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Zwischen der Hundsthurmer-Linie und der kleinen Sumpendorfer-Linie ist die Passage beim Einfluß des Wienflußes ganz unbeschüßt, es wäre daher etwa dorthin oder in die Gumpendorfer Schlachthäuser eine Kanone zu stellen; auch ist eine Stelle nächst dem Schlachthaus und dem Linienwall ganz frei, unbarrikadirt.

Kleine Gumpendorfer-Linie: Mangel an Mannschaft; es wird noch eine Kanone gewünscht.

Mariahilfer-Linie: Es fehlt an Lunten; es werden noch 4 Kanonen gewünscht, und zwar zwei auf den Wall, zwei auf die Höhe der Wasserleitung; es fehlt an Mannschaft.

Lerchenfelder-Linie: es ist dort gar keine Kanone, zwei wären nöthig; Lebensmitteln für die Mobilen, heute noch.

Meldung, 14. October, 8 Uhr Abends. Dr. Hammerschmid, m. p.,

Comitee-Mitglied, im Auftrage des Studenten-Comitee's."

,,Tagesbefehl vom 14. October, Abends 9 Uhr. Es ist Jedermann bekannt, daß der hohe Reichstag das Ober-Commando mit dem bestimmten Auftrage betraut, die von Gefahren mannigfacher Art bedrohte Stadt Wien sammt Umgegend in Vertheidigungsstand zu seßen.

Garden! die Aufgabe ist schwer, für die kurze Dauer meines Ober-Commandos doppelt schwer. Die nächste, dringendste Gefahr hat die öffentliche Meinung bereits genau bezeichnet. Sie heißt: die kroatischen Truppen des Banus, welche zu einer Waffenentscheidung gegen ihre Feinde, die Ungarn nach Buda-Pesth marschiren sollten, sind vor ihren Siegern flüchtig (sic) in die Gränzen unseres öfterreichischen deutschen Vaterlandes eingebrochen. Mit welchen Absichten? Als Feinde oder als Freunde unserer constitutionellen Freiheiten, unseres constitutionellen Kaisers, unserer wie alle Welt es weiß, mit außerordentlichen Anstrengungen schwer erworbenen Errungenschaften?!

Freunde sollen nach allem Völker- und Privatrechte mit offenen Armen empfangenen werden. Die Umgebung Wiens, organische Theile unserer schönen großen Stadt, gibt mit ihren Klagen über gewaltsame Entwaffnung der Volk 8wehr Antwort, über die Freundschaftsversicherungen des Banus. Von dem ungarischen Reichstage ist Baron Jellačič als der gemeinsame Feind aller constitutionellen Freiheiten(sic), aber noch mehr als der Feind aller volksthümlichen Errungenschaften feierlich ausgerufen worden. Die lesende Bevölkerung unserer Stadt hat sich über den feierlichen Inhalt dieses Manifestes ausgesprochen. Der Banus von Kroatien wird von der ungarischen Armee unter den Feldherren C8 a ni und Moga verfolgt, und das Ober-Commando glaubt demnächst einen Zusammenstoß zwischen beiden Armeen befürchten zu müssen.

Die erste Kriegsregel, Vorsicht, weiters, meine mir von der hohen Reichsversammlung übertragene Aufgabe für die Stadt Wien und Umgebung durch die

umfassendsten Vertheidigungs-Maßregeln Sorge zu tragen, zwingt mich im ersten. Augenblicke der Verwirklichung jenes außerordentlichen Momentes, die ganze waffenfähige Bevölkerung Wiens aufzurufen. Die Art und Weise meines Verfahrens ist den Herren Bezirks-Chefs in einer Hauptbesprechung mündlich erklärt worden. Von ihnen werden die Garden Aufklärung erhalten, so weit ich durch schriftliche Befehle mich vor der gesammten Garde nach Maß der, von Stunde zu Stunde fich ändernden Verhältnisse, werde aussprechen können. Offenheit und Wahrheit knüpft mich an die Volkswehr unseres schönen Vaterlandes.

Die Führer der mobilen Abtheilungen und unserer Brüder, der begeistert zur Hilfe geeilten nicht heimischen National-Garden werden von mir besonders verständigt werden. Auch nicht die kleinste Abtheilung wird ohne Kenntniß bleiben.

Die Herren Bezirks-Chefs wollen für die Sicherheit der Außenwerke Sorge tragen, sonst aber allen ihren Garden empfehlen, mit Ausnahme der unumgänglichsten Bereitschaften sich zur Ruhe zu begeben. Erfolgt bis 4 Uhr Morgens kein Allarm, so wird ein solcher aus dem mehrfach ausgesprochenen Beweggrunde vorläufig nicht stattfinden.

Diese Ansprache des Führers an seine Garden wird morgen durch öffentlichen Anschlag der gesammten Bevölkerung bekannt gegeben werden.

Messenhauser, m. p., provisorischer Ober-Commandant." 10%. Uhr Nachts. Beim Ober-Commando wurde berichtet, auf der Sternwarte der f. Burg sah man durch einen Tubus, rechts von der Karolikirche, auf dem Laarberge zu, ein bedeutendes Wachsener bei welchem Truppen vorüber zu ziehen schienen. Auf der Straße gegen Hainburg ebenfalls ein sehr großes. Vom Stephansthurm sind bereits 13 Raketen gefallen. Nach einer Zeit von mehreren Minuten erschien in der Richtung unter Simmering ein Licht, welches aber durch seine zunehmende gelbe Farbe eine Leuchtkugel zu seyn schien. Gegen Dornbach find fünf, gegen das Neustift zu ein sechstes Feuer sichtbar.

Die auf Befehl Messenhausers abgebrannten Raketen waren Signale für die magyarischen Verbündeten, welche erwiedert wurden.

Die Kundgebung gemäßigter Gesinnungen wurde vom 14. Oct. an immer gefährlicher, man begann die Gemäßigten und österreichisch-constitutionell Gesinnten zu kontrolliren, ihre Namen zu notiren; es bildete sich eine geheime Aufsichts-Cotterie unter den Umstürzlingen. Die Studenten waren in allen Beziehungen unermüdlich; jedoch schwand ihre Zahl immer mehr und mehr. Man begann für den „legten Calabreser“ zu fürchten. Die sich in Böhmen äußernde Mißbilligung des Wiener Aufstandes machte unter den politisch Gebildeten Sensation und erregte gegründete Besorgnisse. Die in Wien lebenden Slawen — mit Ausnahme der Polen — heg ten nicht geringe Besorgnisse vor Verfolgung.

Beim Ober-Commando verlautete, Messenhauser habe von Seite der

Kossuth'schen Partei die Zusage, im Falle des Gelingens der magyarischen Bewegung, werde er ungarischer Kriegsminister werden.

Die Nationalgarde- und Bürger-Cavallerie Wiens, welche in ihren Reihen ausgezeichnete Männer, und zwar : den Commandanten Grafen Ferdinand Kolowrat, Rittmeister Martiniß, Oberlieutenant Skall, Adjutanten Per ger, Estandart-Führer Finsterlein 2. zählte, hatte bei mehreren Gelegenheiten durch festes, energisches Einschreiten ihren guten Geist bethätigt, und durch frei willige starke Nachtpatrouillen in den Septembertagen, besonders bei den Unruhen am 13. September durch ihren Anschluß an das Cavallerie-Regiment Wrb na Chevauxlegers, sich musterhaft benommen. Es kann daher nicht befremden, daß diese beiden Corps von der Umsturzpartei als reactionär ausgerufen, und den Beinamen: Windischgräß-Cavallerie" erhielten. Doch sie fühlten sich nur geehrt durch diesen Namen, dessen guter Klang in ganz Europa bekannt ist.

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Am 14. wurde vom Ober-Commando der Nationalgarde- Cavallerie der Befehl ertheilt, an General Bem eine angemessene Anzahl Pferde zu liefern; doch dieses Anfinnen wurde von allen Cavalleristen entschieden zurückgewiesen, und im Hofe der Stallburg erklärte der Estandart-Führer Finsterlein, ein wackerer Tyroler, öffentlich, daß diese Pferde Privat-Eigenthum seyen, und Niemand darüber disponiren dürfe. Da erfrechte sich ein Pole, Namens Kupka, welcher als Hauptmann einer Mobilgarde-Compagnie im Hofe stand, die Cavallerie in Gegenwart der bewaffneten Proletarier zu verdächtigen, indem er ausrief: Man kennt schon dieses schwarzgelbe Corps; er aber sey ein Mann des Volkes, und die Pferde werde man schon bekommen. Ja, in seiner Aufregung ging er noch weiter, und rief dem eben von einer Parlamentär-Sendung in die Stallburg, in Begleitung von Cavallerie-Ordonanzen einreitenden Legions-Commandanten Aigner zu: „Herr Commandant, ich würde mich fürchten mit solchen Leuten zu reiten, oder unter ihnen zu seyn!" Mit den Worten: „Sind wir Banditen?" sprang Adjutant Pers ger auf Kupka zu, dieser zog den Säbel, Perger parirte mit der Hand; doch in demselben Augenblicke wurde Kupka's Hand von der starken Faust des Estandart - Führers Finsterlein und des Garden Eisenberg der Säbel entrissen, er aber zu Messenhauser`geführt, und dem Ober-Commandanten das Betragen dieses Menschen geschildert. Der Arretirte nahm jeßt eine reumüthige Miene an, that Abbitte, und rühmte sich einer angeblich am 6. October begangenen That, wodurch er das Leben eines Cavalleristen, Dr. Viv..., geret: tet habe. Dieser Mensch wurde sonach mit einem Verweise von Messen ha user entlassen.

Die Cavallerie verwahrte sich jedoch gegen jede weitere Dienstleistung mit Ausnahme der Ordonnanzritte, und gab sich schon am 6. October gegenseitig

das Wort: Niemals gegen das f. f. Militär zu kämpfen; welches Ehrenwort auch männlich gehalten wurde.

Welche kühne Sprache die Umsturzpartei schon zu dieser Zeit führte, möge folgende Thatsache beweisen: Im Gasthause zur Kaiserin von Oesterreich in der Weihburggasse wohnte Dr. Schütte, und redete eines Abends den Rittmeister Martinis folgendermassen an: Ihr Tod war am 6. October beschlossen; ich hatte bei 100 Leute unter meinem Commando; der Umstand jedoch, daß Sie mit Borrosch ritten, und wie ich sehe, jezt zur liberalen Partei gehören, rettete Sie! "Martinis entgegnete:,,Daß Sie ein Schurke sind, weiß ich, daß Sie jedoch so ein schwarzes Herz haben, hätte ich nicht geglaubt; übrigens hätten Sie mich am 6. October morden lassen, müßte ich nicht die Schmach, die über Wien fam, erleben." Das waren die Demokraten in Wien!

Die beiden Divisionen der Nationalgarde-Cavallerie benahmen sich, mit Ausnahme einzelner republikanisirter Mitglieder, immer loyal und gesinnungstüchtig, und es war nicht zu wundern, daß solche von den Umstürzlingen angefeindet, ja sogar mit dem Tode bedroht wurden *).

,,Kundmachung. Das fortwährende Schießen und Plänkeln auf den Basteien und Glacis, welches die Sicherheit der Passanten bereits zu wiederholten Malen ernsthaft gefährdet hat, und unter der Bevölkerung allarmirende Gerüchte erregt, wird abermals streng untersagt. Die Herren Poften-Commandanten werden hiermit aufgefordert, diesem Unfuge auf das Ernstlichste zu steuern, und die Zuwiderhandelnden sofort zu verhaften, und zur weiteren Anzeige zu bringen. Wien, am 14. October 1848.

Messenhauser, m. p., prov. Ober-Commandant:“ Nachstehendes Plakat, mit großen Buchstaben gedruckt, war an allen Straßenecken zu lesen:

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Bekanntmachung! Der Ober-Commandant der Nationalgarde Wiens und der Umgebung gibt an die Garden und mobilen Corps, so wie dem Publikum die erfreuliche Nachricht, daß der rühmlich bekannte General-Lieutenant Bem ihm in Leitung der strategischen Angelegenheiten zur Seite stehen wird. Wien, am 14. October 1848. Messenhauser, m. p., provisorischer Ober-Commandant.“

*) Mit Anerkennung muß ich der Cavallerie bei Gelegenheit der vielen Kagenmusilen vor dem October erwähnen, welche mir bei dem höchst beschwerlichen Dienste als Playoffizier ritterlich beigestanden, und zur Herstellung der Ordnung jedes Mal muthig eingeschritten ist. Ebenso kann ich nicht unerwähnt lassen, daß solche

,,Vom Berwaltungsrathe der Nationalgarde. Ueber die vom löbl. Ober, Commando gestellte Anfrage hat der Verwaltungsrath beschlossen, sogleich zur Zusammensetzung des Ehren- und Disciplinar-Gerichtes auf Grundlage des provisorischen Statuts vom 12. October d. 3. zu schreiten. Es hat demnach jede Compagnie nach §. 15 des Statuts, 25 Wehrmänner durch absolute Stimmenmehrheit zu wählen, und die Liste der Gewählten mit Angabe ihrer Beschäfti gung und Wohnung dem Verwaltungsrathe einzusenden.

Bis diese Wahlen zu Stande gebracht seyn werden, wird das Ehren- oder Disciplinar-Gericht, wenn dringende Fälle es erfordern, durch Mitglieder des Verwaltungsrathes, da diese als Vertrauensmänner ihrer Compagnien da stehen, beseßt werden. Wien, am 14. October 1848."

Unserem Wissen nach wurde aber durch das Ober-Commando auf Verans lassung des von Messenhauser zum Feld-Adjutanten und Hauptmann ernannten Freiherrn Fenner von Fenneberg, ein Kriegsgericht zusammen gesezt, bei welchem alle derlei vorkommenden Fälle behandelt wurden, und wozu außer dem Plaß-Hauptmann du Beine, welcher gleichzeitig auch Sekretär des Verwaltungsrathes war, Niemand vom Verwaltungsrathe zugezogen wurde, und auch dieser lehnte dießmal die ihm zugedachte Function aus Gründen, die schon früher besprochen wurden, ab. - Das zusammengeseßte Kriegsgericht bestand sonach aus keinem einzigen Vertrauensmann der Garde wohl aber aus Vertrauten Fenneberg's. *)

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„Das in öffentlichen Spitälern angestellte männliche Personale ist vom Nationalgardedienste befreit. Wien, am 14, October 1848.

Vom Reichstags-Ausschusse.

Dr. Fischhof, m. p., Obmann. Severin Bilinek, m. p., Schriftführer.“

,,Mitbürger! Die Augenblicke sind dringend, unsere gegenwärtige ungewisse Lage ist für länger unerträglich. Die Würfel müssen fallen, unser Schicksal muß sich entscheiden. Es kann sich aber nur zum Glücke entscheiden durch allgemeine Einigkeit, durch eine schleunige Erhebung des ganzen Volkes. Darum rufen wir allen unseren Brüdern in der Stadt und auf dem Lande zu: Auf, zu den Waffen! zum Kampfe für Freiheit und Vaterland! Es gilt unser Aller Leben, es gilt alle Errungenschaften. Aber unsere Stimme verhallt, denn sie ist

am 23. August bei dem Kampfe mit den Arbeitern im Prater, an welchem Tage die vereinigte 12. und 13. Compagnie des V. Bezirkes den Angriff eröffnete und die rebellirenden Massen sprengte, die ersprießlichste Hülfe leistete. Dr.

*) Sohn des verstorbenen k. k. General F. M. L. Freiherrn Fenner von Fenneberg und der noch lebenden Gräfin von Wolkenstein; ein ebenso talentirter und scharfsinniger als gewandter Theilnehmer an den Ereignissen des Octobers.

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