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imile des Kupferstiches, 1600, von Joannes Saenredam (1565-1607).

vorausfliegt. Voran schreiten, in Ketten geführt von einer auf dem Triumphwagen sitzenden Victoria", spanische Gefangene, ben Zug, der den Verlust ihrer Größe bedeutet, begleiten.

Die baltische Frage.

Wie der Westen Europas, so erfuhr auch der europäische Norden während des sechzehnten Jahrhunderts eine gewaltige Umwandlung seiner staatlichpolitischen Verhältnisse. Und beide Mal nahm sie von deutschem Ländergebiet ihren Ausgang. Dort begann auf dem Boden des burgundischen Kreises ein Kampf, der bald ganz Westeuropa in Flammen seßte, hier kam es um das deutsche Ordensgebiet zu einem Ringen, in das alle nordischen Mächte hineingezogen wurden. Hier wie dort gestaltete sich der Kampf je länger um so ausgesprochener zu der Frage des Dominats über die an ihm betheiligten Mächte, und hier wie dort verwuchs die Frage immer mehr mit dem großen kirchlichen Gegensatz jener Epoche, der dann an der Lösung derselben den eingreifendsten Antheil gewann. Wie im Westen Spanien, indem es das ultramontane System vertrat und für seine Dominatsbestrebungen verwerthete, den erstaunlichsten Aufschwung nahm, bis es dann, da es den Sieg schon in Händen und das Uebergewicht errungen zu haben schien, um die Wende des Jahrhunderts an dem Widerstande seiner evangelischen Gegner, vor allen Englands, von seiner stolzen Höhe jäh herabsank: so war es im Norden Polen, das „nordische Hispanien“, das, immer mehr dem Ultramontanismus verfallend, immer energischer auf den Dominat in den Ostseebereichen lossteuerte, und seinem Ziele schon nahe war, als das evangelische Schweden es weit zurückwarf. Es sind eben die großen Tendenzen jener Epoche, die fundamentalen Principien, die, an entgegengesezten Enden unseres Erdtheils hervordrängend, zu umfassenden Bewegungen führen, welche, wie es nicht anders sein kann, bei allen durch die localen Verhältnisse bedingten Verschiedenheiten die Gemeinsamkeit ihrer großen Züge bewahren und offenbaren.

Die nordeuropäische Dominatsfrage greift weit in die mittelalterlichen Zeiten zurück und hat bis auf den heutigen Tag ihre endgültige Lösung noch nicht gefunden. Es ist die Frage der Herrschaft auf der Ostsee, des dominium maris Baltici, die schon in der Epoche Heinrichs des Löwen einsetzte, um unablässig weiter zu wachsen und ausweitend sich immer mehr zu vertiefen. Solange die Hansa in Blüthe stand, war sie es, welche die Ostseeherrschaft besaß. Sie befand sich im Vollbesiz des baltischen Handels, den sie durch Gründung städtischer Niederlassungen längs der Ostseeküste, durch Anlage von Emporien und Contoren sicherte und ausdehnte. Nur ihre Flaggen wehten auf der

Ostsee, nur ihre Schiffe vermittelten den Austausch der Erzeugnisse des europäischen Nordens und Südens, der Polargegenden und der indischen Tropen; denn weder Dänemark noch Schweden wußten sich schon in jener Zeit des Vortheils ihrer Küsten zu bedienen, noch verstanden sie es, sich der Bevormundung des deutschen Kaufmanns zu entziehen.

Allein als mit Beginn der neuen Zeit, in Folge der großen Entdeckungen neuer Erdtheile und neuer Seewege zu den altbekannten, der Handel oceanisch zu werden begann und als die dem offenen Meer angrenzenden Reiche direkt Handel zu treiben anfingen, da war die Stunde der Hansa, dieses großen, auf den Zwischenhandel begründeten Vereins, gekommen. Jhr Verfall gab den baltischen Küstenländern die Möglichkeit, maritim und mercantil emporzukommen. Sie erhoben sich zum Kampf um die hansesche Erbschaft, um das herrenlos gewordene dominium maris Baltici. Und man muß hinzufügen: erst in diesem Kampf und durch ihn gewannen sie ihre staatliche Macht und Bedeutung, so daß denn zugleich die baltische Frage nunmehr einen neuen Inhalt gewann. Sie wurde zu der Frage nach dem Machtverhältniß innerhalb der jungen baltischen Staatenwelt und nach der politischen Herrschaft in ihr.

Es waren vier Mächte, die in diesen Kampf eintraten; zwei, die von Alters her baltisches Küstenland besaßen, ohne sich bisher dieses Besißwerthes klar geworden zu sein; zwei, die von der Ostsee abgesperrt, zur Küste hinstrebten, sobald sie erkannten, welche Bedeutung ihr Besiß für ihre Erstarkung in sich schließe: Dänemark und Schweden, Polen und Rußland. Dänemark, von der Ost- und Nordsee umspült und im Besiz Norwegens am leichtesten in der Lage, sich den neuen Handelsanforderungen entsprechend maritim zu entwickeln; durch seine Westküste befähigt, an dem oceanischen Handel theil zu nehmen; Besizer des gesammten Küstengebiets der die Nord- und Ostsee verbindenden Meeresstraßen, zumal des Sundes, und damit Zollwächter des baltischen Meeres. Schweden, bisher mit Dänemark in Union und ganz von ihm in Abhängigkeit, unter Gustaf Wasa die unerträglichen calmarischen Fesseln sprengend, sich auf eigne Füße stellend und nun unter ihm in angestrengter Arbeit seinen Handel und seine Schifffahrt zu heben. Somit in natürlicher Feindschaft zu Dänemark, dessen Wappen ein Zeichen dafür sein sollte, daß es nicht gemeint sei, der Zeiten zu vergessen, da seine Könige die drei nordischen Kronen auf ihrem Haupt vereinigt hatten. Das Königreich Polen, während langer Zeit durch die deutschen Ordenslande in seiner ganzen Breite vom Meere getrennt, mit dem Hochmeister und dessen Rittern in fast ununterbrochenem Kampf, dem der innere Verfall und Zerfall des Ordens zur Seite ging; mit Hülfe einer starken, namentlich ständischen Opposition im preußischen Ordensgebiete selbst siegreich, so daß ihm noch im Lauf des fünfzehnten Jahrhunderts (im Thorner Frieden von 1466) die westpreußische Hälfte desselben als Besiz zufiel und der ostpreußische Rest um etwa ein halbes Jahrhundert später (1525), zu einem weltlichen Fürstenthum umgestaltet, in Lehensab

Die vier nordischen Mächte.

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hängigkeit von ihm kam. Endlich Rußland, das sich erst gegen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts aus tatarischer Abhängigkeit und der Zersplitterung in Theilfürstenthümer in dem Großfürstenthum Moskau" staatlich wieder zusammmenzuschließen begann; immer aber noch von dem westlichen Europa durch die breite Barriere des von dem Königreich Polen abhängigen Großfürstenthums Litthauen abgeschieden, und vor allem des für jene Zeiten und jene Gegenden wichtigsten Mittels, um zu staatlicher Macht und Bedeutung zu erwachsen, entbehrend. Denn seine Grenzen erreichten weder das schwarze noch das baltische Meer und nur die eisvermischten Fluthen des vom Seeverkehr ausgeschlossenen Polarmeers bespülten seine ungastliche Nordküste. Vom schwarzen Meer war es durch die tatarischen Königreiche von Kasan und Astrachan und das krimmsche Chanat getrennt, den Zugang zur Ostsee sperrten ihm das schwedische Finnland und die livländischen Ordensgebiete, Kurland, Livland und Estland, in denen auch nach dem Fall des preußischen Ordensstaates der deutsche Orden der Schwertbrüder als Herr und Gebieter schaltete.

Eben diese Gebiete nun sollten der Erisapfel werden, um den zwischen den vier Mächten ein äußerst heftiger Ringkampf entbrannte, denn ihnen allen erschien ihr Besitz als die nothwendige Vorbedingung für das baltische Dominat, das zu erringen jede von ihnen alle Kräfte einzusehen entschlossen war. Für Rußland bedeutete dieser Besiß noch ungleich mehr, als für seine drei Concurrenten und Rivalen: nicht nur Küstenerweiterung, sondern überhaupt Küstengewinn, nicht nur Verstärkung der Position in dem Bereiche des baltischen Systems, sondern überhaupt Eintritt in dasselbe.

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Indem der in Preußen herrschende Hauptstamm des Ordens in Abhängigkeit von Polen versank, erfuhr die Stellung des Ordens in Livland einen bedeutungsvollen Wandel. Er stand nun selbstständig da, aber zugleich in völliger Isolirung, der Stüße des Bruderstammes beraubt. Auch dieser liv ländische Ordensstaat war eine Föderation, ein Staatenbund, eine ständische Republik, die nur Kaiser und Papst als Oberherrn anerkannte. Der Orden, mit dem Heermeister an der Spize, im Besiz des größten Gebietstheiles, dem Namen nach Souverän des Landes; aber neben ihm eine Reihe geistlicher Fürsten vor allen der Erzbischof von Riga und die Bischöfe von Dorpat, Desel und Kurland (oder Pilten) -in fast unbeschränkter politischer Unabhängigkeit. Weiter die Ritter, im Besiß fester Burgen und großer Ländereien. Endlich die Städte, in denen deutsche Kaufleute ansässig waren, die einen gewinnreichen Handel mit Rußland und Polen trieben, von großem Reichthum, hoher Bildung, weitreichenden communalen Freiheiten. Die Landesversammlung, deren Collegien sich aus diesen drei ständischen Elementen zusammensetzte, führte das Regiment. Nur daß deren Rivalität es selten oder nie zu gemeinsamen Beschlüssen kommen ließ. Jeder Stand und jeder einzelne in jedem Stande ging seinen Interessen, seinen Neigungen nach. Die Städter

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