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Längerung dieser Richtung bildete einen rechten Winkel mit der rechten Flanke des seindlichen Heertheils, der die Linke der Russen überflügelt hatte. So wie Leftocq sah, daß er die rechte Flanke des Feindes überflügelt hatte, ließ er rechts einschwenken in die Linie. Diese Evolution, mit einer Genauigkeit ausgeführt, wie auf dem Exercier-Platz, führte die Truppen Leftocqs in die rechte Flanke des Corps, das in der Linken der Russen stand. Die Preußen begannen eine Reihe von Bataillons-Salven, die, gut unterhalten, mit bewundernswürdiger Gleichförmigkeit abgegeben wurden. Bald zeigte fich in den Truppen, die Lestocq angriff, ein Schwanken, das einen Wechsel im Erfolg ankündigte. Von zu großem Eifer hingerissen, sagte ich laut: „Jezt müßte man Lestocq unterstützen und in der Fronte angreifen !" Der alte General Knorring, dem meine Bemerkung wahrscheinlich mißfiel, antwortete:,,Was Sie wissen, das wissen wir auch!" General Kretow, der anwesend war, machte mir ein Zeichen der Mißbilligung. Inzwischen winkt Knorring den Fürsten Bagration herbei, und befiehlt ihm, in drei Colonnen rasch, ohne zu schießen, vorwärts zu gehen, gegen das Corps, das Leftocq angriff; zwei Colonnen sollten durch Gehölze vorgehen, die zwischen den russischen Linien lagen, die dritte durch den offenen Raum zwischen den Gehölzen. Der Fürst Bagration folgte dem Befehl, ohne einen Augenblick zu verlieren; seine Colonnen, aus leichten Truppen zusammengesetzt, marschirten mit großer Geschwindigkeit. Die Sonne war im Untergehen, als diese Anordnungen zur Ausführung kamen. Der Feind stand dem Angriff nicht.“

Crossard beruft sich, was die Wahrhaftigkeit seiner Aussage betrifft, auf das Zeugniß zweier englischer Offiziere, die auch zugegen waren: Hutchinsons und Sir Robert Wilsons.

Knorring wollte den errungenen Erfolg noch weiter verfolgen; er ließ auf der ganzen Linie Angriffs-Colonnen bilden, und beabsichtigte, wie aus Leftocq8 Bericht hervorgeht, einen allgemeinen Angriff. „Gleich nach Besetzung des Gehölzes war der General Knorring, der den Feldzug als Freiwilliger mitmachte, hinzugekommen, hatte dem General Leftocq zu dem schönen Gefechte gratulirt und ihm mitgetheilt, daß er auf der ganzen Linie angeordnet habe, Angriffs-Colonnen zu bilden, und daß er den General Bennigsen ersucht habe, einen allgemeinen Angriff zu befehlen. Es unterblieb dieser Angriff indessen, da der General Bennigsen augenblicklich nicht zu finden war, und als man ihn fand, der günstige Augenblick vorüber war." (Höpfner III., 252.)

Daß Knorring die Schlacht am folgenden Tag erneuert wissen wollte, und sich darüber ganz mit Bennigsen entzweite, haben wir im Text berichtet, und es steht überhaupt in jeder Geschichte dieses Feldzugs zu lesen.

Ueber Bennigsen wäre auch noch manches zu sagen. Er drängte sich immerdar und immer wieder zu einem Heerbefehl, und scheute selbst die unsaubersten Wege der Intrigue nicht, um dazu zu gelangen. So wie er 1807 Buxhöwden und Knorring verdrängt hatte, so suchte er 1812 erst Barclay, dann Kutusow zu verdrängen. Es war aber, wie die Zeitgenossen sagten, nicht blos Ehrgeiz, der ihn dazu trieb. Da er doch eigentlich kein unerschütterliches Vertrauen zu sich selbst hatte, war ihm zuweilen fogar recht ängstlich zu Muth in seinem Commando, wenn er es hatte. Sein Streben nach dem Commando - Stabe soll zum Theil durch seine Gemahlin veranlaßt worden sein, die ihrerseits noch weniger durch Ehrgeiz bestimmt wurde, als er selber. Sie war eine Polin, Namens Andruchówicz, vermuthlich jüdischer Abkunft, wie ein nicht unbedeutender Theil des polnischen Adels. Wenigstens hatte sie einen Vetter, dessen Name, Meyerówicz, in Beziehung auf seine jüdische Abstammung kaum einen Zweifel gestattet.

So oft Bennigsen ein Commando hatte, erschien Meyerówicz als Lieferant. Dieser selbst sowohl als auch, wie man sagt, Frau v. Bennigsen, standen sich dabei sehr gut, die Truppen sehr schlecht. Die hatten unter Bennigsens Befehlen stets Hunger und Elend zu dulden, wie denn die Armee in Ostpreußen geradezu vom Raube leben

mußte, und in Folge der Verwilderung, die dadurch einriß, ärger plünderte und das Land verwüstete, als selbst der Feind. Selbst noch im Jahr 1813, bei der Einschließung von Hamburg, ist der Fall vorgekommen, daß die Schildwache vor Bennigsens Thür, vom Hungertyphus ergriffen, ohnmächtig zusammensant.

Beilage XI.

Zu S. 616.

Die russischen Universitäten.

In der Erwartung, daß das Dasein der russischen Universitäten schon nach fünf Jahren eine durchgreifende Veränderung des gesammten Culturzustandes Rußlands bewirken könnte, verrieth sich allerdings ein sehr entschiedener Mangel an Erfahrung. Bei dem zu Anfang ziemlich hoffnungslosen Zustand, aus dem die Gymnafien nur mühsam und langsam empor gebracht werden konnten, sollte ein halbes Jahrhundert und mehr vergehen, ehe die Universitäten einigermaßen ihrer Bestimmung zu entsprechen vermochten.

Noch in den vierziger Jahren des Jahrhunderts bestand an der Universität zu Kiow, bei dem Aufnahme-Examen der Studenten, die Prüfung im Lateinischen darin, daß die jungen Leute ein leichtes Thema, wie man es auf einem deutschen Gymnasium für Unter-Tertia angemessen achten würde, aus dem Russischen in das Lateinische übersetzen sollten. Die Vocablen, deren sie dazu bedurften, wurden ihnen mit Kreide an die schwarze Tafel geschrieben: Haupt-, Bei- und Fürwörter im Nominativ, die Zeitwörter in den vier maßgebenden Formen, oder wenn der Examinator die Schwierigteiten auf das Höchste steigern wollte, nur im Infinitiv. Es wurde also gar nichts weiter verlangt, als daß die jungen Leute im Stande sein sollten, die vorkommenden Wörter dem Sinn der Phrase gemäß zu flectiren. Die Allerwenigsten vermochten das zu leisten; Viele, sehr Viele schrieben die Vocablen einfach so ab, wie sie auf der Tafel standen.

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einen Liefländer

Ich äußerte gegen einen Professor, eben der Universität Kiow daß ich keinen Begriff davon habe, wie man wissenschaftliche Vorträge so einrichten könne, daß sie so ungenügend vorbereiteten jungen Leuten verständlich, und doch auch von wirklichem Nußen sein könnten — und erhielt zur Antwort: „Man versucht es im Anfang; nach so und so viel vergeblichen Versuchen aber giebt man es auf; man hält seine Vorträge nach bestem Wissen und Gewissen ob die Studenten zu folgen vermögen oder nicht ob sie etwas davon begreifen oder nicht darum fümmert man fich nicht."

Mitunter kamen denn auch Seltsamkeiten vor, die eigenthümliche Streiflichter auf den Bildungsgrad in den höheren und höchsten Regionen des Beamtenthums fallen ließen. So erhielt der Minister Uwarow, eben auch in den vierziger Jahren, einen Bericht aus Charkow, wo damals der rühmlich bekannte Orientalist, Dr. Dorn, Brofessor war. Der Curator der dortigen Universität - ein vornehmer Mann natürlich

meldete in herkömmlicher Weise, daß Alles ganz vortrefflich gehe. Nur der Herr Professor Dorn scheine seiner Stellung nicht gewachsen; er habe offenbar selbst noch sehr viel nachzuholen, denn er studire sehr fleißig.

Man denkt sich wohl die Gesichter, die ein vielseitig und in mancher Beziehung auch gründlich gebildeter Mann wie Uwarow unwillkürlich schneiden mußte, wenn ihm ein solcher Bericht zu Handen fam!

Beilage XII.
3u S. 699.

Rosenkampff.

Mehr als ein gar eigenthümlicher Verdacht lastet auf dem Andenken Rosenkampffs. Unter Anderem war er, wenn mich mein Gedächtniß nicht täuscht, um das Jahr 1820 d. H. etwas später zur Zeit, als er auf der höchsten Höhe des Ansehens stand, in bedenklichster Weise in eine sehr seltsame Begebenheit verwickelt.

Die ehstländische Ritterschaft hatte mancherlei Geschäfte in Petersburg zu besorgen zu folicitiren Zahlungen zu leisten und dergleichen mehr. Sie sendete einen Herrn v. B. als Bevollmächtigten nach der Hauptstadt; einen Mann, der bereits vielfach in Landes-Angelegenheiten verwendet worden war, und sich namentlich anhalteud und mit Ausdauer um die Verbesserung der bäuerlichen Zustände bemüht hatte. Eine bedeutende Summe in Banknoten wurde ihm durch die Post nachgesandt.

Dieses Banknoten-Packet nun lag, eben angekommen, auf Hrn. v. B.'s Tisch, als er den Besuch eines angesehenen Mannes und bald darauf einen zweiten, den des Herrn v. Rosenkampff, empfing. Der erste Besucher empfahl sich bald darauf, Herr v. B., der sich einer etwas altmodischen und übermäßigen Höflichkeit befliß, begleitete ihn bis an die Treppe. Bald nachdem er in sein Wohnzimmer zurückgekehrt war, empfahl sich auch Nosenkampff und nun erst wurde B. gewahr, daß die Banknoten

von seinem Tisch verschwunden waren.

Dem zu Reval, versammelten ehstländischen Landtag konnte dann v. B. keine Auskunft über den Verbleib der ansehnlichen Summe geben, die er aus eigenen Mitteln nicht zu ersehen vermochte; er erbot sich einem Ausschuß der Ritterschaft, dessen Mitglieder sich auf Ehrenwort zur Discretion verpflichten müßten, die nöthigen Mittheilungen zu machen. Das wurde abgelehnt.

Merkwürdiger Weise schrieb Rosenkampff wahrscheinlich in einer oder anderer Weise durch v. B. aufgefordert, einzuschreiten — auf diese Beranlassung dem ehstländischen Ritterschafts- Hauptmann einen Drohbrief; die Ritterschaft des Landes werde sich die größten Nachtheile zuziehen, wenn sie nicht Hrn. v. B. dieser Gelder wegen unbehelligt laffe.

Die Sache war nun wohl dadurch einigermaßen und vielleicht hinlänglich klar gestellt. Dennoch wurde Herr v. B. aus der Ritterschaft ausgeschlossen.

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Zweite Abtheilung.

Seite 10 Zeile 35 v. oben anstatt: seiner, lies: feine.

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99 in der Anmerkung ist zu lesen: Kaschpirew, Denkmäler der neueren ruffischen

Geschichte.

164 Zeile 13 v. oben anstatt: Worownesch, lies: Woronesch.

Erflärung, lies: Erklärungen.
Weymann, lies: Weymarn.)

16 ist nach: Anstalten sein, ein; zu sehen.

26 v. oben anstatt: devrà, lies dovrà.

würden, lies: wurden.

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