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auch den haltlosesten und bestimmbarsten von ihnen, erfüllte das damals unter den Machthabern so verbreitete Verlangen nach Ausgleich der religiösen Parteien und nach Verschmelzung der kirchlichen Gegensäße. Aber dieses Streben trieb ihn, wie so manchen seiner fürstlichen Genossen, immer mehr in das papistische Fahrwasser, dank namentlich dem Einfluß seiner polnischen Gemahlin, bald auch der Jesuiten. Ihre feinen Nasen hatten bald die Witterung, daß sich nunmehr auch in Schweden etwas machen lasse, und so schlichen sie sich denn ein. Als erster - 1574 Stanislaus Warsewiß, dem bald andere folgten. Sie machten ihre Anwesenheit im Lande nur dadurch möglich, daß sie die Stirn hatten, sich für evangelische Prediger auszugeben. Sie erfreuten sich der königlichen Gunst, mehrere von ihnen erhielten an dem neuerrichteten Collegium in der Hauptstadt des Landes Anstellung. Im Jahre 1576 veröffentlichte der König eine Liturgie, welche von den Jesuiten entworfen und wesentlich dem päpstlichen, durch das Tridentiner Concil verbesserten Meßbuch nachgebildet war. Es enthielt nicht nur viele Ceremonien, sondern auch wesentliche Dogmen der römischen Kirche. Der neue Erzbischof Lorenz Petersson Gothus, der seit 1574 an der Spiße der schwedischen Kirche stand, und ganz im Gegensatz zu seinem fest evangelischen Vorgänger mit dem Papismus und Jesuitismus liebäugelte, ermahnte alle Frommen dringend, sich des neuen Werkes zu freuen, durch welches man sich, bei einer so großen Verwirrung der Religion und unter so großen Irrthümern der Zeit, der alten rechtgläubigen und allgemeinen Kirche Gottes gleichstelle".

Das rothe Buch, wie diese neue Liturgie nach ihrem Einbande genannt wurde, dessen Anerkennung die Vorbedingung für jede geistliche Anstellung war, bezeichnete einen neuen Schritt König Johanns auf seiner abschüssigen religiösen Bahn. Schon wandte er sich an den Papst mit der Versicherung seiner Zuneigung zur alten Kirche und mit der Bitte, „daß seine Heiligkeit in der ganzen Welt Fürbitte für die Wiederherstellung der päpstlichen Religion im Norden anstellen lassen wolle, jedoch ohne Schweden zu nennen“. Und Gregor XIII. fandte, um das Bekehrungswerk an ihm zu vollenden, (im Jahre 1578) Antonio Poffevino, einen der gewandtesten Loyoliten unter dem Namen eines kaiserlichen Legaten nach Stockholm. Der König ließ sich weit mit ihm ein; zwar forderte er die Verstattung der Priesterehe und des Laienkelches, die Messe in der Landessprache, den Verzicht der Kirche auf die säcularisirten geistlichen Güter; aber er erklärte sich nach einiger Bedenkzeit doch zur Ablegung des Tridentiner Bekenntnisses bereit und nahm, nachdem Possevin ihm - dem Mörder seines königlichen Bruders Absolution ertheilt hatte, das Abendmahl nach römischem Ritus. Zugleich ging er daran, sein ganzes Land desselben Segens theilhaftig zu machen. Er wurde in seinen altkirchlichen Begünstigungen und restauratorischen Bestrebungen offener und rücksichtsloser. Luthers Katechismus wurde in den Schulen abgeschafft, die Schriften der Evangelischen durch papistische Bücher erseßt, ein Auszug des kanonischen Rechts als Richtschnur der schwedischen Kirche verfaßt, gegen die Opposition, die sich

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wider das rothe Buch erhob, mit Nachdruck eingeschritten, manche von den Führern derselben, namentlich Geistliche und Professoren, ihrer Stellen entsegt, ihrer Einkünfte beraubt, Landes verwiesen. Man begann junge Schweden mit reichlichen Stipendien außer Landes zu schicken, damit sie an jesuitischen Lehranstalten ihre Studien machten; immer neue Jesuiten wurden herbeigerufen und ihnen namentlich Lehrerstellen an der Universität übergeben, die von Upsala nach Stockholm verlegt wurde. Als 1579 der Erzbischof starb, war der Plan, den erledigten Plaß mit einem Papisten zu beseßen. Allein zum offenen Uebertritt entschloß sich der König denn doch nicht. Während Possevin nach Rom ging, um betreffs jener Vorbehalte Johanns neue Verhaltungsmaßregeln einzuholen, war der wankelmüthige Mann wieder unter protestantische Einwirkungen gerathen, in Folge deren er sich von dem zurückkehrenden Jesuiten fern hielt. Vollends als seine altkirchliche Gemahlin (November 1583) gestorben war, und er eine junge Schwedin (Gunnila Bjelke) geheirathet hatte, ließ er in seinem religiösem Eifer nach, ohne doch freilich, was er gethan hatte, ungeschehen machen zu können und zu wollen, und ohne verhindern zu können, daß die von den Jesuiten ausgestreute Saat der Zwietracht emporwucherte.

In einer ähnlichen religiösen Umgestaltung befand sich Polen, mit dessen mildem und wohlwollendem König Sigismund August im Juli 1572 der jagelLonische Mannesstamm ausstarb. Weder auf den schwedischen König noch auf den moskowitischen Zaren, die sich beide um den erledigten Thron bemühten, fiel die Wahl des zum Convocationsreichstage versammelten Adels, sondern auf den Herzog Heinrich von Anjou, den Helden der Bartholomäusnacht, dem der Cardinal Hosius den echt jesuitischen Rath gab, die in seinem neuen Reiche befindlichen Protestanten bis nach seiner Krönung mit Hoffnungen hinhalten und unbedenklich die eidliche Zusicherung des Schußes der Religionsfreiheit zu geben, da er nicht gebunden wäre, Keßern seinen Schwur zu halten. Nicht, daß er vor der Uebernahme der Regierung die pacta conventa, welche die Macht der Krone zu gunsten des Adels beschränkten, beschwor, sondern daß er schon bald nach ihrer Uebernahme das Land fluchtartig wieder verließ, um den (1574) erledigten Thron von Frankreich zu besteigen, sicherte den Polen ihren in der pax dissidentium verfassungsmäßig garantirten kirchlichen Frieden und ihre confessionelle Gleichstellung. Wieder aber wählten sie nicht einen von den Beherrschern der baltischen Reiche, sondern den siebenbürgischen Fürsten Stephan Bathory, der auch über das habsburgische Kaiserhaus den Wahlsieg davon trug.

König Stephan, der im calvinischen Bekenntniß erzogen war, nahm sich vom ersten Tage mit großem Eifer der Aufbesserung der vielfach verrotteten inneren Verhältnisse seines Reiches an; in den religiösen Dingen zeigte er sich tolerant. Der Aufforderung, die Keßerei zu unterdrücken, begegnete er mit dem schönen Wort: er sei ein König der Völker, nicht der Gewissen, über die zu herrschen Gott allein gebühre.

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Nur zu bald aber machten sich bei ihm dieselben Einflüsse geltend, denen sein königlicher Schwager in Schweden erlegen war. Freilich gelang es weder den Schmeicheleien seiner Gemahlin, der Jagellonin Anna, der Schwester der Schwedenkönigin Katharina, noch den Einflüsterungen der Jesuiten, die sich schon unter Sigismund August in Polen einzuschleichen und Terrain zu gewinnen begonnen hatten, noch endlich den Vorstellungen des päpstlichen Nuntius, Cardinal Bolognetto, der seit dem Beginn der achtziger Jahre in Krakau dieselbe Rolle wie Possevin in Schweden spielte, ihn zum Übertritt zu bewegen. Vielmehr lehnte er manches Ansinnen Bolognettos, wie die ausschließliche Besehung aller Aemter nur mit Papisten, die alleinige Verstattung des römischen Gottesdienstes in den königlichen Städten, die Wiederherstellung des Zehnten mit der Erklärung ab, daß er zur Durchführung solcher Maßregeln, wie sie damals anderorts im Interesse der römischen Reaction verwandt wurden, „nicht mächtig genug sei." Aber in vielen anderen Stücken gab er den Vorstellungen des Nuntius nach. Der königlichen Unterstüßung verdankte eine ganze Anzahl von Jesuitencollegien (zu Krakau, Grodno, Pultusk) ihre Entstehung; der größte Theil der Tridentiner Sazungen fand jezt Annahme; vor allem, er bestimmte, daß die Bisthümer hinfort nur an Papisten gegeben. werden sollten und ließ es zu, daß die evangelischen Besizer dieser höchsten geistlichen Würden durch den Nuntius abgesezt wurden. Und da mit dem bischöflischen Amte Siß und Stimme im Senat verbunden war, so gewannen durch diese Maßregeln die Vertreter des römischen Stuhls auch in den weltlichen Angelegenheiten des Landes einen tiefgreifenden Einfluß. Daß die mächtigste Partei im Lande, die Faction Zamoiski, deren Mitglieder sich dank der besonderen Gunst des Königs vielfach im Besiß der wichtigsten Stellen befanden, sich der römischen Richtung zuwandte, war für die Propaganirung des Papismus im Lande von unschäzbarem Werth. Kurzum: so gemäßigt König Stephan sich für seine Person in kirchlichen Dingen verhielt, unter ihm gewann die alte Glaubensrichtung zuerst wieder festen Boden und bedeutende Erfolge. Die Zeit, in welcher päpstliche Legaten von dem Reichstage als Natterngezücht bewillkommt wurden (salve progenies viperarum), war im Hinschwinden.

Und wenden wir uns nun der äußeren Politik der beiden in ihren religiösen Verhältnissen sich so ähnlich wandelnden Reiche zu. König Johann inaugurirte seine auswärtige Politik damit, daß er den Kampf gegen Dänemark aufgab. Im Dezember 1570 kam es unter Vermittelung des Kaisers, des Königs von Frankreich und des Kurfürsten von Sachsen, dieser alten Parteigänger der Dänen, mit ihm zum Stettiner Frieden, den er mit beträchtlichen. Opfern erkaufte. Wie er sich denn unter anderm dazu verstand, die schwedischen Besizungen in Livland vom Kaiser einlösen zu lassen, damit der alsdann Dänemark mit ihnen belehne. Aber er gewann durch derartige Opfer freie Hand gegen den russischen Zaren, den bisherigen Anhänger Schwedens, gegen

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