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digsten (!) Führer war Dr. A. J. Becher, Redakteur des „Radikalen", welcher bis auf den legten Augenblick konsequent und unerschrocken blieb. Das Militär erlaubte sich die rohesten Gewaltthätigkeiten. So wurde der Deputirte Sturm in W. Neustadt ohne die geringste (?) Veranlassung_festgenommen, und unter der strengsten Bewachung zwei Tage lang in förmlicher Gefangenschaft gehalten. Die Offiziere nannten die Volksvertreter die Mörder Latour's. Zwei Studenten, die mit demselben Train, wie der obgenannte Deputirte aus Steyermark kamen, sollten auf Befehl eines Majors erschossen (?) werden, indessen war der Oberst gegen den Antrag (?) des Majors, und es hatte sein Bewenden, daß sie mit den gemeinsten Schimpfwörtern benannt wurden, und nur der Umstand, daß sich einer der Studenten als Baron (!) auswies (!), besänftigte etwas die Wuth."

Die Ungarn sind da! hieß es abermals,

aber es waren nur jene da, die das Gerücht schon so oft ausgestreut hatten. Im ungarischen Lager soll eine Meuterei ausgebrochen seyn, wodurch die Ankunft verzögert wurde.

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Ein Weib, aller Weiblichkeit bar sammelte Unterschriften zu einer Petition an den Reichstag, daß derselbe den Landsturm aufbieten möge. Es war dieß die sogenannte Präsidentin des sogenannten ersten demokratischen FrauenVereines, Perin, die ihrem ehrenvollen Familiennamen wahrlich keine Ehre machte. Was haben Weiber mit Politik zu schaffen? Man kann die Geliebte eines Demagogen seyn, und doch Weib bleiben; aber freches Eindrängen in Völkerfragen — bleibe fern dem weiblichen Gemüthe. Und die Guilotine — doch darauf werden wir später kommen, Du unglückliches, fanatisirtes Weib !*)

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Aus allen Theilen der Monarchie und Deutschlands kamen Adressen an den Reichstag, ohne Zweifel von einzelnen Deputirten angeregt, welch' erstere ebenso viele Zeugnisse der politischen Unmündigkeit der einzelnen Provinzialen, voll bombastischer Phrasen und hochtrabender Metaphern, darboten. Solche sind bei den Ereignissen vorhergehender und nachkommender Tage enthalten, um damit die betreffenden Corporationen nun erkennen was sie gewollt und gethan, und was sie hätten wollen und thun können. — Sie sollen wohl überlegen, ob sie in Zukunft nicht Waffen gegen jene schmieden, denen sie solche vernünftigerweise reichen sollten. An Erfahrungen fehlt es wahrlich nicht! —

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Die Stadt hatte ein ruhigeres Aussehen, die meisten Gewölbe waren geöffnet, Viele gingen ihren Geschäften nach ; von größeren Geschäften keine Spur. *) Wer so wie ich Blut in Strömen fließen sah, wer die todtverbreitenden Geschoße, das Zischen der Kugeln gehört, die vielen Menschen im blühenden und vorgerückten Alter todt hingestreckt betrachtet hatte, dann, wer selbst so viele Lebensgefahren bestand wie ich mahne mich nicht um Nachsicht gegen politische, blutrünstige Verbrechen der Ueberlebenden. Ich schreibe nur was war und wahr! Dr.

Gegen Mittag verbreitete sich das lügenhafte Gerücht von einer in Prag ausgebrochenen Revolution und von Erstürmung des dortigen Zeughauses.

Robert Blum, Fröbel, Hartmann, Trampusch, Frankfurter Deputirte, kamen in Wien an, gesendet von der Linken des Reichstages. Ihr heilloses Wirken begann. Die mobilen Corps, deren Zahl bedeutend wuchs, wurden in Eid genommen und aufmerksam gemacht, daß Subordinationsfehler, eigenmächtige Fouragirungen 2c. kriegsrechtlich behandelt werden. Man forderte Disciplin von Arbeitern, und suchte das Militär zur Meuterei zu bewegen. Man sollte aufbauen, und zerstörte nur.

Dem Betragen der Kroaten wurde viel Lob gespendet, hingegen jenes der Truppen bitter getadelt. Rohheiten aller Art, Confiscationen von Lebensmitteln 2c. waren an der Tagesordnung. Freilich waren die Kroaten am 6. nicht in Wien, und sind auch nicht so schändlich bedient worden.

Die Flucht vieler Calabreser und Standredner wurde immer bemerkbarer. Die zurückgebliebenen Revolutionsmacher machten anscheinend scherzhafte — das Hängen bezeichnende Gesten.

„Kundmachung! Ich erweitere meinen dießfallfigen Befehl betreffs der Dienstleistung des berühmten Herrn General-Lieutenant Bem dahin, daß ich demselben die Inspection und Organisation der Vertheidigung sämmtlicher Linien und Außenwälle der Stadt mit unumschränkter Vollmacht übertrage. Der Herr General-Lieutenant postirt das Geschüß; er veranlaßt Verstärkungen und deren Abberufung, desgleichen ist Er es, welcher das für die mobilen Corps im Belvedere und Schwarzenberggarten bestimmte Lager einrichtet. Das Hauptquartier des Herrn General-Lieutenants ist im Lager. Seine Anordnungen stehen im tiefsten Einklang mit meinem strategischen Plane. Es wäre strafbares Verkennen des großen Zweckes, der Vertheidigung der Hauptstadt, den weisen Befehlen des Herrn Generals Bem, mit Lauheit Folge leisten zu wollen. Ich bin bei dem trefflichen Geiste aller Chefs und Commandanten vom Gegentheile überzeugt. Die Commandanten der beiden berittenen Garden haben wechselweise ein Detachement zu seiner Verfügung zu stellen. Der Intendant wird ungesäumt angewiesen, sich dem Herrn General im Lager vorzustellen. Wien, den 16. October 1848. Messenhauser, m. p., prov. Ober-Commandant."

,,An Seine Excellenz den Herrn Feldmarschall - Lieutenant Grafen von Auersperg. Der Unterzeichnete hat die Ehre, Euer Excellenz eine Abschrift Desjenigen zu übersenden, was er dem Herrn Banus von Kroatien im Laufe dieses Vormittags mitzutheilen länger keinen Augenblick mehr säumen konnte. Indem Euer Excellenz sich von dem vollen Inhalte meiner Note an den Herrn Banus unterrichten, werden Sie die gebieterische Nothwendigkeit um so leichter erkennen, die mich bemüssigt, eine ähnliche Erklärung mir auch von Euer Excellenz

zu erbitten. Ich glaube die Gränzen meiner Befugnisse als Ober-Commandant der Nationalgarde und der Stadt Wien sammt Umgebung, in keiner Weise zu überschreiten, wenn ich, um mein Ersuchsschreiben klar zu formuliren: 1. Eine Aufklärung mir erbitte, ob ein Stand der Dinge, der also lautet: der Herr Banus, Heerführer kroatischer Nationaltruppen, und Seine Excellenz der Heerführer des aus Wien, in Følge der Ereignisse vom 6. October ausmarschirten k. k. Armeecorps werden die Stadt nicht angreifen, so lange wir nicht selbst angreifen, ich sage, der gefertigte Ober-Commandant kann in keiner Art umhin, fich, seinem Generalstabe, der Heeresmacht seiner gesammten Volkswehr, so wie der gesammten Bevölkernng Wiens die einfache Frage vorzulegen, ob ein solcher Stand der Dinge noch so länger, mit allen aufreibenden, vernichtenden Wirkungen fortbestehen könne? Ja, ob ein solcher trüber Stand der Dinge noch länger fortbestehen dürfe. An Euer Excellenz ist es, hierüber meiner gesammten Garde und der Bevölkerung, schon aus Menschlichkeit in der allerkürzesten Zeitfrist die bündigste Aufklärung zu geben; 2. Ich glaube die schwere Verantwortlichkeit, meiner, mir vom hohen Reichstage gestellten Aufgabe, nämlich: die Stadt Wien sammt Umgebung in Vertheidigungs-Zustand zu seßen, nur ganz richtig aufzufaffen, wenn ich Armeecorps, die ich durch ihre Concentrirung, die Beschaffenheit ihrer Ausrüstung, ihre Stellung in Schlachtordnung, ihre Bewegungen als nicht im Friedenszustande befindlich ansehe. Solche Armeecorps find weit entfernt davon, daß fie, unter dem Charakter von Garnisonirung, oder als auf dem Marsche begriffen, aufgefaßt werden könnten. Das gefertigte Ober-Commando ist sowohl durch den Inhalt des, im Auftrage des hohen Reichstages vom Reichstags-Ausschusse unter dem 14. October an den Herrn Ban erlassenen Schreibens, aber noch mehr durch die weitaus überwiegende Mehrheit der, in Befolg des hohen Reichstags-Auftrages für den schon erwähnten Vertheidigungszweck unter die Waffen berufener Wehrmänner zu der Auffassung gekommen, daß die Absichten des Herrn Banus im direkten Widerspruche mit seinen Versicherungen stehen; folglich daß das Erscheinen des Herrn Banus unter den Mauern Wiens als feindlich und den Errungenschaften als Gefahrdrohend angesehen werden müsse. Obschon ich nun erst durch die Antwort des Herrn Banus völlige unzweifelhafte Gewißheit über den vorherrschenden Glauben in der Bevölkerung, in der Garde, und in meinem Generalstabe zu erhalten vermag, so drängen mich doch die Gewichte der Consequenzen eines so unnatürlichen Zustandes der Dinge zu der Nothwendigkeit, Euer Excellenz zu den baldigsten Mittheilungen zu ersuchen, ob die Armee des Herrn Banus und jene von Euer Excellenz, als Cinen Zweck verfolgend, also mithin kombinirt, und für Angriff und Vertheidigung fest vereinigt, die Gränzen desjenigen Gebietes in stummer Ruhe bedrohen, welches ich, wie ich bei jeder Gelegenheit und aus jedem Anlaß erinnere und ausdrücklich

wiederholen muß, im hohen Reichstagsauftrage berufen bin, in Vertheidigungszustand zu seßen. Man vertheidigt doch nur Haus und Hof, Wall und Stadt gegen drohende Gefahren oder gegen offene Feinde. Hierüber erlaube ich mir im Namen der Wehrmannschaften der Stadt Wien und Umgebung um so mehr um die beschleunigte Mittheilung zu ersuchen, da ich es weder vor meinem Gewissen, weder vor meiner Bürgerpflicht, noch weniger aber vor meinem militärischen Berufe zu verantworten glaube, die Qualen der Ungewißheit für Hunderttausende in verderblichem Zaudern zu verlängern. Die Aufklärung des Herrn Banus und jene von Euer Excellenz werden mich in den Stand seßen, die Ausgangspunkte meiner Stellung vollkommen einzusehen, und was ich viel höher schäge und noch viel sehnlicher wünsche, Sie werden mich in den Stand seßen, die Bevölkerung der Stadt und Umgebung über Das aufzuklären, was sie zu hoffen, was sie zu befürchten habe. Ich erlaube mir noch schließlich mein Schreiben an Euer Excellenz durch die Mittheilung zu vervollständigen, daß ich es mir in meinem diplomatischen Verkehr zur unverbrüchlichen Richtschnur ge= macht habe, was schon aus meinem Schreiben an den Herrn Banus hervorgeht, offen vor dem ganzen Volke zu verhandeln. Tausend und tausend einlaufende Gesuche von Garden aller Provinzen klären mich ja hinlänglich darüber auf, daß die seit dem 6. October in Flammen ausgebrochene Bewegung der Stadt Wien keine Fractionssache sey. Sie ist sönnenklar eine Volkssache. Ge= nehmigen Euer Excellenz den Ausdruck meiner ausgezeichneten Hochachtung. Wien, am 16. October 1848.

Messenhauser, m. p., provisorischer Ober - Commandant."

„Folgende herzliche Zuschriften aus unserer Schwesterstadt Berlin find uns so eben zugekommen, und wir beeilen uns dieselben zu veröffentlichen, weil sie an die Nationalgarde gerichtet sind, und weil sie Zeugniß geben von der thatsächlichen Sympathie, die unsere Brüder in Deutschland für uns fühlen.“ Vom Ausschusse der Studenten."

,,,,An die akademische Legion und die Nationalgarde zu Wien. Brüder! Unser Verein, ergriffen von dem rühmlichen Kampfe, den Ihr siegreich gegen die Despotie begonnen, hält es für heilige Pflicht, Euch seiner innigsten Theilnahme zu versichern, und sendet Euch den beiliegenden Brudergruß, mit der Bitte, denselben zur Kenntniß von Wiens Bürgern zu bringen. Mit herzlichem Gruß zeichnet der demokratische Bürgerwehrverein zu Berlin."" Berlin, d. 13. Oct. 1848.

Berlins demokratischer Bürgerwehrverein an die Wiener. Brüder, Ihr habt den ehrlosen Verrath der despotischen Partei, der an Euch und an dem edlen Volke der Ungarn verübt wurde, blutig gerächt. Wir bewundern den Aufschwung Eurer glorreichen Revolution und mit Herz und Hand stehen wir zu Euch. Ihr seid mitten im Kampfe, noch ist die Nachricht Eures leßten Sieges nicht zu uns

herüber gekommen. Aber wir, die demokratische Bürgerwehr von Berlin, machen Eure Sache zu der unsrigen.

Bürger und Kämpfer von Wien, wir werden es nicht dulden, daß unsere Camarilla der Eurigen Soldaten schickt, wir werden uns zum Schuße Eurer Freiheit erheben, wenn Ihr fiegt, und wir werden Euch rächen, wenn Ihr ein Unglück haben solltet. Euer Beispiel soll uns nicht verloren seyn. Wien und Berlin gemeinsam werden die deutsche Freiheit sichern und die deutsche Ehre retten; zählt auf uns. Berlin, den 13. October 1848.

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Der demokratische Bürgerwehrverein. Kundmachung. Auf Befehl des hohen General-Commando im Belvedere wird der Herr Hauptmann und Bezirks-Chef Steydler beauftragt, den Garden des dortigen Bezirkes Herrn Dr. Julius C. Reiher, zum Werbungs-Commissär für die mobile Garde des Carolinen-Viertels ungesäumt zu verwenden.

Ueber die Aufnahme ist gehörig Protokoll zu führen, und die Angeworbenen allsogleich an den gefertigten Corps-Commandanten im oberen Belvedere zu zuschicken. Wien, den 16. Octob. 1848. Wittenberg, m. p., Corps-Comm.“

,,Vollmacht. Im Auftrage des Ober-Commando's ist Hauptmann Wittenberg als Commandant der Mobil-Garde des Carolinen-Viertels beauftragt, die Werbung für dieses Corps im deutschen Hause fortzuseßen.

Wien, den 16. October 1848. Messenhauser, m. p., pr. Ob.-Command. L. S. Lager-Commandant: General Bem.“

Vor Mittag kam die Bevölkerung in Folge der vom Stephansthurme gesehenen Truppenanmärsche im Norden in Bewegung, jedoch ohne Trommellärm. Der Anmarsch der Truppenmassen geschah ohne Benüßung der Bahn von Olmüz nach Wien. 121⁄4. Uhr Mittags wurden die Magazinzschlüssel des bürgerlichen Zeughauses an den Gemeinderath Khun ausgefolgt.

1 Uhr. Julie Weigl aus Sievering, machte beim Ober-Commando die Anzeige, daß man in der dortigen Gegend sehr viel Militär beschäftigt sieht, um das im Pulverthurme auf der Türkenschanze befindliche Pulver weg zu transportiren.

2 Uhr Mittag. Ein Befehl vom Ober-Commando ordnete an, daß 15 Mitglieder von der Permanenz des Verwaltungsrathes bestimmt und mit Vollmachten versehen werden, um Munition aufzufinden.

Von Schwechat rückte um 3 Uhr eine große Masse Reiterei hinter den LaaerBerg. Man sah nicht, von was für einer Gattung fie waren. Sie sahen ganz schwarz aus. Hinter Simmering schienen die Kroaten sich den Uebergang über die Donau in das Marchfeld sichern zu wollen; denn gestern wurden abermals am diesseitigen Ufer sechs Batterien Kanonen mit starker Infanterie und CavallerieBedeckung dahin gebracht.

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