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17. October.

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Hauptquartier im Schwarzenberg-Palais und im Belvedere. Auersperg an Messenhauser. — Aushilfs-Spitäler. — Die k. k. Burg soll in Brand gesteckt werden. Die Mannschaft des k. k. Militär-Transport - Sammelhauses. Die Deputirten der Linken aus Frankfurt im Reichstage. Eingabe der Madame Perin beim Reichstage. Auersperg an den Reichstag. Adresse des Kärnthner VolksAuersperg an die Landleute.

Vereins.

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3 Uhr Morgens. Vom Stephansthurme wurde dem Ober-Commando gemeldet: Stadt und Umgebung sind ganz ruhig. Die Wachfeuer sind wie um Mitternacht sichtbar, die am Laaerberge flackern hell auf. Bei zwei Wachfeuern sieht man nur den Widerschein, weil sie nicht auf der Kuppe des Berges, sondern auf dem jenseitigen Abhange angezündet sind.

7 Uhr. Wurde vom Stephansthurme dem Ober-Commando gemeldet, daß sich alles in demselben Zustande wie um 3 Uhr befinde.

7. Uhr. Wurde dem Ober-Commando gemeldet, daß 50 Schritte unter dem Ziegelofen Blank's am Simmeringer Damm eine Schanze aufgeworfen wurde, und mit zwei Kanonen besezt ist.

Im Donau-Canale sind bei zwanzig Schiffe größerer Gattung sichtbar.

Die Gränzwache bei der Freudenau zu entfernen, wäre nothwendig, indem sie mit dem Militär in Verbindung steht, oder in Unterhandlung, und besonders ein Böhme, Namens Blaha, soll der Verdächtigste unter derselben seyn.

Des Morgens wurde die Stadt durch eine lebhafte Kanonade allarmirt. Bei der Marger-Linie wurde ein Erdanwurf für ein anzubringendes Geschüß gemacht, weßwegen die Kroaten vom Friedhof aus, wo sie verschanzt waren, mit Sechspfündern und Granaten feuerten. Dieses Feuern wurde aus der Borstadt lebhaft erwiedert, worauf die Kroaten das ihrige einstellten.

Sicheren Nachrichten zufolge erklärten die Magyaren nicht heranrücken zu können, wenn sie vom Wiener Reichstage nicht berufen werden. Den Wienern gingen die Augen immer noch nicht auf, als eine fremde Zeitung schrieb, daß man Anarchie zu Gunsten der Magyaren herbeigeführt, daß man in Wien eine Revolution gemacht, um die Unabhängigkeit Ungarns zu erzwingen, welche einen eigenen Kriegsminister, eine besondere Armee, und einen Gesandten in Paris haben wollte. Das hieß sich doch offen von dem übrigen Oesterreich lossagen und demselben sich feindselig erklären! Man sagte freilich, dieß geschehe ,,im deutschen Interesse"; allein konnte man auch nur einen Augenblick glauben, daß für Deutschland Wien mehr werth seyn würde, wenn es sich in eine Gränzstadt verwandelt, hinter welcher die Allianz mit Frankreich angefangen hätte?

Nachstehender, in der Zeitschrift „der Freimüthige" von einem sogenannten Volksfreunde veröffentlichte, terroristische Artikel, verdient zur Würdigung der ,,October-Revolution" der Geschichte überliefert zu werden, und zwar :

„Ein wichtiger Vorschlag! Der Gemeinderath hat die Idee einer Kriegssteuer für die flüchtigen Wiener Feiglinge bereits in Anregung gebracht. Wir glauben, daß diese Idee dem hohen Reichstage vorgelegt und folgendermassen in Ausführung gebracht werden sollte :

1. Es soll eine Commission beauftragt werden, ein Verzeichniß anzufertigen, welches sämmtliche von Wien auf der Flucht begriffene, und seit den Tagen der Gefahr von der Stadt und den Vorstädten abwesende Hauseigenthümer enthält, und ihnen eine Steuer für die Bewachung und den Schuß ihres Eigenthums aufzuerlegen, indem eine Plünderung von Seite des Feindes am wenigsten mittellosen Garden gelegen seyn dürfte, und die Reichen in dem bedrängten Augenblicke, wo dem Vaterlande Gefahr droht, sich demselben durch die Flucht entzogen haben.

2. Das Ober-Commando sollte ebenfalls einen summarischen Ausweis sämmtlicher Compagnien und einzelner Nationalgarden abverlangen, um zur Neberzeugung zu gelangen, welche Garden ihren heiligen Beruf, die Freiheit zu schüßen, auffaßten, um einst auf selbe bei Verleihung von öffentlichen Aemtern (!) oder sonstigen Begünstigungen (!) Rücksicht zu nehmen.

Wie nothwendig dieß wäre, mögen folgende thatsächliche Beispiele beweisen. Die 6. Compagnie eines Vorstadt-Bezirkes, welche aus 200 Mann, meist wohlhabenden Bürgern, Kaufleuten, Hausherren u. s. w. bestand, löste sich gänzlich auf, und nur eine geringe Anzahl ließ sich in den übrigen Compagnien einreihen.

Bom ganzen Bezirke Schottenviertel bestehen höchstens 200 Mann dienstfähige Garden, die übrigen find lauter Arbeiter. Von einem Volksfreunde.“

Aufruf vom Nationalgarde Ober-Commando. Der Anmarsch der ungarischen Armee bemüssiget mich, zur Deckung der Oft- und Südseite der Stadt das Lager vom Belvedere beziehen zu lassen. - Es sind in den Reihen der Nationalgarde viele Männer, welche schon früher in allen Theilen des Militärs Dienste geleistet haben. Es ergeht an sie im Namen ihrer Bürger- und Vaterlandspflicht (!) der Aufruf des Ober-Commandanten, sich bekannt zu geben, ihre Dienste im Lager anzubieten.

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Diejenigen, welche diesem meinem Rufe zu entsprechen Willens find, mögen sich alsogleich in das Lager begeben, und beim Herrn General-Lieutenant Be m fich anmelden. Militärs innerhalb der Mauern Wiens, Offiziere, erfahrene und thatkräftige Männer, tapfere Soldaten, welche eben so geneigt seyn dürften, als Freiwillige in meiner mobilen Garde, respective dem Lager Dienste zu leisten. Es find Dienste für die gemeinsame Sache der Freiheit. - Allen theuren,

heiligen, unveräußerlichen Errungenschaften droht Gefahr und Vernichtung durch die heraufziehenden Schrecken einer Militär-Herrschaft.

Erhebt Euch! kämpft mit uns! Der Dank des schönen Wien, die Bewunderung aller freien Völker wird strahlender Lohn Eurer Thaten seyn.

Sämmtliche Herren Freiwilligen wollen sich sogleich in das Lager zum Herrn General-Lieutenant Bem begeben, dort werden sie alsogleich auf die ihren Wünschen und ihrer Begeisterung entsprechende Weise verwendet werden. — Es bedarf keiner Erinnerung, daß alle vom Tage ihres Eintrittes aus der HauptOperations-Caffe ihre Gebühr erhalten. Wien am 17. October 1848.

Messenhauser, m. p., prov. Ober-Commandant."

„Zur Nachricht! Jene Herren, welche in das Akademiker-Freicorps eingereiht find, wollen täglich auf unserer Hauptwache, Seminargebäude am Stephansplag, nachsehen, wo die Namen vierundzwanzig Stunden vorher angegeben sind, die den Dienst zu besorgen haben. Freicorps-Commando, den 17. October 1848. Kupta, Hauptmann."

,,Tagsbefehl. Indem die mobilen Corps das Feldlager vom Belvedere beziehen, habe ich für die übrige Garde folgende Befehle und Anordnungen zu erlassen. 1. Die Herren Bezirks-Commandanten haften mir für die leberwachung ihres ganzen Bezirkes. Sie müssen mit ihren eigenen Kräften für die Befestigung der äußeren Linien und Thore wirken.

2. An den Thoren darf, so lange von mir kein weiterer Befehl erlassen wird, die Zufuhr und der Personenverkehr keinerlei Störung erleiden.

3. Die Bezirke Leopoldstadt, Landstraße, Wieden erhalten von morgen an die nöthigen Verpflegsgelder aus der Operations-Caffe im Belvedere, die übrigen Bezirke dagegen vom Gemeinderathe.

4. Zur Vermeidung möglicher Störungen in der Verpflegung haben sämmtliche Herren Bezirks-Chefs noch heute ein Verlagsquantum von 1000 fl. zu erheben. 5. Ich befehle und verordne, daß die Bedeckung des Hauptquartiers in folgender Art gebildet werde:

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a) Aus je vier Garden von allen Compagnien, und je acht Garden aus jeder Escadron, sämmtlich entschlossene muthige Männer. Sie werden den Titel „Garden des Hauptquartiers“ führen. Ihnen ist die Vertheidigung des Hauptquartiers anvertraut. Ich werde ein besonderes Abzeichen für sie bekannt geben. Die Herren Bezirks-Chefs haben sogleich nach Erhalt dieses Befehles ihre sämmtlichen Garden ohne zu allarmiren zu versammeln, und diese vier Vertrauensmänner auswählen zu lassen. Sie müssen bei persönlicher strenger Verantwortung der Herren Bezirks-Chefs, von mir und dem hohen Reichstage, bis 6 Uhr Abends zuverlässig im Lager eingetroffen seyn

-

und sich in der Feld-Adjutantur gemeldet haben. Sie treten sogleich in die Verpflegung des Hauptquartiers.

b) Die akademische Legion gibt zu der Bedeckung des Hauptquartiers eine vollständige Compagnie mit ihren Offizieren, und wird nicht abgelöst.

c) Eine Compagnie, gebildet aus Vertrauensmännern von allen mobilen Corps. d) Aus je einem Zuge der steyerischen Schüßen, der Brünner Freiwilligen und der polnischen Legion.

Verpflegung der akademischen Legion. Da die gesammte akademische Legion lagert, so erhält sie auch daselbst ihre Verpflegung, und zwar derart:

Die Herren Offiziere nach ihrem Range wie die übrigen. Die Legionärs für den Kopf gleich den andern nur 25 Kreuzer. Ihr Bewußtseyn wird ihnen die materielle Verkürzung ihrer entschiedensten Verdienste erseßen.

Bis 6 Uhr Abends haben die Herren Bezirks-Chefs einen Herren Offizier mit zwei behenden Ordonnanzen, welche vor drei Tagen nicht abgelöst werden, ebenfalls unfehlbar in das Lager eintreffen zu machen. Alle diese Herren haben sich bei dem Plag-Hauptmann Du Bein zu melden, und unterstehen den höheren Befehlen des Feld-Adjutanten Hauptmann Fenneberg.

Die beim Antritte meines Commandos aus der Wahl der Herren BezirksChefs hervorgegangenen und vom hohen Reichstags-Ausschusse bestätigten drei Stellvertreter des Ober-Commandanten: Herr Oberst Schaumburg, Herr Hauptmann Thurn, und Herr Commandant Aigner, haben sich gleichfalls bis Abends im Lager einzufinden. Sie haben sich daselbst mit einem Adjutanten und zwei Ordonnanzen versehen zu lassen, und werden morgen bei den in Schlachtordnung befindlichen Truppen Commandos erhalten.

Als Hauptbefehle und Verordnungen mache ich Folgendes bekannt:

Bei dem Erscheinen der ungarischen Armee erfolgt die Allarmirung der Stadt auf meinen Befehl vom Lager aus. Eine weiße Rauchsäule von St. Stephan wird nebst dem Trommelwirbel das Zeichen seyn.

Hierauf haben alle Wehrmänner sich auf ihren Sammelpläßen einzufinden, die Herren Bezirks-Commandanten die Freiwilligen aufzurufen, welche als Reserve auf das Glacis vor dem Verbrennhause mit den gehörigen Chargen abzuschicken sind.

Dort werden sie von Generalstabs - Offizieren empfangen, und als die Reserve des Lagers aufgestellt. Zur Sicherung ihrer Bezirke haben die Herren Bezirks-Chefs Vedetten an den Außenlinien, Unterstüßungen und Reserven auszustellen. Die Hauptmacht bleibt in Ruhe in Bereitschaft. Auf Familienväter ist die größte von Billigkeit und Menschlichkeit gebotene Rücksicht zu nehmen. Sie sind zum Patrouilliren, zum Wachdienste im Innern der Bezirke zu verwenden.

Ich stelle die fremden Gesandten, die f. 1. und Nationalgebäude, so wie das k. k. Militärgut und deren Personen unter den Schuß der Ehre des betref= fenden Bezirkes. Für die innere Stadt ist keinerlei Gefahr zu besorgen. Es darf demnach nicht befremden, wenn ich alles Geschüß aus der Stadt im Lager concentrire. Von dort aus werde ich Hülfe auf die bedrohten Punkte senden.

Damit die Personen meines Hauptquartiers schon von Weitem erkennbar find, finde ich zu verordnen: Der Ober-Commandant, der Herr General-Lieutenant Bem, Herr Artillerie-Oberst Jelowicki, und die von mir morgen ernannt werdenden Corps-Commandanten tragen weiße Reiherbüsche; alle Herren Offiziere des Generalstabes grüne Federbüsche, dazu die Feldbinde nach früherem Befehle. Der Chef des Haupt-Geschäfts-Bureau wird diese Abzeichen, so wie jene der Garde des Hauptquartiers noch heute in das Lager abliefern. Die Vertheilung daselbst erfolgt durch die Feld-Adjutantur.

So eben erhalte ich die Nachricht, daß die dritte Compagnie des Stubenviertels, unter dem Commando des Herrn Oberlieutenants Brentano, das Ansuchen stellt, sich den mobilen Corps im Lager anzuschließen. Ich fühle mich von dem ausgezeichneten Geiste dieser Compagnie auf das Angenehmste überrascht. Dieses schöne Beispiel von Hingebung wird Nachahmung finden. Ich glaube die ganze Compagnie zu ehren, indem ich ihren Führer, Herrn Oberlieutenant Brentano, sofort zum Hauptmann ernenne. Dieser trefflichen Compagnie wird die erste Bewachung des Hauptquartiers anvertraut.

In mehreren Bezirken hat sich der Irrthum verbreitet, als würden den unbemittelten Garden für 24stündigen Wachdienst 40 Kreuzer verabfolgt. Solches ist völlig unrichtet. Der Rückersaß darf wohl nicht angesprochen werden, aber dem Herrn Bezirks-Chef Naessel drücke ich allgemein mein tiefes Bedauern aus, daß Unbesonnene sich soweit vergaßen, ihn in kränkenden Verdacht zu ziehen.

Da ich, wie schon erwähnt, heute mein Hauptquartier in das Belvedere verlege, so belasse ich behufs des ungestörten Geschäftsverkehrs mit den hohen Behörden das Central-Geschäfts-Bureau unter Leitung des Herrn Hauptmanns Schneider in der Stallburg.

An dieses Bureau sind sonach alle ämtlichen Correspondenzen, welche nicht militärische Gegenstände betreffen, zu richten, und von da aus wird auch deren Erledigung erfolgen.

Zur Aufrechthaltung der Disciplin sind bereits von dem hohen Reichstage Disciplinar-Verordnungen erlassen worden.

Sie werden im Laufe des Tages öffentlich bekannt gemacht werden.

Wien, am 17. October 1848.

Messenhauser, m. p.

provisorischer Ober-Commandant."

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