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„Vom Ober-Commando wird hiermit bekannt gegeben, daß das Seilerstätter Zeughaus unter dem Schuße der Nationalgarde steht, und jede Gewaltthätigkeit auf das Strengste verboten ist, folglich auch das Leben des Hauptmannes Pecher und Lieutenants Schädel bauer und der Artillerie-Mannschaft zu beschüßen ist. Wien am 11. October 1848.

(L. S.)

Braun, m. p. provisoris cher Ober-Commandant."

Jeder neu aufziehenden Wache wurden diese beiden Befehle vorgelesen, und dadurch gelang es, jeden weiteren Einbruch in die geschlossenen Lokalitäten dieses Gebäudes vorzubeugen. Auf die Anzeige des Artillerie-Hauptmannes, Josef Pecher, beim Ober-Commando, daß die auf der Wache befindlichen Mobil-Gar den leichtsinniger Weise selbst in der Nähe der Pulvermagazine Tabak rauchen, und überhaupt sehr sorglos sich benehmen, wurden Garden, und zwar größtentheils Italiener, auf diese Wache commandirt, welche auch ununterbrochen bis zum 1. November daselbst geblieben waren, und auch an diesem Tage durch das k. Militär abgelöst wurden. Diese Garden haben sich als Wache sehr gut benommen, worüber denselben, und besonders dem Wach - Commandanten Luigi Figarelli, vom Hauptmann Pecher das beste Lob gespendet wurde.

einer durch die Natur gegebenen Völkerföderation mit voller Gleichberechtigung aller Nationen machte sich bei der Mehrzahl der Mitglieder geltend, ehe sie noch als eigentliche Verfassungsfrage in der Kammer selbst zur Sprache kam. Hatte man sich mit dieser Ansicht befreundet und darüber verständigt, so war die Ueberzeugung von der Möglichkeit und Nothwendigkeit eines einigen, völlig unabhängigen Desterreichs die nächste Folge davon, und die politische Idee der Böhmen keine Schwindelei, kein panslawistisches Fantasiegebilde mehr. An sie schloß sich fast unwillkührlich die Majorität der Kammer an, und diese stüßte und hielt ein Ministerium, welches in den durch die Schwäche und Gesinnungslosigkeit des früheren Ministeriums gelcckerten Staatsverband, Kraft und Einheit zu bringen wenigstens redlich bemüht war."

Die fehlenden Zeilen fehlten auch in der citirten Quelle, sohin ich diesen bedauerlichen, durch Herrn Reichstags-Abgeordneten Dr. Brauner mittelst eingesendeten besonders gedruckten Belege, berichtigten Verstoß nicht verschuldet habe.

Bei meinem heißen Wunsche, so viel als in meinen Kräften steht, Irrthümern zu begegnen, und dieses Werk möglichst vollkommen hervorgehen zu lassen, ersuche ich alle darin Genannten, vornehmlich aber die Herren Reichstags-Deputirten, Armee-Offiziere und andere, sowohl in als um Wien in den October-Tagen handelnden Zeitgenossen, mir etwaige Nachträge und Berichtigungen zukommen lassen zu wollen, welche ich auf Grundlage der Wahrheit mit Vergnügen aufzunehmen mich umsomehr verpflichtet fühle, als ich solches der großen Theilnahme des gebildeten Publikums an diesem Werke schuldig bin. Dunder.

Am 11. gelangte durch Studenten der nachstehende Befehl an den Commandanten des Zeughauses auf der Seilerstätte :

„Es wird hiermit bewilliget, daß dem Studenten-Comitee die in dem Seilerstätter-Zeughause befindlichen Waffen und die Munition gegen Empfangsbestätigung übergeben werden darf. Wien, am 11. October 1848.

(L. S.)

Braun, m. p. provisorischer Ober-Commandant."

Es wurde somit im Zeughause der Hauptmann Pecher mit Ungestüm, und unter lebensgefährlichen Drohungen von Bewaffneten umringt, alle Lokalitäten genau untersucht, und die vorgefundenen Waffen und die Munition, darunter 60 Fässer mit 6löthigen Eisenschrott, hinweggeführt; ferner wurden mehrere tausend Zünder und einige Centner Bleikugeln mit Beschlag belegt.

Aus dem demokratischen Vereine.

Die Bewegungen Jellačič's, welche vom Stephansthurme und dem Observatorium der Sternwarte beobachtet werden, bezwecken seine Vereinigung mit Auersperg, und wir vernehmen heute Mittags, daß derselbe mit seiner Vorhut zu Auersperg gestoßen sey. Von Böhmen, Mähren und Schlesien, find bedeutende Truppenzüge zu erwarten, denn das Landvolk berichtet von zahlreicher Soldateska die von allen Seiten gegen Wien ziehet. Vereinigen sich nun diese Armeeen, so steht Auersperg im Centrum, die mährischen Truppen am rechten, Jellačič am linken Flügel, und uns somit ein Heer gegenüber, das stark im geübten Soldatenhandwerk ist.

Bergessen wir nicht, daß unsere Positionen und Maßregeln vom Feinde genau gekannt sind, denn an Spionen fehlt es ihnen durchaus nicht; es geht sogar so weit, daß man im Lager Spione in Studenten - Uniformen sich ergehen fieht; ein Beweis, welche Mittel *) angewendet werden, um genau unsere Stärke und Schwäche kennen zu lernen. Dieselben Spione werden es auch seyn, welche den Landsturm niederhalten, obwohl er in der ganzen Umgegend organisirt wird. (Mit oder ohne Befehl des Reichstages?)

Bereits wären Tausende von Bauern uns zur Hilfe geeilt, aber es find viele junge Menschen, als Akademiker verkleidet, durch die Dörfer geeilt, und haben den Landsturm aufgehalten, indem sie sagten: in Wien seh schon Alles vorüber. (Das war vernünftig -wenn auch nicht richtig.)

Mit dem Landsturm scheint es überhaupt schwerfällig zu gehen **). Man hätte doch glauben sollen, daß die heute Nacht so zahlreich aufsteigenden Raketen,

*) Gegenseitigkeiten. **) Erstaunlich!?

von den Bauern bemerkt würden. Weiteren Nachrichten zufolge, die wir erhalten, sollen die Bauern und Land-Nationalgarden von ihren Offizieren (meist Verwalter und Richter) aufgehalten werden. Das wäre himmelschreiend. (O, gar nicht, es war gut!) Der Verein hat heute Plakate an das Landvolk erlassen. Die im Belvedere und Schwarzenberggarten concentrirte Macht soll aus 15 Bataillonen Infanterie, 2 Regimentern Cavallerie, einem ganzen Artilleriepark an 60 Kanonen und congrev'schen Raketen bestanden haben.

Alle Kaufläden der Stadt, und viele der Vorstädte waren geschlossen, von Commerz keine Spur, die Stimmung eine gedrückte.

Der Abgeordnete Füster ließ beim Ober-Commando den Bezirks-Chef Plattensteiner, weil derselbe wohl im Bezirke Landstraße für Ruhe und Ordnung sorgen, aber keineswegs über die Linien hinaus die Garden seines Bezirkes anzuführen, sich weigerte, als Verräther am Volke arretiren und ihn in der General-Adjutantur durch zwei Legionäre bewachen. Braun war über derlei Vorgänge ganz außer sich, und rief mehrmal, daß er nicht Ober-Commandant bleiben wolle und könne.

Während der Abwesenheit des Ober-Commandanten war im Bureau und am Schreibtisch desselben ein ehemaliger Nationalgarde - Hauptmann C. . . . anwesend. Derselbe spielte den Ober-Commandanten-Stellvertreter, erbrach alle einlaufenden Depeschen und Berichte, und ertheilte Befehle nach Gutdünken. Dieses Verfahren fiel den anwesenden Plaß-Offizieren auf, und sie fanden sich verpflichtet, ihn zu befragen, mit welchem Rechte und Titel er funktionire. Derselbe konnte keine Vollmacht nachweisen, worauf ihm die angemaßte Commandantschaft von dem Inspektions-Plaß-Offiziere im Namen der übrigen Plaß-Offiziere eingestellt wurde. Als Braun erschien, befragte Dunder denselben über dessen angeblichen Stellvertreter. Als aber der genannte Ober-Commandant denselben gänzlich ignorirte, mußte derselbe das Ober-Commando verlassen. Dadurch ist das Ober-Commando eines Individuums los geworden, welches Mißtrauen erregte, und Braun äußerte, er sey froh, des Menschen entledigt zu seyn.

3 Uhr Nachmittag. Vier Wagen mit Heu beladen wollten in das MilitärLager, wurden angehalten und beim Öber-Commando übergeben.

31⁄2 Uhr Nachmittag. Legionär Vollkomm meldete beim Ober-Commando, daß ein Mann und eine Frau auf dem Rennweg in die Marokanergasse gingen, daß die Auersperg'schen Soldaten auf der Kasernmauer saßen, und als fie die Beiden ansichtig wurden, schrie einer der Soldaten: „Kommt nur ihr Vögel“ und schoß den Mann an der Seite seiner Frau nieder.

3 Uhr Nachmittag. Dr. Klucky, Präsident des Verwaltungsrathes, sendete ein Schreiben an die Permanenz des Verwaltungsrathes, daß er krank

sey, und da seine Compagnie fich aufgelöst habe, keines Vertreters mehr bedürfe, er die Präsidentenstelle zurücklege, und auch aufgehört habe, ein GemeinderathsMitglied zu seyn.

3. Uhr Nachmittag. Ober-Commandant Braun wollte seine Stelle zurücklegen. Auf dringendes Ansuchen einiger National-Garde - Offiziere behielt er noch das Ober-Commando.

4 Uhr Nachmittag. Eine National-Garden-Patrouille in Gaudenzdorf wurde von den Kroaten entwaffnet, und ihr Hauptmann gefangen genommen.

4. Uhr Nachmittag. Ober-Commandant Braun erließ den Befehl: daß alle Jene, die mit Waffen auf die Straße gehen, und nicht zur Garde gehören, sich einreihen lassen müssen, widrigens ihnen von den National-GardePatrouillen die Waffen abzunehmen seyen.

4 Uhr Nachmittag. General Vacani, vom Genie-Corps, ging in die Stadt in Civil-Kleidern, würde vom Volke erkannt und verfolgt, mußte sich in sein eigenes Haus auf dem Hofe flüchten, welches dann vom Volke umrungen, er selbst aber nicht gefunden wurde.

5 Uhr Nachmittag. Josef Lunhofer berichtete beim Ober-Commando, daß ein Reconvalescent im Militar-Spitale von einem Kameraden, der ihn besuchte, erfahren habe, daß heute Nacht ein Angriff von den Auerspergischen Truppen geschehen solle.

5 Uhr Nachmittag. Vom Studenten-Comitee wird beim Ober-Commando berichtet: daß die Polizei-Soldaten mit Waffen und Munition versehen worden seyen, und daß sie die Weisung erhalten haben, im Falle eines Angriffes fich zum Militär zu schlagen.

5 Uhr Nachmittag. Josef Bannerth aus Hammersdorf in Schlesien wird als verdächtig zum Ober-Commando eingebracht. Man will ihn als Spion erkannt haben. Er gibt an, von dem Reichstags-Deputirten Kudlich oder Weiß gekannt zu seyn. Da der erstere nicht anwesend, wird der zweite befragt und Bannerth ihm vorgestellt, von demselben erkannt und entlassen.

5 Uhr Nachmittag. Stephan Müller, jener in Wien allenthalben gekannte, bucklichte Zünd- und Streifhölzchen-Hausirer, berichtete beim Ober-Commando, daß er im Jellačič'schen Lager gewesen sey, daß er jenseits des Inzersdorfer Baches zuerst sechs Kanonen, dann zwei Gränz-Regimenter mit rother und gelber Egalisirung, Dragoner und Husaren, und die Herren Kroaten zerlumpt und zerrissen in alte Militär-Mäntel gehüllt, in großer Anzahl gesehen habe. Auch neun Stück Ochsen sah er im Innern des Lagers. Müller berichtete ferner: daß er der Länge nach beinahe zwei Stunden im Lager in gerader Richtung gegangen wäre, und nach seiner Beurtheilung wohl noch zwei Stunden hätte gehen müssen, um an das Ende desselben zu gelangen.

Auch traf er im Lager einen Offizier, der früher bei dem Regimente Schwarzenberg gedient hatte, längere Zeit in Wien lebte, und den Berichterstatter erkennend, zu sich rief, und zwar mit den Worten: „Nun ZündholzColumbus, wie geht's?" Dieser Offizier bedeutete Müller, daß er sich Alles gut ansehen möge, daß er (der Offizier) Wien sehr bedauere, daß es werde sehr leiden müssen, indem ein Drittheil der Kroaten hinreichend wäre, das arme Wien zu zerstören. Als Müller diesen Offizier verließ, begegnete er einem Manne, dessen Namen ihm unbekannt, den er aber täglich im Gerlowißischen Kaffeehaus gesehen zu haben sich erinnerte, und der den Kroaten im Lager Geld austheilte. 5 Uhr Nachmittag. Drei Bauern von Inzersdorf beklagten sich beim Ober-Commando, daß ihnen die Kroaten die Gewehre weggenommen hätten, und wollten andere erhalten.

5 Uhr Nachmittag. Zwei Polizei-Soldaten in der Montur wurden vom Volke aufgegriffen, von mehreren Garden aber mit Gewalt befreit, und, um sie vor ferneren Mißhandlungen zu schüßen, dem Studenten-Comitee übergeben.

Nachmittags erhielt die 3. Landwehr- Compagnie des Infanterie - Regimentes Erzherzog Stephan, welche am 9. October 1848 die 2. Compagnie desselben Regimentes im Lustschlosse zu Schönbrunn abgelöst hatte, den Auftrag, in die Heumarktkaserne einzurücken.

Schon bei dem Hinausmarsche am 9. war diese Compagnie angewiesen, den Weg bei der Belveder-Linie hinaus, längs der Eisenbahn über Meidling einzuschlagen, und auf der Meidlinger Straße nach Schönbrunn zu marschiren.

Die damalige Stellung des Militärs gegen das Civil machte dem Commandanten, Hauptmann Franz Benkiser, eines ganz isolirten Postens räthlich, auf Alles gefaßt zu seyn, die Mannschaft wurde daher strenger überwacht, um jede Besprechung oder Fraternifirung mit der gegenüber auf der Wache stehenden Compagnie Penzinger Nationalgarde möglichst zu verhindern.

Am 10. gegen Abend mochte dieses Zurückziehen des Militärs bei den wachhabenden Penzinger Nationalgarden Bedenklichkeiten und Besorgnisse eines allenfälligen Ueberfalles erregt haben, da viele Garden nach und nach den Schönbrunner Hauptwachposten verließen. Es gelang jedoch dem Hauptmann Franz Benkiser und den anderen Offizieren des Landwehr-Bataillons Erzherzog Stephan, die Garden zu beruhigen, worauf die lebrigen auf der Wache verblieben.

Nachdem am 11. Oft. in Folge des erhaltenen Befehles alle detachirten Posten, mit Ausnahme der entferntesten, welche verständiget wurden, die Compagnie oben beim grünen Berg zu erwarten, eingezogen waren, marschirte Hauptmann Franz Benkiser, Oberlieutenant Wallner, Lieutenant Zwon arz, und Lieutenant Limböck mit der Compagnie, welche mit der angemessenen Vor- und Nachhut versehen war, auf den bezeichneten Weg; der Gefreite

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