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Durch die Gestaltung der Dinge wurde es nothwendig, daß beim Nationalgarde-Obercommando eine eigene Person mit den laufenden Zahlungen beschäftiget und demselben eine eigene Kasse zugewiesen werde.

Ueber Ansuchen des Ober-Commandanten Scherzer, wurde von Seite des Ministeriums dieserhalb das Geeignete veranlaßt, und der liquidirende Offizial des f. f. Universal-Kammeral-Zahlamtes Josef Grimm als Kaffier zum OberCommando delegirt, welcher seine Verläge theils durch das k. k. Universal-Kammeral-Zahlamt, theils durch das Stadt-Wiener Ober-Kammeramt erhielt. Vom 9. October bis zum 16. desselben Monats wurden während der Amtirung dieses KasseBeamten täglich 3000 fl. C. M. an kurrenten Baarauslagen bezahlt.

„Das k. Zeughaus soll," so erzählte der Freimüthige, „viele unterirdische Gänge haben, die in die Kasematten der Wälle auslaufen, und in diesem soll sich viel Munition befinden; auch geheime Ausgänge sollen gefunden worden seyn, und man bringt damit in Verbindung, daß durch verkleidete Soldaten Munition in's feindliche Lager abgeführt werde. Vom Studenten-Comitee ist die Untersuchung eingeleitet, und dem Reichstags-Ausschusse Meldung gemacht worden." ,,Die k. Offiziere sollen sich, — erzählten die radikalen Blätter - folgende Aufgaben gestellt haben: Reorganisirung der Nationalgarde, Entwaffnung der Studenten, Wegnahme der eroberten Kanonen und Züchtigung der Mörder Latour's). Ferner:

„Unter den Papieren Latour's, die in die Hände des Studenten-Comitee' § gerathen sind, befinden sich mehr.re, durch welche die Gesinnung bedeutender Personen an's Licht gebracht wird. Unter diesen Papieren befindet sich auch die bereits bestätigte Ernennung des Generals Bechtold zum Commandanten der Wiener Nationalgarde. Der General Bechtold, der ein so brauchbares Werkzeug zum Verrathe der Ungarn an die Serben war **)."

„Das italienische Grenadier-Bataillon Ferari, welches sich weigerte, von Gänserndorf weiter zu ziehen, hat den Landsturm im Marchfelde organisirt, und wurde an der Verbindung mit Wien durch die abgetragenen Tabor-Brückenjoche verhindert" ***).

,,Studenten, 50 an der Zahl, sind gestern in Wien angekommen, um sich an die akademische Legion anzuschließen. Bevor sie nach Wien gingen, zogen sie mehrmal vor das Colosseum (in Graz), wo das Schüßen-Bataillon locirt ist; dasselbe blieb jedoch zurück."

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Einige Nationalgarden wollten sich dem Zuge der Studenten anschließen,

*) Wenigstens wußte der Freimüthige schon am 9. October, was nöthig war. **) So besprigte die Schandpresse gleich jeden Beschluß und jede Erzennung mit ihrem Geifer. ***) Kann es einen größern Unsinn geben, als erzählen: ein italienisches GrenadierBataillon habe den Landsturm organisirt im Marchfelde!

der Ober-Commandant Pürcker aber bewog fie zur Rückkehr, und ließ fie (die Grazer) den Wienern nicht zu Hülfe eilen!"*)

Viele blaße Feiglinge find bereits von Wien geflüchtet, und haben ihre Geldkisten mitgenommen.“

,,Das ehemalige Stadt-Convikt, vis-à-vis dem Universitäts-Gebäude, ist zum Spital für die Verwundeten bestimmt worden. Es liegen eine Masse verwundeter Studenten und Garden in demselben." (Der Freimüthige von Mahler.) Folgendes Plakat erschien angeschlagen an allen Ecken:

,,Sochherziges Volf von Wien! Die Art und Weise, mit der man das freie Ungarvolk verfolgte, die Errungenschaften unserer Freiheitskämpfe zu vernichten suchte, das unconstitutionelle Verfahren der gestürzten Minister, gegenüber dem österreichischen und ungarischen Volke, hat Euch zu einer Erhebung veranlaßt, so glorreich in ihren Ursachen und Erfolgen, als nur irgend eine Revolution in der Geschichte dasteht. Unerschütterlich war der Muth des Volkes, beispiellos seine Todesverachtung. Durch die Achtung des Eigenthums, und die musterhafte Ünterordnung unter militärische Führer, habt Ihr Euch als vaterlandsliebende, constitutionelle Bürger gezeigt, als die sichersten Stüßen der Demokratie. Wenn auch an diesen Tagen durch das grauenvolle und beklagenswerthe Ende eines, wenn auch schuldbeladenen Mannes, eine trübe Erinnerung haftet, so ist es umsomehr an Euch, durch festes Zusammenhalten und unermüdliche Wachsamkeit und Ausdauer un serem geseßlichen (?) Widerstand e Kraft und Erfolg zu verleihen. Sollten daher außer der Stadt lagernde Truppen gegen alles Recht und constitutionellen Brauch einen Angriff gegen uns versuchen, so find wir überzeugt, daß wir in Euch die Männer des 6. Octobers (!) finden, so wie Ihr Eurerseits uns stets als treue und wackere Brüder erkennen werdet. Folgt daher, sobald wir angegriffen werden, rasch dem Rufe und dem Zeichen Eurer Führer, schaart Euch fest zusammen um das Banner der Freiheit und des Rechtes, denn nur dadurch vermögen wir unsern erkauften **) Sieg zu befestigen, um dessen segensreicher Folgen (sic) theilhaftig zu werden.“

,,Die souveräne Reichsversammlung allein bildet Eure geseglichen Vertreter, ihren Befehlen seyd Ihr Achtung und Gehorsam schuldig. Darum Einheit, Wachsamkeit und Ausdauer! Nehmt unsern Handschlag und unser Wort, mit Euch für die Freiheit zu leben, zu kämpfen und zu sterben."

Wien am 9. October 1848.

Bom Studenten-Ausschusse.“

Im Laufe der lezten Woche wurden bei den öffentlichen Bauten unter Leitung der t. f. n. 8. Provinzial-Baudirektion noch 7700 Arbeiter verwendet, und

*) Das war sehr vernünftig!-

**) Also erkauften! -von Magyaren?!

war bei den Bauten in oder nahe bei Wien 6405, und bei den von Wien entfernteren 1295.

Diese offiziellen Daten liefern den Beweis, wie groß der Abstand hinsichtlich der früher beschäftigten Arbeiter vor der Revolution und seit Ausbruch derselben war. Im Sommer sind über 14,000 Arbeiter ausgezahlt worden.

,,leber Ansuchen der k. k. priv. Nationalbank und in Folge des am 8. d. M. gefaßten Beschlusses des Ministerrathes hat das k. t. Justiz-Ministerium, laut dessen Zuschrift vom nämlichen Tage, Zahl 3984 zu erklären befunden: „daß Wechsel, welche in Wien und in den zum Polizeibezirke von Wien gehörigen Ortschaften in dem Zeitraume vom 6. bis 10. October 1848, beide Tage einschließlich, zur Annahme der Zahlung hätten präsentirt werden sollen, auch noch am 11. d. M. mit voller Rechtswirkung präsentirt werden können.“ Welches hiermit zur Darnachachtung bekannt gemacht wird.

Vom t. f. n. 3. Merkantil- und Wechselgerichte.

Wien am 9. October 1848. Berhowis m. p., Präsident.

Fried. Billet m. p., Expedits-Direktor."

Die widersprechendsten Gerüchte durchkreuzten diesen Tag die sturmbewegte Stadt; Jella chich, hieß es, rücke heran, er wäre nur noch vier Stunden weit von hier in Bruck an der Leitha entfernt, während dem seine Vorposten sich schon in Schwadorf befinden sollen. Vom Studenten-Comitee sind einige Mitglieder abgeschickt worden, um das Terrain zu rekognosciren. Der Plaz-Offizier Dunder erfuhr am 9. Nachmittags von einem Bauer von Himberg, daß die kroatische Armee wirklich eingerückt sey und 30,000 Mann zähle. Der Bauer versicherte gedient zu haben, und auf seine Ehre die Wahrheit dieser Aussage. Ebenso war es den 9. schon bekannt, daß Se. Majestät Herzogenburg passirt habe. Die Straßen wimmelten von Aengstlichen, von Neugierigen, von Drohenden. Jeder ahnte Furchtbares! Man war im Begriffe, die Barikaden abzutragen, aber die Gerüchte von der Ankunft des Ban ließen neue entstehen.

In der Nacht vom 9. auf den 10. kamen einzelne Nachrichten über die kroatische Armee. Um sichere Nachrichten zu erheben, begaben sich in dieser Nacht im Auftrage der Permanenz des Reichstages, zwei hiesige, früher in der Armee gediente Männer *) in die bezeichnete Gegend, woselbst die Armee sich befinden sollte. Diese überzeugten sich von der Gewißheit, daß die Armee 30 bis 35 Tausend Mann zähle. Diese beiden Abgesandten stießen auf der Schwadorfer Höhe auf die Vorposten, welche das 4. Otoczaner Gränzbataillon bildete. Von da sind sie unter Eskorte gegen Schwadorf geleitet worden, woselbst sie gegen 3000 bis 4000 Wachtfeuer in einem weiten Kreise erblickten — woraus

*) Der Bataillons-Chef Leopold Moser und der Play-Offizier Alex. v. Sensel.

sich an und für sich die Stärke der Armee beurtheilen ließ. Weitere Erfahrungen haben obige Angabe über die Größe der Truppenzahl bestätiget.

Sie eröffneten nach ihrer Rückkehr diese Ueberzeugung dem Reichstags-Ausschusse. Dem ungeachtet fand es der Reichstag für gut, dem Gemeinderathe die in der Proklamation vom 10. enthaltene Angabe von nur ungefähr 1000 Mann erschöpfter Truppen zu machen, und in der eigenen Proklamation von demselben Tage zu veröffentlichen, daß beiläufig 2000 Mann gemischte, ermattete, nicht im besten Zustande befindliche Truppen bei Schwadorf angekommen seyen.

Am 9. October Nachmittag wurde dem Nationalgarde-Plag-Commando von Seite des k. k. Militär-Plaz-Commando die ämtliche Anzeige gemacht, daß von den im Stabsstockhause und in der Salzgries-Kaserne inhaftirt gewesenen 126 Militärs, 120 Arrestanten entlassen, 6 schwere Verbrecher aber noch in der Salzgries-Kaserne sich in Haft befinden, und gleichzeitig das Ansuchen gestellt, diese Verbrecher, worunter sich 2 Mörder befinden sollen, dem Criminalgerichte einst weilen zur sichern Verwahrung zu überliefern.

Nachdem in der Salzgries-Kaserne bereits bewaffnetes Volk, und steyerische Freiwillige *) (nicht Studenten) bequartirt waren, deren Zügellosigkeit sich jüngst kund gab, und die fich der Abführung dieser Arrestanten jeden Falls widerseßt hätten, so mußte diese Expedition mit größter Vorsicht ausgeführt werden.

Das Nationalgarde-Plaß-Commando beorderte daher eine halbe Compagnie vom Bürger-Regiment, und eine halbe Compagnie Nationalgarde, unter Anführung der Plaßoffiziere v. Eyselsberg und Player um Mitternacht zur Salzgries-Kaserne, und so vollführte man nach vorausgeschickter Verständis gung der stark beseßten Thorwachen, die Abführung dieser Arrestanten in das Criminal-Gerichts-Gebäude, was mit bedeutenden Schwierigkeiten verbunden war. Auf eine durch die Permanenz des Gemeinderathes übergebene Note des Reichstags-Ausschusses, der Gemeinderath möge das Nationalgarde-Ober-Com mando in allen Vertheidigungs-Maßregeln unte:stüßen, wurde nachdem Wasdorf berichtete, daß der Fleischbedarf der Stadt Wien auf eine Woche hinlänglich gedeckt sey - Stiffts Antrag angenommen, eine Commission sogleich an den Reichstags-Ausschuß und das Nationalgarde-Ober-Commando zu senden und zu fragen, welche Gründe der Ausschuß zum Auftrage von Vertheidigungs-Maßregeln bestimmt haben, und welche Anforderungen und Wünsche das Nationalgarde-Ober-Commando an den Gemeinderath in Bezug auf seine Mitwirkung bei Vertheidigungs-Maßregeln stelle.

-

Der Gemeinderath bildete für den Drang des Augenblickes eine temporäre Finanz-Commission, und hierfür wurden als Mitglieder Martyrt, Brodhuber, Borkenstein, Radda, J. Mayer, Hütter, Winter, Gsteles, und Treitl bestimmt.

*) Das wackere Steyerervolk muß jene Plünderer als Fremde desavouiren.

Dr.

Auf eine Meldung des Studenten-Comitees über eine geheime Thüre aus Latours Garten in den Stadtgraben, wurde vom Gemeinderathe das UnterKammeramt beauftragt, die nöthigen Werkleute zum Vermauern zu stellen. Es ist überraschend, welches Intereffe die Studenten-Commitee-Mitglieder an Latour genommen, und welch' wohl organisirte Spürhunde-Polizei fie unterhielten! Vom Gemeinderathe wurde eine Commission ernannt, welche Sorge für Verwundete und ihre Familien zu tragen habe.

Gemeinderath Duåster berichtete, daß in seiner Gegenwart Grenadiere des Bataillons Richter von Klosterneuburg über Schönbrunn eskortirt worden seyen. Hierauf wurde aus der Mitte des Gemeinderathes eine Deputation an den Reichstag geschickt, um sich dahin zu verwenden, daß die über sie zu verhängende Strafe so lange suspendirt bleibe, bis die Amnestie bewilliget seyn werde.

Im Gemeinderathe berichtete Stifft im Namen der zum Reichstage und Ober-Commando gesendeten Commission, bestehend aus den Herren Stifft, Bernbrunn, Freund, Fabisch und Gassenbauer, Folgendes:

Auersperg hat neuerdings dem Reichstags-Ausschusse erklärt, nicht abziehen zu können, jedoch die Versicherung gegeben, keine Feindseligkeiten im Sinne zu haben. Jellačič stehe mit circa 1000 Mann erschöpfter Truppen bei Schwadorf, wahrscheinlich auf dem Rückzuge nach Steyermark. Das Nationalgarde-Ober-Commando stelle an den Gemeinderath in Betreff seiner Mitwirkung zu Vertheidigungs-Maßregeln folgendes Verlangen: Bequartirung und Verpflegung der einzurückenden fremden Garden Seitens der Gemeinde; Sorge für vollständige Verproviantirung; Verpflegung der Verwundeten.

Es ist höchst auffallend, daß solche Maßregeln verlangt wurden, wenn der Ban und seine angeblich aus 1000 Mann bestehende Armee im Rückzuge waren, und Auersperg 8 Truppen, laut dessen Aussage, Wien gegenüber selbst gefährdet zu seyn glaubten.

Bernbrunn beantragte zur Beruhigung und Aufklärung des Publikums ein Plakat über den ersten Theil der Mittheilung des Reichstags-Ausschusses, welches auch sogleich vom Gemeinderathe bewilliget und entworfen wurde. Dieses Plakat erschien den andern Tag, und ist ein Beleg, wie der Gemeinderath vom Reichstags-Ausschusse getäuscht worden ist. Dem Reichstags-Ausschusse war es bekannt, daß der Ban mit circa 30,000 Mann anrücke, und dennoch erschien am 10. vom Reichstage ein Plakat, worin von 2000 Mann nur die Rede ist, und dennoch erklärte der Reichstags-Ausschuß dem Gemeinderathe, daß sogar nur beiläufig 1000 Mann eingerückt, und solche sogar wahrscheinlich im Rückzuge begriffen seyen.

Wenn Herr Abgeordneter Prato solche Nachrichten gebracht hatte, so ist der Reichstags-Ausschuß ebenfalls getäuscht worden.

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