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In Ansehung des Bethauses befehlen Wir ausdrücklich, daß, wo es nicht schon anders ist, solches kein Geläute, keine Glocken, Thürme und keinen öffentlichen Eingang von der Gasse, so eine Kirche vorstelle, haben, sonst aber wie und von welchen Materialien sie es bauen wollen, ihnen freistehen, auch alle Administrirung ihrer Sakramente und Ausübung des Gottesdienstes sowol in dem Orte selbst, als auch deren Ueberbringung zu den Kranken in den dazu gehörigen Filialen, dann die öffentlichen Begräbnisse mit Begleitung ihres Geistlichen vollkommen erlaubt sein soll.

2. Bleibet denenselben unbenommen, ihre eigenen Schulmeister, welche von den Gemeinden zu erhalten sind, zu bestellen, über welche jedoch Unsere hierländige Schuldirektion, was die Lehrmethode und Ordnung betrifft, die Einsicht zu nehmen hat. Ingleichen bewilligen Wir:

3. Den akatholischen Inwohnern eines Orts, wenn selbe ihre Pastoren dotiren und unterhalten, die Auswahl derselben, wenn aber solches die Obrigkeiten auf sich nehmen wollen, hätten sich diese des Juris präsentandi allerdings zu erfreuen, jedoch behalten Wir Uns die Konfirmation dergestalten bevor, daß, wo sich protestantische Konsistorien befinden, diese Konfirmationen durch selbe, und wo keine sind, solche entweder durch die im Teschnischen oder durch die in Ungarn schon bestehenden Konsistoria ertheilt werden, in so lang, bis nicht die Umstände erfordern, in den Ländern eigene Konsistoria zu errichten.

4. Die Jura Stolae verbleiben so wie in Schlesien dem Parocho ordinario vorbehalten.

5. Wollen Wir die Judikatur in den das Religionswesen der Akatholikorum betreffenden Gegenständen Unserer politischen Landesstell mit Zuziehung eines oder des andern ihrer Pastoren und Theologen gnädigst aufgetragen haben, von welcher nach ihren Religionssäten gesprochen und entschieden. werden, hierüber jedoch der weitere Rekurs an Unsere Hofstell frei stehen soll.

6. Hat es bei Ausstellung der bishero gewöhnlich gewesenen Reversen, bei Heirathen von Seite der Akatholikorum wegen Erziehung ihrer (zu) erzeugenden Kinder in der römischkatholischen Religion von nun an gänzlich abzukommen, da bei einem katholischen Vater alle Kinder in der katholischen Religion sowol von männ- als weiblichen Geschlecht ohne Anfrag zu erziehen sind, welches als ein Prärogativum der Dominanten

Religion anzusehen ist, wo hingegen bei einem protestantischen Vater und katholischen Mutter sie dem Geschlecht zu folgen haben.

7. Können die Akatholici zum Häuser- und Güterkauf, zu dem Bürger- und Meisterrechte, zu akademischen Würden und Civilbedienstungen in Hinkunft dispensando zugelassen werden und sind diese zu keiner andern Eidesformel, als zu derjenigen, die ihren Religionsgrundsäßen gemäß ist, weder zu Beiwohnung der Prozessionen oder Funktionen der dominanten Religion, wenn sie nicht selbst wollen, anzuhalten.

Es soll auch ohne Rücksicht auf den Unterschied der Religion in allen Wahlen und Dienstvergebungen, wie es bei Unserem Militär täglich ohne mindesten Anstand und mit vieler Frucht geschieht, auf die Rechtschaffenheit und Fähigkeit der Kompetenten, dann auf ihren christlichen und moralischen Lebenswandel lediglich der genaue Bedacht genommen werden; derlei Dispensationes zu Professionen, dann zum Bürger- und Meisterrechte sind bei den unterthänigen Städten durch die Kreisämter, bei den königl. und Leibgedingstädten aber, da wo Landeskämmerer sind, durch diese, und wo sich keine befinden, durch Unsere Landeshauptmannschaft ohne alle Erschwerung zu ertheilen.

Im Falle aber bei den angesuchten Dispensationen sich Anstände, wegen welcher selbe abzuschlagen erachtet würden, ergeben sollten, ist hievon jedesmal die Anzeige una cum motivis an Unsere Landeshauptmannschaft und von dieser an Uns zu Einholung Unserer höchsten Entschließung zu erstatten.

Wo es aber um das jus incolatus des höhern Standes zu thun ist, da ist die Dispensation nach vorläufig vernommener Landesstelle von Unserer böhmisch- und österreichischen Hoffanzlei zu ertheilen.

Wornach sich also Jedermann zu achten und zu richten wissen wird, denn hieran geschiehet Unser gnädigster Wille und Meinung.

Gegeben 2c. 2c. Wien, am 13. Oktober 1781.

Josef.

Henr. Comes a Blümegen 2c.

Heinr. Graf von Auersperg.

Maria Josef Graf von Auersperg.
Ad. mand. S. C. R. Ap. Maj. pr.
Fr. Jos. von Heinke.

Dieses Toleranzedikt sollte laut kaiserlicher Verordnung in jeder Gemeinde des ganzen Reiches bekannt gemacht werden (in Tyrol geschah dies freilich nicht), und dann sollte bis zum 1. Januar 1783 jeder Einzelne, ohne irgend welchen Nachtheil befürchten zu müssen, sich zur evangelischen Kirche A. C. oder H. C. vor seiner Obrigkeit erklären und einzeichnen lassen dürfen. Zugleich verfügte der Kaiser mit Edikt vom 4. Dezember 1781, „daß all jenen Unterthanen, welche blos der Religion halber aus den f. k. Erblanden emigriret wären und binnen Jahr und Tag revertiren würden, die Nachsicht der andurch verwirkten Strafe zugesichert und diese auf gleiche Art, wie es letzthin in Betreff deren der Religion halber transmigrirten Unterthanen verordnet worden, behandelt, auch diese Allerhöchste Gnadenbezeugung durch die Zeitungsblätter ungefäumt zur allgemeinen Wissenschaft kund gemacht werden solle."

Zur gehörigen Anmeldung der sich evangelisch Erklärenden war folgender Vorgang vorgeschrieben: Diese Personen sollten sich bei ihrem Wirthschaftsamte, bei dem Magistrate oder beim Kreisamte persönlich oder schriftlich als Akatholiken melden; die beiden erstgenannten Aemter hatten der Partei über die geschehene Meldung eine schriftliche Bescheinigung auszustellen und jede Woche die bisher geschehenen Erklärungen dem Kreisamte zur Anzeige zu bringen; dieses berichtete sodann, wenn die im Toleranzpatente bestimmte Zahl von 100 Familien oder 500 Personen vorhanden war, an die Landesstelle unter gleichzeitiger Abgabe des Gutachtens, ob und wo und wie die Erbauung eines Bethauses und die Berufung eines Seelsorgers, also die Konstituirung einer evangelischen Gemeinde zulässig sei. Außer dieser staatsrechtlichen Seite an den nächsten Folgen des Toleranzgesetzes erhielt auch die „herrschende Kirche" ihr Theil an der Arbeit. Die bei ihrer Behörde angemeldeten Evangelischen wurden von derselben neuerdings vorgerufen und vor einer geistlich-weltlichen Kommission über ihr Bekenntniß zu einer der tolerirten Religionen einzeln examinirt. Die von ihnen hier abgegebenen Erklärungen wurden kurz protokollirt und sollten nach geschehener gehöriger Verlesung von ihnen mit Beisetzung des Namens oder des Handzeichens unterfertigt werden. Das Protokoll hatte der weltliche Beamte zu führen, während der vom Bischof delegirte geistliche Kommissär eine besondere Konsignation führen und dieselbe seinem Ordinariate einsenden konnte.

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Vom 1. Januar 1783 an wurden keine Meldungen dieser Art mehr angenommen, und wer bis dahin nicht mit seiner Meldung bei der Behörde und durch Erklärung vor der Kommission seine „Zuschreibung“ zu den Akatholiken bewirkt hatte, galt als Angehöriger der herrschenden katholischen Kirche. Für Solche, soweit sie österreichische Unterthanen waren denn einwandernde Ausländer konnten nach wie vor die Erklärung abgeben, zu welcher Konfessionsgemeinschaft sie sich halten wollten traten besondere Bestimmungen betreffend den Uebertritt (Abfall“)_zur_evangelischen Kirche in Kraft. Dieselben forderten zu diesem Schritte: 1. das gesetzliche Alter des vollendeten 18. Lebensjahres; 2. einen sechs= wöchentlichen gründlichen Unterricht in den katholischen Religionslehren, nach dessen Beendigung der betreffende katholische Pfarrer ein Zeugniß auf 30 kr. Stempelbogen auszustellen hatte, mit welchem 3. die Anmeldung bei der Obrigkeit geschah, die dann unentgeltlich einen Meldzettel erfolgte, ohne dessen Besitz, bei schwerster Bestrafung sowohl der Partei als des Pastors, keine evangelische Andachtübung besucht werden durfte.

Was nun auf dem also durch Gottes Gnade mit Josefs II. kaiserlicher Huld gelegten Grunde in der oberen Steiermark sich auferbaute, soll jezt berichtet werden in der Erzählung von der Gründung und dem allmähligen Wachsthum unserer vier Gemeinden: 1. Ramsau; 2. Schladming; 3. Gröbming; 4. Wald.

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