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Ueber eine an die Sicherheitswache geschehene Aufforderung, sich der Na tionalgarde zur Vertheidigung anzuschließen, wurde vom Gemeinderathe verfügt, daß nur so viel Mannschaft als nöthig zum Schuße der Communalgebäude verwendet, der andere Theil aber dem Nationalgarde- Ober-Commando zur Verfügung gestellt werde. Beim Ober-Commando waren beiläufig 16 Sis cherheitswächter und mehrere Cavalleristen als Ordonanzen im Dienste.

Nachstehende Plakate waren an diesem Tage beschlossen und an den Straßenecken Wiens angeschlagen :

,,An die akademische Legion. Brüder! Nehmet meinen innigsten Dank für die unermüdliche Ausdauer, strenge Aufrechthaltung der Disciplin und die todesverachtende Tapferkeit, die Ihr in diesen Tagen des Kampfes für die heiligsten Rechte des Bolles bewiesen habt. Noch sind die Tage der Gefahr nicht vorüber, noch haben wir keine genügenden Garantien für die Aufrechthaltung unserer Errungenschaften. Darum fordere ich Euch auf, nicht nachzulassen in Eurem Eifer und Eurer Wachsamkeit, da die kleinste Vernachlässigung die unheilvollsten Folgen mit sich führen kann. Die strengste Einhaltung des Wach- und Patrouillendienstes ist mehr als je nothwendig, und ich erwarte von Euch, daß jeder für das Vaterland seine Pflichten erfüllen werde.

Aigner m. p., Legions-Commandant." Dieses Plakat war nicht vermögend, die Flucht vieler Legionäre vor dem anrückenden Ban zu verhindern.

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Nachstehendes Plakat begann mit einem Dankerguß — um gleich darauf durch ein anderes einen weitern Schritt mit Hinweisung auf die nahe Gefahr zu machen, und endlich sogar den Landsturm durch ein drittes aufzubieten, und zwar :

„Geehrtes Central - Comitee aller freifinnigen Vereine Wiens! Vereint mit uns seyd Ihr in den Tagen der Gefahr mit Gut und Blut für unsere Errungenschaften eingestanden, habt mitgekämpft mit allen geistigen und physischen Kräften für die heilige Freiheit. Als Mitkämpfer für das edelste Gut der Menschheit müssen wir uns gegenseitig festigen und stärken. Wir können daher nicht zurückhalten den Ausdruck des tiefgefühlten Dankes, welcher uns für Euer und aller Demokraten edles (?) und energisches Wirken durchdringt. Nehmet demnach unseren wärmsten Dank für die Opfer, welche Ihr Alle auf dem Altare des Baterlandes (3) niederlegt.

,,In der Ueberzeugung, daß Ihr gleich uns in dem begeisterten Wirken verharren werdet, entsenden wir Euch unseren Bruderkuß und Handschlag.“ Der Ausschuß der Studenten."

,,An das Volk von Wien. Die Gefahr hat die zersplitterten Kräfte der Freiheit vereint. Schon vor dem Ausbruche der neuesten glorreichen (! ?) Bewegung haben jedoch die Wiener demokratischen Vereine einen Central-Ausschuß

niedergeseßt, welcher den glücklichen und einheitlichen Gang der lezten Erhebung zum Theil sein Werk nennen darf. Er zeigt nun der gesammten, wenn auch in keinem Vereine eingezeichneten Partei sein Bestehen an, und fordert sie, insbesondere die Männer des 6. Octobers (!) a uf, ihm ihr Vertrauen zu schenken und sich an den Tagen der Gefahr wieder um denselben zu schaaren. Die jüngsten Ereignisse haben bewiesen, daß die wahre Ordnung nur aus der wahren Volksfreiheit entspringen kann. Der Central-Ausschuß der Wiener demokrat. Vereine."

,,An die Landbewohner Oesterreichs. Brüder! Der Feind steht vor unsern (!) Thoren. Der Volksfeind (!) Fellačič hat vier Stunden vor Wien ein feindliches Lager aufgestellt. Unsere und Eure (!) Freiheit ist bedroht. Brüder, eilt zu uns, und kämpft mit uns für die heilige Sache der Freiheit gegen den gemeinschaftlichen Feind (sic). Nur der Landsturm allein kann uns vor der Räuberbande Jellačič's retten. Steht auf, Landbewohner, und rettet die Ehre, die Freiheit der Stadt Wien. Ist Wien frei, dann seyd Ihr es auch!

Der Central-Ausschuß aller demokratischen Vereine Wiens.“

In Bezug auf diese Proklamationen muß bemerkt werden, daß deren Druck größtentheils mit magyarischem Gelde bestritten wurde. Der Central-Ausschuß wirkte auf den Reichstag, auf das Ober-Commando, auf den Gemeinderath und auf den Studenten-Ausschuß.

In Folge der auf den Straßenecken ausposaunten Gefahr — flohen die Bewohner mehr und mehr von Wien. Es hatten sich seit dem 7. hunderttausend Menschen Waffen geholt, aber als Beute, keineswegs um damit zu streiten. Die wirklichen Streiter werden sich später in ihrer Qualität und Quantität herausstellen.

,,Tagsbefehl. Garnisons-Inspektion bekommt Morgen Herr Commandant des VIII. Bezirks. In Erwägung der Erkrankung des prov. Herrn Ober-Commandanten von Wien und der Umgebung, Herrn Abgeordneten Scherzer, hat das hohe Ministerium des Innern mittelst Erlaß vom heutigen Tage im Einvers ständnisse mit dem hohen Reichstags - Ausschuße mich beauftragt, einstweilen das Ober-Commando sämmtlicher Nationalgarden ohne Verzug zu übernehmen. Kameraden! freudig trete ich an die Spiße von Männern, die auch mir gewiß mit gleicher Aufopferung wie bisher beistehen werden, um das Eigenthum zu sichern, die Ruhe und Ordnung wieder herzustellen, kurz um die eben so schöne als schwierige Aufgabe, die uns als Nationalgarde obliegt, in ihrer ganzen Größe würdig zu lösen.“

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„Ich ersuche sofort sämmtliche Bezirks-, Corps- u. Bataillons-Commandanten der Bürger, Nationalgarde und Studenten, sich heute um 3 Uhr Nach

mittags unausbleiblich in dem Ober-Commando-Lokale in der Stallburg einzufinden, um über unser Verhalten zu berathen und zu beschließen.

Am 9. October 1848.

Braun m. p.

prov. Ober-Commandant."

Braun sah ein, daß das Eigenthum gesichert, die Ruhe und Ordnung wieder hergestellt werden mußten !

Am 9. October in der Nacht kam ein Bataillon Nationalgarden von Liefing, Aggersdorf, Brunn, Altmannsdorf, Siebenhirten 2c., 200 Rotten stark, in Wien an, und stellten sich dem Ober-Commando zur Verfügung; sie wurden mit Jubel empfangen, und ihnen die baldigste Verwendung zugesichert, da die Stadt- und Vorstadtgarden durch den angestrengten Dienst schon ganz er schöpft waren.

Das Bataillon wurde auf dem Josefsplage aufgestellt, und einstweilen die Dispositionen getroffen, mehrere schon lange im Dienste stehende Posten durch selbes ablösen zu lassen..

Als nach Verlauf einer Stunde der Plaßoffizier Ruf auf den Josefsplag kam, um die betreffenden Posten durch das Bataillon beseßen zu lassen, fand er dasselbe im Aufbruch begriffen, um nach Hause zu marschieren. Dasselbe marschirte auch trog der dringendsten Bitten des Ober-Commandanten Braun zum Burgthor hinaus; nur ein kleiner Theil der Liefinger Garde konnte bewogen werden, in den Hof-Burg-Lokalitäten zu verbleiben.

Den 10ten Morgens, als diese Abtheilung commandirt wurde in das Zeughaus zu marschiren, und derselbe Plazoffizier diese Garden dahin führen wollte, fand er dieselben auch bereits abmarschirt. — Dieses Bataillon ist diesemnach ohne allen Zweck hin- und zurückmarschirt. Exemplarisch!

Aus Prag. Der Eindruck, den die Wiener Nachrichten in unserer Mitte hervorbrachten, ist unbeschreiblich. Die Spannung war nach den gerüchtweisen Mittheilungen aufs Aeußerste gestiegen. Was sich indeß an Thätigkeit entfalten ließ, um in nähere Kenntniß zu kommen, geschah. Der Herr GubernialVicepräsident sandte mit dem Frühesten des heutigen Tages einen f. f. Gubernial-Beamten mit der Ordre ab, so weit als thunlich, wenn möglich nach Wien zu fahren und durch Staffette Bericht zu erstatten. Dieses war doppelt dringend nothwendig, da in Anbetracht der schwankenden Gerüchte von einer provisorischen Regierung eine illegale Ordre von Wien aus ebenso möglich gewesen wäre, als es benso problematisch war, ob die Ordre, kein Militär nach Wien zu senden, vom Reichstage oder einer Fraktion an dessen Stelle abgegangen war. Das Stadt-Verordneten-Collegium sandte vier, die mit dem Studenten-Ausschuß vereinigte Slowanska lipa fünf Deputirte ab, und legtere erließen folgende ausgezeichnete und wahrhaft loyale Proklamation::

Aufruf!

,,In Wien ist die Revolution ausgebrochen und erschüttert alle Gemüther. Zur Aufrechthaltung des Friedens und der Sicherung der Freiheiten, auf welche der Reichstag bafirt ist, bedarf es energische und rasche Schritte.'

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,,Sollte die Minorität des Reichstages die Grenzen ihres Rechtes überschreiten, und unterstügt von bewaffneter Macht, gewaltsam sich der ganzen Regierung bemächtigen zur Gefährdung der Freiheit, der Gleichberechtigung der Nationen und der kaiserlichen Familie, so verwahrt sich die Lipa Slowanska und der Studentenausschuß gegen jede gewaltsame Handlung der Reichstagsminorität, erkennt die willkührlich zusammengeseßte provisorische Regierung nicht an, und erklärt sich öffentlich für den Schuß aller Anordnungen des vollständigen Reichstages."

,,Der Augenblick der Gefahr fordert die Erklärung über unsere Stellung, von allen Seiten und zu diesem Zwecke treten besondere Ausschüsse in Verbindung mit dem Stadtverordneten-Collegium in permanente Berathung.“

,,Bürger Prags, von Euch hängt es jezt ab, daß die öffentliche Nuhe erhalten, daß das Vaterland gerettet werde vor der Vernichtung aller Ordnung, daß die Resultate der erwähnten Berathung zum Wohle der ganzen Nation und zur Hebung der Freiheit ins Werk gesegt werden können.“

,,Der Ausschuß der Lipa Slowanska. Der Ausschuß der Studentenschaft. '

Der ganze Sinn der Bevölkerung war nach Wien gerichtet; eine, aus Anlaß des leßten Vorfalles mit Redacteur Polz, in das Vereinslocal der Slowanska lipa berufene Schriftstellerversammlung wurde vertagt; dagegen beschlossen, einen Schriftstellerklubb zu gründen und durch die Presse im reinen Sinne aus dem Standpunkte der Föderativmonarchie, welcher die Wiener Bewegung unzweifelhaft entgegen steht, zur Leitung der öffentlichen Meinung zu wirken.

Es war erfreulich zu sehen, wie klar es unserer Bevölkerung ist, daß die Fundamente der bis zu der legten so furchtbar gesteigerten Bewegung in Wien in einem politischen Gewebe liegen, welches, gegen den Bestand der Monarchie gerichtet, theils national-separatistischen, theils aber republikanischen Zwecken zugewendet ist. Wir fühlen die ganze Gewalt der Krisis, in der sich Desterreich befindet, wir fühlen, daß nur eine große, gemeinsame nationale Erhebung die Monarchie gegen ihre inneren Feinde retten könne, und wir glauben es im Namen unserer Landsleute aussprechen zu können: Böhmen ist dem Bestande der Monarchie geweiht, fühlt die Kraft der Liebe und des Muthes für eine große Sache in sich, und wird bei ihr ausharren in der schönen Einigkeit des Sinnes mit der es sich ihr geweiht hat.

Nachschrift. So eben hören wir, daß die hier anwesenden Deputirten eine Proklamation verfaßt haben, worin sie sich gegen die Wiener Ereignisse, deren

schlecht verhohlene Tendenzen sie sehr wohl durchblicken, so wie für Aufrechthaltung der Integrität der Monarchie auf demokratischer Grundlage und auf der Gleichberechtigung sämmtlicher Nationalitäten, entschieden aussprechen. Es wird darin zudem zu Einheit, Geseßlichkeit und Ordnung aufgefordert. Dieselbe wurde vom Dr. Pinkas in der Bürger-Resource vorgelesen, mit vielem Beifalle aufgenommen, und soll nun zur Unterfertigung aufliegen, welche ihr unzweifelhaft sehr zahlreich zu Theil werden wird.

Das Prager Stadt - Verordneten - Collegium erließ folgende Proklamation höchst merkwürdigen, wichtigen Inhalts:

-

"Aufruhr, Mord und Gewaltthat hat in Wien die Garantien der Freiheit in Frage gestellt; der Partei des Umsturzes ist es, — wir sind überzeugt, gegen den Willen der Majorität der biederen Bewohner Wiens, gelungen, unseren constitutionellen Kaiser zur Flucht zu veranlassen, den Reichstag zu terrorisiren, in welchem jezt die bisherige Minorität ohne Rücksicht auf Ordnung und Gesege illegale Beschlüsse faßt. Im Namen und im Sinne der loyalen Bevölkerung Prags protestiren wir gegen alle im Reichstage ungeseßlich gefaßten Beschlüsse, wir protestiren gegen eine Versammlung, welche in beschlußunfähiger Minderheit ihr Mandat überschreitend, die executive Gewalt an sich zu reißen versuchen sollte."

,,In dem gewaltsamen Sturze eines Ministeriums, welches in Uebereinstimmung mit der Majorität der freien Vertreter eines freien Volkes handelt, sehen wir nicht die Erhebung einer edlen Nation für ihre unterdrückten Rechte, sondern nur verbrecherischen Aufruhr und Anarchie.“

„Wir erklären unsere Anhänglichkeit an die Dynastie, an die constitutionelldemokratische Monarchie, wir erklären fest und feierlich, daß ein einiges, selbst= ständiges Desterreich wieder erstehen soll aus dem Chaos, welches perfide Organe des Umsturzes heute aus Oesterreich gemacht.“

„Nur in einem selbstständigen Oesterreich kann Böhmen, kann seine Hauptstadt gedeihen."

„Wir vertrauen dem Kaiser, und bauen fest auf sein kaiserliches Wort, ohne Furcht vor dem hohlen Gespenste, Reaktion, mit welchem ein irregeleiteter Theil der Bevölkerung sich schrecken, sich mißbrauchen läßt, von einer Partei des verbrecherischen Umtriebes; in dieser Partei allein liegt die Gefahr der wahren Volksfreiheit."

,,Böhmens Bevölkerung erwartet, Treue und Anhänglichkeit bietend, auch Treue von seinem Könige!"

„Wir fordern Prags loyale Bevölkerung auf, durch festes, inniges Zusammenstehen Ordnung und Ruhe aufrecht zu halten, jede Aufreizung geschäfti

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