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der Territorialverhältnisse sehr schwierig gewesen wäre, keineswegs entschieden fest; man strebte vor Allem darnach, mit derselben möglichst bald fertig zu werden. Daraus erklärt es sich, dass man jetzt im Voraus schwer bestimmen kann, ob diese oder jene Akten hier oder dort zu suchen sind. In dem Reichsarchiv finden sich Religionsakten des Römischen Reichs, Serien Markgrafenthum Brandenburg, Oestreich, Mecklenburg etc., Instruktionen und Relationen päpstlicher Nuntien. Das Staatsarchiv begreift in sich Bundesakten, die Verhandlungen der beiden. Wittelsbachischen Linien über die Kurwürde, den grössten Theil der Kurpfälzischen Akten; von letzteren sind die meisten in einer besondern Abtheilung vereinigt; die umfangreiche protestantische Correspondenz aber, welche aus den im dreissigjährigen Kriege von Heidelberg mitgenommenen Akten in München zusammengestellt wurde, blieb auch dann in der Bairischen Abtheilung, nachdem ihr die sämmtlichen Pfälzer Akten dahin nachgefolgt waren. Aus den verschiedensten Abtheilungen muss deshalb das Zusammengehörige erst zusammengesucht werden.

Glich das bereitwillige Entgegenkommen, welches man bei den Archivbeamten findet, die durch diese Trennung erwachsenden Unbequemlichkeiten und Schwierigkeiten aus, so war doch kein Mittel vorhanden, um die Folgen der Sorglosigkeit aufzuheben, mit der, hier wie anderwärts, in älterer Zeit die Archivalien behandelt worden sind. Aus höchst ungnädigen Erlassen des Herzogs Maximilian von Baiern an den Archivarius Bittelmeier ersehen wir, wie 1614 selbst auf wiederholtes dringendes Verlangen des Fürsten die Reichstagsakten des Jahres 1530 nicht aufgefunden werden konnten. Der unglückliche Bittelmaier wusste nur, dass sie früher einmal ihren Platz am Fenster gehabt hatten. Indem dann die im 18. Jahrhundert von dem sonst so verdienten Aettenkhover vorgenommene Ordnung des Archivs nicht auf Herstellung guter Kataloge ausging, sondern den Versuch machte, die Akten selbst, je nach ihrem Inhalt, in bestimmte Bände einzutheilen, war es nicht zu vermeiden, dass öfter der Zusammenhang, in welchem die Akten erwachsen waren, zerrissen, Zusammengehöriges getrennt, Fremdartiges vereinigt wurde. Nichts aber erschwert die Uebersicht mehr, als wenn die einzelnen Bände Akten ganz verschiedener Zeiten, wenn auch sonst vielleicht ähnlichen Gegenstandes umfassen. Eine Serie des hiesigen

Reichsarchivs von 18 Bänden, 'Markgrafenthum Brandenburg' betitelt, ist der Hauptsache nach dem Markgrafen Albrecht Alcibiades gewidmet. Die beiden ersten Bände aber tragen die Aufschriften: 1373-1594', '1550-1596', und daraus kann man sich keinen Begriff von dem wirklichen Inhalt bilden, und zwar um so weniger, da selbst diese doch wirklich nicht eng gesteckten zeitlichen Gränzen nicht eingehalten sind: in Band II der eben genannten Sammlung findet man z. B. auch eine Relation über den Hof Friedrichs des Grossen vom Jahre 1752. Bei dem Bande 'Hochstift Passau IX' ist die Jahreszahl '1548 - 1554' richtig, man entdeckt in demselben jedoch nur einige wenige Briefe des Bischofs Wolfgang von Passau, ausserdem aber Schreiben Bairischer Räthe an ihren Fürsten, und die Hauptmasse bilden Salzburger Akten, welche sich auf die Erbfolgeansprüche des Herzogs Ernst, des confirmirten Erzbischofs von Salzburg beziehen; ihre Einordnung in diesen Band kann nur dem Umstande zugeschrieben werden, dass der Name des Bischofs von Passau einigemale darin genannt wird, indem er neben dem Herzog Christoph von Wirtemberg eine Vermittlung in obiger Streitfrage versuchen sollte. In andern Serien, in den Religionssachen, Fürstensachen etc. sind wieder Akten verschiedenster Zeiten und verschiedensten Ursprungs zusammen vereinigt; später fand man natürlich Nachträge, welche schwer einzuordnen waren. Bedenkt man ferner, dass an zahlreiche Akten noch nicht eine gründlich sichtende Hand herantreten konnte, so wird man es erklärlich finden, wenn ich nicht den Anspruch erhebe, das Vorhandene völlig ausgebeutet zu haben, und wird um so mehr dem Eifer und der Sachkenntniss der Beamten, besonders des Herrn Assessors Rockinger für das wirklich Zusammengebrachte Dank wissen. Die Aktenbände, welche, wie die Reichstagsakten, Bundesakten chronologisch geordnet sind und sich ausschliesslich auf die ins Auge gefassten Jahre beziehen, oder deren Gränzen doch nicht allzu weit überschreiten, wurden vollständig herangezogen. Bei den übrigen aber spielte der Zufall mit, und es muss der Zukunft und der im Reichsarchiv im Werke befindlichen neuen Repertorisirung überlassen werden, vielleicht manches jetzt noch versteckte Dokument zu Tage zu fördern.

Wird man dann auch vielleicht über manche einzelne Fragen genaueren Aufschluss gewinnen können, so glaube ich doch kaum, dass durch neues Material ein in wesentlichen Dingen verschiedenes Bild der Bairischen Politik sich herausstellen wird. Denn zum Theil ist die Dürftigkeit der Bairischen Archive für die Zeit Albrechts V. wohl darin begründet, dass der jugendliche Baiernfürst, zumal weil fast gleichzeitig mit seinem Vater auch dessen hervorragender Kanzler Leonhard von Eck starb, eine entscheidende politische Rolle nicht zu spielen vermochte. Der Französische Gesandte Marillac sagt von ihm im Jahre 1550, er besitze ausser dem Namen, den er führe, keine eines Fürsten würdige Eigenschaft, er denke nur an Biergenuss und Würfelspiel Mochte er in späteren Jahren durch eine lebhafte Thätigkeit dieses Urtheil Lügen strafen, und finden wir selbst aus den ersten Regierungsjahren keine Belege, die des Franzosen Urtheil bestätigen, so viel ergibt sich doch aus den Akten, dass er die Räthe schalten liess, in die Staatsgeschäfte nicht eingriff und keineswegs eine hervorragende Stellung zu erringen sich bemühte. Die früheren Beziehungen der Baiern zu den Schmalkaldischen Fürsten waren seit der zweideutigen Stellung Herzog Wilhelms im Kriege von 1546 gelöst, statt wie früher um Eindämmung der Habsburgischen Macht war jetzt der Bairische Zweig der Wittelsbacher vielmehr darum bemüht, durch kaiserliche Gunst an Stelle der Pfälzischen Linie zur Kurwürde zu gelangen, den Vettern die zweite Stelle anzuweisen. Andererseits liess wieder die Nichterfüllung dieser Wünsche kein näheres Verhältniss zu den Habsburgern aufkommen und endlich musste Ende 1551 Herzog Albrecht seine weder durch den Kaiser noch auf dem Wege gü licher Verhandlung durchzusetzenden Ansprüche fallen lassen. Noch mehr aber als von diesem Streit mit der andern Linie der Wittelsbacher mochte der junge Fürst sich dadurch gehemmt fühlen, dass sein eigner Oheim, der confirmirte Erzbischof Ernst von Salzburg, ihm die ausschliessliche Herrschaft über das Herzogthum bestritt und Erbansprüche erhob, welche besonders bei der wenig günstigen finanziellen Lage sehr

1 Nr. 458. Vgl. die Charakteristik Wilhelms IV. durch Mocenigo bei Fiedler Relationen Venetianischer Botschafter in den Fontes rerum Austriacarum XXX, 150.

ungelegen kamen1. Dass der Herzog Ernst seinen Plan, einen unehelichen Sohn von Kaiser oder Papst legitimiren zu lassen, wirklich durchsetzen und zu dessen Gunsten einen Theil des Herzogthums fordern würde, mochte Herzog Albrecht freilich wohl schwerlich im Ernste fürchten. Jedenfalls aber erklärt der Unfriede im eignen Hause zur Genüge, dass er sich auf sich selbst zurückzog und weiter aussehende Pläne vermied. Mit dem gleichaltrigen Herzog Christoph von Wirtemberg und mit König Maximilian von Böhmen wurden nähere Beziehungen angeknüpft, aber zu einer lebhaften Correspondenz auch mit ihnen kam es erst später. Angesichts dieser Verhältnisse ist es um so bemerkenswerther, dass schon damals bei Albrecht V. der später festgehaltene Wunsch hervortritt, auf dem Boden der alten Kirche eine Neubelebung des verfallenen religiösen Lebens hervorzurufen und dass er sein Recht, auf diesem Gebiete Reformen anzubahnen, auch dem Widerspruche geistlicher Machthaber gegenüber energisch zu wahren wusste. In dieser Beziehung sind die auf Einführung des J. suitenordens bezüglichen Briefe Nr. 428 und 446, sowie Nr. 633 von Interesse.

Schon oben ist angedeutet worden, dass für den über die Kurwürde geführten Streit in den Pfälzischen Akten des hiesigen Staatsarchivs mancherlei Material enthalten ist; auch für andere Verhältnisse konnten sie mehrfach benutzt werden; reichhaltiger und besser erhalten als die Bairischen sind die Berichte der Pfälzischen Reichstagsgesandten. Im Ganzen aber bestätigen diese Akten den Eindruck, dass Kurfürst Friedrich von der Pfalz, von den kaiserlichen Erfolgen im Schmalkaldischen Kriege eingeschüchtert, in dieser Zeit nichts Anderes erstrebte, als dass der Kaiser ihm die Theilnahme an dem Kriege vergessen möge. Seine kühnsten Pläne gingen kaum über die Wiedergewinnung Neuburgs für seine Familie hinaus; der siebenzigjährige Greis war schwach geworden an Geist und Körper.

Der Wirtembergische Herzog befand sich in ähnlicher, ja schlimmerer Lage als Kurpfalz. Sein Land wurde von dem Bruder des Kaisers, nicht etwa von einem andern Deutschen Fürsten, angesprochen. Zahlreiche Aktenstücke des Stuttgarter Archivs beschäftigen sich mit den hierüber gepflogenen

1 Vgl, Muffat Ansprüche des Herzogs Ernst. Abhandl. d. Münchner Akademie X, 114.

Verhandlungen. Ausserdem aber konnten von dort noch einige Aufklärungen über Französisch - Wirtembergische Verbindungen gewonnen werden, welche die Kugler'sche Darstellung in einigen. Punkten ergänzen.

Wie indessen alle die bisher erwähnten Fürstenhäuser an Bedeutung in jener Zeit hinter dem Sächsischen zurückstanden, so übertrifft auch das Dresdener Archiv weitaus die übrigen. Nach dem Falle des Ernestinischen Vetters, an dessen Stelle Moritz sich zu schwingen wusste, bestimmte dessen thatkräftige und entschlossene, aber verschlagene und heimtückische Politik in entscheidender Weise den Gang der Deutschen Dinge; die hierüber erhaltenen aus seiner Kanzlei stammenden Zeugnisse kann man leicht zusammen bringen an der Hand trefflicher, Jedermann leicht zugänglicher Sachregister, welche den Inhalt der verschiedenen Aktenfascikel kurz bezeichnen und von denen jede einzelne Abtheilung wieder chronologisch geordnet ist. Zu lebhaftestem Danke verpflichtet mich die Unterstützung, welche ich bei der Arbeit, sowohl während meiner Anwesenheit in Dresden, wie später bei Beantwortung sich nachträglich ergebender Anfragen, von Seiten der Herren v. Weber und v. Posern-Klett zu erfahren hatte. Die Jahre 1550 und 1551 suchte ich bei längerem Aufenthalte in Dresden vollständig durchzuarbeiten, sah jedoch ab von den inneren Sächsischen Verhältnissen und von der Serie, welche sich mit der Belagerung von Magdeburg beschäftigt. Die Fülle des Materials ist so gross, dass ich von den die früheren Jahre betreffenden Akten grosse Massen unberührt lassen musste, indem ich nur die Religionspolitik des Kurfürsten Moritz und die mit der Empörung von 1552 zusammenhängenden Bestrebungen zu erfassen suchte.

Moritz führt sich ein mit dem Schreiben Nr. 73, worin er dem Johann Friedrich den Ungehorsam gegen die von Gott geordnete Obrigkeit zum Vorwurf macht, er mäkelt mit dem Kaiser um den für die Unterstützung zu gewährenden Preis, weiss dann, als die katholische Reaktion mächtig dastand, Wege zum Papst zu finden, um sich die Kirchengüter in jedem Falle zu sichern, vermeidet aber zugleich geschickt einen völligen Bruch mit den Protestanten. In der Stadt Magdeburg bekämpft er mit Entschlossenheit das Ernestinische Interesse, es gelingt ihm auf Kosten des Erzbischofs aus dem Brandenburgischen Hause sich selbst alle Vortheile der endlichen Unterwerfung der

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