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gereicht. Diese Ordnung blieb auch in der folgenden Zeit bestehen, nur fielen mit der Ausdehnung der Gemeinden die Liebesmahle weg und das Abendmahl ward an einem besondern Tische ausgetheilt, der seit Ende des 2. Jahrh. Altar genannt wird, für die Predigt war ein erhöhter Play bestimmt. Als allgemeiner Festtag ward der Sonntag zur Erinnerung an die Auferstehung des Herrn gefeiert, sodann als hohe Feste Ostern und Pfingsten, ersterm ging eine längere Fastenzeit voran, die spätere, Quadragesima. Die Kindertaufe war allgemein, zur heil. Handlung wurden als Zeugen Pathen hinzugezogen (sponsores), bei Erwachsenen als Bürgen ihres Glaubens, bei Kindern um ihnen eine christliche Erziehung zu sichern, die Abschwörung des Gözendienstes führte zur Verbindung des Exorcismus mit der Taufe. Die zur Aufnahme Gemeldeten (Katechumenen) erhielten erst nach sorgfältiger Prüfung in allmälig aufsteigenden Lehrgraden durch Taufe und Firmelung das volle christliche Bürgerrecht. Das Vorhaben einer Verehelichung mußte der versammelten Gemeinde angezeigt werden. Die Verlobten wurden nach Genuß des Abendmahls eingesegnet, verweigert ward dies, wenn Gründe gegen die Ehe vorlagen, wofür die biblischen Gebote maßgebend waren (III. Mos. 18, 6. Matth. 14, 4. 1 Cor. 5, 1). Die Gestorbenen wurden mit kirchlichen Feiern bestattet, im Gegensaß zum heidnischen Verbrennen der Leichname wurde die jüdische Sitte des Begrabens allgemein.

Keine Gemeinschaft kann ohne Zucht bestehen, insbesondere ist eine solche nothwendig in der Anstalt, welche den Menschen zur christlichen Vollkommenheit erziehen soll. Sie ward in der apostolischen Gemeinde der Art geübt, daß zunächst Ermahnung des Frrenden, dann Zurückziehung von demselben seitens der Gemeinde erfolgte, die ihn jedoch nicht als Feind, sondern als Bruder ansehen soll, der Kezer d. h. der eigensinnige Irrlehrer soll gemieden werden, wenn er wiederholt vermahnt ist; als die höchste Kirchenstrafe erscheint das Anathema, der Bann gegen Uebelthäter schlimmster Art, wie er z. B. gegen den Anstifter der widernatürlichen Laster in der korinthischen Gemeinde von Paulus ausgesprochen wird (1. Cor. 5, 5), er ward in dem Glauben. verhängt, daß göttliche Züchtigung erfolgen werde (zum Verderben des Fleisches), durch welche der Betreffende noch bekehrt werden könne. Nur öffentliche, Aergerniß gebende oder freiwillig

eingestandene Vergehen unterlagen der Kirchenzucht, unbedingt ausgeschlossen wurden alle, welche sich des Totschlags, Ehebruchs und Abfalls vom Christenthum schuldig gemacht hatten. Namentlich griff zur Zeit der Verfolgungen die Frage tief in das Leben der Kirche ein ob und unter welchen Bedingungen die Abtrünnigen wieder zuzulassen seien, die Montanisten und Novatianer wollten keine Versöhnung der in eine Totsünde Gerathenen mit der Kirche gestatten, die Confessoren umgekehrt gingen in unzulässiger Nachsicht willkürlich eingreifend bis zur Auflösung aller Kirchenzucht, mit beiden hatten die Bischöfe zu kämpfen, welche daran festhielten, daß eine Wiederaufnahme aufrichtig Reuiger möglich sein müsse, aber für den Ernst der Reue Beweise abgelegt werden müßten, dies geschah durch eine Reihe von Bußen, die nach der Schwere des Falles verschieden bestimmt waren, Grundsay blieb noch, daß in allen ernstern Fragen der Disciplin, namentlich über Ausschließung und Wiederaufnahme, die Gemeinde die Entscheidung hatte, wenn auch die Stellung der Bischöfe immer maßgebender ward.

Aber nicht nur über rein kirchliche Fragen entschieden die Organe der Gemeinde, die Christen sollten sich als eine Familie betrachten, ihr Meister hatte sie angewiesen: Sündigt dein Bruder an dir, so gehe hin und strafe ihn zwischen dir und ihm. allein. Höret er dich nicht, so nimm noch einen oder zwei zu dir, höret er die nicht, so sage es der Gemeinde. (Matth. 18, 15 – 17). Und Paulus tadelt die Korinther, daß sie Streitigkeiten unter einander vor die heidnischen Gerichte bringen (1. Cor. 5, 1), hierauf gründete sich die Gewohnheit der alten Kirche, etwaige Streitsachen ihrer Glieder in ihrer Mitte zu entscheiden, dieselbe bestärkte sich dadurch, daß die Richter Heiden, die gerichtlichen Verhandlungen namentlich die Eide mit Ceremonien verbunden waren, welche die Christen nicht mitmachen durften. Um so mehr war es den Geistlichen untersagt von weltlichen Behörden Recht zu nehmen, sie hatten sich in allen Dingen dem Urtheil ihrer Vorgesezten zu unterwerfen, für die Laien war die Entscheidung der kirchlichen Organe in bürgerlichen Streitfällen. nur eine schiedsrichterliche, da die Zwangsmittel fehlten den Spruch zu vollstrecken, aber die Macht des kirchlichen Ansehens war ebenso stark wie die des formellen Richters und bald zog

auch die Kirche alle Vergehen ihrer Angehörigen vor ihr Gericht und strafte dieselben abgesehen vom Staate.

Es lag nun wiederum in der Natur der Sache, daß mit der hierarchischen Entwicklung diese kirchliche Jurisdiction an den Bischof kam, der hiefür die erste Jnstanz war, war er selbst der Angeklagte, so urtheilten seine Amtsbrüder in versammelter Synode. Dem Bischof stand auch in erster Linie die Verwaltung des Kirchenvermögens zu, welches durch Ausdehnung der Gemeinden und Schenkungen immer bedeutender ward.

In dieser Weise hatte sich bis Ende des 3. Jahrh. die Kirche zur einheitlichen, mit fester Verfassung ausgestatteten Institution herangebildet und ward deshalb die allgemeine, catholica genannt, die Zugehörigkeit zu ihr war die Bedingung der Zugehörigkeit zum Christenthum, »denn in ihr haben, wie Frenäus sagt, die Apostel als in einem reichen Behältniß alles auf das Vollkommenste niedergelegt, was zur Wahrheit gehört, sie ist der Eingang zum Leben, ihre Lehre muß man sorgfältig annehmen.<«< Am schärfsten ausgeprägt stellt sich diese Auffassung im Leben Cyprian's, Bischofs von Carthago, um die Mitte des 3. Jahrh. dar. Seine ganze Kraft weiht er dem Gedanken, daß die Kirche unter ihrem göttlichen Haupt durch die von ihm eingesezten Bischöfe als ein einiges Reich zu regieren sei. »>Es ist nur eine Kirche, sagt er in seiner Schrift De unitate ecclesiae, wie es nur eine Sonne giebt, wer sie verläßt, ist ein Fremder, ein Unseliger, ein Feind, wer die Kirche nicht zur Mutter hat, kann auch Gott nicht zum Vater haben.«<

Diese Einheit der heiligen, allgemeinen Kirche, welche sich zu einem besondern Sage des christlichen Bekenntnisses ausprägte, hinderte freilich nicht, daß sich die einzelnen Provinzialkirchen durch Sprache, Sitte und theologische Richtung unterschieden, namentlich war dies im Allgemeinen der Fall zwischen Morgenund Abendland. Mittelpunkt des erstern wurde nach der Auflösung des Judenchristenthums Antiochia, dessen Gemeinde von Paulus gegründet, nach seinem Tode von Johannes und dessen Schülern geleitet war. Es ward die Metropole nicht nur fürdie griechische Kirche der Umgegend, sondern für die syrischen Christen der Provinz. Lettere waren in ihrer Mehrzahl Judenchristen und dies gab der syrischen Kirche ein eigenthümliches

Gepräge, indem sie mehr mosaische Elemente aufnahm als andere und sich dadurch namentlich von der griechischen unterschied, hier wurden zuerst (um die Mitte des 2. Jahrh.) die hl. Schriften zum gottesdienstlichen Gebrauch in die Volkssprache übertragen. Anders gestaltete sich die egyptische Kirche mit ihrer Mutterstadt Alexandrien. Als Mittelpunkt des Hellenismus waren hier fast alle Schulen der griechischen Philosophie vertreten, welche sich mit morgenländischen Mysterien verschmolzen, hier war der Hauptsiz der Gnostiker und der verschiedenartigsten Sekten, welche durch die Mitte des 2. Jahrh. gegründete christliche Schule bekämpft wurden, indem ihre beiden bedeutendsten Lehrer Clemens Alexandrinus und Origenes das Christenthum philosophisch zu begründen strebten. Ohne in den Neuplatonismus und die orientalische Mystik zu verfallen, suchte diese berühmte Schule die Weisheit des klassischen Alterthums in sich aufzunehmen, die Gebildeten unter den Heiden in das Heiligthum der Kirche einzuführen und ihnen zu zeigen, daß die Keime der Wahrheit im Heidenthum ihre Erfüllung im Logos gefunden. Neben dieser Richtung, als deren Vertreter namentlich Origenes eine weitreichende Wirksamkeit übte, herrschte in der egyptischen Kirche ein düster ascetischer Ernst, ein Erbtheil des alten Nationalcharakters, aus dem später die Kasteiungen der Einsiedler und Wüstenheiligen entsprangen.

Im Gegensah zur speculativen Tendenz der alexandrinischen Kirche zeigte die afrikanische unter Tertullian's und Cyprian's Einfluß einen praktisch- ascetischen Charakter, der sich auf die Ausbildung der Disciplin und Verfassung durch eine eingehende Gesezgebung warf; die römische Kirche endlich erhielt dadurch eine eigenthümliche Bedeutung, daß sie am Siß der politischen Hauptstadt auch die kirchliche Metropole des Abendlandes bildete und dafür galt, die apostolische Tradition am reinsten bewahrt zu haben.

So ausgebildet stand die Kirche da, als die Verfolgung aufhörte und der Staat, der sie bisher bekämpft hatte, sie zuerst duldete, dann begünstigte und zuleht zur herrschenden machte. Hiermit tritt sie in ein ganz neues Stadium ihrer Entwicklung ein, sie ist nicht mehr wie bisher auf ihre eigene Kraft gestellt, welche sie im Streit mit der feindlichen Welt zu bewähren hat, sie stüßt sich vielmehr auf den weltlichen Arm und wird Staats

Geffden, Staat und Kirche.

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kirche. Freilich hat sich dieser Uebergang nicht innerlich unvermittelt vollzogen, es ist ein Irrthum, wenn man den ganzen Zeitraum der ersten drei Jahrhunderte als das goldene Zeitalter der Kirche hinstellt und von Constantin den plöglichen Fall derselben datirt. So bewundernswürdig der Bau der bischöflichen Kirche ist, wie er um die Mitte des 3. Jahrh. abgeschlossen erscheint, so ist dieselbe im Vergleich mit der apostolischen Zeit innerlich schon tief gesunken, bereits die unbestritten apostolischen Väter Clemens Romanus, Ignatius und Polycarp zeigen einen großen Abstand von der Geisteskraft ihrer Lehrer, die Sehnsucht nach dem Märtyrerthum, durch welches man das Heil zu erringen hofft, die Unterwerfung unter die geistlichen Obern, die Bedeutung der Almosen, die Empfehlung der Armuth, die Bußübungen, die Idee einer objectiv magischen Kraft der Sacramente lassen schon die ersten Keime des .spätern Katholicismus durchblicken, aus denen sich dann die weiteren Consequenzen der Werkgerechtigkeit, das Hervortreten des Priesterstandes im Gegensatz zu den unmündig erachteten Laien, die Hierarchie mit den Vorschriften der alleinseligmachenden einheitlichen äußern Kirche entwickelten. Sobald von einer derartig ausgebauten Kirche der Druck weggenommen ward, mußte sie im Staate selbst eine auch äußerlich herrschende Macht werden, freilich um den Preis ihrer innern Freiheit.

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