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blickenden Mannes, unter dem seine Erscheinung denn freilich etwas von dem Anstrich eines Projektenmachers und Abenteurers behält. Sein Trostwort: In magnis voluisse multum est sollte als ehrender Nachruf seinen Grabstein zieren.

Die Papisten jubelten über die beiden Todesfälle auf. Hatten doch auch sie seit der Mitte der achtziger Jahre mit kaum geringerer Besorgniß auf die Evangelischen geblickt, als diese auf sie. Die immer zunehmende Schroffheit ihres Auftretens, die immer rücksichtslosere Betonung ihrer Forderungen, der lebhafte Verkehr fremdländischer Gesandten an ihren Höfen, alles das machte es den Papisten zweifellos, daß ihre Gegner drinnen im Reich und draußen nähere Fühlung miteinander gewonnen hätten, und daß ein evangelischer Bund im Werden sei. Und die Sorge wurde dadurch vergrößert, daß auch in den Reihen der Papisten vielfach Neid, Eifersucht und Hader herrschte, und es nicht gelang, sie zu gemeinsamen Entschlüssen zu vereinigen. Der Versuch des Herzogs Wilhelm von Bayern, den Landsberger Bund zu einer römischkatholischen Union um- und auszugestalten, fiel ganz ins Wasser.

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Auf die Nachricht von Johann Casimirs Tod schrieb der Bischof Johann von Straßburg an Herzog Wilhelm: Es dürfte das gewaltsame und bedrohliche Vorhaben sich nunmehr etwas stoßen oder zum wenigsten verlängern. Man hat dem allmächtigen Gott nit genugsam dafür zu danken, daß seine göttliche Allmacht zur Erhaltung göttlicher Ehre und Glaubens von den Katholischen so viel Böses unversehentlich gnädig abgewendet.“

Ein Glück in allem Unglück war es, daß der verhängnißvolle Todesfall nicht auch die Pfalz politisch völlig herumwarf.

Johann Casimirs Mündel, der Kurprinz, der kurz nach dessen Tod sein achtzehntes Lebensjahr vollendete, und somit sofort die selbständige Regierung übernahm, hatte nichts von dem streng lutherischen Geist des Vaters; der Oheim hatte dafür gesorgt, daß seine kirchlichen Grundsäße auf ihn übergingen und daß er sich auch in seine politischen Anschauungen einlebte. Nur daß sich freilich aus der ganzen Persönlichkeit nicht viel machen ließ. Kurfürst Friedrich IV. hatte an Körper wie an Charakter etwas Mattes; seine Tugenden waren die Tugenden der Schwäche, und wie bei schwachen Naturen so häufig, schlugen sie bei ihm leicht in das Gegentheil um. Bei aller Weichheit und allem Wohlwollen brauste er oft heftig auf, er lieh willig gutem Rath und begründetem Tadel sein Ohr, aber dazwischen war er schroff absprechend und gegen seine Rathgeber von beleidigendem Hochmuth. Seine Gutmüthigkeit verkehrte sich leicht in unbillige Härte, und während er sich heute andern. gegenüber entgegenkommend und nachgiebig zeigte, bestand er morgen trozig auf seinem Kopf. Auch in seinem öffentlichen Handeln vermißte man die Stätigkeit des Wollens, die feste Beharrlichkeit des Handelns. Fürst Christian von Anhalt hat einmal von ihm geurtheilt: „Wenn er ein Ding lang mit Eifer triebe, und es wollte doch nicht fortgehen, so werde er verdrossen.“ Dabei floß in seinen Adern das leichte Pfälzer Blut. Jhn reizten mehr die

Contrafai

Des Durchleuchtigen/ Hochgebornen Fürsten

vnd Herren/Herren Johann Cafimirs/Pfaltzgraffen bey

Rhein/bergogs in Bayern/c.

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Seb Gort/daß du rodreft die Gottlosen/vnd die Blurgingen von mir weichen müften: dann fie re
den von dir lafterlich/vnd deine Feinde erheben sich ohn orfach. 3 dasse ja HERR die Sich base
fen/vnd verdreußt mich auff fie/daß fie fich wider dich segen. 3 baffe lie in redbrem ernst/9a
rab find fie mir feind. Erforsche mich Gott/ vnd erfahremen bera/prüfe mich und erfahre wie
sha megne/vnd fibe ob ich auff 85 fem wege bin/vnd leyte mich auff ewigen wege.

Gedrucktzu Newstate an der 19arde/bey Mattbzo Warnisch.

Pfalzgraf Johann Casimir.

Verkleinertes Facsimile eines Einblattdruces. Holzschnitt von Tobias Stimmer (1539-1582).

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Genüsse als die Pflichten des Herrscherseins. Jagd und Turnier, Zechgelage und Schmausereien, glänzende Feste und weite Reisen, danach stand sein Sinn und dafür reichte seine Bildung, die nicht eben in die Tiefe ging. Es ging unter ihm glänzend zu am Heidelberger Hof - fast siebenhundert Personen bildeten im Jahre 1599 seinen Hofstaat aber freilich, die Einkünfte des Landes wurden im Saus und Braus verpraßt und vergeudet, und die Schulden wuchsen rasch ins unermeßliche. Ein so lustigtolles Leben brachte seinen zarten Körper rasch herunter. Er war gelähmt, da er noch nicht dreißig Jahr zählte. „Seine Kurfürstliche Gnaden so wurde 1606 von Hof geschrieben können keinen Schritt gehen, sondern sich allein bis auf den Gürtel ihrer Glieder gebrauchen, das übrige ist alles gar unempfindlich. Neben dem jedoch die Erlustigung mit dem Trunk nit dahinten bleiben sollte. Das wird nit langen Bestand haben können."

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Das Regieren überließ er seinen Räthen. Und es war ein Glück für die evangelische Sache, daß es ihrer eine ganze Reihe gab, die aus Johann Casimirs Schule hervorgegangen waren und in dessen Sinn die öffentlichen Angelegenheiten, namentlich die auswärtigen, zu leiten fortfuhren. Tüchtige Männer, von wackerem Sinn, bestem Eifer, verständig und besonnen, wenngleich etwas umständlich und schwerfällig und von der politischen Schöpferkraft und dem kecken Wagemuth ihres früheren Herrn weit entfernt. War unter ihm die Pfalz in der Initiative gewesen, so erhielt die Heidelberger Politik unter ihnen etwas Zurückhaltendes. Sie riß die Gesinnungsgenossen nicht mehr ihrerseits zum Handeln fort, sondern wartete, bis ihr eine Anregung von außen zukam.

Abgesehen von diesem Charakter der leitenden Persönlichkeiten wirkte auch der sehr unersprießliche Vormundschaftsstreit in den ersten Jahren lähmend auf die pfälzische Politik ein. Friedrichs IV. Großoheim nämlich, der lutherisch gesinnte Pfalzgraf Reinhard von Simmern, beanspruchte die Vormundschaft über ihn, um den Calvinismus im Lande wieder zu beseitigen. Er berief sich für seinen Anspruch auf ein paar Bullen vom Kaiser Sigismund, nach denen Friedrich IV. erst mit fünfundzwanzig Jahren majorenn werden sollte, während die goldne Bulle für seine Mündigkeit das vollendete achtzehnte Jahr festsette. Und er bewirkte wenigstens so viel, daß Kaiser Rudolf bis zum Jahr 1594 zögerte, ehe er ihn belehnte, was ihn denn freilich bis dahin dem Kaiser gegenüber mit Entschiedenheit aufzutreten hinderte.

So war die evangelische Partei wieder in sich gespalten. Wie um entgegengesezte Pole sammelte sich die bunte Welt, aus der sie bestand, um die lutherische und die calvinische Vormacht in Deutschland. Da war es denn auch vorbei mit den unionistischen Bemühungen wie mit der Neigung zu einer Verbindung mit fremden Mächten. Vollends seit dann der König von Frankreich zum Papismus übertrat.

Ein Glück für die deutschen Evangelischen, daß im Dezember 1592 der Herzog von Parma starb und damit die Sache Spaniens in den Niederlanden

Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz.

379

FRIDERICVS IV. D.G. SACR.ROM. IMPERI SEPTEMVIR

COMES PALRHENI DVX BAVARIA PRIN SERENISS.

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Kurfürst Friedrich IV., von der Pfalz.

Facsimile des Kupferstiches von Jacques Granthomme (um 1600 thätig).

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sehr bedenklich zurückging. Ebenso, daß Heinrich IV. über seine heimischen Gegner den Sieg davontrug und damit die äußeren Gefahren für sie vorerst in weitere Ferne gerückt waren.

Um so größere blieben für sie in der Heimath selber.

Der Straßzburger Handel.

Als sich die Frage der Freistellung in Köln zu gunsten des Papismus entschied, entbrannte um sie in Straßburg ein neuer, heftiger Kampf. Beide Bewegungen hingen aufs engste zusammen: die in den Bann gethanen, der truchsessischen Partei angehörigen Kölner Domherren Adolf von Solms, Johann von Winneburg und Georg von Sain-Wittgenstein besaßen wie der gestürzte Kölner Erzbischof selbst zugleich Capitelsstellen in Straßburg und hatten sich, als sie ihre Sache in dem niederrheinischen Erzstift verloren erkannten, in das oberrheinische Hochstift zurückgezogen, unbekümmert darum, daß die altkirchlichen Mitglieder desselben unter Führung des Domprobstes Grafen Christoph Ladislaus von Nellenburg - Thüngen, eines Convertiten, sie als Gebannte ihrer Capitelsize und ihrer Einkünfte verlustig erklärten. Sie bemächtigten sich der Stiftshäuser, des Bruderhofs, dann auch des Gürtlerhofs, protestirten gegen die Gerichtsbarkeit des Papstes und appellirten an Kaiser und Reich. Der protestantische Straßburger Stadtmagistrat stellte sich auf ihre Seite. Der Kaiser hingegen nahm natürlich für die altgläubigen Domherren Partei, wagte aber auch hier so wenig wie in Köln, kurzerhand durchzugreifen und die Reichsacht über die Gebannten auszusprechen, wie das namentlich Herzog Wilhelm von Bayern gefordert hatte. Vielmehr beschränkte er sich auf Mahnungen und Drohungen, die ohne alle Wirkung auf die evangelischen Domherren blieben. Als dann im Laufe der nächsten Jahre Domherrenstellen durch den Tod ihrer Inhaber erledigt wurden, traten die Capitulare zu den Ergänzungswahlen gegnerisch auseinander, so daß das Capitel sich nach der Confession vollständig spaltete. Und es war vorauszusehen, daß es, wenn der Bischof Johann (von Manderscheid) die Augen schloß, zu einer Doppelwahl kommen und damit sich hier ein schismatischer Zustand vollenden würde, wie er jüngst in Köln eingetreten war.

Nun starb wenige Monate nach dem Ableben Johann Casimirs der Bischof plötzlich am Schlage. Die protestantischen Capitelsherren, welche die Mehrzahl des Capitels ausmachten, säumten nicht, nachdem sie vergebens die altkirchlichen Wähler aufgefordert hatten, sich an der Wahl zu betheiligen, unter dem Beifall des Rathes und der Bürgerschaft von Straßburg, in der

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