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am Stephansplage, und aus dem deutschen Hause gefeuert worden," gänzlich unwahr sey, und auf einem Irrthum beruhe. Ich commandirte das Bataillon von der Wieden persönlich. Wird der Wahrheit gemäß bestätigt."

Leopold Moser, m. p.
Bataillons-Commandant des VII. Bezirkes Wieden.

Obiges bestätige ich als Wach-Commandant

August Wehler, m. p.

Lieutenant der 8. Compagnie VII. Bezirkes."

Im Extrablatt zum Freimüthigen vom 9. October ist eine ähnliche Erklärung abgedruckt, jedoch mit der Variation, daß nach den Worten „gänzlich unwahr ist“ der Zusaß,indem es der 3. Bezirk war“ vorkommt, und der Schluß,und auf einem Irrthume beruhe" u. s. w. ausgelassen und mit derselben Unterschrift versehen ist. Nah übereinstimmenden Berichten ist es aber unwahr, daß die Garden des Kärnthner-Viertels das Feuern auf die Wiedner eröffnet hatten.

Im Laufe des Tages erschienen nachstehende Proklamationen :

,,Bürger, Landsleute! Die Zeit ist eine gefährliche! Wir warnen das Volk und fordern es feierlich auf, vorsichtig zu seyn. Wir bitten, daß man keinen geheimen Schriften glaube, die man heute unter das Volk vertheilt oder vertheilen möchte. Glaubet heute keiner Druckschrift, außer denen, die der Reichstag selbst an uns richtet. Bürger, Freunde! Der Reichstag wirkt väterlich für uns, und so lange die Ruhe nicht gesichert ist, können und dürfen wir nur ihm allein vertrauen."

,,Noch einmal bitten wir Euch, seyd vorsichtig, besonders gegen alle Plakate, die geheim vertheilt werden. Es lebe die Freiheit, es lebe das Geseß! Der Ausschuß der Studenten.“

,,um böswilligen Gerüchten zu begegnen, wird hiermit auf das Bestimmteste erklärt, daß die Sicherheitswache bei den Bewegungen am 6. und 7. October durchaus keine Partei nahm, von den Waffen nirgends Gebrauch machte, ja nicht einmal ausrückte, sondern nur seitdem im Magistratsgebäude zum Schuße des daselbst befindlichen Eigenthums der Bürger, der depositirten Waisengelder u. s. w. aufgestellt ist, ja selbst viele von den an diesen beiden Tagen Berwundeten ohne Unterschied des Standes pflegte, und selbe, so wie viele der Gefallenen in Spitäler transportirte."

Wien am 7. October 1848.

Der Ausschuß der akad. Legion.“

7 Uhr Abends. Die bewaffnete Volkssouveränität gab sich schon an diesem Tage auf verschiedene Weise kund; nur als einzelnen Fall wollen wir anführen, daß der Plag-Hauptmann Baron du Beine, welcher gerade von einem an den

VI. Bezirk überbrachten Befehl beim Stubenthore in die Stadt gehen wollte, einen Mann vor demselben fand, welcher vier Kammerstußen, und gegen zwölf Stück Kavallerie-Pistolen, erbeutetes Staatseigenthum öffentlich zum Verkaufe ausboth. Derselbe wurde von dem Plaß-Hauptmannn angegangen, die Waffen mit Ausnahme einer, die er behalten soll, abzugeben, indem dieselben StaatsEigenthum seyen, daher er als rechtlicher Staatsbürger das errungene Superplus wieder zurück zu geben habe.

Dieser souveräne Volkswehrmann aber faßte die Sache anders auf, betrachtete die Waffen als sein Eigenthum, und obgleich der Plaz-Hauptmann in Uniform und folglich als solcher kenntlich war, schlug er mit einer Pistole auf denselben an, und gab ihm mit dem Kolben seines Stußens einen Stoß auf die Brust. Ungeachtet dessen arretirte derselbe doch diesen Mann, und übergab ihn dem Wachposten nächst dem Stubenthore, woselbst Akademiker die Wache hatten, er selbst aber mußte einige Stunden ruhen, um sich zu erholen.

Um ein Beispiel zu geben, welche Mittel die Legion anwendete, um sich unter dem Proletariate beliebt zu machen, mag dienen, daß der Wach-Commandant diesen Arrestanten, eines doppelten Vergehens überwiesen, entlassen hatte.

Nachdem das t. Zeughaus übergeben, vom Volke genommen, die Waffenvorräthe desselben in die Hände des Volkes gelangt waren, somit die allgemeine Volksbewaffnung erzielt war, kam eine auffallende Anzahl Polen und Magyaren zum Ober-Commando und forderten Pässe, und zwar die Polen nach Kraku und die Magyaren nach Pesth. Der Plaz-Hauptmann du Beine fühlte sich nicht berufen ohne höheren Auftrag diesem Ansuchen Folge geben zu können, und wendete sich dieserwegen an den Ober-Commandanten Scherzer, und erst nichdem derselbe die Erklärung gab, daß er nicht berechtiget sey, irgend Jemanden aufzuhalten, welcher Wien verlassen wolle, fertigte derselbe die Pässe auf Befehl des Ober-Commandanten Scherzer mit dem Ober-Commando - Siegel versehen, aus.

Daß dieses eine baldige Bewegung in Ungarn oder Polen vorausseßen ließ, konnte dem geübten Auge eines Jeden, der vorhergegangene Ereignisse erlebt und die dabei Betheiligten bemerkt hatte, nicht entgehen, und bewährte sich auch binnen kurzer Zeit im Laufe des Octobers durch die bald darauf erfolgte Ueberschreitung der österr. Grenze von Seite der Magyaren, und durch die ausgebrochenen Unruhen in Gallizien. Nicht minder muß sich einem jeden Unbefangenen die moralische Ueberzeugung aufdringen, daß die polnischen und magyarischen Rebellen die Plünderung des Zeughauses abgewartet haben, und als die Vorräthe desselben geplündert, solche großentheils durch Juden aufgekauft, und denselben zugeführt worden, sie dann bewaffnet aufgetreten sind. Es war nicht unbekannt geblieben, daß es sowohl den Polen in Gallizien, als auch den Ma

gyaren in Ungarn zu sehr an Waffen fehle, um damals mit Erfolg einen förmlichen Aufstand zu wagen.

Der Andrang der nach Krakau, und kurze Zeit darauf nach Pesth zu visi renden Pässe war so groß, daß der Plaz-Hauptmann nebst seinen andern Geschäften, dieses zu vollziehen nicht im Stande war, und daher ein eigenes Bureau zu diesem Geschäfte eröffnen mußte, zu welchem die Plazoffiziere Dunder, v. Eyselsberg, v. Kobierski, Pizzala, Kölbl, Zimmermann und Wittmann commandirt wurden.

Desselben Tags kam Abends zum Ober-Commando ein Grenadier und erzählte jammernd: er komme eben aus dem Schwarzenberg'schen Garten, sey dort von den Soldaten, weil er für die Nationalgarde sprach, verwundet worden, und habe sich nun zum Ober-Commando geflüchtet, um dasselbe zu verständigen, daß heute Nacht die ganze Garnison und viele Schwarzgelbe einen Ueberfall auf die Stadt zu machen beabsichtigen, und Alles was Gardist und Student ist, erschlagen wollen. Der Bezirks-Chef Braun befand sich eben auch beim Ober-Commando und stand rückwärts dieses Grenadiers, als dieser seine Erzählung beendete. Er trat hervor, fragte den Grenadier: Woher habt Ihr diese Wunden? — war nicht ich es, der Euch vorgestern bei dem Chirurgen Meißner in Gumpendorf verbinden ließ, ward Ihr nicht vorgestern Nachts auch einer von den betrunkenen Schreiern, seyd Ihr nicht Euerem Bataillon schon früher entlaufen, und jezt wollt Ihr mit Lügen die Leute beängstigen oder aufreizen?! Der Grenadier fing hierauf in Angst zu bitten an, er wurde arretirt. Dieser Mann war derselbe, der am 5. in der Nacht vorkam, und auf Seite 81 erwähnt ist. Derselbe wird noch ferner als Aufwiegler vorkommen.

Am 7. Oct. Abends erschien nachstehende Proklamation, und zwar in Folge aller vorangegangener Ereignisse:

„Völker Oesterreichs! Die Folgen verhängnißvoller Ereignisse drohen den kaum begonnenen Grundbau unseres neuen Staatsgebäudes zu erschüttern. Der aus der freien Wahl der Völker Desterreichs hervorgegangene constituirende Reichstag erkannte in den ersten Stunden des 6. October die heilige Pflicht, die er den Völkern gegenüber zu erfüllen, und die schwere Verantwortlichkeit, die er vor der Mit- und Nachwelt zu tragen hat. Als das Band der geseßlichen Ordnung zu zerreissen drohte, bemühte sich der Reichstag, Kraft seiner Völkervollmacht, und durch Verständigung mit dem Volke von Wien, der Reaction wie der Anarchie entgegen zu wirken. Er erklärte sich selbst für permanent, und wählte zugleich aus seinen Mitgliedern einen permanenten Ausschuß zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Aber der constituirende Reichstag hielt auch die Stellung fest, lie er dem constitutionellen Throne gegenüber einnimmt, und jederzeit unerschütterlich einnehmen wird. Er sendete eine Deputation an Se. Majestät den

constitutionellen Kaiser, um im innigsten Verbande mit dem allerhöchsten Träger der Souveränität die Wünsche des souveränen Volkes zu erfüllen, und dessen heilige Interessen zu wahren. In stets bewährter Herzensgüte waren Se. Majestät sogleich geneigt, die Männer, welche das Vertrauen des Volkes verloren hatten, aus dem Ministerium zu entlassen, die Bildung eines neuen volksthümlichen Ministeriums zu verfügen, und die aufrichtigste, den Interessen aller Völker Oesterreichs, wie den Zeitbedürfnissen entsprechende Berathung der Angelegenheiten des großen Gesammtvaterlandes zuzuführen. Leider wurden Se. Majestät am 7. Oc= tober zu dem tiefbeklagenswerthen Entschluß bewogen, sich aus der Nähe der Hauptstadt zu entfernen. Dadurch ist das Vaterland, ist das Wohl und die so herrlich errungene Freiheit unseres hoch berufenen Vaterlandes abermals in Gefahr, Rettung und Erhaltung der höchsten Güter des Bürgers und des Menschen ist nur dadurch möglich, daß das Volk von Wien, daß alle österreichischen Völker, die ein Herz für ihr Vaterland haben, wieder jene thatkräftige politische Besonnenheit, und jenen hochherzigen Edelmuth beweisen, wie in den Tagen des Mai." Völker Desterreichs! Volk von Wien! Die Vorsehung hat uns einen eben so hohen als schwierigen Beruf angewiesen; wir sollen ein Werk vollbringen, welches wenn es gelingt, alles übertreffen wird, was die Weltgeschichte Großes und Herrliches aufzuweisen hat; wir sollen einen politischen Staatsbau aufführen, der verschiedene Völker zu einem brüderlichen Völkerstaat vereinigen, dessen unerschütterliche Grundlage das gleiche Recht, dessen Lebensprincip die gleiche Freiheit Aller seyn soll."

Völker Oesterreichs! Der Reichstag ist fest entschlossen, für diesen hohen Beruf das Seinige zu thun; thut auch Ihr das Eurige. Euer Vertrauen hat uns berufen, nur durch Euer Vertrauen sind wir stark. Alles was wir sind, find wir durch Euch, und wollen für Euch seyn! Dem Gebote der Nothwendigkeit, und dem Gefeße der constitutionellen Monarchie folgend, hat der constituirende Reichstag heute folgende Beschlüsse gefaßt:“

a) Daß die Minister Doblhoff, Hornbostl und Krauß die Geschäfte aller Ministerien führen; nicht nur für die Ordnung in dieser Geschäftsführung Sorge tragen, sondern auch durch Beiziehung neuer Kräfte den Erfolg derselben sichern, endlich Sr. Majestät den Vorschlag der neu zu ernennenden Minister schleunigst vorlegen, und sich mit dem Reichstage in ununterbrochener Verbindung erhalten.“

b) „Sey eine Denkschrift an Se. Majestät aus Anlaß höchst Ihres Manifestes zu erlassen. Darin soll der Kaiser über den wahren Stand der Dinge aufgeklärt, und Ihm aus ehrlichem Herzen die Versicherung gegeben werden, daß die aufrichtige Liebe der Völker unerschütterlich für Ihn ist. Völker Oesterreichs ! Europa blickt mit Bewunderung auf uns, und die Geschichte hat unsere Erhe

bung zur Freiheit unter ihre glänzendsten Thaten eingereiht. Bleiben wir uns selber getren. Halten wir unerschütterlich fest an der Achtung vor dem Geseze, an der konstitutionellen Monarchie, an der Freiheit. Gott schüße Desterreich !" Wien am 7. October 1848.

Vom constituirenden Reichstage.

Franz Smolka, m. p., erster Bicepräsident.
Carl Wiser, m. p., Schriftführer."

Die Provinzial-Zeitungen wurden unter Einem aufgefordert, vorstehende Proklamation in den betreffenden Landessprachen zugleich zu veröffentlichen. Jeder Deputirte erhielt eine Anzahl Abdrücke, dann wurden an alle Kreisämter, durch die Deputirten an die Wahlbezirke und an alle General- Commando Abdrücke versendet.

Den 7. October Abends 5 Uhr fand die erste Sigung des Gemeinderathes statt. Die Namen der Mitglieder des gesammten Gemeinderathes, wie sie aus der Wahl hervorgegangen, find Seite 46 enthalten.

Die Sigung wurde mit der Ernennung des Alters- und der beiden Vice-
Präsidenten, wozu die drei ältesten Mitglieder aufgefordert wurden, begonnen.
Die vier jüngsten Mitglieder übernahmen die Schriftführerstellen; und zwar :
J. G. Otto.

Alters-Präfident: J. W. Herrmann. Vice-Präsident: C. W. Koch.
Franz Sylvester, Ludwig Maurer,
Josef Quäster, Jakob Perl.

Schriftführer:

Das Präsidium meldete, daß Franz Siedler die Wahl als Gemeinderath zurück gelegt habe*).

In dieser Sigung wurde beschlossen. Zehn Wahl-Commissionen durch das Loos zur Prüfung der Wahlen zu bestimmen. Jede Commission habe aus fünf Mitgliedern zu bestehen, wobei die Abwesenden unberücksichtigt, und die des eigenen Wahlbezirkes ausgeschlossen bleiben. Die provisorische Geschäftsordnung des vorigen Gemeinde-Ausschußes einstweilen anzunehmen, zugleich aber eine Commission niederzuseßen, welche dieselbe zu prüfen, und ihr Gutachten der Plenarversammlung mit Rücksichtnahme auf die bereits vorliegenden Anträge vorzulegen hat; sich in Anbetracht der gefahrvollen Lage der Stadt permanent zu erklären, ohne die Anzahl der Mitglieder zu bestimmen, welche beschlußfähig seyn soll. An das Ober-Commando der Nationalgarde wurde eine Deputation abgeordnet, um dasselbe zur Beseßung der Pulverthürme durch Nationalgarden

*) Mir haben Gemeinderäthe versichert; daß deren volle zwei Drittel im October von Wien abhanden waren. Eine kritische Beleuchtung des Drittels, der Stand gehalten, folgt im legten Theile.

Dr.

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