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brannte ein Licht gegen die Universität. Raketen stiegen von der Universität empor, und wurden vom Stephansthurm erwiedert. Es schien ein Siegeszeichen wahrscheinlich den Magyaren daß das Zeughaus falle.

Die Sturmglocken der Stadt, das furchtbare Schauspiel der Feuerlohe, das anhaltende Gewehrfeuer, und der Donner des schweren Geschüßes in und vor dem Zeughause, wiederhallend an den Mauern des Criminalgebäudes, war einer der ergreifendsten Momente der October-Ereignisse.

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Endlich kam der Hauptmann mit der Nachricht zurück, Se. Excellenz befände sich im Schwarzenberg'schen Palais am Rennweg und erwarte die Reichstags-Ordonanz.

Dieselbe begab sich in dem Wagen des im rothen Hause wohnenden gefälligen N. G. Cavalleristen, welcher selbst kutschirte, über das Glacis dahin. Am Gitter des Schwarzenberg'schen Palais, im Hofe und Gebäude waren Massen Militärs und Kanonen aufgestellt. Die Soldaten sahen die OrdonanzOffiziere, besonders den Legionär in seinem Calabreser, mit grimmigen Blicken an; der Graf wurde verläugnet. Als sich aber der P. O. Dunder an einen Stabs-Offizier wendete und ihm bedeutete, daß er bei Sr. Excellenz als Reichstags - Ordonanz bereits angemeldet sey, wurde er über die linke Wendeltreppe in die oberste Etage geführt. Hier empfing ihn der Graf um 1 Uhr in Mitte mehrerer Generale und Stabsoffiziere, und las die Depesche laut vor. Solche betraf das Zeughaus und die darin befindliche MilitärMannschaft. Dem Grafen war es noch unbekannt, daß das Zeughaus angezündet worden sey. Der Plazoffizier Dunder eröffnete ihm, daß das Zeughaus bereits seit einer Stunde brenne, daß es von der Bastei mit Kanonen beschossen werde, und wenn die Munitionskammer ergriffen werde, das ganze Gebäude in die Luft fliegen müsse. „Das wäre gut und ein Theil der undankbaren Stadt ebenfalls," sagte ein General darauf. Die Generale frugen über die Gesinnungen der Garde, worauf Dunder nicht unterlassen konnte freimüthig zu erwiedern, daß die Ueberzahl der Nationalgarde, mit Ausnahme des größten Theils der Legion, dann einer Anzahl Compagnien der südlichen Bezirke, gutgesinnt sey, bie blutigen Vorgänge am Tabor mißbillige, die Schandthat am Hof verabscheue; daß die Bezirke der Stadt, der Leopoldstadt, Landstraße, Alservorstadt und Roßau, seiner Ueberzeugung nach, die loyalsten seyen; daß auch der Ober-Commandant am Leben bedroht war, und daß die Disciplin unter der Nationalgarde eine erbärmliche sey. Auf die Frage des Playoffiziers Dunder, welche Antwort er zu überbringen habe, erwiederte der Graf:

Hierauf ist keine Antwort, außer was ich bereits erwiedert habe; und so nahm die Reichstags-Ordonanz ihren Rückweg.

Aus dem Studenten-Ausschusse : *)

Der Studenten-Ausschuß, in den Tagen unserer ersten Revolution, wie es die damalige Sachlage mit sich brachte, der Central- und Ausgangspunkt der politischen Bewegung und Lenkung, handelte dießmal bei einer geregelten Organisation des politischen Zustandes, nicht für sich allein und maßgebend, sondern in Uebereinstimmung und Zusammenhang mit dem Central-Comitee. Von diesem wurde ein Petitions-Entwurf, den man dem Reichstage vorlegen wollte, in das Studenten-Comitee zur Mitberathung und Bestätigung gebracht. Schon der Ausdruck,,Petition" wurde anstößig gefunden. Es befanden sich im Comitee leider viele eingedrungene, fremdartige Elemente, von rohester Parteifarbe.— Die Petition lautete wörtlich wie folgt:

„Hoher Reichstag!

Blutige Ereignisse haben stattgefunden; die reaktionäre Politik des gegenwärtigen Ministeriums hat den traurigsten Bürgerkrieg in den Straffen Wiens, und feindselige Spaltungen in der österreichischen Armee, deren brüderliches Streben vielleicht auf lange erschüttert ist, veranlaßt. Die unerbittliche Nothwendigkeit, Ordnung und Ruhe in diesem verhängnißvollen Augenblicke auf unerschütterliche Basis zu stellen, machen es den Unterzeichneten zur Pflicht, die bestimmten Wünsche des Volkes der dringensten Erwägung des hohen Reichstags zu unterbreiten.

1) Der hohe Reichstag wolle bei Sr. Majestät sich um die schleunigste und unwiderrufliche Zurücknahme der absolutistischen Manifeste vom 5. October d. I. und um nochmalige ausdrückliche Anerkennung der Souveränität des gegen= wärtigen konstituirenden ungarischen Reichstages, so wie um die sogleiche Herstellung des Friedens in Ungarn und Kroatien auf Grundlage der Gleichberechtigung aller Nationalitäten, und der Rehabilitation aller konstitutionellen Rechte verwenden.

2) Se. Majestät veranlassen, alle unverantwortlichen Kabinets- und Familienräthe der Krone sofort und für immer zu entfernen.

3) Se. Majestät um den sogleichen Zurücktritt des gegenwärtigen GesammtMinisteriums bitten, um ein Ministerium Löhner, Borrosch, als mit dem vollen Vertrauen des Volkes beehrt darstellen.

4) Kraft seiner Souveränität alle dem Vaterlande nach innen und außen drohenden Gefahren baldigst beseitigen und so gleich ein Minister-Verantwortlichkeits-Gesez erlassen.

5) Vom Kriegsministerium fordern, dasselbe solle nur volksfreundliche Garnisonen innerhalb des Weichbildes von Wien belassen, und alle anderen sogleich daraus entfernen.

*) Vergl. Abendbeilage 8. W. 3. Nr. 178, p. 706.

6) Sogleich die unbedingte Unterstellung des Militärs unter die Civil-Gewalten und Civil Gerichte, ausgenommen im Falle des auswärtigen Krieges, aussprechen, und demselben alle konstitutionellen Staatsbürger-Rechte garantiren.

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7) Vom Kriegsminister verlangen, daß über die Vorfälle des heutigen Tages dem wegen seiner volksfreundlichen Gesinnungen und Thaten daran betheiligten Militär volle Amnestie ertheilt werde.

8) Se. Majestät bitten, daß er die Kriegsgeseße und andere terroristische Maßnahmen in den italienischen Provinzen zurücknehme, und den Feldmarschall Radesky den Befehlen des verantwortlichen österreichischen Ministeriums unterstelle.

9) Die Erklärung des Standrechts und Belagerungszustandes in Wien verhindern, weil dieses zu den traurigsten Repressalien von Seiten des Volkes führen müßte.

Zugleich danken die Unterzeichneten dem hohen Reichstage für die bereits getroffenen, zweckmäßigen und volksfreundlichen Verfügungen, welche theilweise die oben ausgesprochenen Wünsche des Volkes bereits erfüllt haben.

Im Namen des Studentenausschusses:

Moriz Habrofsky, Vorsizer.

Ernst Sedlaczek, prov. Schriftführer.
Aug. Silberstein, Schriftführer.

Im Namen des Central-Ausschusses der Wiener demokratischen Vereine: Dr. Karl Tausenau, Schriftführer." (Obige Eingabe ist dem Sicherheits-Ausschusse des hohen Reichstages am 6. October Abends übergeben worden.)

Die von einer Commission verfaßte Petition wurde durch Dr. Heller und Kolm dem Reichstage überschickt.

Man sieht aus diesen legteren Punkten die furchtbare Aufregung und radikale Stimmung der Stadt, wie sie sich im Central-Comitee abspiegelte, und deren Ausdruck in dieser Formulirung dem Studenten-Comitee mitgetheilt wurde. Nunmehr sollte zur Debatte darüber geschritten werden, aber der Sturm und die Verwirrung war ungeheuer, es gelang dem Präsidenten kaum mit der maßlosesten Anstrengung eine nothdürftige parlamentarische Form zu erringen.

Inzwischen wurde die Verhandlung durch immer neue und wichtige Berichterstattungen gestört. Die bedeutendste darunter war das Referat eines Arbeiters über den Tod Latours. Mit einer langen Brechstange in der Hand, in weißer Jacke und Schürze, erzählte dieser Mann im Wiener Dialecte kurz Folgendes:

Wir befanden uns früher am Wienerberge, und zogen nach dem Bahnhöfe beim Belvedere herein. Dem allgemeinen Allarmschlage folgend, rückten wir in die Vorstadt ein, und bauten vor der Linie Barrikaden.

Als wir damit fertig waren, verbreitete sich das Geschrei nach Latour; wir bega ben uns in die Stadt, ihn zu suchen. Wir durchsuchten zuerst das erste Stockwerk, und als wir ihn da nicht fanden, das Erdgeschoß. Hier ergriffen wir ihn und ich durchstieß ihm mit meiner Brechstange die Kehle."

„Wardas nicht recht? Die Anderen hieben mit ihren Werkzeugen nach seinem Kopfe, ich aber meinte, er sollte lieber hängen. Wir knüpften ihn daher im Hofe an einer Schnur auf, aber sie riß. Da gingen wir mit ihm in's Freie hinaus und hiengen ihn an die Laterne. War das nicht recht?" Allgemeines, tiefes Entseßen herrschte im Sizungssaale. Nur einzelne Stimmen riefen Bravo. Hiedurch empört, verfügte der Präsident die Reinigung des Saales, indem er befahl, daß jedes Sigungsmitglied seine Vollmacht vorzeigen solle, und wer das nicht könnte, als dem Comitee nicht angehörig, dasselbe zu verlassen habe. So reinigte er die Sigung von jenem rohen entseßlichen Proletariat, welches troß der starken und energischen Wachen, sich in's Comitee eingedrungen hatte.

Nun wurde die Debatte über die eben angeführte Petition eröffnet. Neue Berichte kreuzten sich indeß wieder, worunter die Hinterbringung eines großen Plakates aus Latours Papieren besonders nennenswerth. So zog sich die Verhandlung bis tief in die Nacht.

Ein Plakat, welches das Studenten-Comitee schon früher zur öffentlichen Beruhigung hatte ergehen lassen, war zwar im Saße fertig, wurde aber nicht gedruckt, da die Drucker inzwischen die Arbeit verlassen, und sich bewaffnet hatten. Es gelangte daher nicht zur Oeffentlichkeit. Abends zwischen 5—6 Uhr kam die Nachricht, daß das kaiserl. Zeughaus gestürmt werde.

Aus dem Studenten-Comitee ein anderer Bericht, und zwar :
Der Bezirkschef der Nationalgarde der

kommt, um der Legion seine und die Sympathie seiner Garden anzuzeigen. Ebenso theilen die Bezirke Neubau, Wieden zc., der Arbeiterverein, durch Deputationen ihre Anhänglichkeit an die Legion mit. —

Die Arbeiter vom Semmering schicken eine Deputation an den Ausschuß, zu berichten, daß sie, 400 an der Zahl, bereits in die Stadt eingezogen, und bereit seyen, für die Studenten zu leben und zu sterben.

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Ein Offizier der sogenannten Staberlwache wird gefangen eingebracht, er spät bei Nacht 12-1 Uhr von Barrikade zu Barrikade gleichsam inspizirend gesehen wurde, wird aber bald, und zwar zu seiner Sicherheit, in Begleitung von 2 Studenten entlassen, da er durchaus nicht verdächtig scheint. Der Ausschuß läßt Raketen holen, um sie von der Sternwarte aufsteigen zu lassen, als Hülferuf für die Ferne.

Es kommt vielseitig der Bericht an, daß reitende Nationalgarden in den verschiedensten und selbst entfernteren Umgegenden Wiens getroffen wurden wo

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fie überall die Landleute zur Ruhe ermahnen und ihnen abrathen nach Wien zu ziehen, weil dort nur ein Kampf zwischen Bürgern sey; andere behaupteten wieder, es sey in Wien schon ganz ruhig, und die Hilfe des Landvolles schon unnöthig, welche leßtere Aussage sie mit einer von Streffleur unterschriebenen Schrift bestätigten. Einige Bewohner von Florisdorf melden: es seyen drei Studenten und eben so viel Nationalgarden nach Florisdorf gekommen, und hätten dort aufgefordert, nach Wien zu ziehen. Aber die hier schon früher angelangten Cavalleriegarden hätten jene sogleich gepackt, und den dort befindlichen Kürassieren übergeben. Diese banden die Studenten an die Steigbügel an, und ritten so mit ihnen bis nach Schönbrunn, wohin fie eben beordert waren. Später erschienen diese Studenten im Ausschuße und bestätigten diese Aussage, fűgten aber noch hinzu, daß fie in Schönbrunn von dem Militär und selbst von Offizieren insultirt, und endlich verhaftet wurden. Dietrichstein, der von ihrer Inhaftirung vernommen hatte, ließ fie frei. Durch die obigen Gerüchte bestimmt, beschließt der Ausschuß eine Aufforderung an das Landvolk ergehen zu lassen, dem bedrängten Wien zu Hilfe zu eilen. Ein darauf sich beziehendes Manifest wird in die Druckerei geschickt. Doch als die gedruckten Exemplare anlangen, beschließt der Ausschuß mit der Verbreitung derselben noch zu zögern, da fich indessen die Gestaltung der Dinge geändert hat. Bald nach erfolgter Nachricht von Latours Ende wird aus dessen Bureau ein Packet Papiere und eine Kiste eingebracht. Erstere enthalten höchstwichtige Dokumente, auch einige Briefe aus welchen Batthianys Theilnahme gegen die Ungarn klar ersichtlich wird. Die Kiste enthält Wäsche und Charpie, wahrscheinlich nach Italien bestimmt.

Berichte von der Fortseßung der Kanonade beim Zeughause laufen ein. Deputationen gehen dahin mit dem Auftrage, das Feuer einzustellen, kehren aber unverrichteter Sache zurück. Kudlich erscheint und meldet, daß er vergebens versucht hatte, in das Zeughaus zu kommen, wo er die Besagung desselben zur Einstellung des Feuerns bewegen wollte.

Ein Student erbiethet sich, ihn ohne alle Gefahr durch die von der Bastei gemachte Bresche ins Zeughaus einzuführen. Kudlich geht mit ihm dahin ab.

Commandant Aigner zeigt an, daß er durch eine 26 stündige fortwährende Anstrengung so geschwächt sey, daß er für heute nicht mehr das Commando führen könne. Der Ausschuß bestimmt den Hauptmann Friedrich Kaiser zu seinem Stellvertreter, und gibt ihm die Herren Fenneberg und Kuchenbecker zur Seite, da diese durch mehrjährige Militärdienste dazu am geeignetsten scheinen.

Professor Füster kommt; das Präsidium ersucht ihn, beim Reichstage dahin zu wirken, daß Geld zur Verköstigung der in der Universität befindlichen Grenadiere und Gefangenen (zusammen 120) dem Ausschuße geschickt werde. Dem zufolge gelangen bald darauf 40 fl. C. M. an den Ausschuß.

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