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Vorwort.

Es sind vorzugsweise zwei Gründe, welche mich zur Ver

öffentlichung der hier folgenden Briefe veranlafst haben.

Als ich zum ersten Male, im Jahre 1842, nach Tirol ging, um zur Befestigung meiner Gesundheit auf längere Zeit dort zu verweilen, war es natürlich mein Wunsch, mich über die geographisch-historischen, wie über die politisch-religiösen Verhältnisse dieses Alpenlandes zu belehren. Obwohl nun die Literatur über Tirol keinesweges arm zu nennen ist, so entsprach doch keines der vorhandenen Bücher dem, was ich suchte. Beda Weber's ", das Land Tirol, 3 Theile," enthält aufserordentlich vieles und höchst interessantes Detail, aber es fehlt ihm, aufser einem genügenden historischen Ueberblicke, eine gewisse Uebersichtlichkeit des Stoffs; namentlich habe ich eine klare Anschauung der geographischen Verhältnisse sehr vermifst. Staffler's,, Tirol und Vorarlberg" giebt ein unschätzbares Material für den, welcher sich über die statistischen Verhältnisse Tirols belehren will, ist aber für einen Nicht-Einheimischen von geringerem Interesse und kann eigentlich nur zum Nachschlagen benutzt werden. Lewald's Buch darf wohl kaum einen andern Anspruch als den einer leichten Unterhaltung machen. Einzelne Gegenstände, wie z. B. die Geschichte des Jahres 1809, sind zwar vielfach

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und ausführlich behandelt worden, dennoch fehlt auch diesen ein allgemeiner historischer Ueberblick der ganzen Geschichte, oder theils historische Gründlichkeit, theils Unpartheilichkeit.

So sah ich mich denn genöthigt, aus dem vielfach Zerstreuten und Vereinzelnten das zu suchen, was mir zu wissen wünschenswerth war, und die vorliegenden Briefe sind das Resultat meiner Arbeit.

Aber noch ein zweiter Grund bestimmte mich, in der Eigenschaft als Schriftsteller vor das Publikum zu treten.

Jeder Fremde wird mehr oder weniger einen freieren Blick über die Zustände und Verhältnisse eines Landes haben wie Einheimische, welche darin aufgewachsen sind und die darin leben. Es wird daher auch einem Solchen viel leichter, den Standpunkt der Unbefangenheit zu gewinnen, und die Dinge einer freieren Beurtheilung zu unterwerfen; wogegen man wohl nicht mit Unrecht geneigt ist, dem Urtheile über Angelegenheiten, die uns selbst angehen, zu mifstrauen, und Jedermann weifs, wie stark die Tiroler in der schönen Tugend der Vaterlandsliebe sind. Ich glaubte daher um so mehr, dem Publikum die Mittheilung der Beobachtungen und Bemerkungen, welche ich während eines Aufenthaltes von über 3 Jahren gemacht, schuldig zu sein, als bisher eine solche unbefangene Stimme von Tirol aus noch nicht laut geworden ist, und weil dies schöne Alpenland von solchen, welche die reiche Natur desselben mehr als nach flüchtigem Durchreisen schildern konnten, bisher noch wenig besucht, und in der That allgemein lange nicht genug so gekannt und gewürdigt ist, wie z. B. die benachbarte Schweiz.

War nun mein Zweck einerseits: die hier bestehenden Verhältnisse nach allen Seiten hin zu beleuchten, und damit einen Beitrag zu einer näheren Charakteristik

des Landes im Allgemeinen zu geben, so leitete mich andererseits auch der specielle Wunsch: denjenigen, welche, wie ich, sich veranlafst finden sollten, das milde Klima von Süd-Tirol aufzusuchen, die von mir gesammelten Erfahrungen zu ersparen, und ihnen für ihren Aufenthalt manche nützliche Winke zu geben.

Soviel zu meiner Rechtfertigung über die Herausgabe dieser Briefe.

Was die Einzelnheiten betrifft, so habe ich darüber nur wenig zu sagen.

Der geographische Theil beschränkt sich wesentlich nur auf Detail - Schilderungen, und zwar von solchen Gegenden, die ich durch eigenen Augenschein kennen gelernt habe, so dafs hierin freilich noch manche Lücke geblieben ist, deren Ausfüllung einer späteren Zeit vorbehalten bleiben mufs. Man wird mein Streben erkennen: eine klare Anschauung der Natur zu geben, dabei die Dinge möglichst durch sich selbst sprechen zu lassen und alle rhetorische Floskeln und phantasiereiche Uebertreibungen, die entweder ein unwahres oder ein undeutliches Bild geben, zu vermeiden.

Bei dem geschichtlichen Ueberblicke hatte ich mir vorgesetzt: ohne den pragmatischen Zusammenhang des Ganzen aus dem Auge zu verlieren, vorzugsweise diejenigen Ereignisse und Zeitabschnitte hervorzuheben, in denen ein national tirolisches Element zur Erscheinung kam. Es macht daher dieser Ueberblick" auch keinesweges Anspruch auf tiefere historische Forschung; er sollte nur als Versuch dienen: die Geschichte Tirols in möglichst objektiver Auffassung übersichtlich um ihre Hauptmomente zu gruppiren. - Manches wird darin vielleicht zu tadeln sein, manches dürftig und trocken erscheinen wie die Geschichte des Jahres 1809, aber um hier in Details einzugehen, fehlte es für den vorhan

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denen Zweck an Raum, mir wohl auch an Darstellungsgabe. Im Buche selbst wird man die Werke angeführt finden, welche ich benutzt und die mir zum Anhalte gedient haben *).

Was die Darstellung der politischen Verhältnisse betrifft, so habe ich hier vor Allem aus Staffler's Buch geschöpft. Man wird mir verzeihen, wenn ich ohne eine vorgefafste Meinung, die Dinge offen und freimüthig besprochen und, z. B. bei Beurtheilung der landesständischen Verfassung, unumwunden die Sache beim rechten Namen genannt habe; die einfach vorliegenden Thatsachen, deren Urkundlichkeit nicht in Abrede zu stellen sein wird, mufsten nothwendig dazu auffordern.

Bei den Schilderungen des religiösen Lebens ist es mir vielleicht am wenigsten geglückt, einen rein objektiven Standpunkt zu behaupten. Dennoch wird man überall das Bestreben finden, die dargestellten Zustände im Lichte eines rein biblischen Christenthums anzuschauen; wobei natürlich das schmerzliche Gefühl nicht ganz unterdrückt werden konnte, welches der Gedanke hervorruft, dafs die äufserliche Trennung der Christenheit nur durch Menschenwerk, nicht durch den Glauben, der ja ein Einiger ist, bewirkt werde. - Habe ich mich gegen manche Erscheinungen mit Ernst und Unwillen aussprechen müssen, so meine ich, damit nur auf die Mifsbräuche in der römisch-katholischen Kirche hingedeutet, keinesweges ihre, auf dem Grunde der Erlösung durch Jesum Christum den Sohn Gottes gebaute Glaubenslehre, angegriffen zu haben.

Vielleicht giebt die, am Schlusse von mir mitgetheilte Zusammenstellung meteorologischer Beobachtun

*) Zu Seite 120 u. s. f. habe ich noch als von mir benutzt anzuführen: Graf Brandis, Geschichte Tirols unter Friedrich von Oestreich.

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