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Ungarn rebellirenden Magyaren maßten sich die Suprematie über die weit zahlreicheren übrigen Völkerschaften des Königreichs an, sagten sich faktisch vom österreichischen Staatenverbande los, geberdeten sich als ein unabhängiger, selbstständiger Staat, schickten ohne Erlaubniß des rechtmäßigen Königs Gesandtschaften in fremde Staaten, emittirten Massen Papiergeldes u. v. A., endlich ermordeten fie den vom Könige abgesendeten Kommissär und Pacifikator Lamberg auf eine barbarische Art.

Zu dem Allen kamen auch die Kriegs-Ereignisse in Ungarn. Die Ereignisse in Ungarn, besonders aber die Ermordung des Grafen Lamberg in Pesth waren Vorboten jener in Wien.

Ein in Pesth lebender Deutscher erzählt die Vorgänge am 28. September in der ungarischen Hauptstadt folgendermassen :

Der Beschluß des Repräsentantenhauses vom 27. September Nachts, den königlichen Commissär Grafen Lamberg als ungeseßlich und ungültig anzusehen, und jeden als Hochverräther zu hängen, der den Befehlen des Kaisers nachkomme, war am 28. Früh an allen Ecken Pesth's in magyarischer Sprache zu lesen. Nur in magyarischer Sprache, ungeachtet in Pesth-Ofen 70,000 Deutsche (?) leben, die aber von den Magyaren als gar nicht existirend betrachtet zu werden scheinen.

Eine Aufregung, größer als in den Märztagen, gab sich in Folge dessen kund. Niemand arbeitete; die Straffen wogten von Menschen. Die Magyaren sagten am Morgen, der königliche Commissär müsse gehängt werden, sobald er eintreffe. Sie bearbeiteten die ganze Volksmasse, belegten den König mit den empörendsten Schimpfnamen, und forderten jeden auf, ferner nicht mehr dessen Befehlen nachzukommen. Sie brauchten keinen König, und wenn sie einen haben wollten, würden sie Kossuth dazu erwählen. So riefen die Verräther!

Ungeachtet dieser Zusammenrottungen, ungeachtet der bewaffneten Haufen, welche durch die Stadt zogen, wurden von Seite der magyarischen Behörden gar keine Vorkehrungen getroffen, die Ruhe aufrecht zu erhalten, und die als Gesandter völkerrechtlich heilige Person des Grafen Lamberg vor Beleidigung zu schüßen, den man jeden Augenblick erwartete.

Dazu kam das Gerücht, eine Estaffete habe die Nachricht gebracht, die Schlacht bei Stuhlweissenburg daure seit 3 Uhr Morgens, um 7 Uhr sey schon der linke Flügel des Bans gänzlich vernichtet worden. Das goß Oel ins Feuer; der Uebermuth kannte keine Grenzen mehr. Um 1 Uhr wollte ich auf den Blocksberg gehen, da behauptet wurde, man höre von dort den Donner der Kanonen. Als ich an die Wache der Donaubrücke kam, stürzten athemlos ein Paar Magyaren herbei und verlangten einen Tambour zum Allarmschlagen. Lamberg sey in Ofen, sagten sie, man müsse ihn fangen und aufknüpfen. Es

hieß, er sei im Generalkommandogebäude beim FML. Hrabowsky. Die wüthende Menge stürzte dorthin. Ein Wachposten der Nationalgarde sagte aus, vor einer halben Stunde sey der königliche Commissär angefahren und sey bei Hrabowsky abgestiegen.

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Jest begann eine Szene furchtbarer Art. Mit wildem Gelüste stürzte die Menge in das Gebäude. Alle Thüren wurden erbrochen besonders zeichnete sich ein Sappeur der akademischen Legion aus, dessen gewichtige Art jedesmal auf den dritten oder vierten Hieb die festesten Thüren sprengte. Alle Räume wurden durchsucht, Fenster, Kisten, Kasten zertrümmert. Die kranke Beschließersfrau, mit einem sechswöchentlichen Kinde auf dem Arme, bat ihre Wohnung zu verschonen. Wüthend drangen Magyaren auf sie ein - die Mitglieder der Legion stellten sich als Schußwehr vor sie hin, und zwei derselben durchsuchten die Wohnung.

Im ersten Stockwerke trat Hrabowsky besonnen der Menge entgegen, und sprach vermittelnde Worte. Ein Wiener Legionär rief ihm zu: „Halt's Maul, Schwarzgelber, wir kennen Dich!" Hierauf wurde er erfaßt, eingesperrt und Wache vor die Thüre des Zimmers aufgestellt.

Man fand den Grafen 2 amberg nicht, er hatte sich durch einen rückwärtigen Ausgang geflüchtet, und eilte nach Pesth, um sich unter den Schuß des Repräsentantenhauses zu stellen.

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Ich kann nicht unerwähnt lassen, daß ein Anführer der Legion, die sich auf dem Zeughausplaße bei den Kanonen versammelte, ihr bedeutete : „Die Legion sey keine Polizei — sie sollten nur die Kanonen bewachen!“ Während sich dieß auf der Festung zutrug, wurde in beiden Städten Allarm geschlagen, alle Gewölbe wurden gesperrt, die Nationalgarde rückte aus, und die Strassen wogten vom Volke, den Freiwilligen und den Bauern. Man war der Meinung, die Festung sey von Lamberg abgesperrt, man wolle Pesth von Ofen aus bombardiren, der Ban sey vor den Schanzen und die Kaizen in Ofen erschlügen die Schanzarbeiter. Kein Wort war Wahres daran.

Der unglückliche Graf Lamberg, der im Vertrauen auf die Unverleßlichkeit eines königl. Commissärs ohne Begleitung und Bedeckung nach Ofen gekommen war, hatte mittlerweile einen Fiaker aufgefunden, und fuhr über die Schiffbrücke nach Pesth, den sichern Schuß des Gesezes zu erreichen.

Auf der Mitte der Brücke stand ein Haufe Nationalgarden und Sensenmänner, vermischt mit teuflisch wildem Volke. Ein Paar Wiener Legionäre waren an der Spiße. Diese hielten den Fiaker auf und erkannten den Grafen Lamberg. Einer tratt vor mit der Frage: Wer sind Sie?" "Der königliche Commissär Graf &amberg," war die feste Antwort. Dann fahre zur Hölle!“ schrie der Akademiker und spaltete ihm den Kopf.

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Und nun folgte eine Szene die schwer wiederzugeben ist:

Man riß den halbtodten, schrecklich blutenden Grafen aus dem Wagen, und schleifte ihn über die Brücke - die Blutspur war bis in die Stadt zu verfolgen. Man durchstach ihn mit Bajonetten — schnitt ihm Glieder mit den Sensen ab, schligte ihm den Leib auf, daß die Eingeweide herausquollen.

In der großen Bankgasse angelangt, wurde der Leichnam des Ermordeten, Verstümmelten, vom Pöbel in Empfang genommen. Man zerrte und riß ihn hin und her seine ganze Kleidung wurde buchstäblich in Feßen gerissen, man zerstampfte ihn mit den Füssen - spießte ihn auf Bajonnete und zeigte die geschändete Leiche dem teuflisch jubelnden Pöbel.

Ein Ruf, den ich hier nicht wiederholen will, erschallte in einer Stadt, die 70,000 deutsche Einwohner zählt!

Ich möchte rasen vor Wuth!

Ich schäme mich ein Deutscher zu seyn — wenn man ungestraft den deutschen Namen so lästern darf.

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und deutsche Jünglinge ziehen hinab, für die Magyaren zu streiten - für dieselben Magyaren, die den Deutschen mit allem Ingrimme fanatischer Leidenschaft hassen.

Die armen verblendeten Wiener Akademiker sind zu beklagen, — fie tödten ihr eigenes Geschlecht- sie helfen die deutsche Nationalität in Ungarn vernichten.

Endlich langte der Menschensturm am Invalidenpalais an. Dem Körper des Grafen Lamberg — in dem man mit Mühe die Menschengestalt erkannte, und dem die lezten Feßen vom Leibe gerissen waren, wurde ein Strick um den Hals gebunden, in diesem Zustande wollte man ihn auf einen Laternpfahl aufhängen.

Die Nationalgarde verhinderte es die geschändete Leiche wurde in's Invalidenpalais gebracht, und von dort während der Nacht in's Rochusspital geschafft.

Der Mörder, von dem man sagte, er sei ein Deutscher, wurde jubelnd durch die Stadt geführt, ihmEljén zugerufen, und der blutige Säbel vor ihm hergetragen.

Zur Ehre des deutschen Namens sey es gesagt, der Mörder war kein Deutscher, sondern ein Ungar, der in Wien Medizin studirte.

Und nun deutsche Männer, Bürger Wiens - gehen Euch endlich die Augen auf, welch' frevelndes Spiel die Magyaren spielen?

Ringt sich nicht ein Schrei des Entsegens aus Eurer Brust, ob dieser namenlosen Schandthaten an einem deutschen Manne verübt. Welch' Gefühl muß Euch ergreifen, wenn ihr vernehmt, mit welchen Lästerungen der deutsche Name bei dem schändlichsten Bubenstücke belegt ward ?

Wird man endlich glauben, daß die dünkelhafte Anmassung der Magyaren, ihr unerträglicher Uibermuth die Schilderhebung aller Nichtmagyaren hervorge= rufen hat?

Wird man nach dieser Gräuelszene in der Hauptstadt des Landes, unter den Augen der Behörden ausgeführt, die gar keine Vorkehrungen getroffen hatten, endlich glauben, daß die Magyaren die griechischen Tempel im Banate geschändet, und durch Mord, Sengen, Plündern und ungeseßliches Hängen die Nichtmagharen zur Verzweiflung gebracht haben?

Wem jezt die Augen nicht aufgehen - der wird nie sehen.

Für diejenigen, welche in den lezten 6 Jahren, wenn auch nur wenige Wochen, in Ungarn, namentlich in Pesth-Ofen gelebt, und sich um die Stimmung der Deutschen und der andern Nichtmagyaren bekümmert haben, hätte es eines solchen himmelschreienden Beispiels nicht bedurft, um einzusehen; daß diese 4 Millionen Magyaren die im Ungarlande lebenden 11 Millionen Nichtmagyaren in ihrer Nationalität auf jede Weise drücken, schmähen und tyrannisch dahin streben und wirken, diese 11 Millionen Nichtmagyaren zu zwingen, die ungarische Sprache zu erlernen, und sie somit zu Magyaren zu machen!

Aber der Arm der Nemesis streckt sich schon nach dem herrschsüchtigen Bolke aus.

Die 11 Millionen Slawen in Norden und Süden, in Osten und Westen werden nach solcher Schandthat noch gewaltiger sich erheben, wie sie es bereits gethan, die Gleichberechtigung aller Nationalitäten herstellen, und den Magyaren die Herrschaft aus den Händen reißen.

Nach der Mordthat zürnte selbst der Himmel dunkle Wolken zogen sich zusammen, ein heftiger Sturmwind heulte, und der niederprasselnde Regen trieb die Haufen in die Wirthshäuser, wo die Magyaren in unüberschwenglicher Suada ihren Heldenmuth priesen und sich in den Himmel erhoben. Ist's vielleicht der Heldenmuth, dem zufolge sie das Land an der Drau bis Stuhlweissenburg ohne Schwertstreich dem Feinde preisgeben? Die Patrouillen gingen die ganze Nacht. - Die Nationalgarde war fortwährend unter Waffen. Auf Polizeibefehl

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mußte jedes Fenster der Stadt die ganze Nacht hindurch beleuchtet seyn.

Biele Excesse fanden statt alle Wagen wurden angehalten, und nach Waffen durchsucht — lebensgefährliche Verwundungen wurden von den tobenden Bauern bei dieser Gelegenheit beigebracht.

Heute bedauert ein krokodillthränenreiches Plakat, von Kossuth, Niary 2c. unterzeichnet, das gestrige Ereigniß, und fordert die Bewohner zur Ruhe auf. Dieselben Gleißner, welche heute beklagen, waren gestern die Veranlassung zu dem Schand- und Brandmale der Magyaren!

Die Siegesnachrichten bestätigen sich nicht es ist bis jezt noch keine Schlacht geschlagen.

Viele, die gestern noch die Herren Obenaus wareu, lassen heute schon die Flügel hängen.

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Gott" sagen fie „wenn jezt der Banus käme!"

Alle haben die Ahnung, das Geschehene werde nicht ungeahndet bleiben. Heute flüchtet sich von Pesth, was sich flüchten kann..

Die Wiener Legion ist Willens zurückzukehren — man will ihr nicht halten, was in Wien von den Magyaren ausgesprochen wurde.

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Die Wiener, welche jezt mit den Magyaren zusammen leben, werden bald bitter erfahren, woher hier zu Land der Wind weht- und die unbegreiflich verblendete Sympathie für die Magyaren auf Kosten der Nichtmagyaren-worunter auch leider viele Deutsche sind, — wird schnell ihr seliges Ende finden. Gott gebe es!"

Soviel aus Pesth vor der Wiener Oktober-Revolution.

Se. Majestät haben, durch die in Ungarn vorgefallenen Ereignisse veranlaßt, folgende Beschlüsse *) gefaßt:

Königliche Verordnung.

Ich ernenne Meinen Feldzeugmeister und Capitän-Lieutenant der Ungarischen Leibgarde, Adam Freiherrn Recsey v. Recse, zu Meinem Ungarischen Minister-Präsidenten mit dem Auftrage, ein neues Ministerium zu bilden. Schönbrunn am 3. Oktober 1848. Ferdinand m. p.

Adam Recsey m. p.

Königliche Verordnung

an die Vorsteher sämmtlicher Ungarischer Jurisdiktionen. Nachdem vermöge Unseres hier angebogenen an den Landtag gerichteten allergnädigsten königl. Reskriptes das Königreich Ungarn in so lange, als die gestörte Ordnung und der Friede nicht zurückgekehrt seyn wird, unter die Kriegsgesege gestellt ist, befehle Ich Ihnen, daß Sie Unser vorerwähntes königl. Reskript,

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*) An demselben Tage erschien in Mahler's Freimüthigen" eine jener graßen Lügen, welche die Journale dem Pnblikum für Conv. Münze verkauften. Diese Lüge wurde als wahr geglaubt und lautet:,,Neuestes. Riesige Schlacht zwischen Ungarn und Fellachich. Um 6 Uhr Abends kam ein Courier mit der zerschmetternden Nachricht, daß Jellachich bei Szeredes auf Pontons über die Donau gegangen. In der Ebene bei Pesth erwartete ihn das ungarische Heer todesmuthig. Es entspann sich ein Kampf, furchtbar, wie ihn die Welt noch nicht gesehen; auf der einen Seite der kampfgeübte Soldat, auf der andern der glühende Patriotbereit für das Vaterland zu sterben! Mann an Mann wurde gekämpft 24 Stunden raste die Schlacht 10,000 Ungarn und 15,000 Kroaten deckte das Schlachtfeld der Rest des kroatischen Heeres zerstob nach allen Winden; kaum wird ein Mann das Wasser der Drau wieder trinken! — Fünfundzwanzig= tausend Todte! Wehe dem, der diese Blutschuld zu verantworten hat!!!".

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Solche Kost wurde dem Wiener Lesepublikum von Burschen gereicht, die die poli tischen Freunde der Kossuthianer waren.

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