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3. Uhr. Garde Manhart, der 6. Juristen-Compagnie, meldete beim Ober-Commando, daß die Brücke bei Klosterneuburg über die Donau bereits vollendet sey und zum Uebergange der Truppen des Fürsten Windischgräß gebraucht werden solle.

3' Uhr. Hoffmann, Stations-Commandant in Floridsdorf, meldete beim Ober-Commando, daß in dem genannten Orte 3 Uhlanen gefangen wurden, und daß es scheine, als ob der Korporal, der sich unter diesen Gefangenen befinde, Schriften bei sich habe. Leßteres hat sich nicht bewährt.

4 Uhr. Das Stations-Commando von Floridsdorf bath beim Ober-Commando dringend um eine zweite Kanone.

4 Uhr. August Lenkheim meldete beim Ober-Commando, daß sich im Arsenale im tiefen Graben kein Wachposten befinde, und daß das Volk verschiedene Utensilien aus diesem Gebäude fortschleppe.

4 Uhr. Garde Freier des Bezirkes Landstraße berichtete beim OberCommando, daß im Publikum die Militärmacht, welche um Wien sich befindet, für bedeutend stärker gehalten wird, als sie wirklich ist; so sind in Aggersdorf blos 6 Compagnien von Khevenhiller Infanterie bequartirt, und das Regiment Erzherzog Stefan Infanterie kampire auf freiem Felde. Der Weg über Liesing, Mauer, Speifing und Lainz ist ganz frei. In Rodaun befand sich ein italienisches Regiment, ist aber schon nach Schwadorf abgerückt. Der Ban Jellačič concentrirt seine Truppen bei Schwadorf und Rothneusiedl.

4 Uhr. Der f. k. Kasern - Verwalter, Oberlieutenant Dworzak, machte beim Ober- Commando die Anzeige, daß in der Jesuitenhofer- und Getreidmarkt Kaserne sehr viele Offiziers - Quartiere, Magazine und unterirdische Behältnisse vom Volke erbrochen worden seyen, und die vorhandenen Gewehre und die Munition weggetragen wurden.

4. Uhr. Karl Karra, Lithograph, machte beim Ober-Commando die Anzeige, daß er erböthig sey, bewegliche und transportable Barrikaden zu bauen, welche mit wenig Kosten verbunden, auch als Batterien gebraucht werden können.

4. Uhr. Dr. Wagl aus Graz berichtete beim Ober-Commando, daß in Weinhaus im Liguorianer: Gebäude noch 1600 Eimer Wein liegen, worüber schon eine Licitation ausgeschrieben worden, aber noch nicht statt gefunden habe.

Schiffsleute berichteten, die Insel Lobau sey militärisch beseßt. Auf der Brünnerstraße standen, nur wenige Stunden von Wien entfernt, starke Militärmassen. In Schlesien war ein großer Theil der Bauern bewaffnet, und wollte den Wienern zu Hülfe eilen; aber die Militärmacht st ind ihnen hemmend entge= gen. Der Kreishauptmann des V. U. W. W. berichtete dem Gemeinderathe, daß, nachdem die k. k. kroatisch-slawonische Armee den österreichischen Boden be

treten, auch ungarische Vorposten die Leitha überschritten, in Bruck 8000 Brotrationen faßten, und wieder zurückkehrten. Ebenso seyen 14,000 Mann der kroatischen Armee bei Kirchschlag angelangt, die sich dann nach Bruderbruch gezogen hatten; das Betragen der kroatischen Armee hat zu keiner Klage Anlaß gegeben.

Der Bezirks-Chef Theodor Hirn machte beim Ober-Commando die schriftliche Anzeige, daß eine Abtheilung der Mobilgarde unter dem Vorwande, versteckte Munition aufzusuchen, auf der Wieden, Wohllebengasse in die daselbst befindliche Millykerzen-Fabrik gewaltsam eingedrungen sey, und daß das Hausrecht dadurch auf eine empörende Weise verlegt wurde. Da der Führer davon mit einer schriftlichen, von einem Ober-Commandanten-Stellvertreter unterfertigten Vollmacht versehen war, so konnte Hirn diese Hausdurchsuchung nicht hintanhalten; derselbe verwahrte sich jedoch ernstlich gegen ähnliche Gewaltthaten, und ersuchte das Ober-Commando in Zukunft bei dergleichen Fällen das BezirksCommando allein mit Hausdurchsuchungen zu beauftragen, welches die Bewohner des Bezirkes und deren Gesinnung kennt, folglich in der Lage ist, durch eigene Offiziere alle Anordnungen des Ober-Commandanten auf eine humane Weise auszuführen. Messenhauser selbst billigte vollkommen diese Verwahrung Hirn's und ertheilte ihm den schriftlichen Bescheid, daß der Aussteller obiger Vollmacht einen Verweis erhalten werde. Thurn war es nicht.

Auf gleiche Weise suchte der Bezirks-Chef Hirn alle Bewohner, besonders aber das k. k. Militär, welches sich auf der Wieden befand, zu beschüßen. Das Wohnhaus des Generals Baron Herbert, sammt den Kanzleyen des Fuhrwesen-Corps, der Holzhof, das Gußhans sammt dem anstossenden Stöckelgebäude, und die Kaserne der k. k. Militär-Polizeiwache wurden mit starken Wachposten der Nationalgarde besezt, und so gelang es den genannten Generalen, mehre Stabs- und Ober- Offiziere sammt deren Familien, die Stabs-Parteien, dann die Mannschaft vom Feldwebel und Wachtmeister abwärts vor jeder Gewaltthat von Seite des bewaffneten Proletariats zu bewahren. Auch ist von den genannten Militärgebäuden jede Beschädigung abgewendet worden. Zu diesen Wachen wurden vornehmlich die 4. und 24. Compagnie, welche sich hiezu freiwillig angebothen, commandirt. Der Hauptmann Friedrich Herr, der leßteren Compagnie, war vom 16. bis zum Einrücken des Militärs permanent als Wachcommandant im Stöckelgebäude; er übernahm inventarisch die sehr kostbaren Metall Vorräthe vom Militär, verwahrte solche gewissenhaft, und erfolgte nur gegen schriftlichen Ober-Commando-Befehl Einiges an die Nationalgarde-Artillerie. Vorzüglich verdienstvoll war dessen Benehmen bei Gelegenheit des angeordneten Gießens von Flintenkugeln, wo es ihm gelang, die projektirte Benüßung der vorhandenen kostspieligen Dampfmaschinen zum Gießen, zu verhindern.

Die Sträflinge im Leopoldstädter Strafhause wollten gewaltsam durchbre

chen und nahmen eine so drohende Stellung an, daß der Verwalter genöthiget ward, Beistand anzusprechen.

Die Wiener flohen immer noch, die Fuhrleute ließen sich sehr gut zahlen. Bon 5 fl. stiegen die Fahrpreise auf 25 ft. C. M. und höher.

Jella čič's Hauptmacht stand bei Schwechat, also die Magyaren zu empfangen bereit.

Fizner und Beckers, Directoren der Millykerzen-Fabrik beschwerten fich im Gemeinderathe über Verlegung des Hausrechtes durch das Aufsuchen von Munition, worüber eine Note an das Ober-Commando zur weiteren Untersuchung erlassen wurde. Ein vom Ober-Commando an den Gemeinderath eingelaufenes Gesuch um Anschaffung von chirurgischen Instrumenten, wurde der Sanitäts-Commission überwiesen.

Das Ansuchen des Studenten-Comitees an den Gemeinderath, um die Verpflegung jener Armen, die nicht waffenfähig sind, wurde dem Magistrate zur Amtshandlung zugewiesen.

Sterner und Brentano suchten beim Gemeinderath um einen Vorschuß von 300 fl. auf Zünder an, worüber Bürth und Kubeník zur näheren Untersuchung beauftragt wurden.

Ueber ein von dem Bezirks-Chef der Leopoldstadt an den Gemeinderath ge= langtes Gesuch, die Sträflinge des dortigen Strafhauses, die sich aufzulehnen drohten, in das Kriminalgebäude abführen zu lassen, wurde eine Commission zur Untersuchung, bestehend aus den Herren Gräff und Hütter, ernannt.

Ein von der Direction des Versagamtes an den Gemeinderath überreichtes Gesuch, um die Enthebung ihrer Beamten vom Nationalgardedienste, und um Bewilligung eines Vorschußes, wurde beziehungsweise des ersten Punktes an das Nationalgarde-Ober-Commando, und rücksichtlich des legten Punktes vorwortlich an die Nationalbank-Direction sich gewendet.

Die Anzeige Schiff ner's, daß im Eisenbahnhofe 1000 Megen Erdäpfel lagern, welche zur Branntwein-Erzeugung nach Nußdorf bestimmt find, weiset der Gemeinderath der Approvisionirungs-Commission zur gefälligen Beachtung und allenfälligem Ankaufe zu.

Ueber das bei dem Gemeinderathe eingelangte Gesuch des Bezirks-Chefs Lange, um Anweisung von Diäten, und zwar 2 fl. für sich, 5 Pferd (!), wurde eine Commission ernannt, welche sich in dieser Angelegenheit mit dem Ober-Commando ins Einvernehmen zu sehen hatte.

Angerer, Mitglied der Approvifionirungs-Comission, referirte dem Gemeinderathe, daß 900 Stück Ochsen auf den Markt gebracht wurden; die Händler überließen den Centner zu 45 fl. gegen gleiche Bezahlung. Die Fleischhauer haben die Garantie übernommen, jedoch unter der Bedingung, daß, falls

vielleicht einige tausend Gulden fehlen sollten, diese die Commune bezahle, wofür jedoch die ganze Innung Bürgschaft leisten werde, welches auch angenommen wurde. Ein dem Gemeinderathe überreichtes Gesuch des Fleischers Diborsky aus Währing um 50 Stück Ohsen, wurde der Approvisionirungs-Commisfion zugewiesen.

Dr. Beer stellte den Antrag, der Gemeinderath möge eine Deputation mit einer Adresse an Se. Majestät absenden, welche die jeßige Lage der Stadt Wien, der loyalen und treuen Gesinnungen der Bevölkerung und ihrer unerschütterlichen Anhänglichkeit an den konstitutionellen Thron, an Se. Majestät vertrauensvoll die Bitte stellen soll: Allerhöchstdieselben mögen unter Berücksichtigung der allergnädigst anerkannten und zugestandenen Errungenschaften, und im Interesse der Ruhe und Ordnung, deren Aufrechthaltung zu den heiligsten Pflichten des Gemeinderathes gehört, diejenigen Maßregeln einzuleiten geruhen, welche geeignet sind, den peinlichen und zweifelhaften Zustand, der die Wohlfahrt der Bewohner Wiens untergräbt und erschüttert, im Geiste des Friedens und der Versöhnung ein Ende zu machen, und die Rückkehr Sr. Majestät zu beschleunigen, worüber Stifft, Martyrt und Bernbrunn die Amandements stellten, daß auch gewisse Forderungen gestellt werden sollen. Diese beantragte Adresse ist unterm 19. enthalten.

Ueber das an den Gemeinderath eingelangte Dekret des Reichstags-Ausschusses bezüglich der Bitte des Gemeinderathes, daß der Ober-Commandant die Offensive nur über Antrag des Reichstages ergreifen dürfe; des Inhalts: daß sich der Gemeinderath früher äussern solle, ob er Jellačič als Freund oder Feind betrachte, entwickelte sich eine längere Debatte, worüber beschlossen wurde, diesen Gegenstand in der nächsten Sißung in neuere Berathung zu ziehen.

Hütter referirte im Gemeinderathe über seine Sendung in das Leopoldstädter Strafhaus, wornach eine Commission zur Ausführung der nöthigen Maßregeln ernannt wurde.

Stifft verlas eine Adresse an den hohen Reichstag, in welcher derselbe ersucht wird, die Stellung des prov. Ober-Commandanten der Nationalgarde dem Gemeinderathe gegenüber ins Klare zu bringen. — Beer wünschte in die Adresse auch aufgenommen, ob unter der Vertheidigung der Stadt, auch die der Umgebung verstanden werden soll, worüber Wessely und Freund meinten: da der Ober-Commandant für Wien und Umgebungen ernannt ist, die Vertheidigung auch auf die nahe liegenden Vorstädte ausgedehnt werden müsse. Kaiser, Folwarzny und Braun hielten dafür, daß die Vertheidigung der Umgebung von Wien eine Unmöglichkeit sey, wornach über Freund's Antrag eine Commission ernannt wurde, welche eine Redaction der verlesenen Adresse vornehmen sollte. Kuhn stellte den Antrag, es mögen die kommandirenden Generale

schriftlich oder mündlich befragt werden, ob sie Approvisionirungsgegenstände frei passiren lassen wollen, worauf Dr. Folwarzny meinte, daß dieses durch Anfrage des Sicherheits-Ausschusses des Reichstages, Gräff, durch eine Deputation an die commandirenden Generale, Braun durch das Ober-Commando der Nationalgarde, Schierer durch den General Mataus check geschehen solle, Sassenbauer hingegen einen feierlichen Protest wegen des Abschnittes der Zufuhr von Lebensmitteln an den Reichstags-Ausschuß zu machen beantragte, wurde beschlossen, ein schriftliches Ansuchen durch eine Deputation dem ReichstagsAusschusse zu überreichen, und denselben zugleich zu bitten, dem Gemeinderathe hierüber eine schriftliche Erledigung zukommen zu lassen.

Stifft las dem Gemeinderathe die durch die Commission redigirte Adresse vor, welche angenommen wurde; Beer's Antrag, dieselbe zu veröffentlichen, wurde über Entgegnung einiger Mitglieder vom Antragsteller zurückgezogen.

Freund verlas die von ihm verfaßte Adresse an die hohe Reichsversammlung, betreffend die finanzielle Lage der Commune, in welcher Kaiser den Ausdruck ein Feind vor den Mauern Wiens" zu stark fand, und daher von Freund dahin abgeändert,,die Truppen des Ban's in feindlicher Stellung“ und in dieser Gestalt vom Gemeinderathe angenommen wurde.

In der Nachmittags-Sigung der constituirenden Reichsversammlung desselben Tages berichtete der Abgeordnete Schuselka im Namen des permanenten Reichstags-Ausschusses, daß die bei der gestrigen Reichstagssigung beschlossene Adresse an Se. k. k. Majestät der hohen Reichsversammlung zur Genehmigung noch nicht vorgelegt werden könne, weil bei der Redigirung derselben sich Schwierigkeiten erhoben, die noch nicht beseitigt sind. Unter diese Schwierigkeiten gehört auch der Umstand, daß der permanente Reichstags-Ausschuß eine neue Proklamation an die Völker Oesterreichs zu erlassen, und eine Abschrift hievon der Adresse an Se. Majestät beizulegen für nothwendig erachtet.

Die Veranlassung zu dieser Proklamation an die Völker liegt in dem Umstande, daß in mehreren Provinzen des österreichischen Kaiserstaates die nachthei= ligsten, wahrheitswidrigsten und das bisherige Verfahren des Reichstages im hohen Grade verdächtigenden Gerüchte und Entstellungen der jüngsten hierortigen Vorfälle verbreitet sind, und von böswilligen Leuten noch immer verbreitet werden. Es stellt sich sonach die Nothwendigkeit heraus, die irrigen Urtheile, welche sich durch diese wahrheitentstellenden Berichte über die legalen hierortigen Ereignisse und das Benchmen des Reichstages in den Provinzen herausgebildet haben, zu berichtigen, und die bisherige Wirksamkeit der hohen Reichsversammlung durch getreue Darstellung der leßten Ereignisse, dann der feindseligen Benehmungsweise der vor der Haupt- und Residenzstadt stehenden Kriegsheere, endlich der vielen vom Reichstage unternommenen Versuche zur friedlichen Ausgleichung zu rechtfertigen.

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