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Dieser Diebstahlsversuch an dem Gute der ärmeren Bevölkerung war in Wien die legte Handlung des Präsidenten des Wiener-Demokraten-Vereines; er entfloh, für sein Leben Alles befürchtend, von Wien nach Ungarn; verachtet und verspottet von der Hefe des Volkes, und mit dem Fluche aller Redlichdenkenden beladen.

Chaises dagegen blieb in Wien, vertheilte am folgenden Tage Brot an Weiber und Kinder, und suchte dadurch wieder in den Besig der verlornen Popu= Larität zu gelangen

„Bürger von Wien! Unsere Sache ist der Entscheidung nahe! Die Magyaren, diese tapfern Freiheitskämpfer haben sich mit uns vereinigt. Sie werden mit uns gemeinsam gegen Jellačič kämpfen. Ihr kennt ihn und sein Streben, und wißt, ob wir ihn zu fürchten haben. Aber Eines ist nöthig, Brüder! Standhaftigkeit, Ausdauer! Wir müssen uns nicht von der Kampfbegierde, die uns beseelt, hinreißen lassen.

Wir haben einen biedern, energischen, thatkräftigen Commandanten, Herrn Messenhauser. Vertrauen wir ihm ganz und völlig! Wir handeln zusammen mit den tapfern Magyaren! Diese gemeinschaftlichen Maßregeln machen es nöthig, daß wir im strengsten Einklange und mit Behutsamkeit vorgehen. Darum, theure Brüder! hütet Euch vor jeder Uebereilung. Wir fordern Euch auf, bitten und beschwören Euch, nichts ohne Befehl des Herrn Ober-Commandanten zu unternehmen, und von Eurer heißen Kampfes lust Euch nicht zu einem vorzeitigen Anfalle verleiten zu lassen. Wir wollen sichern und ruhigen Schrittes, aber um so fester und entschiedener unser Ziel erreichen. Dieses Ziel ist die Rettung des Vaterlandes und die Wahrung der Freiheit.

Wien, am 15. October 1848.

Der Ausschuß der Studenten.“

am Vaterlande. Die Erfahrung lehrt es ja. Mit Erhebung, mit wahrhafter Befriedigung nehme ich selt Erscheinen dieses Werkes die Ueberzeugung wahr, daß die radikalsten Wiener jeßt, da sie wissen, wofür sie kämpften, ihre Verblendung bereuen. Viele Anerkennungen, öffentlich und privatim, kommen mir deßhalb zu, woraus ich mit Genugthuung nur eine, von einem hochachtbaren Manne, vorführe, und zwar: „In der von Ihnen verfaßten Denkschrift erkenne ich nach Lesung der erschienenen zwei Theile ein Werk, welches sich durch Unpartheilichkeit auszeichnet. Eine weitere Zierde desselben ist der populäre Styl, der es auch den unteren Volksschichten leicht verständlich macht, welcher Umstand nur die wohlthätigsten Folgen haben muß, weil viele von denjenigen, welche nicht fähig waren über die Ursachen der Ereignisse, so wie auch über die daran geknüpften Absichten, selbststän= dig aburtheilen zu können, somit zur Anhänglichkeit an die schlechte Sache sich leicht verführen ließen, aus Ihrem Werke zur wahren Erkenntniß kommen, und einsehen werden, daß sie hintergangen wurden c. ......" Dr.

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Rettung des Baterlandes, Wahrung der Freiheit! - Hat der Kaiser seine Zusicherungen zurück genommen? Nein! Hat Europa die Ermordung von Lichnowski, Auerswald, Lamberg, Latour, Rossi gebilligt? Nein! Kann ein Christ, Jude, Türke oder Heide solch' gräuliche Thaten billigen? Nein! Und doch haben die Aufwiegler jene Mordthaten gebilligt, weil Niemand eigene Thaten verdammt! — Und auch die Studenten, die Kinder des Landes, welche einst Hausväter, Beamte, beispielvolle Staatsbürger werden sollten, betheiligten sich an Gräuelszenen, die Wien und seine bisher so edle Bevölkerung nie gesehen, oder unterhielten Bruderschaft, Gemeinschaft und Kampfgenossenschaft mit Mördern, Rebellen, Dieben und liederlichen Menschen aus allen Enden des Welttheils. O, die Verblendung der gescheidten Jugend war unbegreiflich! Daß das Ausland, daß das Reichsministerium zu Frankfurt die vorgekommenen Gräuel verdammte und auf Bestrafung drang, ist in der österreichischen Geschichte ein unerhörter Fall, und ein Beweis, wie gerecht auch das Ausland unsere Volksjustiz beurtheilte.

Fürst Windisch gräß hat, ehe er Prag verlassen, folgende Proklamation erlassen:

,,An die Bewohner Böhmens! Anarchie und deren gräuliche Folgen, die fich leider in Wien auf empörende Weise entwickelt haben, und alle Grundfesten einer geregelten Verfassung zu untergraben drohen, legen mir die Pflicht auf, mit einem Theile der mir unterstehenden braven Truppen zum Schuße der geheiligten Person unseres Kaisers und zur Wahrung der Einheit der constitutionellen Monarchie mich von hier zu entfernen. Der nun schon seit geraumer Zeit hier bestehende geregelte, friedliche Zustand und die loyalen Aeußerungen der Bewohner dieser Hauptstadt gewähren mir die beruhigende Ueberzeugung, daß die so bedauerlichen Juni-Ereignisse hauptsächlich durch fremden Einfluß herbeigeführt wurden. Ich verlasse daher diese Stadt und das Land mit dem festen Vertrauen, daß Ruhe und Ordnung nicht mehr gestört werden; Ehre und die Wohlfahrt der Nation hängt wahrlich davon ab, daß dieß mein Vertrauen nicht getäuscht werde. - Prag, am 11. October.

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Fürst Windischgräß, m. p., command. General.“

Daß der Fürst die Zustände in Prag richtig beurtheilt, und daß in Wien eberfalls fremde Elemente hauptsächlich gewirkt, ist aus der folgenden Adresse zu ersehen:

,,Adresse des demokratischen Vereins in Breslau an das Central-Comitee der freifinnigen Vereine in Wien.

Deutsche Männer, tapfere Brüder in Wien! Der glorreiche Kampf, den Ihr gegen die im Finstern schleichende Reaction (!) bestanden habt, hat nochmals die Möglichkeit herbeigeführt, daß sich das souveräne Volk aus den Negen der

Camarilla Europa's losreißen, und seine Rechte und Freiheiten gegen seine Unterdrücker vertheidigen kann.

Wir sind bereit, allen Euren Schritten in dieser Beziehung gegen diese nach Außen unmächtige, im Innern aber tyrannische Reaction zu folgen, und hoffen, daß die constituirende Versammlung in Berlin sich eben so den Beschlüssen dieser freiheitstödtenden Gesellschaft mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln entgegenstellen werde, wenn solche zum Nachtheile des großen deutschen Vaterlandes ausfallen.

Neue Wahlen würdigerer Vertreter in Frankfurt, an die Stelle der dortigen 300 deutscher absoluter Kaiser, erscheinen uns als das einzige Rettungsmittel des dem Untergange geweihten Volkes.

Mir wünschen Euch Glück zu dem Anfange im entscheidenden Siege, gegen das von der Camarilla angebahnte Panslawenthum (sic), dessen Joch man Euch und uns auflegen wollte. Wir gönnen (sic) jedem Slawenstamme seine Nationa= lität, und wünschen dessen Verbrüderung mit Deutschen, Magyaren, Italienern und Franzosen; können aber unmöglich die Unterdrückungsgelüfte der panslawischen (sic) Horden gegen Deutschland gutheißen. Wir danken Euch für das mit freudigem, hohem Muthe gebrachte Opfer, und wünschen, daß wir Euch thatsächlich beistehen können, unter der deutschen Einheitsfahne. Der allgemeine demokratische Landwehr-Verein für Breslau und Schlesien (2003 Mitglieder) und dessen Zweigvereine in Brieg, Dewiß, Striegau, Schweidniß, Liegniß 2c. Breslau, den 11. October 1848. Der Präsident A. W. Beyse,

Baumeister, Ingenier, Premier-Lieut. a. D. *) (Die Unterschriften des Comitees und Ausschusses lagen bei.)

In der Sigung der constituirenden Reichsversammlung am 15. October berichtete der Abgeordnete Schufelka im Namen des permanenten ReichstagsAusschusses: daß die Ruhe der Stadt die ganze Nacht hindurch nicht gestört wurde; daß die Stellung der beiden sich gegenüberstehenden Kriegsheere, des ungarischen und kroatischen, noch immer dieselbe sey; daß mit Bestimmtheit auch nicht angegeben werden könne, ob das ungarische Kriegsheer die Gränze bereits überschritten habe, wiewohl heute gemeldet wurde, daß von der ungarischen Gränze her Kanonendonner vernehmbar sey; daß ferner die inneren Zustände der Stadt Wien sich auf erfreuliche Weise gebessert, mehr Besonnenheit, falte Ueberlegung und Ruhe, als Bürgen entschiedener Tapferkeit in die Bevölkerung zurückgekehrt seye, und daß die Organisirung der bewaffneten Macht sowohl, als der Vertheidigungs-Anstalten rasch vorwärts schreiten. Zu

Wer erinnert sich nicht an die saubere Historie mit Ulmann, dem Präsidenten der ungarischen Central-Eisenbahn und an obigen Namen, welche zum Skandale der Welt vor einigen Jahren alle Zeitungen füllte!

gleich gab derselbe Abgeordnete bekannt, daß heute zwei telegraphische Depeschen angelangt seyen.

Die eine vom mährisch-schlesischen Gubernial-Präsidenten Grafen Lazanzky aus Olmüş an das hohe Reichstags-Präsidium ddo. 14. October 1848 um 8 Uhr 45 Minuten, und die andere vom Abgeordneten Alois Fischer aus Olmüß an den permanenten Reichstags-Ausschuß von demselben Tage um 10 Uhr 45 Minuten. Die erstere lautet: „Der Kaiser ist heute um 4%. Uhr Nachmittags unter den Jubel des Volkes in Olmüß eingetroffen.

Durch ganz Mähren begleiteten denselben die lautesten Beweise der Liebe, Anhänglichkeit und Dankbarkeit der Städte und der Landleute, denen Se. Majestät selbst versicherten, daß ihnen jene Freiheiten, die die allerhöchste Sanction erhalten haben, ungeschmälert belassen werden.

Der Wagen Sr. Majestät wurde in Olmüş vom Volke gezogen.

Der Inhalt der zweiten telegraphischen Depesche ist folgender :

„Die heute von Wien abgegangene Deputation kam Nachmittags um 2 Uhr in Olmüş an. Se. Majestät der Kaiser traf zwei und eine halbe Stunde später ein, und ließ der Deputation sogleich eröffnen, daß er morgen um 11 Uhr Früh, fie empfangen werde. Sollten weitere Mittheilungen von dem hohen Reichstage oder dessen Ausschusse an die Deputation nothwendig erscheinen, so sieht sie denselben entgegen."

Der Abgeordnete Umlauft theilte mit, daß die Versammlung der Deutschen in Töplig eine Petition an den hohen Reichstag beschlossen habe, des Inhalts, damit derselbe ja nicht seinen Sig aus der Residenzstadt Wien anders wohin verlege. Der Abgeordnete Zimmer theilte aus einem Prager-Zeitungsblatte eine Stelle mit, welche ganz falsche (?) Angaben über die hiesigen Ereignisse der jüngsten Zeit enthält, und darauf berechnet zu seyn scheint, die Reichsversammlung in den Augen der Völker Oesterreichs in ein falsches (?) Licht zu seßen.

Zur Entkräftigung von derlei falschen Gerüchten trug er auf Veröffentlichung*) jenes Protokolls an, welches mit dem gewesenen Reichstags-Präsidenten Strobach am 6. October 1. I. im Präfidial - Bureau aufgenommen wurde. Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen, und das bezeichnete Protokoll vorgelesen, welches in dieser Schrift (Seite 114) abgedruckt erscheint.

„Hoher Reichstag! Die Tage der Gefahr, in denen über Oesterreichs und mit ihm über halb Europas Schicksal, das Schwert an einem Haare hing, haben uns den Reichstag in einer Höhe des Muthes und der Ausdauer gezeigt, welche Seinen Namen der dankbaren Verehrung(!) der Zeitgenossen und dem Andenken der

*) Aber warum ist denn dieses Protokoll nicht sogleich, und warum erst am 19. Oc tober, als bereits die Armee vor der Stadt gelagert war, veröffentlicht worden?

spätesten Nachwelt aufbewahren muß. Kann auch, gegenüber solcher Größe, der schwache Ausdruck unserer Gesinnung kein Gewicht in die Schale Seines Ruhmes Legen, so bitten wir den Reichstag doch, daß derselbe unseren vollen Dank dafür annehmen möge.

Recht und Freiheit können nimmer verloren gehen, so lange ein solcher Reichstag als deren Wächter sie schüßet.”

Görkau, Kaiß, Weingarten, Hannerdorf und Gottersdorf im Saazer-Kreise, Böhmen, am 15. October 1848. (Folgen die Unterschriften )

Am heutigen Tage stellte Fenneberg im Auftrage des Ober-Commando an den Gemeinderath das Ersuchen, die in dem Corps der Sicherheitswache befindlichen Individuen, welche in der Artillerie gedient hatten, sofort zur Dispofition des Artillerie-Commandanten zu stellen. An demselben Tage wendete sich Herr Josef Bronn, f. f. Major und Stuckguß-Director mit der Bitte an das Ober-Commando, seine Mannschaft, die seit dem 11. des Brotes entbehrte, da derselben der Durchgang durch die Stadt nicht gestattet wurde, entweder legteren zu bewilligen, oder aber zur Vermeidung des Aufsehens, welches eine ziemlich zahlreiche Truppe erregen könne, einen Flechtwagen zur Ueberkommung von 530 Brotlaiben zu bewilligen. Lezteres ist von Seite des Nationalgarde-Plaß-Commando bereitwilligst veranlaßt worden.

Am 15. Langten 100 Centner Pulver aus Ungarn an, und wurden im SeiLerstätter-Zeughause abgeladen. Es war größtentheils Stuckpulver und nur ein kleiner Theil war Scheibenpulver. Auf diese Nachricht verbreitete fich eine allge= meine Heiterkeit unter den Bewaffneten. Das Patronen-Erzeugen wurde von jest an großartig betrieben. Bei 200 Menschen, größtentheils Frauenzimmer, wurden zum Rollen der Patronenhülsen, und bei 80 zum Füllen derselben verwendet. Gleichzeitig wurden auch die Stuckpatronen erzeugt. Bei diesen Arbeiten waren viele mit Abschied entlassene Artilleristen angestellt.

Sämmtliche Munition sollte auf Befehl des Ober-Commando in diesem Zeughause erzeugt werden. Da jedoch der k. k. Artillerie-Hauptmann Pecher die Waffen und die Munition in diesem Staatsgebäude zu retten nicht im Stande war, so suchte er wenigstens das Zeughaus vor jedem Unglücksfalle zu bewahren, und auf seine persönliche dringende Verwendung beim Ober-Commando ge= schah es auch, daß die Stuckpatronen nicht im Zeughause, sondern auf dem Bastion neben dem Karolinenthore erzeugt wurden. Für das Verfertigen der Infanterie

Es scheint, daß sogleiche Veröffentlichung der Reichstags- Protokolle, besonders jene der stenographischen offizielen Reichstagsberichte eine große Nothwendigkeit war, und nicht so wie es mit legteren der Fall, erst dann geschehen sollte, als be= reits ein Theil der Zeitgenossen selig entschlafen is.

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