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In Prag hatte, wie bereits unterm 9. berichtet, die Nachricht von den Wiener Ereignissen allgemeine Entrüstung hervorgerufen. Se. Durchlaucht der commandirende General daselbst, Fürst zu Windischgrå g, fühlte sogleich den Beruf in sich, der Wiederhersteller der geseßlichen Ordnung in Wien zu werden, und traf, sobald er nur die Gewißheit erlangt hatte, daß Se. Majestät der Kaiser in Sicherheit und auf der Reise nach Mähren begriffen sey, die Dispo fition zum Abmarsche, mit allen in Böhmen entbehrlichen Truppen, nach Wien.

Schon am 9. October wurde die ganze Eisenbahn von Prag bis Lundenburg militärisch beseßt und somit für den Transport der Truppen gesichert. Diese Borsicht war um so nöthiger, als der Reichstagsausschuß den Transport von Truppen auf den Eisenbahnen verbothen hatte, und daher von den Directoren und Beamten dieser Anstalt auf wenig Bereitwilligkeit zu rechnen war.

Obwohl es auf der Eisenbahn zwischen Prag und Wien an der hinlänglichen Zahl von Wagen fehlte, um eine große Truppenzahl zugleich fortzubringen, so gelang es dennoch theils auf der Eisenbahn, theils in forcirten Märschen auf den kürzesten Militär-Routen in mehreren Colonnen zugleich die disponiblen Truppen von Böhmen, nämlich 13'/. Bataillons, 18 Eskadrons, 47 Geschüße und 4 Brücken-Equipagen aus den verschiedenen Garnisonen des Landes dergestalt in Marsch zu sehen, daß selbe pünktlich, nach Verlauf von zehn Tagen, am 21. und 22. October in der Umgebung von Wien eintrafen. Sie sammelten sich theils in einem Lager bei Stammersdorf, theils waren sie bei Krems über die Donau gegangen, und trafen am 21. bei Wien ein. Gleichzeitig erhielt die mobile Armee des mittlerweile zum Feldmarschall und Ober-Commandanten aller außer Italien stehenden t. 1. Truppen ernannten Fürsten Windischgräß aus Mähren und Krakau eine Verstärkung von 10 Bataillonen, 8 Eskadrons und 24 Geschüßen. Zur Ueberseßung der Truppen über die Donau wurde oberhalb Wien bei Klosterneuburg eine Schiffbrücke und unterhalb der Stadt, nächst Stadt Enzersdorf eine Ueberfuhr errichtet. (Vergl. Seite 355.)

„Tagsbefehl. Um Irrungen zu vermeiden, wird bekannt gegeben: daß für die als Vertrauensmänner in's Hauptquartier commandirten Garden ein täglicher Geldbetrag von 25 fr. CM. bemessen ist, außer welchem sie weder von ihren Compagnien noch von ihren Bezirken einen anderen Bezug zu beanspruchen haben. Die bei der 3. Compagnie 4. Bezirkes nicht erscheinenden Offiziere und Garden haben sich bei anderen Stadt-Compagnien einreihen zu lassen. Der entfallende Abgang an Chargen ist unverzüglich durch neue Wahlen und entsprechend zu decken. Hauptquartier Schwarzenberg-Palais, den 22. October 1848.

Messenhauser, m. p., provisorischer Ober-Commandant.“ Seine Majestät berief den Reichstag nach Kremsier durch nachstehende zwei Erlässe: An den Herrn Präsidenten des österreichischen Reichstages. Ich habe

die Ehre dem Herrn Präsidenten des Reichstages beiliegenden Erlaß Sr. f. f. Majestät mit dem Ersuchen zu übersenden, davon alsobald die hohe Reichsversammlung in Kenntniß zu seßen und mir den Empfang bescheinigen zu wollen, für den Fall aber, als der Reichstag seine Sigungen unterbrochen haben sollte, wäre der Beschluß Sr. f. f. Majestät mittelst öffentlicher Kundmachung den Mitgliedern der Reichsversammlung zur Kenntniß zu bringen. Olmüß, d. 22. Oct.1848. Der Ministerpräsident, Wessenberg, m. p."

„Wir Ferdinand der Erste, constitutioneller Kaiser von Oesterreich, König von Ungarn 2. Die Unserem Herzen so schmerzlichen Ereignisse in der Hauptstadt der Monarchie und die Fortdauer des anarchischen Zustandes daselbst haben uns zur Wahrung des Thrones und des Glückes Unserer Völker in die traurige Nothwendigkeit verseßt, die offene Empörung durch die Gewalt der Waffen zu unterdrücken, wie Wir dieses in Unseren Manifesten vom 16. und 19. October 1. J. Unseren Völkern verkündiget haben. Bei dem gestörten Zustande der gefeßlichen Ordnung in der Hauptstadt, und bei dem bevorstehenden Eintritte militärischer Maßregeln ist für den Reichstag unmöglich geworden, daselbst seine Berathungen fortzuseßen. Wir finden uns daher bewogen, anzuordnen, daß der Reichstag seine Sißungen in Wien alsobald unterbreche, und Wir berufen denselben auf den 15. November nach der Stadt Kremfier, wo er in der Lage seyn wird, sich ungestört und ununterbrochen seiner großen Aufgabe der Ausarbeitung einer den Interessen Unserer Staaten entsprechenden Verfassung ausschließlich widmen zu können. Es werden demnach alle zum constitutionirenden Reichstage erwählten Volksvertreter aufgefordert sich bis zum 15. November in der Stadt Kremsier zuverläßig einzufinden, um daselbst die unterbrochenen Berathungen in Beziehung auf die Verfassung fortzuseßen, und solche mit Beseitigung aller Nebenrücksichten in Bälde einem gedeihlichen Ende zuzuführen. Wir versehen uns, daß alle zum constituirenden Reichstage genählten Vertreter des Volkes ihren Pflichten gegen das Vaterland eingedenk, sich an gelegen seyn lassen werden, pünktlich zur oben bestimmten Zeit an dem bezeichneten zeitweiligen Size des Reichstages zu erscheinen, um sich daselbst ungesäumt mit der baldigen Lösung der ihm gewordenen großen Aufgabe ernstlich zu beschäftigen. Olmüß, den 22. October 1848.

Ferdinand, m. p.

Wessenberg, m. p."

Der Garde und Rittmeister Adam Pos pischil, der Arcieren-Leibgarde, wurde von einer Rotte bewaffneter Proletarier umringt, und sie wollten an dem selben unter dem Vorwande Rache nehmen, weil sich das Gerücht verbreitet hatte, im Lager des Fürsten Windisch gräß seyen mehrere eingefangene Studenten erschossen worden. Da erschien der Garde-Feldwebel Karl Edler von Mahern des 2. Bezirkes, 4. Compagnie, und wußte die aufgeregte Menge dergestalt zu

beschwichtigen, daß es ihm gelang den genannten Rittmeister aus dieser kritischen Situation zu befreien, worüber der genannte Feldwebel auch ein Dankschreiben von dem erwähnten Offizier erhielt.

Der interim. Bezirks-Commandant Bodnar machte die Anzeige, daß nach erhaltener Anzeige des Artilleriekasern-Verwalters, das in der Kaserne auf der Landstraße gewesene mobile Corps des Morgens um 4 Uhr abmarschirt sey, daß einige Quartiere erbrochen und verschiedene Gegenstände entwendet worden seyen. Abermals einer der vielen Beweise, daß in Wien den Proletariern das Eigenthum heilig und ein geseßlicher aber feineswegs anarchischer Zustand vorhanden war!

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Desselben Tages ist Dr. Juris Xaverius Völkl zum Stabs-Auditor ernannt worden. Ebenso Lad. Paduan als Auditors-Adjunkt.

Thomas Roth, Franz Brauneis und Josef Rigelnegg, Garden des V. Bezirks, erschienen am 22. October, 7 Uhr Abends beim Ober-Commando in der Feldadjutantur und zeigten an, es seyen ihrer 8 Mann unter dem Commando des Lieutenants Pestl in der Brigittenau aufgestellt und wollen bemerken, daß sich das Militär von Nußdorf durch die Holzlegstätten zur kleinen Linie ziehe, auch einen Generalen mit mehreren Offizieren gesehen haben; daß ferner, obgenannter Lieutenant bereits mündlich die Anzeige im Hauptqartier gemacht habe, und stellen in Anbetracht der offen ins Auge springenden Gefahr rücksichtlich der Möglichkeit, daß das Militär ungehindert bis in die Leopoldstadt dringen kann, die Bitte man möge eiligst die Verstärkung der in der Brigittenau aufgestellten Mannschaft veranlassen.

,,An den Gemeinderath der Stadt Wien.

Hauptquartier Stammersdorf am 22. October 1848.

Kraft der mir von Sr. Majestät verliehenen Vollmacht übermittle ich dem Gemeinderathe der Stadt Wien 1000 Exemplare sowohl von dem Manifeste Sr. Majestät, als von der von mir selbst erlassenen Proklamation mit dem Auftrage, dieselben alsogleich zu veröffentlichen. Ich mache den Gemeinderath für alle aus der Nichtverlautbarung dieser Proklamationen entspringenden Folgen auf das Strengste verantwortlich, indem ich die energischsten Maßregeln ergreifen werde, um im entgegengeseßten Fall das von mir Angeordnete in Vollzug zu seßen.

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Fürst Windisch grä ß, m. p.“

Ignaz Eschenbacher, Chef des 1. Bat. des Bezirks Wieden, sendete ein Manifest ein, welches in Inzersdorf, und wie er vermuthete, in der ganzen Concurrenz von Wien in unzähligen Exemplaren verbreitet worden ist, sich seinem Wortlaute nach von allen in Wien erscheinenden derlei Manifesten auf die auffallendste Weise unterscheide, ja sogar Stellen enthalte, welche Aufregung

und Erbitterung erzeugen, so machte derselbe diesen Umstand dem Ober-Commando zu weiteren Verfügung bekannt.

Als Rittmeister Martinis mit der Deputation des Gemeinderathes von Olmüß zurückkehrend, aus Stammersdorf, dem Hauptquartiere des Fürsten Windisch grå ß, die Proklamation wegen Uebergabe der Stadt brachte, berief er die Nationalgarde- Cavallerie, welche Tag und Nacht im Liechtensteinischen Palais und in der Stallburg konfignirt waren, und eröffnete ihnen, daß er eine Proklamation vorzulesen habe. Die wissen wir schon," rief eine Stimme, und mit den Worten: „Ich bitte um das Wort," trat ein Garde aus dem Kreise hervor, und fragte Martiniß: „Herr Nittmeister, wollen Sie uns führen gegen die Truppen, oder nicht?” Martinig: „Ich habe Sie niemals zu Etwas Schlechtem geführt, und werde Sie auch jezt nicht dazu verleiten; fragen Sie jedoch Ihr Herz und Ihre Ehre, was Sie zu thun haben!" — Der Garde G....: „So ist die Division aufgelöst!" Martiniß:,,Weder ich, noch Sie haben die Division kreirt, daher haben wir auch nicht das Recht, die Division aufzulösen!*)" — Derselbe Garde wußte sich noch an diesem Tage den Befehl beim Ober-Commando zu erwirken, daß die Errichtung eines berittenen Ordonnanz-Corps für Bem angeordnet wurde. Zu diesem Corps ließen sich jedoch nur 6-8 Ultra der Cavallerie anwerben, und seßten überdieß fest, statt der Pickelhaube, welche bei dem Proletariat nicht beliebt war, und nur Gefahr brächte, - deutsche Hüte zur Cavallerie-Uniform zu tragen. Ein lächerlicher Gedanke, welcher vom Commandanten Martinig dem Ober-Commando angezeigt, und selbst von Messenhauser gerügt wurde. Jene abtrünnigen Garden rissen den Adler von den Kartuschen und alle übrigen Verzierungen von ihren Monturstücken herab, und sahen ziemlich abenteuerlich aus.

In der Sigung der Reichsversammlung am 22. October verlas der Präfi

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*) Ich habe, so wie wenige, häufig Gelegenheit gehabt, die gesinnungstüchtigen, so wie die ultraradikalen Individuen und ihre Wirksamkeit während der Schreckensperiode zu würdigen, und muß mit manchem meiner braven, gesinnungsverwandten Kameraden fragen, wie es denn komme, daß gerade die ausgezeichnetsten Männer des Octobers, Männer, die für Recht, Staat und den Thron eingestanden, teinerlei Anerkennungen wenigstens gleich Andern theilhaftig geworden sind! Oben ist die Ursache gewiß nicht zu suchen. Man erstattete keinen, oder nur einen Bericht über sich selbst! Es thut nichts; dean allen Jenen, die sich als gesinnungstüchtig und thatkräftig bewiesen hatten, werde ich ein Denkmal in der Geschichte segen um daß sie noch ferner dem Vaterlande, dem Throne und tem Rechte energisch ihre Kräfte weihen. Das Vaterland ist nicht undankbar, noch weniger der Staat; denn der Staat braucht wackere Staatsbürger! Am Schlusse dieses Werkes werde ich nicht nur die Namen der Bestraften, sondern auch jene der Belohnten anführen. Dunder.

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dent eine Zuschrift der Reichs-Commiffäre Welder und Mosle, dd. Krems, 21. October, an das Präfidium des Reichstages.

Der Präsident las ferner eine Eingabe von mehreren Bürgern, Nationalgarden und Studenten aus Graz vor, in welcher gebeten wird, die allfällig ungeseßlich abwesenden Reichstags-Abgeordneten aus Steyermark zur augenblicklichen Rückkehr aufzufordern, und den nicht Zurückkehrenden das Mandat abzunehmen, mit 106 Unterschriften, und schlägt dann vor, die eingelaufenen Ein- gaben vorzulesen, was seit 6. October unterlassen wurde.

Mit Zustimmung der Kammer las hierauf Schriftführer Cavalcabó diese Eingaben vor, nach deren Beendigung Abgeordneter Schuselka Namens des permanenten Ausschusses Bericht erstattete.

Er schickte voraus, daß von der Stadt- und Landgemeinde Bielig in Schlefien 200 fl. für unbemittelte Garden eingesendet worden; daß von Linz 120 Garden und Studenten zur Unterstüßung der hiesigen angekommen seyen, welche nur mit Mühe auf Umwegen zu Fuß hieher gelangten, und bemerkte dann, um den vielen falschen Gerüchten zu begegnen, daß von dem gewesenen Minister Hornbostel die briefliche Nachricht eingelangt sey, er befinde sich wohlbehalten in Oberösterreich; ferners widersprach er im Namen des Comitees, welches zur Vertheilung der vom Reichstage bewilligten zwei Millionen an kleinere Gewerbtreibende niedergeseßt ist, der Angabe, daß dieses Comitee seine Arbeiten eingestellt habe, vielmehr sey solches fortwährend aktiv, und gebe täglich Unterstügungen an nicht waffenfähige dürftigere Gewerbsleute, er erwähnte dann der vielen anonymen Zuschriften an den Reichstag, den Reichstags-Vorstand und den permanenten Ausschuß, die mitunter nachdrückliche Drohungen enthalten, insbesondere wegen Nichtzuhülferufens der Ungarn. Schließlich aber habe ein sehr wichtiger Gegenstand die Aufmerksamkeit des Auschusses in Anspruch genommen; der Gemeinderath habe nämlich mitgetheilt, daß die an Se. Majestät gesendete Deputation des Gemeinderathes von Olmüß zurückgekehrt, ohne von Sr. Majestät empfangen worden zu seyn, dieselbe habe nur vom Minister, Baron Wessenberg, die Seite 593 vorkommende Antwort erhalten.

Ueber diesen ungünstigen Erfolg sey der Gemeinderath sowohl als auch der Ausschuß sehr betroffen, da man auf diese, aus politisch Unbetheiligten, gleichsam Vätern der Stadt Wien bestehende Deputation, die besten Hoffnungen gebaut habe.

Dadurch sey es zum zweiten Male dem Ausschusse zur Kenntniß gekommen, daß Fürst Windisch gräß Oberfeldherr aller um Wien lagernden Truppen sey, wovon jedoch officiell noch nichts bekannt wurde; es müsse sich diese Ernennung auf ein nicht publicirtes, von Sr. Majestät und Minister Wessenberg gefertigtes Manifest gründen, welches unter dem Militär zahlreich ver

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