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solche gekleidete Mitglieder der Umsturzpartei, welche aus einigen Häusern mit Schießbaumwolle herabschossen. Bald darauf erschienen auch mehrere Studenten mit dem Anerbieten, das feindliche Feuer überall einstellen zu wollen; später zeigte es sich aber, daß es nur Spione waren.

Während des Einbruches in die Vorschmiede, und während des Brandes derselben, wurden Kanonen auf der Schottenbastei aufgeführt, um die Arsenale von rückwärts zu beschießen, nämlich: um die Kanone im Ober- und Unter-Arsenale zum Schweigen zu bringen, und gleichzeitig das hintere, stark verrammelte Thor des Armatur-Zeughauses in Bresche zu legen, welches leider auf doppeltem Wege geschah, da der Lieutenant Nehr des zweiten Artillerie-Regiments mit seinen beiden Kanonen ebenfalls durch das Thor schießen mußte, um die Mordbrenner vom gewaltsamen Eindringen in das oben genannte Zeughaus abzuhalten.

In Folge des Brandes wurde vom Ober- Commando der Plaz - Offizier Eyfelsberg beordert, das Nöthige zum Löschen desselben zu veranlassen. Beim Stadt - Unterkammeramte angelangt, wo man bereits beschäftigt war mit den Löschrequifiten abzufahren, kam gleichzeitig mit ihm eine Truppe Volks untermischt mit Garden daselbst an, die sich mit Gewalt dem Ausfahren der Sprißen und Wasserwägen mit bewaffnetem Arm widerseßten, so daß es dem dienstthuenden Offizier unmöglich wurde, seinen Befehl in Vollzug seßen zu können. Diese Volksmasse beseßte förmlich das Unterkammeramt, um jede derartige Hilfe zu vereiteln, und Oberlieutenant von Eyselsberg mußte unverrichteter Dinge zurückkehren.

Nach Mitternacht kam eine Menge Volkes und Garden tumultuirend auf die Wiedner Bezirks-Hauptwache mit dem Geschrei, der Justiz-Minister Bach habe in einem Fiaker entfliehen wollen, er sey aber aufgefangen, und man bringe ihn gleich auf die Bezirks - Hauptwache. - Wirklich kam kurze Zeit darauf eine Horde wüthend und schreiend an, und schleppte einen verwundeten Mann von beiläufig 30 Jahren, welcher aus einer Schußwunde heftig blutete, auf die Bezirks- Hauptwache, der Fiakerwagen durchschossen, fuhr nach. Bei der Aufnahme des Thatbestandes konnte der Unglückliche, welcher gewürgt und geschleift worden war, kaum mehr seinen Namen nennen; er wurde von mehreren anwesenden Nationalgarde- Offizieren erkannt, und es zeigte sich, daß der Unglückliche ein Fiaker von Magleinsdorf war, welcher sich von seinem Kameraden nach Hause führen ließ.

Derselbe wurde sogleich in das Wiedner Bezirks - Spital gebracht, und verschied noch dieselbe Nacht an Verblutung in Folge der empfangenen Wunden. Der Minister Bach ist bereits um 4 Uhr im Kriegsgebäude voneinem Diener Grafen Latour als Bedienter verkleidet entkommen, und der Minister Wessenberg durch einen jungen Mann, Namens Ulbrich, gerettet worden.

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7. October.

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Namen der

Fortdauernde Bestürmung und endliche Uebergabe des Zeughauses. Plün derung desselben. Abreise des kaiserl. Hofes von Schönbrunn. Gebliebenen. Flucht der Bevölkerung. Militärlager im Schwarzenberggar: Reichstagsverhandlungen. Der Gemeinderath der Stadt constituirt.

ten.

Nach Mitternacht im Zeughause.

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Furchtbares Geheul ertönte von der hohen Brücke gegen das halb offene Thor des Ober-Arsenals herab, und es zeigte sich bald eine vermischte Rotte friedlich scheinender Menschen mit weißen und anderen Fahnen, mit Fackeln und anderen Lichtern; doch war diese Schaar mit verschiedenen Waffen, Aerten, Hacken 2c. gut versehen. Von der Ferne schon schrie man Friedensworte zu, und die Besaßung war geneigt, dem vorderen Redner mit Vorsicht Gehör zu schenken. Als aber der Andrang der wahrscheinlich verkleideten Garden immer größer, und das Fraternifiren unheimlicher wurde, rückte der Hauptmann Kastell mit den Grenadieren vor seine zwei Kanonen, und der Hauptmann Möse und Oberlieutenant Paar leiteten die Beschwichtigung der Eindringlichen ein. In diesem Augenblicke wäre bald das Unerhörteste geschehen, nach welchem das Loos des Arsenals und der Besaßung gewiß entschieden gewesen wäre.

Zur Zeit, als nämlich schon über 40 Grenadiere gegen die zweideutigen Gäste vorgeschoben waren, bemerkte der Hauptmann Kastell ein Blißen auf dem Rohre seines rechtsstehenden, durch die Mitte des Thores gerichteten, und doppelt geladenen Geschüßes.

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Im Entseßen zur Kanone springend, erblickte er einen jungen Menschen aus dem Volke, welcher mit einem Stücke angezündeten Schwammes, das aufgesetzte Brandl suchte, um das Geschüß hinter dem Rücken der Besagung sowohl, als auf hunderte seiner lieben Brüder" abzufeuern! -Ein Schrei reichte hin, um den aufmerksamen Kanonier Braun der Garnisons - Artillerie gegen den Meuchelmörder zu senden, und ihn mit einem Sezkolbenstreich ohnmächtig zu machen. Das Blut des hingeschlachteten Kriegsministers schrie zu laut um Rache; unbändige Soldatenjustiz endete das Leben dieses Elenden.

Damit er aber nicht allein falle, zog der Commandant seine Grenadiere zurück, und sendete der falschen, neuerdings durch Schüsse angreifenden Canaille zwei Kartätschenschüsse nach, worauf eine plögliche Todtenstille eintrat. Bei dieser Gelegenheit wurde ein Grenadier von Deutschmeister erschossen, und man wagt es nicht zu behaupten, ob er als Treubrüchiger, oder aber als zu heftig im Fraternisiren den Tod fand.

Die Absicht, auf eine friedliche Art mit der Besaßnng zu unterhandeln, scheiterte an der offenbaren Brutalität des Volkes und an dem projectirten, kolos

salen Meuchelmorde. Das Benehmen und die zurechtweisende Züchtigung wurde nur za bald gerechtfertiget, als die Besaßung in einer halben Stunde darauf das Fahren einer Kanone vernahm, und das Erscheinen derselben in der Renngasse vom erwähnten Dachstübchen bestimmt gemeldet wurde.

Einen Ausfall auf die Kanone zu machen, schien nicht rathsam, und der Hauptmann Kastell begnügte sich, die schlechten Artilleristen in der gefährlichen Nähe zu betrachten.

Alles war demnach im Ober- Arsenale hinter dem offenen Thore mäuschenstille, bis der Feind fast ganz unbesorgt seine Kanone brachte, auf 20 Schritte vor die Besagung hinstellte, mit Kartätschen lud, schlecht richtete und endlich abfeuern wollte. Die Stimme des Commandanten Kastell aber ersparte ihnen diese Mühe, und zwei Kartätschenschüsse aus dem Thore machten eine solche Niederlage und Verblüffung unter den versteckten Feinden, daß die Besaßung durch eine lange Zeit von einer feindlichen Kanone gegen das Arsenal nichts mehr hörte. Die Kanone wurde, troß der feindlichen Schüsse aus den Häusern, von mehreren Grenadieren und Kanonieren im Triumph erobert, wobei sich der Korporal Rudolf Meister und sechs Grenadiere von E. H. Ludwig sehr thätig zeigten.

Im Reichstage beantragte um 1 Uhr Klaudy, aus Anlaß der noch immer fortdauernden Feindseligkeiten beim Zeughause folgenden Aufruf: Der Reichstag fordert denjenigen Theil der Wiener Bevölkerung, welcher die Schottenbastei umstellt hat, und von dort auf das Zeughaus feuert, auf, weiteres Blutvergießen und Unglück zu verhindern, um dem Volke durch die Herstellung der Ruhe und geseßlichen Ordnung die Freiheit zu sichern, und versieht sich, daß dieser dringenden Aufforderung sogleich Folge gegeben werde." Dieser Aufruf

ist aber verschollen.

1 Uhr nach Mitternacht im Zeughause. Während des Vorgefallenen griff der bereits erwähnte Brand immer mehr und mehr um sich, so daß später die Einschußhütte und Kohlenkammer sammt dem anschließenden Holzdepot aufzubrennen anfingen. Da diese Brände aber einen neuen Angriff auf das hintere Hauptthor der rebellischen Abtheilung, welche durch Studenten ge= leitet wurde, hinderlich waren, so zog selbe auf der Bastei weiter links, pflanzte dort ihre Kanonen auf, und begünstigte durch heftiges Feuern eine Brandlegung in das Wohngebäude der kais. Bäckerei, und hinderte später durch selbes das Löschen des dritten großen Brandes. Fast um dieselbe Zeit brachte man auch eine Kanone hinter die leichte Barrikade in der Zeughausgasse, und beschoß daraus das Wohngebäude des Unter-Arsenals mit Kugeln und Kartätschen bis in den 3. Stock hinauf. Die Besaßung hatte demnach das Kanonenfeuer auf die Arsenale von vier Seiten auszuhalten.

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1 Uhr Nachts. Ungeachtet mehrerer zum k. t. Zeughause gesendeten Parlamentäre, das Feuern daselbst einzustellen bis der Befehl der Uebergabe, oder die Antwort bezüglich dessen, von Seite des commandirenden Generalen Grafen Auersperg eingelangt seyn wird, an welchen bereits durch den Plaßoffizier Dunder das Reichstagsschreiben abgesendet wurde, konnte demselben doch nicht Einhalt gethan werden.

Der provisorische Ober-Commandant Scherzer ertheilte daher dem Plaghauptmann Baron du Beine den gemessensten Auftrag, Alles zu versuchen, daß diesem Befehle Folge geleistet werde, mit der Weisung, alle wo immer befindlichen noch in Reserve stehenden Garden hiezu sich zur Verfügung zu stellen.

Allein wo die Ober-Commando-Ordonanzen hingesendet wurden, weigerte man sich, zu diesem Behufe Assistenz zu geben, und es konnte auf diese Weise nur eine geringe Zahl Garden, gemischt mit Legionären, zusammengebracht werden. Begleitet von den Plazoffizieren Player, Hink, Kobierski und Hofmann begab sich Baron du Beine, welch letteren es schon am 26. Mai 1.J. als Lieutenant der 11. Compagnie, VI. Bezirkes, unter Commando des Hauptmannes Etterich gelang, einen ähnlichen Anfall mehrerer hundert bewaffneter Arbeiter auf das t.t.Militär Zeughaus glücklich zurückzuweisen, — selbst auf den bedrohten Ort, vertheilte die genannten Offiziere auf die viér Angriffspunkte, Freiung, Wipplingerstrasse, Elend am Salzgries, und auf die Elend-Bastei nächst der Verpfleg8Bäckerei, um gleichzeitig wirkend auf diese Weise vielleicht die Aufgabe lösen zu fönnen.

An den drei Angriffspunkten der unteren Stadt gelang es ihnen ungeachtet des Kugelregens, und ungeachtet der furchtbaren Aufregung des Volkes, mit Gefahr ihres Lebens das Feuern verstummen zu machen.

Nicht so glücklich waren sie jedoch bei der mit einer Kanone versehenen Volksmasse auf der Elendbastei, und der Plaz-Hauptmann selbst, wie der ihn begleitende Plaßoffizier Kobierski, konnten sich ungeachtet aller Bemühungen, und ungeachtet aller angewendeten Mittel bei dieser wirklich wuthentbrannten Masse kein Gehör verschaffen.

Hierbei muß jedoch erwähnt werden, daß von Seite der Umsturzpartei kein Mittel unversucht geblieben ist, die Garden der Stadt-Viertel, welche ihrer gemässigteren Gesinnungen wegen bekannt waren, auf jedwede Weise zu verdächtigen, und die Ereignisse des heutigen Tages am Stephansplaß und am Schotten thor benügend, um dieselben noch mehr verhaßt zu machen. Es wurde allgemein die Lüge verbreitet, es befänden sich 2 Compagnien Stadtgarden im k. k. MilitärZeughause, von welchen das immerwährende und heftige Kleingewehrfeuer herrühre. Dieses war die Hauptursache, warum die auf der Elendbastei stehende Volksmasse mit ihrer Kanone durchaus keine Vernunftgründe annahm. Man

hörte aus vielen Kehlen das Geschrei: „Das Militär soll ungehindert sammt den Waffen abziehen, denn sie halten sich gut; aber die Hunde, die Stadtgarden, müssen alle niedergemacht werden."

Da diesem zu Folge das Feuern des groben Geschüßes von der Bastei aus nicht zum Schweigen gebracht werden konnte, wurde es von Seite des Militärs, so wie auch von den Stadttheilen aus, neuerdings begonnen, und dem Kampfe konnte durchaus kein Ende gemacht werden.

Es war klar vor Augen gestellt, daß auch hier ungarisches Geld im Spiele war und gewesen seyn muß, und darauf angetragen war, das Volk auf illegalem Wege angeblich zu bewaffnen, in Wahrheit aber das Zeughaus zu entleeren, die Abundanz desselben der k. Armee zu entziehen, damit die Waffen unbedingt aus dem Zeughause ohne aller Controlle und in möglichst kürzester Zeit herauskommen, um auf diese Weise die Möglichkeit zu erreichen, solche den Ungarn zuzuführen, was sich in der Folge auch bewährte.

Um halb 11 Uhr Nachts kam, wie bereits erwähnt, eine ReichstagsDepesche an Grafen Auersperg adressirt, zum Ober-Commando. OberCommandant Scherzer beauftragte den Playoffizier Dunder, den Commandirenden aufzusuchen, ihm die Depesche eigenhändig zu übergeben, und die Antwort mündlich zu überbringen. Dieser schwierigen Mission schloß sich der Plazoffizier Fischer freiwillig an.

Niemand wußte, wo sich zu der Zeit der Graf befand. Das GeneralCommando war geschlossen; es hieß, Auersperg sey in der Alserkaserne, und so begab sich Dunder mit seinem Begleiter aus der Stadt durch das bereits verbarrikadirte Schottenthor, wovon das kleine nicht ohne Schwierigkeit von den Garden geöffnet wurde, über das gänzlich menschenleere Glacis zu der Alser= kaserne. Hier waren bis an das Glacis Vorposten ausgestellt, welche die beiden Offiziere sogleich anhielten. Als sich solche als Reichstags-Ordonanzen zu erkennen gaben, wurden sie zu dem inspicirenden Hauptmann geführt, welcher vom Grafen keine Kenntniß zu haben vorgab. Er geleitete solche zu der vor dem Kriminalgebäude aufgestellten Cavallerie - Escadron, und als der Rittmeister derselben ebenfalls nicht anzugeben wußte, wo sich der Commandirende befinde, war der Hauptmann auf das an ihn gestellte Ersuchen bereit, ihn aufsuchen zu wollen. Derselbe bestieg ein Pferd und ritt davon. Bis zu seiner Rückkehr, welche erst in 1. Stunden erfolgte, blieben beide Plazoffiziere bey der Escadron, und es gesellte sich zu ihnen ein Garde der 2. Cavallerie-Division. Nach einer Stunde ritt die Cavallerie in die Vorstadt zurück. Ein Mann kam zu den zurückgebliebenen Plagoffizieren, und zeigte ihnen zwei vor dem Kriminalgebäude erschlagene, entblößt im Grase liegende Garden. Um Mitternacht begann das Zeughaus zu brennen, und auf allen Thürmen wurde Sturm geläutet. Auf dem Stephans thurm

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