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Farben und Färberei.

I.

Ueber die Zusammensetzung des Schweinfurther Grüns,

von

EUGENE EHRMANN. 1

(Bulletin de la Société industrielle de Mulhausen Nro. 31. S. 68-80.)

Diese schöne, grüne, durch Glanz und Reinheit ihres Tones merkwürdige Farbe wurde 1814 von den Herren Russ und Sattler zu Schweinfurth entdeckt, welche mehrere Jahre lang allein das Geheimniss ihrer Fabrication besassen. Heutzutage ist es eine der am meisten im Handel verbreiteten Farben, und in vielen Fabriken bereitet man sie im Grossen.

an,

Herr Liebig war der erste, welcher sich mit Untersuchung dieser Verbindung beschäftigte, und im April 1822 (in Buchner's Repertorium) publicirte er ein Verfahren zu ihrer Bereitung, welches nur wenig von dem abweicht, was man noch gegenwärtig in den Fabriken anwendet. Auch Herr Braconnot stellte seinerseits Versuche über dieselbe Farbe und gelangte dahin, es auf einem andern Wege zu bereiten, den man in den Ann. de Chim. et de Phys. T. XXI. S. 53 beschrieben findet. Ein Auszug von Liebig's Arbeit erschien erst ein Jahr später in denselben Annalen (T. XXIII. S. 412.). Nichtsdestoweniger ist in diesen beiden Abhandlungen fast von nichts Andrem die Rede, als von der Bereitung des Schweinfurther Grüns. Dessen wahre Natur, als chemische Verbindung, scheint bis jetzt noch nicht Gegenstand irgend einer ge

nauen Prüfung gewesen zu sein. Diese Arbeit ist das Ziel des nachfolgenden Aufsatzes.

Die Bereitung der Farbe ist sehr einfach, aber ihre Bildung ist von Umständen begleitet, welche nicht umhin können, einiges Interesse zu erregen.

Wenn man essigsaures Kupferoxyd und arsenige Säure, zu gleichen Theilen, in concentrirten Lösungen mit einander vermischt, so entsteht auf der Stelle ein voluminöser Niederschlag von olivengrüner Farbe; zugleich nimmt die Flüssigkeit, in Folge der freigewordenen Essigsäure, eine stark saure Reaction an. In diesem Zustande scheint der Niederschlag nur eine Verbindung von arseniger Säure mit Kupferoxyd zu sein; wenigstens verbreitet er, nach gehörigem Auswaschen auf dem Filter, keinen Essigsäure-Geruch bei Behandlung mit Schwefelsäure. An der Luft trocknet er ohne Veränderung der Farbe; eben so wenig erleidet sie bei dessen Erhitzen in reinem Wasser eine Veränderung. Bringt man ihn aber in der Flüssigkeit selbst, woraus er niedergefallen ist, zum Sieden, so sieht man bald Veränderung der Farbe und des Aggregationszustandes eintreten, und einen neuen Körper sich absetzen, in Form eines schweren, körnigen Pulvers von prächtiger grüner Farbe. Wenn man die Wechselwirkung durch fortgesetztes Sieden begünstigt, so bildet sich die Farbe gewöhnlich nach Verlauf von 5 bis 6 Minuten; mischt man hingegen lediglich die heissen Lösungen der arsenigen Säure und des essigsauren Kupfers mit einander und überlässt man das Gemenge dann sich selbst, so geht die Wirkung langsamer von Statten und ist erst nach Verlauf von mehreren Stunden beendigt. Der Niederschlag, welcher anfangs sehr leicht und flockig war, fällt allmälig zusammen; bald sieht man grüne Flecke darin entstehen, die progressiv wachsen, bis die ganze Masse in einen krystallinischen Niederschlag verwandelt ist. In diesem Fall übertrifft die Farbe die durch Aufkochen erhaltene um vieles an Glanz.

Durch Hinzufügung von kaltem Wasser unmittelbar nach der Präcipitation, gelingt es, die Bildung der Farbe noch mehr zu verlangsamen, und dann wird sie noch viel intensiver und glänzender. Zu dem Ende rührt man das Gemenge in ungefähr sein gleiches Gewicht Wasser und überlässt es sich selbst in einem Ballon, den man bis zur Spitze des Halses damit an

füllt, um dadurch die Bildung eines Häutchens auf der Oberfläche der Flüssigkeit zu verhindern, welches, zu Boden fallend, die Krystallisation einleiten würde. Nach diesem Verfahren geht die Reaction erst nach 2 bis 3 Tagen zu Ende.

Der Unterschied der Farbentinten, welche man bei dieser Verbindung, der Bereitungsart gemäss, beobachtet, hängt einzig und allein von der Grösse der Krystalle ab; auf dem Reibsteinę zu demselben Grade der Feinheit reducirt, erhält man sie jederzeit von derselben Nüance.

Die Form der Krystalle ist schwer zu bestimmen; wahrscheinlich sind es Polyeder mit vielen Flächen, weil sie unter dem Mikroskope sphärisch erscheinen.

Obwohl das Schweinfurther Grün eine wenig stabile Verbindung ist, so widersteht es doch der Wirkung der Luft und des Lichtes sehr gut. Es ist völlig unauflöslich; nach vierstündigem Sieden mit destillirtem Wasser hatte sich nichts darin aufgelöst, aber es nahm zuletzt eine dunklere und schwachbräunliche Färbung an, ohne Zweifel durch Verlust einer Spur von Essigsäure. Es wird von dem grössten Theile der chemischen Agentien zersetzt. Schwefel-, Salpeter-, und Salzsäure bemächtigen sich zunächst des Kupferoxyds und legen die arsenige Säure blos; allmälig löst diese sich ebenfalls auf und zu gleicher Zeit entwickelt sich Essigsäure. Die Alkalien fällen aus dieser Lösung nur ein schlechtes Scheel'sches Grün. Die Essigsäure selbst ist fähig das Schweinfurther Grün zu zersetzen, obschon es in einer Flüssigkeit entstanden ist, die viel Essigsäure enthält. Man hatte Grund zu der Hoffnung, das Schweinfurther Grün in zur Bestimmung seiner Form hinlänglich grossen und regelmässigen Krystallen durch Auflösung in Essigsäure und freiwillige Verdunstung derselben zu erhalten; das Resultat dieses Versuches bestand aber nur in einem weissen Bodensatze von arseniger Säure und in Krystallen von essigsaurem Kupfer.

Die Alkalien zersetzen das Schweinfurther Grün mit noch grösserer Leichtigkeit als die Säuren. Die Wirkung des Kalis und Natrons ist vorzugsweise merkwürdig. Die Alkalien isoliren das Kupferoxyd und fällen es anfangs als blaues Hydrat, welches ungesäumt in Schwarz übergeht. Die arsenige Säure wirkt dann auf dieses Oxyd und entzieht ihm einen Theil sei

nes Sauerstoffs. Die Masse wandelt gleichzeitig die Farbe, wird olivengrün, dann gelb, nachher bräunlich und zuletzt sehr lebhaft orangeroth. Dieses ist reines Kupferoxydul; gleichzeitig bildet sich Arseniksäure auf Kosten des Sauerstoffs vom Oxyde. Kalk und Baryt wirken ähnlich. Vom Ammoniak wird es vollständig gelöst; diese Lösung besitzt eine intensive blaue Farbe, was beweist, dass in diesem Falle sich keine Arseniksäure gebildet habe.*)

Nachdem die Ueberzeugung einmal gewonnen war, dass das Schweinfurther Grün eine Verbindung sei von Kupferoxyd mit arseniger und mit Essigsäure, wurde folgende Analyse damit angestellt. Der Anfang wurde mit gänzlicher Entziehung der anhangenden Feuchtigkeit gemacht; indem es eine Zeit lang in einer kleinen Schale auf ein von 1200 bis auf 1400 erhitztes Sandbad gestellt wurde. Als sein Gewicht bei zwei aufeinanderfolgenden Wägungen keine Veränderung erlitt, wurde ein Theil davon in einem kleinen Kolben mit verdünnter Kalilösung zum Sieden gebracht. Die Zersetzung trat ein und bot alle vorhin erwähnten Farbenveränderungen dar. Das Kupferoxydul gab, auf einem Filter gut ausgewaschen und zum Rothglühen erhitzt, das Gewicht des Oxydes an.

Schwieriger ist die Bestimmung der arsenigen Säure. Als einfachstes Mittel erscheint Zerlegung der mit überschüssiger Salzsäure versetzten alkalischen Flüssigkeit durch einen Strom von Schwefelwasserstoffgas, bis aller Arsenik als Sulphuret gefällt ist. Dieses Verfahren gewährt indess keine scharfe Genauigkeit; in der That muss der Niederschlag, da der auf Kosten des Kupferoxydes gebildeten Arseniksäure stets noch arsenige Säure beigemengt ist, aus einem Gemenge von Sulphid und Sulphuret bestehen, deren Verhältniss zwar wohl nach der bekannten Sauerstoffmenge, welche vom Kupferoxyd an die arsenige Säure abgetreten worden, berechnet werden könnte; bekanntlich geht aber die Zerlegung der arseniksauren Salze durch Schwefelwasserstoff nur sehr langsam von Statten. Die

* Um so viel möglich die Wirkung der Luft auszuschliessen, wurde das Schweinfurther Grün in eine ganz mit Ammoniak angefüllte kleine Rühre gebracht, die man unmittelbar nachher zupfropfte. Derselbe Versuch, mit Kupferoxydul angestellt, erzeugte nur eine lichte Färbung.

Arbeit kann an 6 bis 8 Stunden dauern, selbst wenn nur 11⁄2 bis 2 Gramme der Substanz behandelt werden, und während dieser Zeit ist nicht zu verhindern, dass nicht ein Theil des Schwefelwasserstoffs in der Flüssigkeit sich auflöse, in Berühmit der Luft sich zersetze und Schwefel fallen lasse, der sonach dem Schwefelarsenik sich beimengt; dieser müsste folglich nach dem Wägen erst noch analysirt werden.

Bessere Resultate gewährte die Zersetzung des Schweinfurther Grüns durch trockenes Salzsäuregas. Die Substanz wurde in eine Glaskugel gebracht, welche in der Mitte einer Röhre ausgeblasen war, deren eines Ende mit dem Gasentwicklungs-Gefässe verbunden wurde, während das andere rechtwinkelig gebogen, in Wasser eintauchte, welches in einem kleinen Kolben vorgeschlagen war. Die Zersetzung wurde anfangs kalt bewerkstelligt; es bildete sich Kupferchlorid von gelblich brauner Farbe und Arsenikchlorid, welches, in Form eines klaren Oeles, die Röhre entlang in den Ballon herabfloss. Im Momente seiner Berührung mit dem Wasser zersetzt es sich in Salzsäure und in arsenige Säure, welche in kleinen weissen körnigen Krystallen sich niederschlägt. Gegen das Ende der Operation erhitzt man die Kugel mit einer Weingeistlampe, um den Rest des Arsenikchlorürs zu verjagen; die Hitze muss aber sehr gemässigt werden, weil sonst ein Theil des Kupferchlorides sich verflüchtigen oder wenigstens in Chlorür sich umwandeln könnte. Dabei würde zugleich Chlorentwickelung stattfinden, und man würde Gefahr laufen, etwas Arseniksäure-in dem Ballon zu erhalten. Ist die Arbeit gut zu Ende geführt, so löst man die arsenige Säure auf und fällt sie vermittelst Schwefelwasserstoffgases aus.

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Es blieb nun blos noch die Essigsäure zu bestimmen übrig. Durch Subtraction konnte man sie nicht wohl ermitteln, weil das Grün Wasser enthalten konnte, und alle directe Wege, welche versucht wurden, führten zu sehr zweifelhaften Resultaten.

Das einzige Verfahren, welches leidlich gelang, ist folgendes: Man löst das Grün in der möglichst kleinsten Quantität schwacher Schwefelsäure auf, mit der Vorsicht, die Operation hinreichend langsam zu bewerkstelligen, damit das Gemenge sich nicht erhitzen könne, weil ausserdem die freigewordene

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