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Nr. 589) sich verfügen, um bei etwaigen Anforderungen zu wundärztlichen Hülfeleistungen im obbezeichneten Falle an diejenigen Orte entsendet werden zu können, wo ihre Hülfe nothwendig ist. Wien, den 11. October 1848."

Dr. Lerch, Decan.
Dr. Köd, Pronotar."

Nachstehende Proklamation sollte dem gefährlichen Vagiren des bewaffneten Proletariats steuern :

,,Aufruf! Alle gutgesinnten Bewohner Wiens, welche in den jüngsten Tagen Waffen erhalten haben und nicht in die Nationalgarde eingereiht find, werden aufgefordert, sich bei ihrem Bezirks-Commando zur Anreihung an die betreffenden Compagnien zu melden, und dann bei jedem Allarmzeichen sich am Sammelplage des Bezirkes einzufinden, zur Verfügung des Commandanten zu stellen, und so desto zweckmäßigere Dienste leisten zu können. Zugleich ergeht an die gesammte Bevölkerung Wiens das dringende Ersuchen, bei jedem Allarm, und namentlich zur Nachtzeit, Kinder und andere zum Waffendienste nicht geeig nete Personen strenge bei Hause zu halten, damit durch sie keine Verwirrung veranlaßt, und dadurch die Ausführung der angeordneten Maßregeln nicht behindert werde. Wien, am 11. October 1848.

Vom Gemeinderathe der Stadt Wien, im Einvernehmen mit dem

Nationalgarde-Ober-Commando."

Nachstehende Ermahnung erließ der Gemeinderath an die heißblütigen, bewaffneten Volkssouveräne:

" „Mitbürger! Im Interesse der öffentlichen Sicherheit der Stadt Wien sieht sich der Gemeinderath verpflichtet, alle Bewaffneten und nicht Bewaffneten Bewohner dieser Stadt, auf die Gefahr aufmerksam zu machen, die daraus entstände, wenn von Seite derselben, ohne höhere Anordnung der dießfalls sie zu ermächtigten, und geseglichen Autorität, auf das innerhalb dem Weichbilde der Stadt sich befindende Militär irgend ein Angriff Statt fände, da es höchst dringend ist, jeden Zusammenstoß zwischen Civil- und Militär, sowie jeden Anlaß zu Reibungen streng zu vermeiden, weil ein eigenmächtiger Angriff auf das Militär von Seite unserer Bevölkerung die traurigsten Folgen für Wien hervorbringen könnte. Wien, am 11. October 1848.

Vom Gemeinderathe der Stadt Wien." Diese Proklamation verdient den Dank aller Wiener Bewohner auch jener, die bereits entflohen waren.

Aus dem Studenten-Ausschuße.

Der auf der Universität in Verwahrung befindliche ungarische Ministerpräfident Baron Recsey hat im Studentenausschuße folgende Erklärungen abgegegeben, welche wir wörtlich zu geben nicht unterlassen dürfen; und zwar :

1. „Am 3. October wurde ich in den Ministerrath in die Staatskanzlei berufen, wo sie außer dem Finanzminister Krauß versammelt waren, nachdem ich zwei Tage früher die Stelle des Esterhazy zurückgewiesen hatte, weil es der Batthyanyi nicht contrasigniren wollte, so wie auch die Stelle des Kriegsministers. Als ich am 3. October eingeladen wurde in der Staatskanzlei in dem Ministerrathe zu erscheinen, wurde mir bekannt gemacht, daß Se. Majestät mich zum Ministerpräsidenten von Ungarn ernennen, wozu Se. Majestät berechtiget find, bis der Baron Vai beauftragt ist, ein Ministerium zusammenzuseßen, damit die Geschäfte nicht in Stockung gerathen. Ich erklärte in dem Augenblicke, daß ich mich auf keinen Fall für länger zu diesem Geschäfte werde verwenden lassen. Gleich, wie ich das Unangenehme dieses Manifestes erfuhr, habe ich um meine Enthebung gebeten. Ich mußte aber unterschreiben, weil ich die Stelle angenommen hatte. Ich erklärte, daß ich mit der Unterschrift meine Exilirung aus meinem Vaterlande unterschrieb. Indessen, wenn man so lange Militär ist, ist man das Gehorchen gewöhnt. Nach der Contrafignirung des Manifestes schickte ich einen eigenen Boten zu Sr. Majestät, um meine Dimission einzureichen. Ich erhielt die gnädige Antwort, von meinem Posten enthoben zu seyn, aber noch so lange die Geschäfte fortzuführen, bis der Baron Bai zurückgekehrt sey. Ich wiederhole, von Jugend auf an Subordination gewöhnt, glaubte ich Sr. Majestät dieses nicht verweigern zu dürfen. Sobald ich aber die mißbilligenden Aeußerungen über das Manifest vernahm, habe ich nicht nur sogleich um meine Dimission gebeten, so auch gebeten, Se. Majestät geruhe, das Manifest zu widerrufen. · Uebrigens erkläre ich, daß ich mit keiner Partei vom Hofe einverstanden bin. Ich bin in keiner Verbindung mit dem Erzherzog Franz Carl und der Erzherzogin Sophie gewesen, und ihnen nicht vorgestellt worden bei dieser Gelegenheit. Ich bin mit dem Staatsrathe nicht in Berührung gekommen. Ich habe das Concept, worin ich um die Zurückname des Manifestes bat, dem Parlament in Pesth zugesendet. Ich habe zufällig erfahren, daß Jellačič in der Nähe von Wien sey, habe ihn also bloß aus Neigung besucht, weil ich ihn schon seit dem Jahre 1827 sehr gut kenne. Ich war nur 10 Minuten bei ihm, in dem Hause der Ritter.

Recsey, m. p."

2.,,Ich erkläre hiermit frei und ungezwungen, bloß dem einzigen Schreiber dieses gegenüber, daß ich am 6. October 1848 von halb 11 Uhr bis 12 Uhr Vormittags in dem Kriegsgebäude bei dem versammelten vollzähligen Ministerrathe war. Bald nach meiner Ankunft kam eine Deputation, Baron Pillersdorff an der Spiße. Während diese Deputation auf die Ankunft der andern Deputa= tion, die sich zum Baron Wessenberg begeben hatte, weil sie ihn in seiner Wohnung glaubte, wartend, sich in ein Nebenzimmer verfügte, gab mir Latour

zwei Briefe von Jellačič, der eine war Privatbrief und gab Nachricht von dem Gefecht bei Velence. Jellačič schrieb, daß die Ungarn sich nach Marton Vasar zurückgezogen, daß er eine Linksschwenkung gemacht, bis nach Raab gezogen sey, und dasselbe beseßt habe, mit dem Gros zwischen Wieselburg und Altenburg vorgerückt sey, um der Residenz näher zu seyn, um leichter Hilfe zu bekommen. Der andere Brief war Dienstbrief. Er begehrte darin vorzüglich Cavallerie, so viel als möglich, und wenn es seyn kann, auch Linien-Infanterie, weil er einige tausend Mann von denen, die in der Hausmontur sind, nach Kroatien sende; er spreche also auch die Gnade an, diese über Wien auf der GloggnißerEisenbahn weiter zu befördern. Ich blieb in Wien den 6., 7. und 8. d. M. bis um 5 Uhr Nachmittag. Um halb 2 Uhr erhielt ich durch die Hand des Grafen Mensdorff meine Enthebung, bis der Graf Vai zurückgekehrt, und mündlich den Auftrag im Hoflager nach Krems am 9. einzutreffen, um die Befehle Sr. Majestät zu contrafigniren. Ich traf daselbst am 9., 2 Stunden über Krems um 3 Uhr ein. Se. Majestät reiste nämlich mit Bedeckung von 6000 (?) Mann in der Mitte der Truppen. Ich speiste um 3⁄4/. auf 4 Uhr an der kaiserlichen Tafel, wo auch Minister Hornbostel war. Se. Majestät war erfreut, daß ich eingetroffen, und die Einladung zur Tafel geschah durch den Fürsten Lobkowiz. Nach Tische äußerte der Erzherzog Franz Carl zu mir, er wünsche, daß Minister Bach im Amte bleibe, er sey ein braver Mensch. Ich zweifelte, daß er es annehmen werde, weil er keine Popularität besige. Um 7 Uhr hatte ich Audienz beim Erzherzog Franz Carl, gerade nach der Audienz des Hrn. Ministers Hornbostel daselbst. Er dankte mir fürs Eintreffen, wünschte daß ich bleibe; auf meine Erklärung, die Beamten präveniren zu müssen, entließ er mich mit dem Auftrage, sicher in Olmüß einzutreffen. Ich verließ am 10. dieses um 3⁄4/ auf 6 Uhr Morgens das Hoflager, und langte um 4 Uhr Nachmittags in Wien ar. Ohne allen Auftrag verfügte ich mich um halb 5 Uhr ins Lager zu Auersperg. Ich traf ihn bei Tische, sezte mich nicht einmal, und blieb kaum 10 Minuten. Auersperg sagte mir:,,Du kannst den Jellačič grüßen. Der Fürst Jablonski, der im Bahnhof der Gloggnißer Bahn commandirt, wird Dir sagen, wo er ist." Ich fuhr in einem Fiaker ab. Jablonski sagte mir: Jellačič wäre in der Nähe (ich Unterzeichneter weiß den Ort nicht) beim Herrn von Ritter, seiner Frau und einer alten Frau. Die Frauen baten mich nach Wien nicht zurückzukehren. Auf Einladung genoß ich einige Bissen und ein Glas Wein. Ich sprach mit Jellačič kein Wort von Politik, kein Wort von Krieg. Jellačič nahm auch ein Glas Wein und sagte:,,Auf die Gesundheit meines Freundes von Recsey," und wir tranken. Nach einem Aufenthalte von höchstens 1/. Stunde begleitete mich General-Major Ze is berg wieder zum Fiaker. Er wollte mir Einen zur Sicherung mitgeben. Ich lehnte es ab, und

Langte schon um 6 Uhr wieder in der Stadt an, höchstens um 6. Uhr. Das übrige ist bekannt. Ich versichere noch einmal bei meiner Ehre und Seligkeit, daß ich weder im mündlichen noch schriftlichen Auftrage gehandelt habe, als ich mich zu Auersperg und Jellačič verfügte; was auch die kurze Zeit bestätiget, und selbst im Hoflager wußten sie nichts von dem Aufenthaltsorte Jellačič's, wenigstens bis 10 Uhr Abends, denn so lange war ich beim Fürsten Lobkowiz. Wien, den 11. October 1848. Recsey, m. p."

Außer den Aussagen des Freiherrn von Recsey kam im StudentenAusschusse noch Folgendes vor:

,,Ein Nationalgarde zeigte an, daß er eben vom Gemeinderath komme, den er ersucht hatte, ihm eine Unterstüßung zukommen zu lassen, da er, wie er sich ausweise, einer der ersten bei Eroberung einer Kanone Hand angelegt habe, und übrigens jezt in sehr mißlichen Umständen sey. Der Gemeinderath wies ihn ans Studenten-Comitee mit der Bemerkung, daß dasselbe 50,000 fl. zur Verfügung erhalten habe. Das Comitee, über die Unwahrheit der leßten Angabe entrüstet, schickte ihn sogleich in Begleitung des Nationalgarden Herrn Priemann in den Gemeinderath. Die Sache beruhte auf einem Irrthum, indem nicht das Studenten-Comitee, sondern der Verwaltungs-Rath gemeint war." (Der Verwaltungsrath empfing vom Gemeinderathe nie 50,000 fl. C. M.)

,,Nach dem Wunsche des Herrn Ober-Commandanten Messenha user und des Generals Bem, daß der Artillerie der mobilen Garde auch Legionäre beigegeben werden sollten, um die Mannschaft dadurch anzueifern, beschloß das Comitee, darüber eine Aufforderung an die verschiedenen Corps der Legion, besonders an das Techniker-Corps, ergehen zu lassen."

„Nach einer früheren Besprechung wurde der Antrag, die Chargen sollten bei der Legion nicht höher besoldet seyn, als die übrigen Legionäre, von neuem in Berathung gezogen, und endlich beschlossen, darüber erst die Meinung der einzelnen Corps der Legion zu vernehmen.“

„Ein Legionär berichtete, daß er im Kaffeehause einen Brief aus Olmüß gesehen habe, worin berichtet wird, daß auf den Kaiser geschossen wurde, und Erzherzog Franz Carl sey schwer verwundet. Man vermuthet, daß die Kamarilla den Schüßen besoldet habe.“ (Lügen der Umstürzlinge!)

,,Das Comitee beschloß, weil der gefangene Minister Recsey schon mehreremal die Befürchtung geäußert habe, man werde ihn den Ungarn (foll Magyaren heißen) ausliefern, durch eine Deputation ihm versichern zu lassen, daß das Studenten-Comitee dieses nicht thun werde. Es kommen hierauf zwei Deputirte des Reichstages, worunter Füster, die dem Recsey im Namen des Reichstages, dem er auch von seiner Befürchtung Kunde gab, die Sicherheit seiner Person, und die Nicht-Auslieferung gewährleisteten.“

,,Ein Bedienter der englischen Gesandtschaft meldete, daß an alle Gesandten die Aufforderung erging, Wien zu verlassen, sich aber bloß in der Nähe der Residenz, etwa in Hietzing, niederzulassen. Wurde sogleich dem Reichstage bekannt gemacht. Ein Frauenzimmer in Männerkleidern ist erschienen, und wollte in die mobile Garde aufgenommen werden. Wurde unter Heiterkeit dem Ober- Commando der Nationalgarde zugewiesen." (Muß eine Barrikadendirne gewesen seyn.)

,,Das Comitee beschloß, da bisher die Besorgung congrevischer Raketen (?!) sehr lässig betrieben wurde, das Commando aufzufordern, dem Comitee diese Angelegenheit zu übergeben.“ (Es ist nicht bekannt geworden, daß das Studenten-Comitee congrev'sche Raketen hervorgebracht hätte!!?)

,,Ein Bauer aus Oberösterreich meldete, daß viele Tausend Bauern gerüstet wären, den Wienern zu Hülfe zu eilen, werden aber von Beamten zurückgehalten.“ (Brave Beamte! - Vernünftige Bauern, weil sie den Beamten gefolgt haben!)

Das Zeughaus auf der Seilerstätte wurde am 10. vom Studenten-Comitee in Beschlag genommen, und von da auch die Bewachung des Zeughauses vom mobilen Corps bestritten. Die Wach-Mannschaft erbrach selbst die Offiziers- und Mannschaftswohnungen, und entwendete sowohl Aerarial- als auch Privatgut aus denselben.

In Folge dessen würden nachstehende Anordnungen erlassen :

„Der Hauptmann Pecher und der Lieutenant Schädelbauer, so wie die 5 Mann der Artillerie, welche sich in der Seilerstätter-Caserne befinden, werden unter den Schuß des Reichstages gestellt. Jedermann ist daher auf das Strengste verpflichtet, das Leben und das Eigenthum, es mag Privat- oder Aerarialis seyn, zu schonen."

Vom permanenten Reichstags-Ausschusse.
Wien, am 10. October 1848.

Brestel, m. p. Vice-Obmann.
Vacano, m. p. Schriftführer."

Anmerkung. Auf Seite 22 Zeile 3 bis 7 soll es heißen:

„Schon im Vorhinein standen die Vertreter aller deutschen Länder Oesterreichs als compakte Masse den Böhmen gegenüber, und die aus deutschböhmischen Bezirken als Führer oder Koriphäen der „Linken“ waren den ersteren nicht bloß natürliche Verbündete, sondern auch Autoritäten über die Verhältnisse Böhmens und die Absichten der Czechen. Dies waren schlechte Auspicien für die parlamentarische Thätigkeit der böhmischen Abgeordneten; doch bewährte sich das Sprichwort: „Ist die Noth am größten, so ist die Hülfe am nächsten.“ Die gerechte Sache drang durch. Ein Blick auf die Zusammenseßung des Reichstages mußte auch den früher eingefleischten Centralisten überzeugen, daß Desterreich eben so wenig ein deutscher als ein slawischer Staat seyn könne, und die Nothwendigkeit

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