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Reichstag an, der im folgenden Jahre zu Augsburg gehalten werden sollte. Das Ausschreiben dazu war in sehr gnädigen Worten abgefasst und erklärte, wie Ihre Majestät solchen Reichstag angeseßt, um, nächst Besorgung der Hülfe wider die Türken, die Zwietracht, die im heiligen Glauben entstanden, beizulegen; alles Vergangene dieser Sache Christo, dem Erlöser, zu ergeben, eines jeglichen Gutbedünken und Meinung in Liebe und Gütlichkeit zu hören, zu verstehen und zu erwägen.“ Diese gelinden Worte, das erkannte man bald, waren aber nur aus der milden Feder des Gattinara geflossen. Dieser sehr gemäßigte, friedliebende Mann, an dem die Protestanten einen Fürsprecher bei dem Kaiser hatten, war aber leider schon auf der Reise im tyrolischen Lande gestorben, und so blieb den Evangelischen auch diese Hülfe aus. Der Kaiser aber erschien mit um so größerer Macht, da der Einfall der Türken, welche im vorigen Jahre Wien belagert hatten, glücklich abgeschlagen war und also auch von dieser Seite der Kaiser und sein Bruder ruhig sein konnten. Lezterer hatte überdies Ungern von dem Fürsten Zapolya wieder erlangt.

Da der Kaiser die Gesandten der Fürsten so übel behandelt hatte, so erwartete man kaum, daß der Churfürst von Sachsen persönlich in Augsburg erscheinen werde; auch riethen ihm einige davon ab. Johannes aber beschloss auf den Rath des Churprinzen und des Kanzlers Brück, den Reichstag selbst zu besuchen. Sobald er daher glauben konnte, daß der Reichstag nicht wieder abbestellt werden würde, sondern redlich gemeint sei, verlangte er von seinen Theologen eine kurze und gründliche Darlegung der Hauptlehren des evangelischen Glaubens, die man dem Kaiser übergeben könne. Man kam überein, daß man fürs erste die 17 Schwabacher Artikel dazu nehmen wolle. Man änderte einiges daran und überreichte sie dann dem Churfürsten zu Torgau, woher sie unter dem Namen

Sie sind zunächst größsten

der Torgauer Artikel bekannt sind. theils von Luther aufgestellt und wurden der Grund der späteren Augsburgischen Confession. Der Kaiser war von Italien, wo ihn Clemens VII am 24 Februar 1530 zu Bologna zum römischen Kaiser gekrönt hatte, aufgebrochen und nahte sich Augsburg. Luther befand sich im Gefolge des Churfürsten, welcher am 3 April dahin

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abging, blieb aber zu Coburg zurück, weil er sich noch in des Reiches Acht befand und es keine Augsburg näher gelegene sichere Stadt gab, als diese. Hier, wo er sein schönes Lied: Ein feste Burg ist unser Gott" dichtete, verweilte er nun während des Reichstages, um wenigstens mit seinem Rathe möglichst in der Nähe zu sein. Melanchthon, welcher den Churfürsten nach Augsburg be= gleitete, wo sie am 2 Mai eintrafen, war dort das eigentliche Haupt der evangelischen Theologen. Der Kaiser ließ lange auf seine Ankunft warten und so hatte Melanchthon Muße, auf Grund der Torgauischen Artikel die Augsburgische Confession zu entwerfen. Endlich hielt der Kaiser am 15 Juni, am Abend vor dem Frohnleichnams - Feste, seinen Einzug. Er wurde von Joachim I, dem Churfürsten von Brandenburg, mit einer schönen lateinischen Rede empfangen, wobei der Kaiser meinte, es sei schlimm, daß kein Bischof lateinisch reden könne. Karl verlangte von den evangelischen Fürsten, ste sollten am andern Tage an der Frohnleichnams-Procession Theil nehmen. Diese weigerten sich aber, und Marggraf Georg von Brandenburg fagte entschlossen: „Ehe ich wollte meinen Gott und sein Evangelium verleugnen, ehe wollt ich hier vor Ew. kaiserlichen Majestät niederknieen und mir den Kopf lassen ̈abhauen“; worauf aber der Kaiser, welcher nur niederdeutsch sprach, gnädig antwortete:,,Löver Förste, nit Kopf_ab, nit Kop_ab!“ Am 20 Juni nahmen die Verhandlungen ihren Anfang. Der Kaiser that alles Mögliche, um die beiden Parteien dahin zu führen, daß sie sich in Güte vereinigen sollten; aber freilich that er dies immer aus dem Gesichtspunkt, daß die Evangelischen sich den Forderungen der Katholischen unterwerfen müssten. Dahin konnte er es jedoch nicht bringen. Er hatte versprochen, die Vertheidigung der Evangelischen anzuhören und der 24 Juni war der Tag, wo das von Melanch thon ausgearbeitete Bekenntniss derselben vor Kaiser und Reich öf= fentlich vorgelesen werden sollte. Man hatte es nehmlich durchge= seßt, daß über die Religionsangelegenheiten früher, als über die weltlichen, d. h. die Türkenhülfe, verhandelt würde. An diesem Tage aber waren vorher schon andere Sachen vorgenommen worden und es war schon spät, als die evangelischen Fürsten dazu kommen konnten, den Kaiser um die Erlaubniss zur Ablesung ihrer Schrift zu

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bitten. Dieser verlangte nun, da es zum Ablesen zu spät geworden sei, sie sollten ihr Bekenntniss schriftlich überreichen. Dazu wollten sie sich aber nicht verstehen; denn sie meinten, es wäre nicht dasfelbe, ob die lebendige Stimme rede oder das todte Blatt. Sie baten vielmehr nochmals, daß es ihnen verstattet werden möge, in öffentlicher Reichsversammlung gehört zu werden. Da willigte der Kaiser endlich in die Vorlesung, welche aber erst am folgenden Tage und nicht in dem großen Rathhaussaale, wo der Reichstag sich gewöhnlich versammelte, sondern in einem kleineren Gemache, wo nicht so viel Personen gegenwärtig sein konnten, in der Pfalz, d. h. in der Burg des Bischofs von Augsburg, in welcher der Kaiser wohnte, statt haben sollte. Hier, in der Kapelle des Kaisers, versammelten sich nun am 25 Juni die Stände. Man hatte die Fenster geöffnet, welche auf den innern Hof der Burg gingen. Dieser stand gedrängt voll Menschen. Die beiden chursächsischen Kanzler, Dr. Brück und Dr. Baier traten in die Mitte des Zimmers, jener mit dem lateinischen, dieser mit dem deutschen Eremplar der Confession. Der Churfürst Johannes sagte, fie wären auf deutschem Grund und Boden, und demnach hoffe er, Seine Majestät werde auch die deutsche Sprache erlauben. Der Kaiser gab es zu, und nun las der Kanzler Baier das Bekenntniss mit kräftiger Stimme, laut und vernehmlich. Es herrschte eine Todtenstille, so daß die Zuhörer im Hofe jedes Wort verstehen konnten.

Dieses berühmte Bekenntniss ist unter den symbolischen Schriften der lutherischen Kirche das Hauptbuch. Es wird ihm in Ewigkeit sein großer Werth bleiben durch seinen tiefen inneren Gehalt, durch den einfachen, kräftigen und wohlgeordneten Vortrag der reinen evangelischen Lehre und als Inbegriff des wahren chriftlichen Glaubens; wenn auch nicht in jedem einzelnen Worte, oder in dem, was wir der Einkleidung und dem Geist jener Zeiten und ihren scholastisch theologischen Ansichten zuschreiben müssen. Denn in dieser Rücksicht möchten wir wohl Einiges finden, wogegen sich in unsern Tagen Einwendungen machen ließen, wie man z. B. das Verdammen Andersgläubiger, den nicht deutlich erklärten Begriff vom ewigen Gotteszorn und manches im zweiten Theil in Beziehung auf Papst und Bischöfe hierher rechnen könnte. Auch werden wir manche evanBischon Vorträge. 9

gelische Lehre darin vermissen, wie z. B. selbst die vom Ansehen der heiligen Schrift nicht besonders ausgedrückt ist.

Demnach werden wir sagen müssen, so herrlich dies Bekenntniss sei und von einem vortrefflichen, frommen Manne verfasst, bleibe es doch aber das Werk eines Menschen, und könnte also vielleicht noch etwas enthalten, was gegen die heilige Schrift wäre, oder was auf Grund der heiligen Schrift noch anders gefasst werden könne. Auch ist dies in jenen Zeiten immer anerkannt worden, und Melanchthon selbst hat bei den folgenden Ausgaben daran gebeffert. Er hat auch in einem Schreiben vom Jahre 1535 an den König von England es ausgesprochen, daß die Confession als das Glaubensbuch der evangelischen Kirche anzunehmen sei, wenn man nicht nach heiliger Schrift darin etwas zu bessern fände. Überhaupt müssen Glaubensbücher stets so angesehen werden, daß man, wenn sie etwas enthalten sollten, was nicht nach dem klaren, deutlichen Sinn der heiligen Schrift wäre, dies immer noch einer Änderung unterwerfen kann.

Wir wollen nun die Augsburgische Confession nicht in allen ihren Artikeln vollständig durchgehen, sondern nur Einiges, was für unsern Zweck bemerkenswerth ist, herausheben *). Sie enthält in 21 Artikeln eine gegen die päpstliche Kirche gerichtete einfache Darlegung und Rechtfertigung der evangelischen Lehre im Allgemeinen und der streitigen Glaubenslehren im Besonderen, worauf dann noch als Anhang in sieben Artikeln mehrere einzelne Missbräuche der römischen Kirche, als die Entziehung des Kelches, das Verbot der Priesterehe, die Messe, die Ohrenbeichte, das Fasten, die Klostergelübde und die Bischofsgewalt, als solche aufgeführt werden, welche bei den Evangelischen auf Grund der Schrift geändert worden seien.

Achter Vortrag.

Der erste Artikel der Confession enthält die Lehre von dem dreieinigen Gott, dem Schöpfer und Erhalter aller Dinge. Es *) S. Anhang. 11.

wird darin Bezug genommen auf das Nicänische Glaubensbekenntniss, welches in Form und Inhalt mit dem apostolischen viel Übereinstimmendes hat. Es ist entstanden auf der ersten allgemeinen Kirchenversammlung, die Constantin 325 zur Beilegung der Arianischen Streitigkeiten nach Nicäa zusammenberief, und hat auf der zweiten allgemeinen Kirchenversammlung, welche Theodosius der Große 381 zu Conftantinopel abhalten ließ, einige Zusäße erhalten; woher es auch das Nicänisch - Constantinopolitanische Symbolum heißt: Es lautet also: *)

Wir glauben an einen einigen Gott, den allmächtigen Vater, Schöpfer (Himmels und der Erden,) alles Sichtbaren und Unfichtbaren. Und an einen einigen Herrn Jesum Christum, Gottes einigen Sohn, der vom Vater geboren ist (vor der ganzen Welt), Gott von Gott, Licht von Licht, wahrhaftigen Gott vom wahrhaftigen Gott, geboren, nicht geschaffen, mit dem Vater in einerlei Wesen, durch welchen alles geschaffen ist, welcher um uns Menschen und um unsrer Seligkeit willen vom Himmel kommen ist, und leibhaftig worden (aus dem heiligen Geist und der Jungfrauen Maria) und Mensch worden, (auch für uns gekreuziget unter Pontio Pilato) gelitten und begraben, und am dritten Tage auferstanden nach der Schrift, und ist aufgefahren gen Himmel (und sizet zur Rechten des Vaters) und wird wiederkommen mit Herrlichkeit zu richten die Lebendigen und die Todten (deß Reich kein Ende haben wird). Und (an den Herrn,) den heiligen Geist, (der da lebendig macht, der vom Vater [und vom Sohn] ausgehet, der mit dem Vater und dem Sohn zugleich angebetet und zugleich ge= ehret wird, der durch die Propheten geredet hat). Und eine einige, heilige, allgemeine, apostolische Kirche. Wir bekennen eine einige Taufe zur Vergebung der Sünden und warten auf die Auferstehung der Todten und ein Leben der zukünftigen Welt. Amen!

Wir sehen also, daß hierin mit Ausnahme einzelner Bestimmungen über einige im vierten Jahrhundert streitige Lehren Alles

*) Die constantinopolitanischen Zusäße sind in Klammern geschlossen.

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