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Jeder, der den Befehlen seiner Vorgeseßten nicht unbedingte Folge leistet, ist sogleich zu arretiren, und unter Bedeckung in das Hauptquartier abzuschicken. Deßgleichen diejenigen, die auf wiederholte Aufforderung nicht auf den Sammelplägen erscheinen, die nicht auf den Posten marschiren, wohin sie der Befehl des Commandanten sendet; die denselben vor erfolgter Ablösung verlassen, die zaghafte Reden führen, die die Beschlüsse und Aussprüche des hohen Reichstages, des Gemeinderathes, des Ober-Commandos durch knechtische Auslegungen zu entfräften (!!) suchen; die sonach durch alle diese Handlungen, gleichviel, ob aus Leichtsinn oder böser Absicht, dazu beiträgen, das Vertrauen in die Gerechtigkeit (!) unserer heiligen Sache in die Nothwendigkeit (!!) unserer äußersten Nothwehr zu erschüttern; alle diese find ohne Rücksicht auf Stand und Person sogleich zu verhaften. Ist Gefahr auf dem Verzuge, so können alle Commandan ten zur Statuirung eines abschreckenden Beispieles mit solchen Elenden summarisch (!!) verfahren. Ich appellire bei solchen Gelegenheiten an das Gewissen unserer Wehrmänner, ob eine solche Kriegs-Justiz unerläßlich und unabweislich Noth thut. Liegen gegen einen Commandanten augenscheinliche Beweise vor, daß er dem großen Zwecke unserer Selbstvertheidigung eher hinderlich als nüglich ist, so ist er sogleich festzunehmen, und durch den im Range Nächsten zu erseßen.

Die Bestrafung des Schuldigen wird und muß augenblicklich, unnachsichtlich und dem Belagerungszustande der Stadt gemäß seyn. Bezüglich der Vertheidigung spreche ich mich vor allen Commandanten, vor den gesammten Wehrmännern und der ganzen Bevölkerung zum leßten Male aus, wie folgt:

Alle Vorstädte ohne Ausnahme haben bis 12 Uhr allarmirt zu seyn. Die innere Stadt wird erst allarmirt, wenn die Stadt wahrhaft angegriffen wird. Jeder, ohne Unterschied, hat fortwährend, selbst wenn ihn kein Dienst trifft, unter Waffen zu seyn. Waffenunfähige müssen zum Barrikadenbau und zu den Befestigungen an den Linien und am äußersten Walle Tag und Nacht beschäftigt werden. Wie schon erwähnt, haben die Herren Bezirks-Chess nach bewirkter Allarmirung die Zahl ihrer unter Waffen stehenden Mannschaft sogleich meinem Feldadjutanten Fenneberg melden zu lassen. Die acht obersten Vertheidigungsleiter werden bis Mittag zuverlässig auf ihrem Posten eingetroffen seyn. Sie werden dafür sorgen, daß nicht mehr Mannschaft auf den Vorposten und zur Unterstüßung verwendet wird, als unumgänglich nothwendig. Jeder Bezirks-Chef hat in seinem Bezirke einen zweckmäßigen Bereitschaftsplaß zu bestimmen, auf welchem sich die Unterstüßungsmannschaft Tag und Nacht zu befinden hat. Nur dadurch ist es möglich, an alle bedrohten Punkte, von welchen aus Unterstüßung verlangt wird, solche augenblicklich und ohne Verzug zu entsenden. Die Herren Bezirks-Chefs und Corps-Commandanten haben also gleich die getroffene Wahl dieser Bereitschaftspläge ins Hauptquartier zugleich mit dem ausrückenden Stande dem

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Feldadjutanten Fenneberg anzuzeigen. Wagt der Feind, auf welcher Seite immer, oder auf mehreren zugleich, einen Hauptangriff, so wird die große Glocke von St. Stephan geläutet. Der Kampf muß sodann mit allen Mitteln, mit allen Kräften, mit allem Muthe, mit aller Hingebung geleitet und gestritten werden. Wie ich schon einmal bemerkt habe, wenn die größte Mehrzahl der Wehrmänner eines Bezirkes ihre Schuldigkeit thut, wenn die Herren Offiziere mit dem vortrefflichen Geiste ihrer Mannschaften wetteifern, dann wird auch jeder Bezirk für eine vielstündige Vertheidigung mit den eigenen Kräften ausreichen. Dieser Befehl ist möglichst zu verbreiten, allen Abtheilungen zu erklären, und an öffentlichen Plägen der Bevölkerung vorzulesen.

Munition wird von nun an bloß auf meine unmittelbare Anweisung erfolgt werden. Die Herren Bezirks-Chefs haben mir sogleich anzuzeigen, wie die in diesen Tagen abgefaßten und vorgemerkten Vorräthe verausgabt wurden. Wien, den 25. Oct. 1848. Messenhauser, m. p., pr. Ober-Comm."

Da seit vielen Tagen im Prater durch National- und Mobil Garden große Hirschenjagd gehalten wurde, und die seit Jahren den Wienern lieb gewordenen Hirsche erlegt wurden, so stellte man an der Stern-Barrikade am Ausgange der Jägerzeile in den Prater eigene Wachposten auf, die den Auftrag hatten, keinen Bewaffneten in den Prater hinab passiren zu lassen.

Mit Genehmigung der Negierungsbehörde hatte an diesem Tage der PfarrProvisor in der Jägerzeile, M. Terklau, im Vereine mit dem Med. Dr. Bloch den Pfarrhof zum Spitale eingerichtet, und Beide unterzogen sich mit lobenswerthem Eifer der Pflege und Beaufsichtigung der Verwundeten.

Mehrere Bezirks-Chefs ließen in ihren Compagnien abstimmen, ob die Waffen niedergelegt werden sollen. Die Mehrzahl der Gefragten erklärte sich - wohl bloß um nicht für feig gehalten zu werden — negativ. Die Nachfrage um Munition wurde immer heftiger. Massen von Patronen verschwanden theils aus Spekulation, theils durch Verpuffen oder durch vorsägliche Beseitigung.

Die Mobilgarden der einzelnen Vorstädte verlangten vom Studenten-Ausschusse, da sie sich auf ihre Anführer nicht verlassen können und wollen, daß man ihnen Anführer aus den Reihen der akademischen Legion geben möge, was auch theilweise geschah.

Vom Gemeinderathe der Stadt Wien wurde in der Sigung vom 24. October nachstehendes Memorandum an den Herrn Feldmarschall Fürsten von Windischgrät beschlossen, und dasselbe am 25. d. M. durch zwei Mitglieder des Gemeinderathes in das Hauptquartier des Fürsten überbracht.

Euer Durchlaucht! Dem Gemeinderathe der Stadt Wien ist im Wege des Ober-Commandos der Nationalgarde am 24. October d. I. um 12 Uhr Mittags eine Proklamation zugemittelt worden, in weicher ausgesprochen ist, daß sich die

Stadt Wien unter den in der Proklamation enthaltenen Bedingungen binnen 48 Stunden zu ergeben habe, widrigens Euer Durchlaucht sich genöthiget sehen würden, zu den energischesten Maßregeln zu schreiten.

Der Gemeinderath der Stadt Wien hält es für seine Pflicht, Euer Durchlaucht sowohl seine eigene Stellung zu entwickeln, als auch auf die Unrichtigkeit der Voraussetzungen aufmerksam zu machen, welche Euer Durchlaucht bei Ihren Beschlüssen zu leiten scheinen.

Der hohe Reichstag hat über beide Proklamationen Eurer Durchlaucht Beschlüsse gefaßt, welche Ihnen bereits bekannt seyn werden. Se. Majestät allein kann über die Giltigkeit der Beschlüsse desselben, des von ihm anerkannten Reichstages entscheiden; in so lange die Sanction noch obschwebend ist, find dieselben vorläufig als aufrecht bestehend anzusehen, und kann keine Behörde, keine Macht der Monarchie als über denselben gestellt angesehen werden. Der Gemeinderath muß daher den Reichstag als höchste Behörde des Landes anerkennen und sich in Allem und Jedem seinen Beschlüssen unterwerfen. Die Bürger Wiens find von dem Gedanken der Geseßlichkeit und von dem Wunsche der Ordnung durchdrungen, aber sie fordern, gestüßt auf das beiliegende kaiserliche Wort vom 19. Oc:ober d. J., daß alle zur Wiederherstellung eines gedeihlichen Zustandes erforderlichen Maßregeln, auf constitutionellem Wege berathen und eingeleitet werden. Hiezu ist aber nur der hohe Reichstag berufen, welcher von Sr. Majestät selbst schon in der Steuer bewilligungsfrage als geseßgebender Körper auch anerfannt wurde. Der Gemeinderath der Stadt Wien kann daher nur jene Wege des Gesezes verfolgen, welche ihm der hohe Reichstag selbst vorgezeichnet hat.

Euer Durchlaucht verweisen auf die Anarchie, welche in den Mauern Wiens herrsche. Hierauf kann der Gemeinderath nur wiederholt erwiedern, daß die gegenwärtigen Zustände der Stadt nicht mehr (!) eine Folge des 6. Octob., sondern nur durch jene feindlichen Truppenbewegungen hervorgerufen worden sind, welche seit jenem Tage die Stadt beunruhigen. Er hat diese Sachlage in der mitfolgenden Adresse an Se. Majestät den Kaiser auf das Ausführlichste entwickelt.

Nicht (?) eine kleine Fraction beherrscht Wien. Die ganze Bevölkerung ist einig in dem Bestreben, Freiheit und Ordnung zu erhalten, einig in dem Verlangen, durch die Kraft constitutioneller Maßregeln zu einem friedlichen Zustande zurückzukehren. Aber eben so allgemein ist auch das verlegte Gefühl, welches die in Aussicht gestellten gewaltsamen Maßregeln Euerer Durchlaucht hervorgerufen haben, und weit entfernt davon, Ordnung zu stiften, haben sie nur dazu beigetragen, die bisherigen Fragen in den Hintergrund zu drängen, die Freiheit selbst als bedroht darzustellen, und eine Einigkeit des Willens hervorzubringen, welche bisher in dem Maße kaum so hervorgetreten ist.

Der Gemeinderath geht unerschütterlich den Weg der constitutionellen Ord

nung, er will mit allen übrigen Bürgern eben so Aufrechthaltung des constitutionellen Thrones als Wahrung der Rechte des Volkes. Er wiederholt es: Nur durch den Reichstag können mit gefeßlicher Giltigkeit Maßregeln getroffen werden, welche der Stadt den erseh nten Frieden zurückgeben sollen.

Dieß ist die Stellung des Gemeinderathes, dieß der Zustand der Stadt.

Möchten Euer Durchlaucht den Worten der Bürger Wiens Vertrauen schenken, welchè alle die geseßliche Ordnung anstreben, aber jene Mittel von sich ablehnen müssen, welche Euer Durchlaucht in Anwendung bringen wollen. Der Gemeinderath muß es feierlich aussprechen, daß er mit aller Macht seines Einflusses nun und nimmermehr im Stande wäre, eine friedliche Ausgleichung anzubahnen, auf Grund der Bedingungen, welche in der Proklamation Euerer Durchlaucht ausgesprochen sind, und welche die Herbeiführung eines Zustandes verlangen, der alle Knechtschaft der vormärzlichen Zeit weit hinter sich läßt, und alle Bürgschaften einer Wiederkehr zu den erlangten Errungenschaften aufhebt.

In dieser Ansicht ist die gesammte Bevölkerung mit dem hohen Reichstage einig, und legterer ist nur der Ausdruck derselben, indem er in seiner gestrigen Sigung den folgenden Beschluß gefaßt hat: „„Da Feldmarschall Fürst Windischgräg im offenen Widerspruche mit dem kaiserlichen Worte vom 19. Oc= tober und in offener Nichtachtung des Reichstagsbeschlusses vom 22. October in einer neuen Proklamation, ddo. Heßendorf den 23. October 1848, Maßregeln über Wien verhängt, die nicht nur die vom Kaiser sanctionirten constitutionellen, sondern die allgemeinen Bürger- und Menschenrechte völlig aufheben, so erklärt der Reichstag, daß dieses Verfahren des Fürsten Windischgräß nicht nur ungeseßlich, sondern eben so sehr gegen die Rechte des Volkes wie des erblichen conftitutionellen Thrones feindlich sind.""

Euer Durchlaucht! Die deutsche Centralgewalt, der Reichstag und der Gemeinderath, sie alle haben die Wege des Friedens eingeschlagen, und den aufrichtigen Willen, eine friedliche Ausgleichung auf constitutionellem Wege herbeizuführen, an den Tag gelegt.

Insbesondere haben die Abgeordneten der deutschen Centralgewalt in ihrer Präfidialbothschaft alle Civil- und Militärbehörden in Oesterreich aufgefordert, einstweilen alle Feindseligkeiten einzustellen. Gewiß werden ́Euer Durchlaucht diese Wege nicht zu durchkreuzen wünschen. Sie werden nicht der Gewalt huldigen, weil sie in Ihre Hände gegeben.

Die Anwendung dieser Gewalt, abgesehen von ihrem zweifelhaften Erfolge, könnte leicht der Beginn von Kämpfen werden, welche in der Folge nicht mehr den Parteien, sondern dem Throne Verderben zu bringen im Stande wären. Vom Gemeinderathe der Stadt Wien."

Wien, am 25. October 1848.

Bom Stephansthurme wurde berichtet: Außer den gestern angeführten Wachfeuern, ließ sich auch ein lebhaftes an der Donauseite bei Nußdorf sehen, es werden auch Gewehrschüsse vernommen. 1 Uhr Nachts. An der Lobau, gegenüber der Simmeringer Gegend, ließen sich Gewehrschüsse vernehmen. 6 Uhr Morgens. Von den Schanzen beim Wienerberge, so wie bei der Spinnerin am Kreuz hörte man einige Kanonen- und Kleingewehrschüsse. Des Nebels wegen sieht man nicht mehr. Um 9 Uhr fing die Hütte bei Erdberg neuerdings zu brennen an, und um 10 Uhr entzündete sich eine andere in der Nähe der angeführten. 10 Uhr. So eben beginnt neuerdings die Kanonade an der Nußdorfer Linie, an der Donau und am Währingerspig. Im Lichtenthale, in der Rossau wird Sturm geläutet. Auf der Döblingerstraße ausser den Linien geht ein Haus in Flammen auf. Halb 11 Uhr Mittags. Im Lager der Kroaten herrscht große Bewegung. Halb 12 Uhr. Die früher angeführte Kanonade bei der Nußdorfer Linie hat /. Stunden angedauert. Vor den Schanzen am Wienerberge stehen Cavallerie-Vorposten. Die Posten bei der ungarischen Straße sind noch sichtbar. Die Pontonbrücke bei der schwarzen Lacke, gegenüber von Nußdorf, ist am Ufer von einigen Posten beseßt. Das Schießen hat aufgehört.

Abgesehen davon, daß nachstehende, in Nr. 78 der Zeitschrift: „Constitution,“ redigirt von L. Håfner, Grigner junior und Hauk, enthaltene Adresse den Stämpel des Apogriphs an ber Stirne trägt, so können wir doch nicht unterlassen, solche hier anzuführen. Der Inhalt dient als Beleg, daß das Blatt und seine Redacteure und Mitarbeiter republikanische Verbindungen unterhielten, und derlei Tendenzen „gerne“ förderten, und zwar schon dadurch, daß fie diese Adresse, ob sie nun falsch oder nicht falsch ist, „gerne“ veröffentlichten oder fabricirten. Solche hat kein Datum, und die deutsch-demokratische Legion in Frankreich und in der Schweiz scheint eben so wenig eine Stadt zum Hauptquartier zu haben, wie die Republik in Wien. Doch hier folgt das Machwerk der oben genannten einstigen Dreieinigkeit, und zwar:

„Die demokratische Legion in Frankreich und der Schweiz hat folgende Adresse an das Volk von Wien gerichtet, der wir hier „gerne“ einen Naum gönnen: „,,,Edle Wiener! Ihr habt zum dritten Male gekämpft, zum dritten Male gefiegt, ihr habt der frechen Reaction Halt geboten und zwei große Völker vor neuer Schmach bewahrt. Nicht verdorben durch den Quietismus eines lügenhaften constitutionellen Zustandes, nicht verweichlicht auf den Promenade-Wegen der sogenannten Geseglichkeit (!) habt ihr muthig die breite Heerstraße der Selbsthilfe der Volks-Justiz (!), der Volks-Geseßgebung eingeschlagen. Deutschland, Europa dankt euch diesen Sieg, und wir begrüßen euch freudig (!) als mächtige Bundesgenossen unseres Strebens; denn wir sind überzeugt, nur praktische Rücksichten, Rücksichten der äußeren Politik, Rücksichten auf die Freiheitsbestrebungen der ehe

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