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doch fand sie zu ihrer Ueberraschung nicht nur keinen Widerstand, sondern erreichte vielmehr mit dem Versprechen der Erbauung einer Kirche und Errichtung eines Friedhofes ohne Verzug ihren Zweck. Hierauf erschienen die Abgesandten des Erzherzogs in St. Gallen und in Admont, wo die vorhandenen 700 Lutherischen bis auf 40 sofort nach ihrem Einzuge sich als katholisch erklärten. Das wären freilich schöne Erfolge gewesen; aber Schladming, das böse Schladming mit seiner verkeßerten Umgebung ließ nach allen getroffenen Anstalten immer noch keine Besserung verspüren. Auch diesmal blieben die Ermahnungen an 110 Knappen und Landleuten, wie auch an 23 Bürgern fruchtlos und diese Alle beschlossen auszuwandern. Auch die schon zerstörte Neuhauser Jakobskirche sollte noch nicht Ruhe haben, und die Stelle, wo sie gestanden, mußte fortan damit hier keine Leichen begraben würden", einen Galgen tragen. Auf dem Rückweg fanden die Kommissäre die Orte Aussee, Mitterndorf und 3rdning wieder gut katholisch, gewannen auch die Pfarren Lassing, Liezen und Oppenberg der katholischen Kirche zurück; nur in der Stadt Rottenmann mußten etliche zwanzig Bürger mit Ansehung des sechswöchentlichen Termines ausgeschafft" werden. Endlich wurde noch das Mürzthal, wenngleich mit einiger Mühe gereinigt", auch die zuerst widerspenstigen Kapfenberger ließen vom Lutherthum ab und so traf die zweite Kommission nach, wie sie meinte, wohlvollbrachter Arbeit am 21. Juli 1600 wieder in der Landeshauptstadt ein.

Zu Graz hatte die Gegenreformation begonnen, und hier fand sie ihren Abschluß. Ferdinand II. hatte am 13. September 1598 die Entfernung aller Prädikanten, sowohl zu Graz, als in Judenburg und allen landesfürstlichen Städten, Märkten und Bezirken, so binnen 14 Tagen geschehen sollte, anbefohlen; am 28. September ließ der Erzherzog den Befehl anschlagen, daß die Prädikanten sich noch bei scheinender Sonne aus der Stadt Graz und deren Burgfried gewißlich erheben und innerhalb 8 Tagen Ihrer fürstlichen Durchlaucht Lande gewißlich räumen und sich weiter darinnen bei Verlust ihres Leibs und Lebens nit betreten lassen sollen.“

Am 31. Juli 1600, als die Gegenreformation in der Provinz durchgeführt war, hatten die Bewohner der Landeshauptstadt in der Stadtpfarrkirche zu erscheinen, um in Gegenwart des

Erzherzogs den Bischof anzuhören. Hierauf wurden die Bürger einzeln vorgerufen und um ihre Gesinnung examinirt, wobei die meisten der Erschienenen sich für katholisch äußerten und am 8. August den Religionseid leisteten. Am Abende desselben Tages wurden bei 10.000 „unkatholische“ Bücher vor dem Paulusthore verbrannt und auf der Stelle der Grundstein zu einem Kapuzinerkloster gelegt. Dieses Kloster, welches nach der Aufhebung durch Kaiser Josef II. zu einem Frrenhause eingerichtet wurde, bezeichnet den Schlußstein zu dem Werke Ferdinands II., der Unterdrückung des Protestantismus in Steiermark.

Anmerkung. Daß Ferdinand in seinen Landen (denn nicht anders ging es nun in Kärnthen und in Krain) mit solcher Gewalt das evangelische Bekenntniß untertreten konnte, während ́ „im_Reiche“ doch viele Fürsten der verbesserten Kirchenlehre in ihren Gebieten eine sichere Heimstätte bereiteten, hat darin seinen Grund, daß jeder der Reichsfürsten in seinem eigenen Lande in dieser Hinsicht nach seinem Geist und Willen verfahren konnte. Auf dem Reichstage zu Speyer (1526) war, um die evangelischen Fürsten zu willigerer Unterstützung des Kaisers gegen seine Feinde im Osten und Süden zu stimmen, entschieden worden, daß jeder Reichsstand „in Sachen, die das Wormser Edikt betreffen, so leben, regieren und es halten solle, wie er es gegen Gott und kaiserliche Majestät zu verantworten sich getraue." Daraus entstand der Grundsatz „cujus regio, ejus religio." (Weß das Land, deß die Religion.) Was in seiner allgemeinen Geltung dort dem Protestantismus zu Gute kam, das schlug hier und anderwärts zu seinem Nachtheil aus.

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3. Die Gluth unter der Asche.

Ausrottung für immer! Das war das Loos gewesen, wie es der Glaubenseifer" Ferdinands II. der evangelischen Lehre in seinen Landen bestimmt hatte. Allein es hat sich wunderbar bewährt des Psalmisten vertrauendes Lob des Herrn: Psalm 33. 13-19., und die zur Vernichtung aufgebotene Macht hat es bis zur Unterdrückung nur zu bringen vermocht. Aus der vorstehenden Erzählung von der Gegenreformation in Obersteier tritt uns der große Eifer, ja nochmehr die große Eile fast auffällig entgegen, mit welcher die Kommissionen ihre „heiligen“ Zerstörungsarbeiten getrieben haben. In den

Städten und Märkten des Landes und in den nahe der Heerstraße gelegenen Orten ward freilich bald wieder katholisches Wesen und römische Ordnung so leidlich aufgerichtet, aber man dachte wenig an die Bewohner abseits gelegener Gegenden und an die Bauernschaft in den Seitenthälern und Gräben des obersteirischen Berglandes. Diese bekamen wenig von Musketieren, Scharfschüßen, hohen Galgen und anderen derlei Treuherzigkeiten des Kezerhammers zu schmecken; sie blieben vielmehr ziemlich unbehelligt und bewahrten das Bekenntniß des Glaubens an das Evangelium nach der gereinigten Lehre treulich unter dem Drucke der nun kommenden Zeit.

Das war eine schwere Zeit! Vom Jahre 1601 bis gegen Ende 1781, also ein Hundert und achtzig Jahre lang, war das evangelische Bekenntniß unter der ihm feindlichen Gewalt begraben, und doch hat sich die Gluth unter der Asche fortgenährt von Geschlecht zu Geschlecht in einer Lauterkeit, Gründlichkeit und Lebensfrische, die Nichts zu wünschen Abrig läßt.

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Haupter schreibt in seinem Bericht über die evangelische Kirchengemeinde A. C. Schladming" unter Anderem : ‚Die Eltern waren Lehrer, Katecheten und Priester ihrer Kinder und Familien fort und fort. Die Bibel, einige Erbauungs- und Gesangbücher bildeten den ganzen Fond ihrer Belehrung und Erbauung. Was doch der Geist Jesu vermag! Kam da der Samstag Abend, wurden Thüren und Fenster sorgfältig verschlossen, der Hausvater holte seine Bücher aus dem Verstecke und setzte mit priesterlichem Ernste sich an den Ehrenplatz des Tisches. Alle Hausgenossen versammelten sich um ihn. Dann las jener ein Kapitel aus der heiligen Schrift und eine Predigt vor und erklärte solches in heiliger Einfalt den Seinen, unterrichtete, tröstete und stärkte fie und pflanzte Muth, Treue und Gottseligkeit in ihre Seelen. Zum Schlusse wurde gebetet und gesungen. Da war heilige Sabbatfeier; da ward die Stube zum Tempel, der Tisch zum Altar, die Familie zur Gemeinde, der Vater zum Seelsorger. Der, welcher verhieß: „wo Zween oder Drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen“ (Matthäi 18. 20), ja er war unter ihnen und hauchte sie an mit seinem Geiste, der sie in alle Wahrheit leitete; er war in den Schwachen mächtig, die sich an seiner Gnade genügen ließen. — Doch wehe den Armen, wenn sie von den vielen aufgestellten Spähern bei einem solchen häuslichen Gottesdienste betreten wurden, oder wenn man bei ihnen auch nur Ein evangelisches Buch fand! Geld- und Kerkerstrafen waren die bitteren Folgen, welche im Wiederholungsfalle zur Verbannung aus dem Vaterlande gesteigert wurden. Um nun derlei Unglück zu vermeiden, wandten die Bedrängten alle Vorsicht und erlaubte List an. Nach jeder Hausandacht, nach jedem Gebete aus einem

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der verpönten Bücher mußten diese sorgfältig verborgen werden, und zwar unter dem Fußboden, in ausgehölten Balken unter dem Dache und in der Scheune, in hohlen Bäumen u. dgl. Dennoch half diese Vorsicht nicht immer, denn die Aufseher gingen oft Tag und Nacht umher wie brüllende Löwen und suchten, welche sie verschlängen" wie zu Petri Zeiten. Sie waren den einfachen Menschen gegenüber zu arglistig. Sie wandten sich häufig an die kleinen Kinder und kein Mittel war ihnen zu schmutzig, um ihre Absichten zu erreichen. Aus dem „Reiche", namentlich aus dem Ortenburgischen, aus Nürnberg und Augsburg ergänzten sie ihre jeweilig eingebüßten Bücher. Noch jetzt besitzen die Nachkommen einzelne solcher Bücher, die ihre Vorfahren durch frommen Gebrauch geheiligt und mit ihren Thränen benetzt und geweiht haben."

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Südlich von Wald öffnet sich ein zu Anfang enges Thal, der Liesinggraben, welcher eine Stunde einwärts in drei Hauptgräben ausläuft, in denen 25 Grundbesitzer von steilem, schwierigen Feldbau, von Viehzucht und Kohlenbrennerei das mühsam erworbene, aber mit Gottes Hilfe ausreichende Brot ernten. Hier ist frühzeitig dem Bekenntniß des Evangeliums ein fruchtbarer Boden bereitet gewesen und dasselbe wurde treu bewahrt vor den auch da mit groß Macht und viel List" spürenden Verfolgern. Da finden wir noch heute die hohlen Stiegenantrittschwellen und die doppelten Dielböden; am 3glgute findet sich ein täuschend verdeckter und nicht leicht zu öffnender Raum zwischen der Decke einer tieferliegenden Kammer und der Diele des oberen Geschosses. Die evangelischen Bewohner der Liesing wissen noch manche Erinnerung an die schwere Zeit der Noth zu erzählen; es seien einige der wichtigsten hier verzeichnet.

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Johann Haberl, der „Binderhansel" verbarg in der „Rieplmauern“ seine Herzens- und Seelspeise, nemlich die Himmels postille und die Sprichwortpostille nebst der Schriftquelle, der Wasserquelle und Starc's Handbuch. (Diese Bücher werden von der Familie Jansenberger (Ferchtler) noch heute be= wahrt). Dem Michael Traxl, Bauer am Wiesergut in der Liefing wurde ein Auserlesenes und vollständiges Gesangbuch für Chursachsen 1738" in seiner Abwesenheit abgenommen, und er selbst verhaftet, als er den Titel des bei ihm vorgefundenen Buches nicht zu nennen vermochte. Erst nachdem ein Gerichtsdiener ihm den Titel im Geheimen mittheilte und Traxl ihn nannte, wurde er frei gelassen. Das wohlerhaltene, messingbeschlagene Buch trägt innen die etwas undeutlich geschriebene Bemerkung: Michael Traxl, Bauer auf dem Wiesergut in der Liesing, den 12. Sept. 1755 extradiret nach 9 tägigem Arrest.“ Beim Huber in der ,,finsteren Liesing" suchte P. Thomas, der Pfarrer von Kalwang, die Christliche Sterbekunst" und fand sie nicht, daher wurde der Huber von einer Kommission zur Auslieferung seiner lutherischen

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Bücher aufgefordert. Allein dieser machte seinem Besuch gar eigene Dinge vor, er führte die Kommission zu einer Kammerthüre, durch die er eintrat, aber die erstaunten Herren vor der ins Schloß geworfenen Pforte stehen ließ. Doch nach einer kurzen langen Weile ward aufgethan und die Kommission wagte nicht, der Einladung des Huber zum Eintritt nachzukommen. Sie kehrte um und der Huber blieb im Besitze seiner Bücher. (Weish. 17. 10–12.) Während der Unterdrückungszeit ist eine Hausmutter vom Hags leitner gut in der Liesing um des evangelischen Glaubens willen nach Siebenbürgen ausgewandert; ihr Mann ist zurückgeblieben.

Ihre geheimen gemeinsamen Gottesdienste haben die alten Liesinger im Hühnerkahr“ gehalten; fürwahr, wer diese Stätte je betrat, der nennt die himmelragenden Berge zu dreien Seiten und darüber das klarblaue Himmelszelt in der heiligen Gottesstille, die da ruhet, den rechten Tempel des Höchsten, die richtige Stätte, zu rufen: „Herr, Gott, du bist unsere Zuflucht für und für!“

Aus der Liesing führt ein Höhenübergang ins Triebenthal und durch dasselbe auf den Tauern. — Ueber den „Rottenmanner Tauern" führt von Trieben uach Judenburg eine alte, vor Eröffnung der Kronprinz Rudolf-Bahn viel befahrene Kunststraße, längs welcher schon frühe auf der Paßhöhe und im Pölsgraben Ansiedelungen entstanden waren, deren Bewohner sich der evangelischen Lehre zuwandten und ihr Bekenntniß zum großen Theile unter dem Drucke der 180 Jahre treulich und innig bewahrt haben, zumal sie auch von der Gegenreformation weniger hart bedrängt worden sein mögen. Allerdings wurden bei Josef Kurz, einem Stiefsohn des Thomas Mitterhuber, vulgo Schüttner, in Bretstein 22 verbotene Bücher entdeckt und weggenommen, darunter Luther's Tischreden, Kirchenpostille u. A. Dieser Kurz soll beim Bartholomäus Thalhammer, vulgo Stübler, in Kazenbüchl und beim Schlosserhiesel in Tauern seine Zusammenkünfte gehalten, auch Bekanntschaft mit dem Lackenwirth in Möderbruck, mit dem Taklschneider" und mit dem Spieß auf dem Tauern. geflogen haben, welche Alle am 7. Dezember 1751 von Josef Freystätter, Erzpriester in Pöls, dem Bischof als glaubensverdächtig gemeldet wurden. Doch schon am 9. März 1752 berichtete der Vikar Kaspar Hilzenberger zu St. Lorenzen im Paltenthal, daß es in seiner Pfarre keine halsstarrigen Kezer und noch weniger Verführer gebe. Auch das Bauernvolk auf dem Rottenmanner Tauern und im Triebenthal, vor einiger Zeit noch übel berüchtigt, gebe nun Zeichen eines guten katholischen Sinnes. Südöstlich vom Liesinggraben, jenseits des „Reichhart“ erstreckt sich aus dem Murthale herein in nord

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