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Die Lasten einer solchen Einquartierung waren keineswegs unbedeutend, und wohl manches Stift hat sich, wie die Kanoniker von Speyer,1 durch ein vom Kaiser erbetenes Privileg, davor zu bewahren bemüht. Für den Kanzler und für die übrige ständige Umgebung des Königs ward in den Pfalzstädten wohl für eine Art Amtswohnung gesorgt, wie für den Bischof von Worms, den Kanzler Otto II., der einen unmittelbar an der Kaiserpfalz zu Frankfurt gelegenen Portikus für die Reichsund Hoftage zur Wohnung angewiesen bekam.2 Andere Große erhielten Bauplätze in den Pfalzstädten, um sich auf eigene Kosten Wohnungen für die Zeit ihres Aufenthaltes daselbst aufführen zu lassen. So ward dem Markgrafen von Tuscien zu Ingelheim ein Platz neben dem Hause des Bischofs von Straßburg von Otto III. geschenkt. Daß diese Wohnungen nicht selten sehr geräumig gewesen, läßt sich schon aus dem Umstande schließen, daß auf dem Reichstage zu Forchheim 1077 in den hospitia der päpstlichen Legaten und des Erzbischofes von Mainz die öffentlichen Verhandlungen unter Teilnahme aller Anwesenden geführt wurden. Zuweilen werden auch selbst in den großen Städten die Häuser innerhalb des Weichbildes für die Unterkunft der zum Reichstage erschienenen Großen nicht ausgereicht haben; so sah sich

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1 Urkunde Heinreich IV. vom Jahre 1101. Remling, Speyer. Ukb. I, 77. (St. 2950) . . . ut nullus in alicuius fratris (canonici) curte, ubi ipse habitat, eo nolente hospitetur, nisi imperatore vel rege ibi curiam habente, caminata et non stabulum, neque coquina a camerario imperatoris vel regis alicui episcopo vel abbati et ipso fratre permittente, ibi concedatur.

* Urkunde Otto II. vom Jahre 979. Böhmer, cod. Moeno-Francof. p. 10. St. 734)... qualiter nos fideli nostro Hildibaldo, videlicet Wormaciensis ecclesiae venerabili episcopo, simul etiam nostrae maiestatis publico cancellario in loco nostro Franconofurt nominato porticum quandam, palatio nostro acclinem . . . ad augmentandum ipsius porticus aedificium. . . concessimus. Ea videlicet ratione, ut quotiescumque loco superius nominato regia vel imperialis collocutio aut sollemnium dierum celebratio contingat, ipse praefatus pontifex Hildiboldus ac noster fidelis cancellarius ob frequens ministerium . . . commodam sibi, suique successores perpetuam ibi mansionem . . . habeant.

3 Urkunde Otto III vom Jahre 994. Leibniz ann. imp. III, 602 (St. 1019) ...qualiter nos ob dilectionem et interventum fidelis nostri, Hugonis, marchionis Tusciae... desiderio ac petitioni illius concessimus et dedimus infra curtem ac palatium nostrum Inglinheim vocatum locum ... iuxta eum locum, quem dedimus Argentinensis ecclesiae Widerolto episcopo... situm, ut sibi faciat aedificia sibi congrua, in quibus manere possit, quotiescunque imperialis vel regalis conventus paschali aut alio tempore ibi habeatur.

...

* Pauli Bernried. v. Gregorii VII. c. 94. Watterich I, 529. In crastinum vero iterum ad hospitia legatorum convenientes (sc. omnes principes). p. 530. Itaque principes regni . . . accepta licentia a legatis, apud Moguntinum archiepiscopum convenerunt, et quid eis agendum esset, . . . tractaverunt.

z. B. der Bischof von Bamberg auf dem Reichstage zu Regensburg 1110 genötigt, wegen Mangel an Platz außerhalb der Stadt ein Lager für sich und sein Gefolge aufzuschlagen.1

Während also für die Unterkunft der an der Versammlung Teil nehmenden Großen von seiten des Königs Vorkehrungen getroffen wurden, blieb die Sorge für den eigenen Unterhalt und die Verpflegung den Anwesenden selbst überlassen, eine drückende und oft schwer empfundene Last. Als besonderes Privileg war die Befreiung von dieser Sorge dem Abte von S. Maximin seitens Heinrich III. verliehen, der mit den Seinigen, gleichwie die übrige Umgebung des Königs auf dessen Kosten unterhalten werden sollte. Vor allem gerühmt ward die Freigebigkeit des Bischofs Otto von Bamberg, der während der Reichsversammlung, die 1124 in seiner Stadt abgehalten wurde, aus eignen Mitteln, sei es die gesamten oder doch teilweisen Unterhaltungskosten für alle Anwesenden bestritt.4

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Wie aber stets während des Aufenthaltes des Königs in einer Stadt diese oder der betreffende Bischof den gesamten Unterhalt gewähren mußten, so auch zur Zeit einer Versammlung, eine Verpflichtung, der z. B. sogar der Bischof Embrico von Augsburg bei der Anwesenheit des Gegenkönigs Rudolf daselbst zur Versammlung am Osterfeste 1077 nachkam, während er die sonst übliche Begrüßung unterließ. Vom

1 Vita Erminoldi I, 7. M. G. SS. 12, 484. Verum Ratispone non habens, ubi caput suum reclinare valeret ad commodum, quoniam Domino disponente, civitas ista repleta erat hominibus, quasi bruco domibus omnibus occupatis, memorabilis pontifex turbulentiam turbe tumultusoe devitans, urbe relicta sibi ac suis elegit campi planiciem... Hic igitur inter duas arbores nucum . . . tentorium sancti presulis figebatur. 2 Ruotlieb V. 248 ff.

Misit praecones satrapas comitesque vocandos

Ad curtem veniant quo regis, quam optime possint,
Et secum ferrent sibi quae vel equis opus essent,
Ad tres ebdomadas secum seu plus remanendas.

3 Urkunde Heinrich III. vom Jahre 1044. Beyer Mittelrhein. Ukb. I, 374 (St. 2264) . . . ut Poppo eiusdem loci abbas suique successores ut quotiescunque ad curiam regiam venerint, sive vocati fuerint, de regia mensa pascantur et inter curiales et domesticos regis ac regine non infimi semper habeantur . . . 4 Ekkehardi chron. ad 1124. M. G. SS. 6, 262. Quibus singulis necessarios sumptus vel ex toto vel ex parte ministrabat venerandus episcopus Otto preter publicum atque constitutum antiquitus imperatori maiestati, quod ab aulicis etiam importunius exigebatur servitium.

5 Cf. Waitz VIII, 237.

Casus monast. Petrihus. II, 33. M. G. SS. 20, 646. Qui Roudolfus proximum pascha egit apud Augustam Vindelicam, sed Imbrieco eiusdem urbis episcopus noluit eum nec videre, nec salutare, set quae necessaria erant, iussit abundanter ministrare.

Bischof Otto von Bamberg wird zu wiederholten Malen berichtet, wie er den König während der Versammlungen innerhalb seiner Stadt aufs glänzendste bewirtet.1

Aber trotzdem, daß die Fürsten gezwungen waren, sich selbst zu verpflegen, war es doch natürlich, daß bei großen Versammlungen das betreffende Gebiet, in dem man sie abhielt, ungemein geschädigt wurde; und Klagen, wie sie nach dem Bericht des Ekkehard in Franken laut wurden, sind auch in andern Gegenden wohl nicht minder geführt worden. War ein Gebiet von einer Hungersnot heimgesucht, so war damit die Abhaltung eines Reichstages daselbst zur Unmöglichkeit geworden, wie die 1092 von Sachsen und Schwaben geplante Versammlung.3

2

In gleicher Weise, wie der König staatsrechtlich in der Wahl des Ortes unbeschränkt war, machte sich bei der Bestimmung der Zeit, zu der die Reichstage einberufen wurden, kaum das Gewohnheitsrecht geltend, welches hier die Könige, soweit es die Quellen erkennen lassen, nicht in gleichem Grade, wie wohl in andern Fällen, beobachtet haben. Von einem Einfluß der März- und Maifelder der Merowinger- und Karolingerzeit ist auch nicht die leiseste Spur mehr vorhanden; eher könnte man wohl geneigt sein, eine Einwirkung der Synoden anzunehmen, die nach einer Bestimmung des nicänischen Konzils zweimal jährlich und zwar, wie es wenigstens in Deutschland zur Regel ward, in der vierten Woche nach Ostern und am 17. September - abzuhalten seien; eine Regel, die das ganze Mittelalter hindurch galt und zu wiederholten Malen erneuert wurde. Doch läßt sich bei der Dürftigkeit der

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1 Ekkehardi chron. ad 1114. M. G. SS. 6, 247. Domnus imperator natalem Domini Babenberg . . . celebrat . . . Ipse (sc. Otto episcopus) vero rebus transitoriis pro concordia aecclesiastica non parcens, beneficiis indefessis animositatem regis gloriose devicit. Cf. p. 36 n. 4.

Ekkehardi chron. ad 1081. M. G. SS. 6, 204. Saxones et Alamanni ad colloquium venientes in orientalem Franciam non sine magna clade eiusdem provinciae redierunt. ad 1122; p. 259 ... iterum colloquium curiale per provincias indictum est ... appropinquare coeperunt condictae civitati (sc. Wireiburg) non sine dampno totius orientalis Franciae, diversarum provinciarum principes et

turmae.

3 Bernoldi chon. ad 1092. M. G. SS. 5, 454. Magna fames totam Saxoniam occupavit. . . Unde et generalis conventus fieri non potuit, quem principes Alemaniae cum Saxonibus habere voluerunt.

Conc. Nicaen. can. V. Mansi II, 670 ... recte habere visum est, ut singulis annis unaquaque provincia bis in anno synodi fiant.

...

5 Gerhardi vita S. Oudalrici c. 4. M. G. SS. 4, 392 . . . his tribus diebus synodale colloquium habere consuevit, eo quod canones bis in anno episcoporum concilia fieri praecipiunt, unum 15. Cal. Octob. et aliud quarta ebdomada post

pasca . . . u. a.

Quellen ein bestimmter Beweis für diese Annahme nicht beibringen. Einen, wenn auch nur geringen Anhalt, möchte folgende Übersicht über die durchschnittliche Zeit der Abhaltung von Versammlungen soweit die Datierung genau festzustellen war gewähren. Im Januar wurden abgehalten 57 Versammlungen (eingerechnet diejenigen, die an dem Weihnachtsfeste stattfanden, da mit diesem das neue Jahr begann), im Februar 17, im März 27, im April 34, im Mai 42, im Juni 42, im Juli 22, im August 24, im September 26, im Oktober 18, im November 12, im Dezember (d. h. vom 1-23.) 8.1 Darnach fällt die Hauptzahl auf Weihnachten, in das Frühjahr und den Anfang des Sommers.

Schon in dieser allgemeinen Übersicht macht sich die Erscheinung bemerkbar, daß gerade in den Monaten, in welche die drei hohen Kirchenfeste, Weihnachten,2 Ostern3 und Pfingsten, fallen, am häufigsten die Wiederkehr von Reichstagen sich zeigt, hervorgerufen durch den bereits unter Heinrich I. allgemein gewordenen Brauch, daß der König mit den Großen des Gebietes, in welchem er sich gerade aufhielt, in glänzender Weise die kirchlichen Feste beging. Diese meist äußerst zahlreich besuchten Hoftage sind, wie bereits oben erwähnt,5 durch Einberufung anderer geistlicher und weltlicher Großen häufig zu Reichstagen erweitert. Neben den drei hohen Kirchenfesten waren besonders noch folgende Heiligen- und Feiertage zur Abhaltung von Versammlungen beliebt: Epiphania (zumeist mit Weihnachten zusammenfallend) 6. Januar;6 Purificatio S. Mariae, 2. Februar; Johannis 24. Juni; Petri et Pauli 29. Juni; Assumptio S. Mariae 15. August, 10 Nativitas S. Mariae 8. September, 11 Michaelis 29. September,1 12 Allerheiligen 1. November 13 u. S. W.

1 Cf. Anhang.

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2 Cf. Anhang No. 11, 39, 97, 172, 187, 191, 196, 203, 215, 218, 231, 234, 250, 259, 272, 273, 296, 321, 324, 328, 332, 336, 342, 353, 356, 359, 362, 379.

3 Cf. ebenda No. 53, 55, 58, 62, 67, 71, 73, 78, 79, 82, 94, 106, 116, 129, 137, 141, 159, 165, 167, 173, 182, 189, 198, 216, 221, 232, 244, 257, 297, 300, 316, 320, 333, 346, 367, 380.

4 Cf. ebenda No. 95, 125, 148, 175, (179), 199, 200, 204, 206, 226, 236, 254,

261, 275, 286, 290, 334.

6 Cf. Anhang No. 75,

5 Cf. p. 5 ff.

132, 315, 326, 245, 360.

7 Cf. ebenda No. 176, 211.

8 Cf. ebenda No. 59, 111, 160, 249, 291, 371.

9 Cf. ebenda No. 68, 171, 233, 262, 276, 284. 317, 327.

10 Cf. ebenda No. 46, 239, 258, 289, 351.

11 Cf. ebenda No. 103, 112, 152, 228, 362.
13 Cf. ebenda No. 117, 364.

12 Cf. ebenda No. 207, 368.

Doch war, wie bereits erwähnt, das Gewohnheitsrecht in dieser Beziehung durchaus nicht einschränkend auf das Belieben des Königs geworden: es konnte, wenn die Umstände es geboten, jeder Tag zur Abhaltung von Versammlungen bestimmt werden, namentlich für die Ansetzung eines Termins für das Reichshofgericht war keine Einschränkung vorhanden, wie auch aus den Bestimmungen des 1085 errichteten Landfriedens hervorgeht. Doch bestand die allgemein gültige Norm, daß der erste Feiertag der drei hohen Kirchenfeste lediglich dem Gottesdienste und religiösen Feierlichkeiten gewidmet war, und die Beratungen und Verhandlungen erst am folgenden Tage ihren Anfang nahmen. Unter der Regierung Heinrich II. wurde sogar einmal die Erledigung der Reichsgeschäfte auf eine andere Zeit und einen anderen. Ort verschoben, da die großartigen Feierlichkeiten des Osterfestes keine Gelegenheit zu Beratungen übrig ließen. Eine der seltenen Ausnahmen von dieser Regel ist die Leistung des Treueides seitens des Herzogs Boleslaw von Böhmen am ersten Pfingstfeiertage 1013 in Merseburg, die aber ihre Begründung darin findet, daß der Herzog erst nach Vollziehung dieses Aktes bei dem sich daran anschließenden Kirchgange dem Könige das Schwert vorantragen konnte.3

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Die Verhandlungen selbst werden in der Regel bereits zu früher Morgenstunde ihren Anfang genommen haben; über ihre Dauer aber sind nähere Aufschlüsse aus den Quellen nicht zu entnehmen. Nur von der 1027 zu Frankfurt abgehaltenen Synode ist eine Zeitbestimmung erhalten, die darauf hindeutet, daß die Verhandlungen noch am späten Nachmittage fortdauerten, da eine Sonderberatung gegen vier Uhr stattfand, und dann die gemeinsame Beratung wieder aufgenommen wurde. 5 Auch die Dauer des ganzen Reichstages war den größten

1 M. G. LL. 2, 57. Excipitur enim ab hac pacis constitutione, si dominus imperator concilium sibi habere placuerit propter diiudicandos iusticie adversarios.

Thietmar VII, 39. M. G. SS. 3, 853. Palmas (1017) rex celebrat Magoncia, et in Ingilnenem pascha. . . Et quia ob tantam sollempnitatem maxima ibidem finiri non poterant, ad Aquasgrani ponitur conventus . . .

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3 Thietmar VI, 55. M. G. SS. 3, 832. Rex peregit pentecosten autem nobiseum (sc. Merseburg). In cuius vigilia Bolizlavus . . . venit . . . In die sancto manibus applicatis miles efficitur, et post sacramenta regi ad aecclesiam ornato incedenti armiger habetur. In 2 feria regem magnis muneribus placavit . . .

Annal. Quedlinburg. ad 1000. M. G. SS. 3, 77... Otto tertius. . . in ipsis horis matutinalibus ad curtem suam totius senatus ac plebis expectationi satisfacturus redit, illamque septimanam regalibus impendens officiis, regendo, indulgendo, largiendo ac remunerando transegit . . . Cf. p. 32 n. 4.

5 Godehardi vita prior c. 32. M. G. SS. 11, 191. diei decima ad sinodum revenerunt

...

Tandem vero hora certe

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