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,,Nach Entsprechung des inenthaltenen h. Auftrages wird gegenwärtiges Aftenstück dem löblichen Plaß-Commando diensthöflich zurückgemittelt.

Corps-Commando der städtischen Municipal-Garde.

Wien, den 27. October 1848.

Valentin, m. p., Hauptmann." Abends erschien ein Garde der Bürger-Cavallerie im Liechtenstein'schen Palais, wo sich die Nationalgarde-Cavallerie befand, und meldete, daß Lieutenant Jakob Schawell der Nationalgarde-Cavallerie als Gefangener auf der Aula fich befinde, und eröffnete zugleich, daß im Falle sie gezwungen wären, den Gefangenen mit Waffengewalt zu befreien, alle seine Kameraden ihnen beistehen würden. Ein Jubel erscholl bei diesem brüderlichen Antrage; Rittmeister Mar tinis eilte jedoch ungesäumt zum Ober-Commando, und eröffnete zweien Offi: zieren der akademischen Legion, daß, wenn Schawell binnen einer Stunde nicht frei wäre, die Aula gestürmt werde. Diese Of fiziere gingen, und Schawell war binnen einer halben Stunde fret. Bravo, Martiniz! Die Schawell's waren, so wie nahebei alle Garden der Cavallerie, wackere Männer, und immer bereit, für Ruhe, Ordnung und Recht einzustehen. Wackere erste und zweite Division!

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Nachdem unterm 26. sämmtliche Wachabtheilungen in der Hofburg, um eine Gleichförmigkeit im Dienste hervorzubringen, durch Vollmacht des Ober-Commando unter die unmittelbare Oberleitung der Burg-Plazoffiziere v. Heidt und Untersteiner gestellt wurden, und von Seite der Hofbehörden alles ges schehen ist, was möglicher Weise zur Feuersicherheit der Burg und Reichstagslokalitäten einzuleiten thunlich war, kam am 27. Abends zu der auf der Wach e befindlichen Abtheilung der Hofburgwachleute auf Befehl Fennebergs eine halbe Compagnie Legionäre und eine halbe Compagnie Mobilgarden unter Anfüßrung eines jungen Legionärs um dieselbe zu entwaffnen, d. h. sie der Schußwaffen und der Munition zu berauben. Dieser junge Mann benahm sich jedoch so schonungslos brutal und unverschämt, daß der Plazoffizier Heidt zum Ober-Commandanten Messenhauser eilte, um Vorstellungen dagegen zu machen. Derselbe bedauerte diesen Vorfall, erklärte jedoch keine Gewalt zu haben, dieses verhindern zu können, schrieb jedoch auf Ersuchen Heidt's selbst an den Commandanten der Burgwache in sehr anständiger und möglichst schonender Weise, und versprach hierin die Waffen so lange in eigener Obhut zu verwahren, bis sie der Hofburgwache wieder zurückgestellt werden können. Hierauf erfolgte wohl die Uebergabe der Shußwaffen und der Munition an das Executions-Detachement, und Playoffizier Untersteiner geleitete dasselbe bis in das Ober-Comm indo, um zu veranlassen, daß diese Waffen in die zugesicherte Obhut gebracht werden. Doch im Hofe der Stallburg angelangt, wollte die daselbst aufgestellte Compagnie Proletarier mit Gewalt sich die Waffen aneignen, welches aber Untersteiner

mit noch dazu gekommenen Plaß-Offizieren des Ober-Commando mit großer Anstrengung zu verhindern wußte. Diese Waffen wurden in das Bureau der Permanenz des Berwaltungsrathes abgegeben, und vom Actuar Dr. Ernst in Berwahrung genommen.

In der Sigung des Gemeinderathes am 27., 6 Uhr Abends, wurde berichtet: Es liegen in den Spitälern seit mehreren Tagen eine beträchtliche Anzabl Leichen, die durch die jeßigen Umstände nicht beerdiget werden konnten. Die Leichea häuften sich von Tag zu Tag immer mehr an, und es mußten aus Sanitätsrücksichten unverzüglich Maßregeln getroffen werden, wodurch die Beerdigung möglich gemacht werden würde. Es wurde nach einer längern Debatte beschlossen, das Brünnelfeld zu einem zeitweiligen Begräbnißplage zu benüßen. Der Gemeinderath und Bezirkschef Braun meldete, daß vor der Hand der Gottesacker auf der Schmelz von kaiserlichen Truppen geräumt ist, und nun auch daselbst wieder beerdigt werden könnte. Die Bürgerwache des k. k. Zeughauses bath im Gemeinderathe um Ve: haltungsbefehle beim Eindringen der Truppen in die Stadt. Die Bürgerwache wünschte zu wissen, ob das Zeughaus von dem Gemeinderathe werde übergeben werden, oder ob dasselbe zur Zeit von der Wache selbst geräumt werden solle, da der jezige Zustand des Zeughauses die Wuth der Soldaten nur noch erhöhen, und die daselbst befindliche Mannschaft einer besonderen Gefahr ausgescht seyn würde. In Gemeinderathe wurde eine Zuschrift des ReichstagsAusschusses verlesen, vermöge welcher die Militär-Stadtwache fortan auf ihrem Posten zur Bewachung der Gefängnisse zu verbleiben habe. Die Baumeister-Innung erklärte, daß durch die beschädigte Wasserleitung vor der Nußdorfer Linie ein fühlbarer Wassermangel durchaus nicht eintreten dürfte, da in der Stadt in jedem Hause und in den Vorstädten in den meisten Häusern Brunnen wären, welche dem Publikum durch Affichen an den Häusern werden kund gegeben werden. Die ausgesprochene Besorgniß, daß die Gasbeleuchtung durch den Mangel des zu der Erzeugung des Gases nothwendigen Kalkes werde auf eine Zeit suspendirt werden müssen, wurde dadurch beseitiget, daß Fürst Windischgräß auf Verwendung des Ministeriums des Innern die Zufuhr von Kalk bewilliget hatte. Bom Gemeinderathe wurde dem Ober-Commando eine Zuschrift zugewiesen, in welcher ersterer vom Fürsten Windischgräß angesucht wird, für das Militärspital unter sicherem Geleite Fleish, Milch c. einführen zu lassen, und dieß der Militärverwaltung kund zu geben. Es wurde im Gemeinderathe Klage ge= führt, daß des Nachts Mobilgardisten unter den heftigsten Androhungen in die Häuser dringen, Durchsuchungen vornehmen, und bejahrte Leute zum Waffendienste zwingen. Zolche Fälle wiederholten sich bei den Professoren Herzig Fleisch und Schlager. Wurde dem Ober-Commando zugewiesen. Es entspann sich über die Approvifonirungs-Angelegenheiten eine heftige Debatte, ob nähmlich der

Stand der Approvisionirung veröffentlicht werden solle oder nicht, welche dann in die Frage überging, ob überhaupt bei dem dermaligen Stande der Dinge die Approvisionirungs-Angelegenheiten in geheimen oder öffentlichen Sigungen berathen werden sollen. Beide Meinungen hatten ihre Vertreter und es wurde deßhalb eine Commission ernannt, welche berathen solle, ob die Approvisionirungs-Comission in einer geheimen oder öffentlichen Sißung ihren Bericht abstatten solle. Biele Gemeinderäthe meinten, es gehöre dieß unmittelbar zu den strategischen Maßregeln, daher es nothwendig wäre, sich darüber mit dem Ober-Comman= danten ins Einvernehmen zu seßen.

Das Ober-Commando suchte wieder im Gemeinderathe um einen Vorschuß von 100000 fl. CM. an. Dieses Ansuchen gab, wie immer, zu der lebhaftesten Debatte Anlas, ob die jetzigen Auslagen die Gemeinde oder der Staat tragen werde. Viele meinten die Gemeinde, da selbst in den Quittungen durch die gebrauchten Ausdrücke: Vorschuß, Aushülfe, darauf hingewiesen wurde. Wurde der Finanz Commission zugewiesen.

Die medizinische Fakultät bath den Gemeinderath, durch ein Plakat zu erklären, daß den Aerzten überall der gehörige Schuß und die nöthige Beihülfe zufemmen möge. Auch bath die Fakultät, daß 20 Träger in Bereitschaft seyn solllen, die Verwundete allsogleich zu tragen haben werden.

Bezüglich einer, neben dem Hauptzollamte zu errichtenden Barrikade wurde im Gemeinderathe beschlossen, sich mit dem Ober-Commando ins Einvernehmen zu sehen, so wie demselben zur Bereitung von Munition behülflich zu seyn. Der Mangel an Munition stieg aufs Höchste, und die Forderungen beim Ober-Commando waren stürmisch. Bei den patriotisch gesinnten Bewohnern fand man in Folge Anzeigen beim Studenten-Ausschusse versteckte Packete scharfer Patronen, welche dem verderblichen Ansinnen der Aufständischen sammt vielen Waffen entzogen oder zu entziehen versucht worden sind. Im Augarten verschanzten sich die Jäger hinter Verhauen aus gefällten Bäumen. Am Tabor wurde eine dem Feuer des Militärs zu sehr ausgefeßte Barrikade von den Vertheidigern geräumt, eben so die an der Donau gelegene Reiterkaserne. Die Häuser wurden in jener Segend von Kartätschen stark beschädiget. Vortrefflich gebaute Barrikaden erhoben sich von der über die Donau gegen die Neugasse führenden Brücke längs des Ufers gegen Nußdorf hin. Solche waren aus Holz und Erde gebaut und mit Laufgräben versehen. Die Brückenpassage war ungehindert.

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In Bezug auf Vorstehendes erschienen nachstehende Plakate: Alle Sachverständigen, welche im Stande sind Schießpulver zu erzeugen, wollen sich so bald als möglich bei dem Verwaltungsrathe, Stadt, Stallburg, melden.

Wien, am 27. October 1848.

Bom Verwaltungsrathe der National-Garde."

„Von Seite des Gemeinderathes der Stadt Wien wird hiermit bekannt gemacht, daß von demselben im Einverständnisse mit der medizinischen Fakultät den inspicirenden Aerzten der Nothspitäler für Verwundete, Herren Professor Schuh, Primarius Dummreicher und Primarius Dr. Sigmund in Bezug des Transportes und der Pflege der Verwundeten unbedingte Vollmacht ertheilt worden, und daß daher den genannten Aerzten in ihren dießfälligen Anordnungen unverweigerlich Folge zu leisten ist. Eben so ist in Bezug auf Pflege und Transport den Anordnungen des Herrn Professors Dr. Beyer als Stabsfeldarzt auf sämmtlichen Verbandplägen Folge zu leisten.

Wien, am 27. October 1848. Vom Gemeinderathe der Stadt Wien." Im Studenten-Ausschusse langte eine Unzahl Meldungen, Anforderungen, Denunciationen gegen Schwarzgelbe und jene, die da sagten, die Studenten solle man aufhängen. Die Gutgesinnten zitterten, und mancher ergriff die Waffen und kämpfte, um nicht verfolgt zu werden, um nicht für feig zu gelten. Der Ausschuß bestand aus ungefähr dreißig Mitgliedern, jedes bezog tåglich 1 fl. CM. Das vom Gemeinderathe geschenkte Geld verschwand auf Unterstüßungen und andere Ausgaben, so daß 500 fl. CM. täglich nicht genügten. Wenn man alle Umstände berücksichtiget, kann man die ungeheuere Masse Lügen, die im Publikum die Parteien übereinander häuften, nicht anders als verabscheuen. Die Legionäre und deren Anhänger häuften Schmach auf die Schwarzgelben, auf jene, die keine Republik, kein Aufgehen der österr. Monarchie in einem einigen Deutschland, keine Losreißung der Provinzen wollten, und legtere übertrieben Manches, was von den irregeleiteten Jungen geschah. Es ist viel Edles, aber jedenfalls mehr Gräuliches verübt worden. Die Studenten sind von der Legion so sehr zu unters scheiden, wie die Universität von der akademischen Legion. In leßterer waren Subjekte eingereiht, die in großer Anzahl ins Zuchthaus gehörten.

Es ist eine unumstößliche Wahrheit, daß die sich politisch bewußte Partei in Wien sehr gering; eben so daß darunter die Ueberzahl terrorifirt war. Die Proletarier waren ein politisch bewußtloser Ballast der Umsturzpartei. Legtere hat die Arbeiter und Proletarier überhaupt für sich behufs des Umsturzes zu ges winnen für nöthig gefunden; nicht so jene Partei der sich politisch bewußten redlichen Staatsbürger. Leßtere blieb ohne jenen Ballast mit bewaffneten Fäusten; fte blieb materiell schwach, und verlor an Zahl der Köpfe durch die Flucht jener, die in ihrer politischen Unwissenheit den Kopf verloren. Windischgräg's Proklamation hat die meisten Gutgesinnten mit Zorn erfüllt; doch die Verstän digen waren überzeugt, er werde nicht so sehr extrem verfahren; aber man fürch tete doch, es werde der vormärzliche Zustand eingeführt werden, und diese Befürchtung, dann der widerstrebende Gedanke, sich widerstandslos unterwerfen zu sollen, die Furcht vor den Executionen jener, die Verbrechen begangen hatten,

erzeugten den Widerstand. Es fehlte das Vertrauen zu Windischgräß's constitutioneller Gesinnung; denn die Mitglieder der Umsturspartei und die Presse verschricen ihn als einen reaktionären Aristrokraten, während er sich doch nur als ein strenger, ritterlicher Aristokrat, als ein treuer Anhänger der Integrität der österreichischen Monarchie, somit als ein treuer Staatsdiener und Staatsbürger dem Throne und Vaterlande gegenüber bewies. Bekanntermassen machten die Wiener mit dem WIR, womit die Manifeste Sr. Majestät beginnen, ein Wortspiel. Von der heraldischen Seite betrachtet, sind jene drei Buchstaben die Anfangsbuchstaben der drei großen Feldherren: Radesky, Jellačič, Windischgräß. Jedenfalls ein Triumvirat, welches das „WIR" der Majestät würdig repräsentirt. Durch Welden's liebernahme des Ober- Commando in Ungarn er leidet das WIR feinerlei Veränderung.

Nachts wurde dem auf der Bezirke-Wache Leopoldstadt inspektionirenden Oberlieutenant Carl Schlesinger ein Mann gebracht; derselbe war ganz verstört, ohne Kopfbedeckung, mit fliegenden Haaren, das Gesicht und die Klei der beschmugt, bis über die Knie voll Schlamm, von Kälte ganz erstarrt, — es war der Kellner von Schüttelbade. Er war 24 Stunden, nach dem er sich schon längere Zeit verborgen und die Gräuel, so im Schüttelbode verübt worden, in seinem Schlupfwinkel mit angehört hatte, im Kanale versteckt, und wurde von den Garden arretirt, als er eben aus dem Kanale herauskroch.

Dieser Mann war seit drei Tagen ohne Nahrung geblieben und so erschöpft, daß, nachdem auf der Bezirkswache für ihn Kleider und Wäsche gesammelt wurden, er abgehalten werden mußte, seinen Heißhunger zu stillen. Der Unglückliche hörte jedes Wort, was bei seinem Verstec im Schüttelbade gesprochen wurde, er hörte den Hülferuf, das Wimmern der Gemordeten und erzählte die erlebten Geräuel den entseßen Zuhörern.

Nachdem der Brand des Wißgrillschen Zimmerplages, des Schüttelbades, der Mack'schen und Zinner'schen Zuckerraffinerie immer mehr über Hand nahm, und bereits einen Theil der Häuser in der Leopoldstadt ergriffen hatte, die Leopoldstädter Feuerspriße von den Mobilen und Garden unter Vem nicht nur zurückgehalten wurde, sondern das Löschpersonale und die Feuerkommissionen noch durch Flintenschüsse zurückgetrieben wurden, so eilte der Gerichtsschreiber I. Ley, und die Leopoldstädter Bürger: Giugno, Rauchfangkehrermeister, und der Quartier meister Haucke zuerst in den Gemeinderath um Hülfe und Beistand zu erlangen, und nachdem dieselben von diesem in die Parmanenz des Reichstages verwiesen wurden, auch dahin. Sie stellten an die Permanenz des Reichstags die dringende Bitte, eiligst Alles aufzubiethen um dem Feuerlösch Personale die Möglichkeit zu verschaffen ihre Pflicht erfüllen zu können, indem sonst die Leopoldstadt den Flammen gänzlich Preis gegeben würde. Nachdem

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