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eigentlich maßgebender Faktor das Domkapitel hervor. Nach der Darstellung Gisleberts 2 dagegen erscheint bereits das letztere als ausschließlich berechtigt.

Trier.

Über die trierer Bischofswahlen besitzen wir eine fortlaufende Reihe von Nachrichten in den verschiedenen Abschnitten der Gesta Trev. Nähere Angaben über den Wählerkreis erhalten wir für die Jahre 1131,3 1169, 1183,5 1242 und 1259.6 Von dem erstgenannten Jahre an erscheinen hier von den geistlichen Wählern nur die Domherren als be

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des Landes, als Wähler des andern den Grafen v. Hennegau. Später (p. 142) giebt sie dann zu, auch 4 oder 5 Domherren hätten den zweiten gewählt; er hatte also auch geistliche Wähler.

1 Wo die vita auf die Verhandlungen der streitenden Parteien vor dem Kaiser kommt, werden bei der Frage, welcher der beiden erwählten das bessere Recht habe, nur die Stimmen der Domherren gezählt. Und als der Kaiser beide verwirft und einen dritten nennt, bemüht er sich nur um die Zustimmung der Domherren zu dessen Erhebung.

* Chron. Han. (SS. XXI) f. 78 u. 87 b (die Wahl von 1193). Gislebert schreibt nur 12-15 Jahre später als die gleichzeitige vita.

3 Gesta Alberonis, SS. VIII, 248. Die personae Trev. ecclesiae berichten dem Papst über die Wahl. Sie sagen: plerique fratres nostri, und entschuldigen sich, quod ad electionem non plures fratres vocavimus. Als einen aus ihrer Mitte nennen sie den Propst von S. Paulin (ohne Namen). Der ist aber wenigstens 1125 (Beyer I, 512) Domherr. Balderich nennt weiter noch (cap. 11) den Propst Bruno v. Koblenz. Dieser ist Domherr nach SS. VIII, 199: Bruno eccl. Trev. canonicus. Wir haben es also nur mit Domherren zu thun. In Urk. v. 1137, Beyer I, 550, werden als persone mai, eccl. genannt: Propst, Dechant, 1 Archidiakon, Scholaster, Kantor.

Bei der Wahl des J. 1169 sind nach den Gesta Trev., SS. XXIV, 382 primores tam cleri quam populi die Wähler. Mit primores cleri (,,angesehene Geistliche") können entweder geradezu die Domherren oder aber Prälaten gemeint sein. Die Rücksicht auf die Wahl.v. 1131 nötigt, im letzteren Falle nur an die Prälaten des Domkapitels zu denken und die Nichterwähnung der niederen Domherren aus einem bereits mehrfach erörterten Prinzipe zu erklären (s. oben Kap. I, S. 14). Auch in Urkunden ist bei praelati eccl. Trev. mitunter nur an die des Domkapitels gedacht, z. B. Beyer I, 677 (1159): Dompropst, -dechant, 3 archidiaconi.

* SS. XXIV, 383: convenerunt canonici maioris aecclesie cum prelatis, ut deliberarent, quem eligerent. Maxima autem pars cleri in personam Rudolfi consensit. Auch hier (vgl. A. 4) darf man in den prelati nur solche des Domkapitels

sehen.

* SS. XXIV, 405 u. 415. An der letzten Stelle heißt es: convenientibus ecclesie Trev. prelatis et canonicis, ad quos ius electionis. . . dinoscitur pertinere. Über prelati s. d. vorigen Anm.

Übrigens ist es interessant, an diesen Nachrichten das allmähliche Verschwinden der Mitwirkung der Laien zu beobachten.

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teiligt. Eine Ergäuzung unserer Kenntnis liefern uns jedoch für die Jahre 1131 und 1183 zwei Papstbriefe. Der erste, in dem Innocenz II. die Konsekration des ihm genehmen Kandidaten (Alberos) anzeigt, nennt die Äbte und den Klerus, der andere, von Klemens III., das Kapitel und den gesammten Klerus. Bis dahin, und nach einer Nachricht zum Jahre 12033 auch noch weiter, scheint man also an einer gewissen Berechtigung des gesammten Klerus festgehalten zu haben.

Hildesheim.

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Wie wir es in Lüttich und Trier bemerkt haben, so steht auch in Hildesheim das Vorrecht des Domkapitels vom Anfang unserer Periode an fest. Doch erhält sich daneben noch eine Zeit lang eine Mitwirkung von Seiten des Gesammtklerus. So nennt zum Jahre 1119 der Erzbischof von Mainz nur die Domherren als Wähler, P. Kalixt II. dagegen noch Klerus und Volk.5 Wie der letztere spricht auch das chron. Hild. zu den Jahren 1130 und 1190 von dem ..Klerus". Zu dem Jahre 1199 berichtet dieselbe Quelle sodann von dem communis et canonicus tocius capituli et cleri consensus, während wir aus einem Briefe Innocenz III. nur von einer Thätigkeit des Kapitels erfahren. Die sehr ausführlichen Nachrichten aber, die wir über die Wahl von 1221 besitzen, lassen sämmtlich von geistlichen Wählern nur die Domherren als berechtigt erscheinen.

Viertes Kapitel.

Parallelismus zwischen Konsensrecht und Vorrecht an der Wahl.

Haben wir mit den obigen Ausführungen die Antwort auf unsere erste Frage, nach der Zusammensetzung des Kreises der geistlichen Wähler, gegeben, so fragen wir jetzt weiter nach dem Verhältnis desselben zu dem bischöflichen Presbyterium.

1 Beyer I, 530.

2 Beyer II, 130. Es entspricht der allgemeinen Haltung der Päpste (s. Kap. I), wenn hier die Erwähnung der Äbte fortfällt. Der Brief ist von 1189.

3 Günther II, 79. König Philipp schließt mit den Prälaten, Klerikern, Äbten, Ministerialen und Bürgern von Trier ein Bündnis, in dem sie sich für den Fall von Erzb. Johann's Tode verpflichten, quod nunquam aliquem sibi constituent, nisi qui fidelis nobis fuerit.

4 Jaffé, Bibl. III, 381.

6 SS. VII, 855 u. 858.

8 Bal. I, 368; Potth., R. 691.

5 Sudendorf, Reg. III, 51.

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a. O. p. 859.

9 S. oben Kap. I, S. 13, A. 1.

Indem wir die beiden Kreise mit einander vergleichen, ergiebt sich auf den ersten Blick zunächst soviel, daß nur von einer Übereinstimmung der bevorzugten Wähler mit dem Kreise der konsensberechtigten Personen die Rede sein kann.

Eine andere gemeinsame Eigenschaft von wenigstens vier1 der behandelten Bistümer ist die, daß, während im bischöflichen Rate regelmäßig auch Äbte erscheinen, sie mit den übrigen Mitgliedern desselben bei der Wahl nicht gleichberechtigt sind. Es erklärt sich das wohl daraus, daß sie einem andern ordo angehörten. Wurden sie auch zur bischöflichen Verwaltung zugezogen, so mochte man bei dem wichtigsten Akte, zu dem der Diözesanklerus berufen war, der Bestellung seines Bischofs, der Weltgeistlichkeit doch ein Vorrecht lassen. 3

Sehen wir aber von den Äbten ab, so ist die Übereinstimmung evident.

In Köln wird im zwölften Jahrhundert das bischöfliche Presbyterium von den sog. Prioren gebildet. Eben diese finden wir aber auch im Besitze des Vorrechts an der Wahl. Dann versucht das Domkapitel, den Prioren ihre Stellung streitig zu machen: 1156 nimmt es zum ersten Mal als ganzes an der Wahl Teil; 1179 wird zum ersten Mal der consensus capituli erwähnt. Die nächste Zeit jedoch bleibt es den Prioren nur gleichberechtigt. Seit dem Jahre 1238 aber gewinnt es das ausschließliche Wahlrecht und verdrängt seit der Mitte desselben Jahrhunderts die Prioren allmählich auch von der bischöflichen Verwaltung.

In Lüttich, Trier, Hildesheim dagegen sehen wir schon am Anfang unserer Periode die Domherren gleicherweise im Besitze des Konsensrechtes wie des Vorrechts an der Wahl.

1 In Köln werden als die bevorzugten Wähler die Prioren genannt, zu denen auch Äbte gehörten. Ob die letzteren in demselben Akte wie die Weltgeistlichen unter den Prioren ihr Recht ausgeübt haben, muß unentschieden bleiben.

2 Wo wir genauere Angaben über die Teilnahme der Äbte an der Wahl haben, erscheinen sie, abgesehen von dem zweifelhaften Falle mit Köln (s. A. 1), immer als eine minderberechtigte Klasse. Vgl. den Brief des Domkapitels von Chartres über die Wahl v. 1149 (Du Chesne IV, 498): convenimus in capitulum.. elegimus.. in episcopum. . Galenum. . id ipsum approbantibus viris religiosis abbatibus qui praesentes erant omnique applaudente populo. Auch Innocenz II. wagte ja nicht, ihnen gleiches Recht mit den Domherren zu geben.

3 Zum Prinzipe vgl. das Privileg des Bisch. Bertold v. Passau für sein Domkapitel v. 1252 (Hansiz I, 391): die Archidiakonate sollen an Domherren gegeben werden, nisi sunt in cathedra pro canonicis monachi vel etiam regulares, cum sit absurdum et res pestifera, ut maior debeat subesse minori vel minor debeat suum iudicare praelatum.

48 Viertes Kapitel. Parallelismus zwischen Konsensrecht u. Vorrecht an der Wahl.

Nicht ganz so klar sind die Verhältnisse in Utrecht. Dort glaubten wir annehmen zu müssen, daß neben den Domherren noch die Dechanten der städtischen Stifter Anteil am bischöflichen Rate besaßen. Seit etwa dem Ende des zwölften Jahrhunderts wenigstens sind aber nachweisbar nur die ersteren die bei der Wahl bevorrechteten. Nun wäre es möglich, daß in der Zeit vorher jene Dechanten gleiches Recht mit ihnen an der Wahl gehabt hätten. Mag das jedoch auch nicht der Fall gewesen sein, bedeutend ist der Unterschied zwischen den beiden Kreisen bei der geringen Zahl der Dechanten jedenfalls nicht.

Bei den andern deutschen Bistümern, auf die wir hier nicht mehr eingehen können, beobachten wir, soweit unsere Quellen reichen, dieselbe Erscheinung, die wir eben wahrnahmen: wie in den meisten Diözesen das Domkapitel im bischöflichen Rate eine vorwiegende Stellung einnimmt, so finden wir es auch in dem Besitze des Vorrechts an der Wahl.1

So erhalten wir einen Parallelismus zwischen dem Kreise der konsensberechtigten und dem Kreise der zu einem Vorrecht an der Wahl berufenen Kleriker, aus dem wir eine doppelte Folgerung ziehen.

1) Wir haben die Mittel der Macht und des Ansehens kennen gelernt, durch die der Eintritt in das bischöfliche Presbyterium erreicht wurde. Damit aber haben wir zugleich die Gesichtspunkte gewonnen, nach denen sich jener engere Wählerkreis bildete. Darin daß das Domkapitel die Summe der Macht und des Ansehens innerhalb des Diözesanklerus in sich zu konzentriren gewußt hat, liegt der Entstehungsgrund ebensowohl für das Vorrecht und damit das ausschließliche Wahlrecht wie für das Konsensrecht desselben.

2) Wenn im einzelnen Falle unsere Nachrichten über den Kreis der bevorzugten geistlichen Wähler nicht ausreichen, so dürfen wir sie wohl durch die fast nirgends fehlenden Nachrichten über das bischöfliche Presbyterium ergänzen.2

1 Nur sind unsere Nachrichten über den Wählerkreis weniger zahlreich als die über das bisch. Presbyterium.

2 Z. B. ergeben die Zeugenreihen der metzer Urkunden (Calmet passim), daß dort das bischöfliche Presbyterium aus Archidiakonen, Domherren und einigen Äbten bestand. Die Archidiakonen aber waren Domherren (s. c. 8. X. III, 10). Obwohl wir nun aus dem Anfange unserer Periode über den Wählerkreis in Metz keine Nachrichten besitzen, können wir doch ohne Schwierigkeit schließen, daß das Domkapitel hier das Vorrecht an der Wahl hatte.

Exkurs.

Wir haben oben ein Schreiben Alexanders III. an die Bremer Domherren in die Diskussion gezogen, für welches wir noch eine nähere Datierung zu geben versprachen. Das Schreiben lautet:1

.. Relatum est auribus nostris, quod cum laici quidam et clerici electioni antistitis vestri se ipsos indiscrete aliquando interponant, non potest eo modo quo debet ipsa interdum electio celebrari. Ideoque quorum sit electio, scripto nobis (vobis?) quesistis intimari. Presentibus ergo literis innotescat, quod licet in electione pontificis favor principis debeat assensusque requiri, ad electionem tamen laici admitti non debent. Sed electio est per canonicos ecclesiae cathedralis et religiosos viros, qui in civitate sunt et diocesi, celebranda. Nec tamen ita hoc dicimus, quod religiosorum contradictio canonicorum votis debeat prevalere, nisi forte electioni aut electo impedimentum manifestum et canonicum obviaret. Si ergo laici se voluerint immiscere, illius canonis memores existentes, in quo dicitur: docendus est populus, non sequendus, illis exclusis in electione concorditer et canonice procedatis. Datum Tusculani, III. kalendas Julii.

Lappenberg setzt das Schreiben in das Jahr 1169 mit Rücksicht auf die Wahl nach Erzbischof Hartwichs Tode (11. Okt. 1168). Jaffé, Reg. Pontif. N. 8799 weist es dem Jahre 1180 zu. 3

Für Jaffé ist jedenfalls der Ausstellungsort maßgebend gewesen. Alexander III. residierte nachweislich in Tusculanum weder 1169, 1170 noch 1178 und 1179, in welche Jahre die nächsten Wahlbewegungen fallen, sondern erst 1180. Jedoch scheint mir dies Jahr der historischen Verhältnisse wegen nicht zulässig zu sein.

Nach dem Schreiben haben sich bei der letzten Wahl vornehmlich Laien unbefugt eingemischt; jetzt soll mit Ausschluß der Laien eine neue Wahl vorgenommen werden.

Nun war im Winter 1179/80 der Bischof Siegfried von Brandenburg zum Erzbischof erwählt. Am 13. April erschien er auf dem Reichstag zu Gelnhausen, wo in Gegenwart zweier Kardinäle seine Trans

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* Seltsamerweise behauptet Dehio, d. Erzbist. Hamburg-Bremen II, Anm.,

S. 18, Jaffé setze das Schreiben auf 1179.

Notiz von Jaffe's Datierung.

Hinschius II, 566, A. 4 nimmt keine

4 Von den clerici, die am Anfang des Briefs genannt werden, ist am Schluß nicht mehr die Rede. Es wird übrigens an die Chorherren von Hamburg (Lappenberg 1, 321) oder von S. Willehad (Ehmck I, 193) zu denken sein.

Historische Studien. XI.

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