Dniepers wieder mit ihm vereinigt ward, von den Paar hundert Millionen reden, die er baar in seinem Schage habe.

2.

Spanten von 1809-1812.

Als Napoleon im Januar 1809 (f. Band VII. S. 403) wieder in Frankreich eintraf, und sein Bruder Joseph als König seine Residenz in Madrid nahm, glaubte er die Eroberung von Spanien vollendet zu haben. Er betrog sich aber, weil er nicht auf die Engländer und nicht auf einen Feldherrn wie Sir Arthur Wellesley war, gerechnet hatte. Drei Armeen waren gegen Portugal bestimmt, und die eine, welche Soult commandirte, befand sich bereits in diesem Lande, die zweite, damals unter Lapisse, stand bei Salamanka, die dritte unter Victor am Tajo. Meisterhaft waren die Anordnungen Napoleons, um erst Catalonien, Arragonien, Valencia, und dann auch Andalusien der französischen Herrschaft zu unterwerfen; er hatte aber vergessen, daß er nach Art orientalischer Monarchen, alles was von ihm ausging so eingerichtet hatte, daß alles ganz allein, von seiner persönlichen Gegenwart und seiner furchtbaren Energie abhing, daß alle Generale und Verwaltungsbehörden ihm allein pünktlichen Gehorsam leisteten, und daß, wenn er nicht anwesend sei, jeder seiner Fürsten und Marschälle werde unabhängig sein wollen.

Er hatte seinem Bruder Joseph den Oberbefehl über die verschiedenen französischen Heere in Spanien übertragen (s. TH. VII. S. 406); dieser war aber weder ein Mann von strenger, ernster Gesinnung, noch ein Militair von einigem Talent. Der Kaiser hatte ihm zwar Jourdan als Major= General beigeordnet, allein diefer besaß die weiche Natur des König Joseph, zeigte stets liberale Gesinnungen und hatte, nachdem er zweimal bedeutende Niederlagen durch den Erzherzog Carl erlitten hatte, alle Autorität im Kriegswesen verloren. Die Verwirrung wurde daher noch größer, und weder der König noch Jourdan konnten auf den Gehorsam der Marschälle rechnen. Joseph fühlte selbst, wie wir aus seiner jezt vollständig bekannt gewordenen und von Du Caffe herausge= gebenen Correspondenz sehen, daß er nicht der Mann sei, den

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