Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Karl V.

römisch-deutscher Kaiser 1519-1556, als König von Spanien Karl I., geboren 24. Februar 1500 zu Gent, gestorben 21. September 1558 im Kloster zu Sankt Huste (Estremadura), ältester Sohn des Erzherzogs Philipp des Schönen von Österreich und der Johanna der Erbtochter Ferdinands des Katholischen von Arragonien und der Isabella von Kastilien, Enkel Kaiser Maximilians 1, wurde in den Niederlanden unter Aufsicht seiner Tante Margarete erzogen und erhielt seine Bildung von Wilhelm von Troy, Herzog von Chièvres und dem Priester Hadrian Floriszoon, nachmaligen Papst Hadrian VI. Er folgte 1506, da seine Mutter wegen Geisteskrankheit regierungsunfähig war, seinem Großvater Ferdinand in Spanien, wurde nach dem Tode seines anderen Großvaters Kaiser Maximilians I., gestorben 11. Jänner 1519, zu Frankfurt am Main zum Kaiser gewählt (28. Juni 1519) und 22. Oktober 1520 zu Aachen gekrönt. Auf dem ersten Reichstage, den Karl V. zu Worms 1521 hielt, wurde zur Stellvertretung des Kaisers in dessen Abwesenheit ein Reichsregiment unter Vorsitz seines Bruders Ferdinand eingesetzt, das Reichskammergericht hergestellt und durch das Wormser Edikt (8. Mai) Luther nebst seinen Anhängern in die Reichsacht erklärt. Auf diesem Reichstage überließ auch Karl seinem Bruder Ferdinand die Herzogtümer Österreich ob und unter der Enns, Steiermark, Kärnten, Krain, die adriatischen Küsten, Tirol, die Vorlande, das Elsaß und das von dem schon im Jahre 1516 geächteten Herzoge Ulrich welcher durch 3wistigkeiten mit seiner Gemahlin Sabine von Bayern und durch sein grausames Betragen sich verhaßt gemacht hatte verwirkte Württemberg. Später erhielt Ferdinand noch Ungarn und Böhmen. Karl behielt Spanien, Neapel und Sizilien, Indien, die Niederlande und Burgund. Diese Teilung in die spanische und österreichische Linie Habsburg fand zu Brüssel den 7. Februar 1522 statt.

Karl stand der protestantischen Bewegung feindselig gegenüber. Nachdem er mit seinem Bruder Ferdinand vom Sultan Soliman einen Frieden auf fünf Jahre erkauft hatte und nach außen freie hand gewann, beschloß er, die Protestanten mit Waffengewalt zu unterwerfen. Er gewann den Herzog Moritz von Sachsen und ging siegreich vor. Als aber das Augsburger Interim (15. Mai 1548) Unzufriedenheit erregte, machte Moritz plötzlich eine Schwenkung gegen den Kaiser, schloß mit mehreren protestantischen Fürsten und Heinrich II. von Frankreich ein Bündnis, drang im Mai 1552 nach Innsbruck vor, nötigte den gichtkranken Kaiser zur Flucht nach Villach und zwang ihn zu dem Vertrage von Passau (2. August 1552),

der den Evangelischen freie Religionsübung gewährte und von dem Reichstag zu Augsburg 25. September 1555 in dem Augsburger Religionsfrieden" bestätigt wurde. Im September 1556 erklärte er den Kurfürsten seine Abdankung. Von seiner Gemahlin Isabella von Portugal hinterließ er drei Kinder: Philipp II., Maria, Gemahlin Kaiser Maximilians II., und

[graphic][subsumed][merged small]

Johanna, Gattin Johannes von Portugal. Von den natürlichen Kindern sind bekannt: Don Juan d'Austria (einem Liebesverhältnis mit der Regensburgerin Barbara Blomberg entstammend) und Margarete, Gemahlin des Herzogs von Parma, später Statthalterin der Niederlande, welche einem Verhältnisse mit der Johanna van der Gheenst entsproß.

Die Ratgeber Karls waren Granvella, Alba und sein Beichtvater, der spanische Mönch Pedro de Soto, doch war Karl persönlich Herrscher und Ratgeber in allen wichtigeren Fragen, entschied und vollzog persönlich die wichtigeren Akte seiner Staatsregierung.

Den bedeutendsten Anteil an den militärischen Erfolgen hatte Karl selbst, er war selbst der beste Feldherr und Stratege seines Heeres; im Feldlager war er rührig, munter, aufgeweckt, hier wollte er selbst alles sehen und selbst alles leiten, hier verleugnete er den großen Kaiser und tat Dienste wie jeder andere General.

In den eigentlichen Geschäften des Politikers, in den Verhandlungen, Konferenzen, Audienzen war Karl bestrebt, seiner Stellung zu genügen. Er ist kein guter Diplomat gewesen; seine überaus reizbare Natur hat ihn oft zu Äußerungen hingerissen, die mit der Würde seiner Stellung und dem Ernste der Sache sich nicht vertrugen. Die Heftigkeit seiner Natur konnte sich zu furchtbarer Höhe steigern.

Leidenschaftlich schimpfend und tobend fuhr er oft seinen Gegner an; und dabei war er eigensinnig und hielt zäh an dem einmal ergriffenen Gedanken fest. Eine empfangene Beleidigung vermochte er nicht zu vergessen, seine Rachsucht war von nachhaltigster Dauer.

Und im Grunde war er doch ein durchaus ernster Charakter, dem Tiefe des Gefühles und Tiefe des Gedankens nicht abzusprechen sind. Bei aller Leidenschaftlichkeit, die in späteren Jahren allerdings durch seine anhaltende Kränklichkeit (Gicht) noch gesteigert wurde, war doch der Geist dieses Fürsten stets auf ernste Aufgaben gerichtet.

Wie verschieden in dieser Beziehung doch dieser Karl von den zeitgenössischen Regenten! Wie verschieden vor allem von dem französischen Rivalen!

Während Franz, den Vergnügungen nachhängend, stets dem Einflusse eines Ministers unterliegt, ist Karl in politischen Geschäften tätig, selbst die Seele seiner Regierung, selbst der kaiserliche Staatsmann gewesen. Er hatte sich ganz von dem Gefühle erfüllt, daß er ein Kaiser sei wie jene großen Kaiser des Mittelalters. Ihm gebührte, wie er wähnte, nicht nur der erste Rang in der Christenheit, sondern geradezu die Herrschaft und Hoheit über alle anderen Länder Europas. Die anderen Könige erschienen ihm da nicht als Gleichberechtigte, nein, er fühlte sich als ihr vorgesetzter Herr.

Karl V. war von dem Ehrgeiz erfüllt, das Haupt der Christenheit zu sein. Die Kräfte seiner zerstreuten Reiche unter straffer Herrschaft zu einigen, um dann als der große Ordner unter den christlichen Staaten aufzutreten und deren geeinte Macht gegen die vordringenden Osmanen zu führen, der anderen universalen Macht der Christenheit, dem Papsttum und der katholischen Hierarchie zur Seite zu treten, um, halb dienend, halb herrschend, die gärenden Elemente in der Kirche durch die ersehnte Reform derselben zu beruhigen und das Christentum über die neue Welt zu verbreiten: das waren die Gedanken, die den Geist des großen Herrschers erfüllten und seinen Sinn stets auf die allgemeinen Angelegenheiten der christlichen Völker sowie auf das Bedürfnis immer neuer, unbegrenzter Machterweiterung gerichtet hielten.

Aber welch eine Gewalt des Widerstandes trat diesem Gedanken der Weltherrschaft entgegen! Die Verbindung Spaniens mit Österreich, die Ausbreitung der Macht dieser vereinigten Häuser über Italien, Burgund und das Deutsche Reich erzeugten in der französischen Politik das Bewußtsein, daß die Minderung dieser Macht, die Erweiterung des französischen Staatsgebietes

und Einflusses über die Grenzen, welche die spanisch-österreichische Herrschaft um Frankreich gezogen hatte, eine Lebensfrage des Königtums und der Nation sei. In den vier großen Kriegen des Königs Franz I. gegen Karl V. begann das Ringen Frankreichs gegen die spanisch-österreichische Übermacht. Gleichzeitig rief die Ausbreitung der österreichischen Herrschaft über Ungarn den

[graphic][subsumed][merged small]

Widerstand der Osmanen wach. Die Ansprüche des Fürsten Johann 3apolya von Sieben= bürgen auf die ungarische Krone benügend, den Fürsten selber der türkischen Schutzhoheit unterwerfend, begann Sultan Soliman II. die Reihe der Türkenkriege gegen das Haus Österreich, deren nächstes Ziel die Einverleibung Ungarns in das Türkenreich war. Beide Gegner des Hauses Spanien-Österreich, Frankreich und die Osmanen, traten seit 1536 in enge diplomatische Beziehungen.

[graphic]

Karl V. als Gast im Hause Fuggers. (Nach dem Gemälde von E. v. Liphart.)

« ZurückWeiter »