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seßgebende Autorität. Die überwiegende Mehrzahl hat, ihrer Pflichten eingedenk, ihre Pläke nicht verlassen, und wird ihre Aufgabe, ohne sich durch irgend ein Hinderniß beirren zu las-sen, ununterbrochen fortseßen. Der Reichstag hat alle abwesenden Mitglieder aufgefordert, ungesäumt den Verpflichtungen gegen ihre Committenten und der Gesammtmonarchie nachzukommen. Diese Pflichten können nur hier am Site des Reichstages erfüllt werden. Jeder Versuch von Abgeordneten und andern Individuen, sich an einem andern Orte zu versammeln, um Beschlüsse zu fassen, welche nur dem Reichstag zustehen, ist ungeseßlich und ungültig. Der Reichstag erklärt daher auch jede Aufforderung zu diesem Zwecke als null und nichtig, und protestirt im Vorhinein gegen alle etwaigen Bes schlüsse, und macht die Urheber und Theilnehmer an demselben für alle Folgen verantwort= lich. Das Ministerium wird aufgefordert, diesem Beschlusse sogleich die ausgedehnteste Publicität auf dem geeignetsten Wege zu geben.

Auersperg hatte Belvedere und Schwarzenberggarten am 12. Oktober in der Nacht in folcher Eile aufgegeben, und in der Gegend von Inzersdorf ein Lager bezogen, daß dieses in Wien nicht nur eine freudige Sensation erregte,

die verdächtigte Legion eine Purification in ihrem Körper vor, welches wirklich nicht überflüssig war, besonders da die behäbige Spießbürgerschaft die Verdächtigungen gierig auffog, und mächtig an dem Bollwerk zu rütteln begann.

Jest constituirte sich auch der erste österreichische Deutsch - Katholiken - Verein, und als erster Prediger trat der Cooporator Pauli von der Erdberger Pfarre abtretend, zeitweise im Odeon und im Saale beim Bogel für die neuen Dogmen gegen Katholicismus in die Schranken, und sammelte Tausende für diese neuen Grundsäke. Späterhin erschien auch R o nge, und das Glaubensbekenntniß des neuen Vereines erschien im Drucke. Trok allerlei kleinlichen Gehässigkeiten von Seite des Clerus, waren in augenblicklich kurzer Zeit über 9000 Bekenner eingeschrieben.

Das war nun in Wien, und mehrere Prediger in hiesigen Stadtkirchen verfehlten nicht, Predigten im Style eines famösen Pater Kochem dagegen zu halten, worin sich besonders Pater Gärtner unendlich lächerlich machte, da er seine deutsch-katholischen Gegner sogar aufforderte, mit ihm öffentlich in der Universitätskirche zu disputiren, welches von den Gegnern angenommen, aber dann von Gärtner abgelehnt wurde.

Das fehlte aber noch, um zu den politisch. socialen, noch religiöse Kalamitäten zu fügen.

Kurz nach der Ankunft des Kaisers erschien auch Dr. Schütte wieder in Wien, und bereitete eine Adresse an die Frankfurter Linke vor, indem er zugleich in der Aula vers sicherte, daß der gottbeseelte Friedrich Hecer nach Wien kommen werde, und dem leßteren viele Hoch's von Seite der Studenten zu Theil wurden.

Am 16. August um 5 Uhr Abends wurden die Redakteure des Studenten-Couriers Oskar Falke und Adolf Buchheim vers haftet, aber nachdem deßhalb eine nicht unbe deutende Demonstration von Seite des, das Polizeihaus umringenden Volkes durch Erlegung einer Caution durch Professor Füster verhindert wurde, wieder freigelassen. Ueberhaupt feindete man seit einiger Zeit dieses ge= nannte Lagsblatt an, und warf ihm mehrere Preßprozesse an den Hals, was aber wie gewöhnlich die Consumtion vermehrte.

Seit einigen Tagen herrschte eine gewalti ge Gährung, welche den baldigen Ausbruch eines Sturmes verkündete.

Ein Ministerial-Beschluß, hatte den an den Nothstandsbauten beschäftigten zahlreichen männlichen Arbeitern den Arbeitslohn um 1 kr. CM.

und den weiblichen 5 kr., nähmlich ersteren statt 25 auf 24, und den letteren statt 20 auf 15 kr. herabgefeßt, welches gewaltige Demonstrationen von Seite der Betheiligten zur Folge hatte.

Der Beschluß des Ministeriums wurde nicht vorher veröffentlicht, sondern erst mit der Auszahlungsstunde Samstag am 19. August, und sollte künftige Woche schon in Kraft treten. Gewiß ist, daß diese Maßregel höchst nothwendig war, allein fie verwickelte den Arbeiter, so unbedeutend der Abzug erschien, in häusli= che Verlegenheit, durch zu nahe Ausführung desselben. Gewiß ist, daß jene Arbeiter des Taglohnes äußerst unmoralisch, faul und troßig was ren, das Ministerium benahm ihnen nicht die Gelegenheit durch Accordarbeit sich täglich 1 — 2 fl. CM. zu verdienen, was sie mit Fleiß konnten, aber lieber zu faullenzen vorzogen — abge= sehen, daß die Fabriken Mangel an Arbeiter hatten.

Der Ministerial - Beschluß verwickelte fomit gerade den ärmeren schwächeren, aber auch trägeren Theil in Verlegenheit, und wurde verkündet, ohne vorher von den alles Vertrauen genießenden Sicherheits - Ausschusse einbes gleitet und vorbereitet zu sein. Das war der Hauptfehler des Ministeriums.

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Die Arbeiter beantworteten diese Maß

nahme mit allerlei Demostrationen, deren ers ste noch denselben 19. August war, daß sie einen Popanz aus Lehm machten und begleiteten, der den Minister Schwarzer vorstellte. Sie steckten ihm ein 5kr. Silberstück in den Mund, als erstide er daran. Dieser Popanz wurde an Arbeitsstellen als Denkmal aufgestellt an andern ein Leichenbegängniß gehalten, oder auch in Grä, bern verscharrt, in der Feierstunde sein Grab aufgepust nnd durch Arbeiter von den Zuschaue ern Geld für seine arme Seele gesammelt. Der erste Leichenzug desselben auf der Brigittenauer Nothstandsbaute war besonders possierlich.

Ernsteres Ansehen gewann die Sache, als die zumeist betheiligten Arbeiterinen am 21. August Vormittags, in einer Art Sturmpetition, ihre Forderung um Aufhebung des MinisterialBeschlusses durchzusehen suchten, indem sie sich in Masse nach der Stadt verfügten, indem sie ihre Fahnen vom 26. Mai an ihrer Spike hatten. Dieß geschah von verschiedenen Arbeitsplähen, und besonders von der sogenannten Regie. Zu diesen Weibern gesellten sich auch natürlich deren Männer, und bald sah man den Hof, den hohen Markt und die Wipplingerstraße voll. Die meisten Deputationen bewegten sich jedoch gegen die Tuchlauben zum Sicherheitsausschusse, der gerade über sein Fortbestehen oder Auflösen

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