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60. Wir fagen aus gutem Grund, ohne Frevel und Leichtfertigkeit, daß dieser Schat sehen die Schlüssel der Kirchen durch das Verdienst Chrifti der Kirchen geschenket.

61. Denn es ist klar, daß zur Vergebung der Pein, und vorbehaltener Fälle, allein des Pabstes Gewalt genug ist.

62. Der rechte wahre Schaß der Kirchen ist das heilige Evangelium der Herrlichkeit und der Gnade Gottes.

63. Dieser Schaß ist billig der allerfeindseligste und verhaßteste; denn er macht, daß die Ersten die Lehten werden.

64. Aber der Ablaß- Schaß ist billig der allerangenehmste; denn er macht aus den Lezten die Ersten.

65. Derhalben sind die Schäße des Evangelii Neze, da man vorzeiten die reichen wohlhabenden Leute mit gesischet hat.

66. Die Schäße aber des Ablaffes sind die Neze, damit man jeziger Zeit den Reichthum der Menschen fischet.

67. Das Ablaß, das die Prediger für die größeßte Gnade ausrufen, ift freilich für große Gnade zu halten; denn es großen Gewinnst und Genieß träget.

68. Und ist doch solch Ablaß wahrhaftig die allergeringste Gnade, wenn mans gegen der Gnaden Gottes und des Kreuzes Gottseligkeit hält oder vergleichet.

69. Es sind die Bischöfe und Seelsorger schuldig, des Apoftolischen Ablaß Commissarien mit aller Ehrerbietung zuzulassen;

70. Aber vielmehr sind sie schuldig, mit Augen und Ohren aufzusehen, daß dieselben Commissarien nicht anstatt päbstlichen Befehls ihre eigenen Träume predigen.

71. Wer wider die Wahrheit des päbstlichen Ablasses redet, der seh ein Fluch und vermaledeiet;

72. Wer aber wider des Ablaßpredigers muthwillige und freche Worte Sorge träget oder sich bekümmert, der sey benedeiet.

73. Wie der Pabst diejenigen billig mit Ungnade und dem Bann schlägt, die zu Nachtheil dem Ablaß auf irgend eine Art handeln;

74. So viel mehr trachtet er, auf die Leute Ungnade und Bann zu schütten, die unter den Schein des Ablasses, zum Nachtheil der heiligen Liebe und Wahrheit handeln.

75. Des Pabstes Ablaß so groß halten, daß er einen absolviren oder von Sünden losmachen könne, wenn er gleich (unmöglicher Weise zu reden) die Mutter Gottes geschwächet hätte, ist rasend und unsinnig sein.

76. Dagegen sagen wir, daß des Papstes Ablaß nicht die allerge= ringste tägliche Sünde könne hinwegnehmen, soviel die Schuld derselben belangt.

77. Daß man saget: St. Peter, wenn er jegt Pabst wäre, vermöchte nicht größern Ablaß zu geben, ist eine Lästerung wider St. Peter und den Pabst.

78. Dawider sagen wir, daß auch dieser und ein jeder Pabft größern Ablaß hat, nämlich das Evangelium, Kräfte, Gaben gesund zu mamen c. 1 Korinth. 12, (v. 6-9).

79. Sagen, daß das Kreuz mit des Pabstes Wappen, herrlich aufgerichtet, vermöge so viel als das Kreuz Christi, ist eine Gotteslästerung.

80. Die Bischöfe, Seelsorger und Theologen, die da gestatten, daß man solche Worte vor dem gemeinen Mann reden darf, werden Rechen schaft dafür müssen geben.

81. Solche freche und unverschämte Predigt und Ruhm vom Ablaß macht, daß es auch den Gelehrten schwer wird, des Papstes Ehre und Würde zu vertheidigen für derselben Verläumbung, oder ja für den scharfen, listigen des gemeinen Mannes Fragen.

82. Als nämlich): Warum entledigt der Pabst nicht alle Seelen zugleich aus dem Fegfeuer um der allerheiligsten Liebe willen und von_wegen der höchsten Noth der Seelen, als der allerbilligsten Ursachen; so er doch um des allervergänglichsten Geldes willen, zum Bau St. Peters Münsters, unzählig viel Seelen erlöset, als von wegen der losesten Ursachen?

83. Item: Warum bleiben die Begräbnisse und Jahrzeiten der Verstorbenen stehen, und warum giebt er nicht wieder oder vergönnet wiederzunehmen die Beneficia oder Pfründen, die den Todten zu gut ge= stiftet sind, so es nunmehr unrecht ist für die Erlöseten zu beten?

84. Item: Was ist das für eine neue Heiligkeit Gottes und des Pabstes, daß sie dem Gottlosen und dem Feinde ums Geldes willen vergönnen, eine gottesfürchtige und von Gott geliebte Seele zu erlösen, und wollen doch nicht vielmehr, um der großen Noth derselben gottfürchtigen und geliebten Seelen willen, sie aus Liebe umsonst erlösen?

85. Item: Warum die Canones poenitentiales, das ist, die Sazungen von der Buße, nun längst in ihnen selbst mit der That, ob sie schon noch im Gebrauch sind, abgethan und todt, noch mit Geld gelöset werden durch Gunst des Ablaß, als wären sie noch ganz kräftig und lebendig?

86. Item: Warum banet jezt der Pabst nicht lieber St. Peters Münster von seinem eignen Geld, denn von der armen Christen Geld, weil doch sein Vermögen sich höher erstreckt, denn keines reichen Erassi Güter?

87. Was erlässet oder theilet der Pabst seinen Ablaß denen mit, die schon durch vollkommene Reue einer vollkommenen Vergebung und Ablaß berechtigt find?

88. Item: Was könnte der Kirchen mehr Gutes widerfahren, denn wenn der Pabst, wie er es nur einmal thut, also hundertmal im Tage jedem Gläubigen diese Vergebung und Ablaß schenkt?

89. Weil auch der Pabst der Seelen Seeligkeit mehr durch Ablaß, denn durchs Geld suchet, warum hebt er denn auf und macht zunichte die Briefe und Ablaß, die er vormals gegeben hat, so sie doch gleich kräftig sind?

90. Diese der Laien sehr spizige Argumente allein mit Gewalt wollen dämpfen und nicht durch angezeigten Grund und Ursach auflösen, heißt die Kirche und Pabst den Feinden zu verlachen darstellen und die Christen unselig machen.

91. Derhalben, so das Ablaß nach des Pabsts Geist und Meinung gepredigt würde, wären diese Einreden leichtlich zu verantworten, ja sie wären nie nicht fürgefallen.

92. Mögen derhalben alle die Prediger hinfahren, die da sagen zu der Gemeine Chrifti: Friede, Friede; und ist kein Friede.

93. Denen Priestern aber müsse allein es wohl gehen, die da sagen

zu der Gemeine Chrifti: Kreuz, Kreuz; und ist kein Kreuz.

94. Man soll die Christen vermahnen, daß sie ihrem Haupte Christo

durch Kreuz, Tod und Hölle nachzufolgen sich befleißigen;

95. Und also mehr durch Trübsal ins Himmelreich zu gehen, denn

daß sie durch Vertröftung des Friedens sicher werden.

Anhang 2.

Die augsburgische Confession oder Bekenntniss des Glaubens etlicher Fürsten und Städte;

überantwortet kais. Majestät zu Augsburg Anno 1530 *).

Vorrede.

Allerdurchleuchtigster, Großmächtigster, Unüberwindlichster Kaiser, Aller

gnädigster Herr! Als Ew. Kaif. Majestät kurz verschiener Zeit einen ge= meinen Reichstag allhier gen Augsburg gnädiglichen ausgeschrieben, mit Anzeig und ernstem Begehr, von Sachen, unsern und des christl. Namens Erbfeind, den Türken betreffend, und wie demselben mit beharrlicher Hülfe stattlichen widerstanden, auch wie der Zwiespalten halben in dem heil. Glauben und der christl. Religion gehandelt möge werden, zu rathschlagen, und Fleiß anzukehren, alle eines Jeglichen Gutbedünken, Opinion und Meinung zwischen uns selbst in Lieb und Gütigkeit zu hören, zu ersehen und zu erwägen, und dieselben zu einer einigen chriftl. Wahrheit zu bringen und zu vergleichen, Alles, so zu beiden Theilen nicht recht ausgelegt oder gehandelt wäre, abzuthun, und durch uns Alle eine einige und wahre Religion anzunehmen und zu halten, und, wie wir Alle unter Einem Christo sind und streiten, also auch Alle in Einer Gemeinschaft, Kirchen und Einigkeit zu leben; und wir, die unten benannten Churfürst und Fürsten, sammt unsren Verwandten, gleich andern Churfürsten, Fürsten und Ständen darzu erfordert; so haben wir uns darauf dermaßen erhoben, daß wir, sonder Ruhm, mit den ersten hierher kommen. Und als dann auch Ew. Kais. Maj. zu unterthänigster Vollthuung berührtes Ew. Kaif. Maj. Ausschreibens, und demselbigen gemäß, dieser Sachen halben, den Glauben berührend, an Churfürsten, Fürsten und Ständen in gemein gnädiglichen, auch mit höch= stem Fleiß und ernstlich begehrt, daß ein Jeglicher, vermöge vorgemeldetes Ew. Kais. Maj. Ausschreibens, sein Gutbedünken, Opinion und Meinung derselbigen Irrungen, Zwiespalten und Mißbräuch halben 2c. zu Deutsch

*) Nach dem Mainzer Gremplar in der Kirchenordnung Churf. Johann Georgs v. Brandenb. 1572 føl.

und Latein in Schrift stellen und überantworten sollten. Darauf denn, nach genommenem Bedacht und gehaltenem Rath, Ew. Kaif. Maj. an vergan= gener Mittwochen ist vorgetragen worden, als wollten wir auf unserm Theil das Unsere, vermöge Ew. Kais. Maj. Vortrags, in Deutsch und Latein auf heut Freitag übergeben. Hierum und Ew. Kais. Maj. zu unterthänigstem Gehorsam, überreichen und übergeben wir, unserer Pfarrherren, Prediger und ihrer Lehren,' auch unsres Glaubens Bekenntniß, was und welcher Gestalt sie aus Grunde göttlicher, heiliger Schrift in unsern Landen, Fürstenthümern, Herrschaften, Städten und Gebieten predigen, lehren, halten und Unterricht thun.

Und sind gegen Ew. Kais. Maj., unsern allergnädigsten Herrn, wir in aller Unterthänigkeit erbötig, so die andern Churfürsten, Fürsten und Stände dergleichen gezwiefachte schriftliche Übergebung ihrer Meinung und Opinion in Latein und Deutsch ist auch thun werden, daß wir uns mit ihren Liebden und ihnen gern von bequemen, gleichmäßigen Wegen unterreden, und derselbigen, soviel der Gleichheit nach immer möglich, vereinigen wollen, damit unser beiderseits, als Parten, schriftlich Vorbringen und Gebrechen zwischen uns selbst in Lieb und Gütigkeit gehandelt, und dieselben Zwiespalten zu einer einigen wahren Religion, wie wir Alle unter einem Christo sind und streiten, und Christum bekennen sollen, Alles nach laut oft gemeldetes Ew. Kais. Maj. Ausschreibens und nach göttlicher Wahrheit, geführet mögen werden. Als wir denn auch Gott, den Allmächtigen, mit höchster Demuth anrufen, und bitten wollen, seine göttliche Gnade darzu zu verleihen, Amen.

Wo aber bei unsern Herren, Freunden, und besonders den Churfürsten, Fürsten und Ständen des andren Theils die Handlung dermaßen, wie Ew. Kais. Maj. Ausschreiben vermag, unter uns selbst in Lieb und Gütigkeit bequeme Handlung nicht verfahen, noch ersprießlich sein wollte, als doch an uns in keinem, das mit Gott und Gewissen zu christl. Einigkeit dienstlich sein kann oder mag, erwinden soll, wie Ew. Kaif. Maj. auch gemeldete unsere Freunde, die Churfürsten, Fürsten, Stände und ein jeder Liebhaber christlicher Religion, dem diese Sachen vorkommen, aus nachfolgenden unser und der Unsern Bekentnissen, gnädiglich, freundlich und genugsam werden zu vernehmen haben.

Nachdem denn Ew. Kais. Maj. vormals Churfürsten, Fürsten und Ständen des Reichs gnädiglichen zu verstehen gegeben, und sonderlich durch eine öffentliche verlesene Instruction auf dem Reichstage, so im Jahr der mindern Zahl 26 zu Speier gehalten, daß Ew. Kais. Maj. in Sachen, unsern heil. Glauben belangend, zu schließen lassen, aus Ursachen, so da= bei gemeldet, nicht gemeinet; sondern bei dem Pabst um ein Concilium fleißigen und Anhaltung thun wollten; und vor einem Jahr, auf dem lezten Reichstage zu Speier (1529), vermöge einer schriftlichen Instruc= tion, Churfürsten, Fürsten und Ständen des Reichs durch Ew. Kaif. Maj. Statthalter im Reich, Königl. Würden zu Hungern (Ungern) und Böhmen c., sammt Ew. Kais. Maj. Oratoren und verordneten Commissarien dies unter Andern haben vortragen und anzeigen lassen, daß Ew. Kais. Maj. derselbigen Statthalter, Amtsverwalter und Räthen des Kaif. Re=" giments, auch der abwesenden Churfürsten, Fürsten und Ständen Botschaften, so auf dem ausgeschriebenen Reichstag zu Regensburg 1527 versammelt gewesen, Gutbedünken, das Generalconcilium belangend, nach= gedacht, und solches anzusehen auch für fruchtbar erkannt, und weil sich aber diese Sachen zwischen Ew. Kais. Maj. und dem Pabst zu gutemt Bischen Verträge.

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christl. Verstand schicken, daß Ew. Kaif. Maj. gewiß wäre, daß durch den Pabst das Generalconcilium zu halten nicht geweigert, so wäre Ew. Kaif. Maj. gnädiges Erbietens, zu fordern und zu handeln, daß der Pabst solch Generalconcilium, neben Ew. Kais. Maj. zum ersten auszuschreiben bewil ligen, und daran gar kein Mangel erscheinen sollte;

So erbieten gegen Ew. Kaif. Maj. wir uns hiermit in aller Unterthänigkeit, und zum Überfluß in berührtem Fall ferner auf ein solch ge= mein, frei, christlich Concilium, darauf auf allen Reichstagen, so Ew. Kais. Maj., bei ihrer Regierung im Reich gehalten, durch Churfürften, Fürsten und Stände aus hohen und tapfern Bewegungen geschloffen, an welches auch zusammt Ew. Kais. Maj. wir uns von wegen dieser großwichtigsten Sachen in rechtlicher Weise und Form verschiener Zeit berufen und appellirt haben, der wir hiemit nochmals anhängig bleiben, und uns durch diese oder nachfolgende Handlung, es werden denn diese zwiespaltigen Sachen endlich in Lieb und Gütigkeit, laut Ew. Kaif. Maj. Ausschreibens, gehört, erwogen, beigelegt, und zu einer christlichen Einigkeit vergleichet, nicht zu begeben wiffen, davon wir hiemit öffentlich bezeugen und protestiren. Und sind das unsre und der Unfren Bekenntnisse, wie unterschiedlichen von Artikeln zu Artikeln hernach folget.

Artikel des Glaubens und der Fehre.

Der 1 Artikel. Von Gott.

Erstlich wird einträchtiglich gelehret und gehalten, laut des Beschluß Concilii Nicäni, daß ein einig göttlich Wesen sei, welches genannt wird, und wahrhaftiglich ist Gott, und sind doch drei Personen in demselben eini gen göttlichen Wesen, gleich gewaltig, gleich ewig, Gott Vater, Gott Sohn, Gott heil. Geist; alle drei Ein göttlich Wesen, ewig, ohne Stück, ohne Ende, unermesslicher Macht, Weisheit und Güte, ein Schöpfer und Érhalter aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge. Und wird durch das Wort Person" verstanden, nicht ein Stück, nicht eine Eigenschaft in einem Andern; sondern das selbst bestehet, wie dann die Väter in dieser Sachen dies Wort gebraucht haben.

Derhalben werden verworfen alle Keßereien, so diesem Artikel zuwider sind, als: Manichäi, die zween Götter gesezet haben, einen bösen und einen guten. Item: Valentiniani, Ariani, Eunomiani, Mahometisten, und alle dergleichen, auch Samosateni, alt und neu, so nur eine Verfon seßen, und von diesen zweien: Wort und heilig Geist, Sophisterei machen, und sagen, daß es nicht müssen unterschiedene Personen sein; sondern ,,Wort" bedeute leiblich Wort oder Stimme, und der heilige Geist sei ge= schaffene Regung in Creaturen.

"

Der 2 Artikel. Von der Erbsünde.

Weiter wird (bei uns) gelehret, daß nach Adams Fall alle Menschen, so natürlich geboren werden, in Sünden empfangen und geboren werden, das ist, daß sie alle von Mutterleibe an voller böser Lust und Neigung

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