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Reiseffen, das ich nach den schlimmen Schaubroten der indischen Gasthöfe mit Dankbarkeit begrüßte. In den Hotels der Straits und Malay States wird man überall von chinesischen Boys bedient, die faft ebenso schlecht und lieblos servieren wie europäische Kellner in einem Durchschnittshotel. Die Javanen hier waren dagegen um unser Wohlergehen mit der einschmeichelnden Treue guter Krankenschwestern bemüht, sie umkreisten uns beständig mit Aufmerksamkeit und kamen jedem Bleinsten Bedürfnisse lächelnd und ohne Haft zuvor; fie trugen uns Speisen auf, boten das Beste mit bescheidener Ges bärde lobend an, schenkten jedes Trinkglas nach jedem Schlud wieder forglich voll, verteilten den Rest der gemeinsamen Flasche mit liebevoller Gerechtigkeit zwischen uns dreien, schützten uns vor der Sonne und vor dem Winde, ftanden augenblicks mit brennendem Streichholz bereit, wenn eine Zigarre ausgegangen war, und alle ihre Mienen und Bewegungen drückten weder widerwilliges Diensttun noch feige Sklaverei aus, sondern eitel freudige Dienerschaft und ergebenftes Wohlwollen.

Mittschiffs lagen drei Chinesen und spielten Karten, ohne zu sprechen, aber genau mit demselben leidenschaftlich hoffenden Auftrumpfen der guten und dem selben refigniert ärgerlichen Hinschmeißen der schlechten Blätter, wie man es bei schwäbischen Soldaten, bayrischen Jägern und preußischen Matrosen sieht. Eine Malayenfamilie aus Tonkal lag auf ihrer Reisebaft.

matte: ein Großvater, ein Elternpaar, vier Kinder. Die Kinder hatten es gut, sahen wohlgehalten aus und trugen Halsketten und filberne Fußspangen. Beim Sonnenuntergang suchte sich der Großvater einen freien Raum, verneigte sich, kniete nieder, erhob sich wieder und voll30g mit langsamer Würde die Übungen des abendlichen Gebets. Sein alter Rücken krümmte und streckte sich in genauem Gleichtakt, sein roter Turban und sein spitzer grauer Bart standen scharf in der einbrechenden Dämmerung. Wir setzten uns mit den beiden Offizieren zu einem reellen holländischen Abendessen. Sterne kamen herauf, das Meer dunkelte tiefschwarz und die zackigen Silhouetten der Beinen Berginseln waren kaum mehr zu erfühlen. Wir waren still geworden und wären gerne zu Bett gegangen, doch war es allzu heiß, wir saßen alle ruhig und waren naß vom unablässig rieselnden Schweiß.

Wir bestellten Whisky und hatten kaum danach gerufen, so sprang schon einer der längst auf Deck schlafenden Jonges auf und lief nach Schnaps und Sodawasser.

An hundert Inseln vorüber fuhren wir durch die brütende Nacht, manchmal von Leuchttürmen begrüßt, wir nippten am lauen Getränk, rauchten holländische Zigarren und atmeten langsam und unwillig unter dem heißen schwarzen Himmel. Wir sprachen hin und wieder ein Wort, über das Schiff oder über Sumatra, über

Krokodile und Malaria, aber es war keinem wichtig, und manchmal stand einer auf, trat an die Reling, ließ die Asche seiner Zigarre ins Waffer fallen und suchte, ob in der Finsternis etwas zu sehen wäre. And wir gingen auseinander und lagen jeder für sich, an Deď oder in der Kabíne, und der Schweiß rann be ständig an uns nieder, und für diese Nacht waren wir alle reiseműde und verstimmt.

Am Morgen aber fuhren wir, schon jenseits des Áquators, in die breite kaffeebraune Mündung eines der großen Ströme von Sumatra ein.

De

Pelaiang

er Europäer, der mit anderen als geschäftlichen Absichten nach den malayischen Inseln fährt, hat stets, und auch wenn er gar nicht auf Erfüllung hofft, als Hintergrund seiner Vorstellungen und Wünsche die Landschaft und die primitive Paradiesunschuld einer van Zantenschen Insel. Reine Romantiker werden diese Paradiese gelegentlich auch finden und eine Weile, bestochen von der gutartigen Kindlichkeit der meisten Malayen, Teilhaber an einem köstlichen Arzustande zu fein glauben.

Mir ist der volle Genuß einer solchen Selbsttäuschung nie geworden, aber einen Heinen weltfernen Kampong habe ich doch gefunden, wo ich eine Zeitlang im Arwalde zu Gast war, wo mir wohl und heimisch wurde und der in meiner Erinnerung die ganze Wald- und Stromwelt von Sumatra kristallisiert und ausdrückt. Dieser Beine Kampong mit hundert Einwohnern heißt Pelaíang und liegt zwei Tagereifen weit von Djambi flußaufwärts im Inneren des noch wenig bekannten Djambigebietes, das erst kürzlich pazifiziert wurde und zum größten Teil aus jungfräulichem Arwald besteht.

Dort wohnten wir zu vieren samt unfrem chinesischen Koch Gomok in einer Hütte aus Bambu, deren Dach und Wände aus Palmblättern geflochten waren und die auf hohen Pfählen ruhte. Da hingen wir in unfrem

gelben, zierlich geflochtenen Käfig zweieinhalb Meter hoch in der Luft und lebten, wie es uns gefiel. Die beiden Kaufleute taxierten die im Walde ruhenden Kapitalien an Eisenholz, der Kunstmaler stieg mit dem Aquarellkasten am Afer herum und ärgerte sich über die Malayenweiber, von denen gerade die hübschen sich durchaus nicht abzeichnen und nicht einmal gern aus der Nähe anschauen ließen. And ich ließ mich von Tageszeit und Wetter treiben und lief in der endlosen Waldwelt herum wie in einem fabelhaften Bilderbuch. Jeder ging seinen Weg und wurde auf seine Weise mit den Moskiten, mit den wilden Gewittern, mit dem Arwald, mit den Malayen und mit der ewig lastenden heißfeuchten Schwüle fertig. Am Abend aber, der in den Tropen allzu früh einbricht, kamen wir stets alle zusammen und faßen und lagen auf der Veranda beim Tisch und bei der Lampe. Draußen brüllte der Ge witterregen oder schrie das rasende Insektenkonzert des Arwalds, der uns in die Fensterlöcher schaute; wir aber waren dann der Wildnis fatt, wir wollten es gut haben und der lästigen Tropenhygiene vergessen, wir wollten fröhlich sein und nichts von der Welt wiffen, und so lagen und saßen wir und schöpften aus vier großen Kisten Flaschen mit Sodawasser und Whisky, mit Rotwein und Weißwein, mit Scherry und mit Bremer Schlüsselbier. And dann schliefen wir unterm Müdenneß auf unseren guten Matragen am Boden,

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