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Diese Mineralquelle entspringt an der äussersten Grenze des Cantons Waadt, oberhalb St. Maurice, etwa 20 Minuten vom Dorfe Lavey und 5 Minuten nördlich vom Weiler von Elex, in dem Strombette der Rhone selbst. Sie ward im Monat Februar des Jahres 1831 durch einige Arbeiter, welche bemüht waren, einige behufs des Forellenfangs innerhalb des Stroms angelegte Wehre wieder herzustellen, entdeckt. Als sie nämlich bei dieser Arbeit einige grosse Steine hinwegräumten, gewahrten sie heisses Wasser, welches zwischen solchen durchsinterte. Sie zeigten diess dem zeitigen Bergwerks- und Salinen-Director Herrn von Charpentier sofort an, der sich auch am ersten des Monats März an Ort und Stelle zur genauern Untersuchung jener so merkwürdigen Erscheinung begab. Zufälliger Weise hatten aber mehrere Tage zuvor starke Regengüsse die Rhone dermaassen gesteigert, dass ihr nunmehriger Wasserstand diejenige Stelle, aus welcher das heisse Wasser hervordrang, über zwei Fuss hoch bedeckte. Herr von Charpentier begnügte sich daher, ihren Gehalt dadurch vorläufig zu untersuchen, dass er einige Silbermünzen hineintauchte, welche sofort eine goldgelbe Farbe annahmen und hierdurch das Vorhandensein von geschwefeltem Wasserstoffgas beurkundeten. Von diesem Zeitpuncte an stieg die Rhone so sehr, dass ihre Gewässer zuletzt die in ihrem Bette vorhandene heisse Mineralquelle etwa 12 Fuss hoch bedeckten; so dass man alle fernere Untersuchungen bis auf den nächsten Winter aufschieben musste. Die Regierung des Canton Waadt trug hierauf dem Herrn von Charpentier die genauere Untersuchung jener fraglichen Mineralquelle auf.

Die Lokalität, woselbst sie sich befindet, legte einer solchen Untersuchung grosse Hindernisse in den Weg; denn erstlich ist der Strom an der Stelle, wo die Quelle, etwa in der Entfernung eines Drittels seiner ganzen Breite, zu Tage bricht, zwischen zwei Felsenwände eingeschlossen, die dessen Schnelligkeit sehr vermehren; und zweitens pflegt der Unterschied seines Wasserstandes, nach Maassgabe seines Fallens und Steigens wohl 12 Fuss zu betragen; aus welchen Umständen es folglich sattsam hervorgeht, wie schwer es fallen musste, diese Thermalquelle im Strombette der Rhone selbst aufzufangen und ausserhalb desselben zur weitern Benutzung zu leiten.

Es kam also hierbei zuvörderst darauf an, die warme Quelle selbst aufzufangen und zu verhindern, dass sie sich mit dem kalten Rhonewasser vermische. Herr von Charpentier liess daher zuerst in der Nähe des Ufers einen Brunnen von hinreichender Tiefe und Ausdehnung zur Aufnahme dieser Quelle graben. Als man bei dieser Operation bis etwa auf 12 Fuss Tiefe gelangt war, stiess man auf eine Schicht harten Kieses, aus welchem innerhalb eines Bereiches von etwa 51⁄2 Fuss Länge und 4 Fuss Breite, aus mehreren vertikalen röhrenförmigen Oeffnungen, in welche man, ohne auf Hindernisse zu stossen, 15 Fuss lange Stäbe hineinstossen konnte, heisses Wasser hervorsprudelte. Herr von Charpentier liess hierauf diesen Abschnitt sofort in ein Behältniss einschliessen, das mit der grössten Sorgfalt angelegt und von grosser Haltbarkeit war. Dasselbe ist aus grossen Felsenblöcken erbaut, deren einige sogar 60 bis 80 Kubikfuss enthalten, welche durch starke Stämme von Lerchenbäumen zusammengehalten werden,

Man versuchte es hiernächst, die auf diese Weise aufgefangene Thermalquelle vermittelst einer Röhre, die etwa 5 Zoll im Durchmesser hielt, in die Höhe zu leiten; allein sie hatte kaum eine Höhe von 2 Fuss über den niedrigsten Wasserstand des Stroms erreicht, als sie bedeutend an Gehalt verlor, und man nunmehr diese Operation ganz aufgeben musste. Es war überdiess unmöglich, eine Pumpe innerhalb des Stroms zu ihrer Leitung anzubringen, und es blieb folglich zu ihrer endlichen Benutzung nur noch das einzige Mittel übrig, sie vermittelst eines unterirdischen. Kanals aus dem Behältniss, worin man się aufgefangen hatte, dorthin zu leiten, wo man sie eigentlich benutzen wollte.

Diese Arbeit ist auch im darauf folgenden Winter unter der so einsichtsvollen Leitung des Herrn von Charpentier, und durch den Eifer der dabei angestellten Eingebornen glücklich ausgeführt worden. Der Ableitungskanal zählt 1711 Fuss Länge und dessen Fall beträgt 2 Fuss 8 Zoll und 9 Linien. Sein Anfangspunct hat 15 Fuss Tiefe und befindet sich in einem aus Geschieben gebildeten Boden, der ohne alle Cohäsion ist, und die Arbeit sehr erschwert, wo nicht unmöglich gemacht haben würde, wenn man nicht zufälliger Weise im Monat März durch eine sehr trockene Witterung begünstigt worden wäre. Die

relative Tiefe dieses Kanals nimmt nach Maassgabe der successiven Senkung des Terrains dermaassen ab, dass sie auf einer Ausdehnung von etwa 30 bis 40 Toisen nur noch 5 bis 3 Fuss beträgt. Der Punct, wo er sammt der Quelle gegenwärtig mündet, heisst: en Prècles in der Gemeinde Lavey, welcher Punct etwa 1 Stunde von Bex und eine halbe Stunde vom Dorfe Lavey, geradeüber von St. Maurice liegt.

Hierauf, ward von Seiten der Regierung dem Chemiker Herrn Baupp zu Vevey der Auftrag ertheilt, diese Thermalquelle chemisch zu untersuchen, und Folgendes sind die Resultate seiner Analyse:

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NB. Die Gase wurden unter der Temperatur von ◊ und unter dem Druck von 76 Centimetr. gemessen. Das spezifische. Gewicht betrug 1,000102.

Die Temperatur des Wassers betrug in der Entfernung von etwa 60 Schritten von der Quelle 450 - 50 des hunderttheiligen Thermometers, und 34-37 der Reaumurschen Skala.

Am 29. April desselben Jahres fiel die Temperatur dieser Quelle im Augenblicke des niedrigsten Wasserstandes bis auf 29 Grad, worauf sie abermals gesteigert ward, aus welchem Umstand man zu folgern geneigt sein möchte, dass der mindere oder grössere Druck des Stromes auf ihre Temperatur bedeutend einwirke. Dieser Druck schien ebenfalls einige Wirksam

* In wie viel Wasser?

D. Red.

keit auf die Quantität des in den Kanal eindringenden Quellwassers zu äussern; denn am 29. April gab sie nur 15 Quart in der Minute, während sie späterhin 20 und mehrere Quart lieferte. Man glaubte anfänglich den Grund zu dieser Verminderung in der periodischen Durchsinterung des Quellwassers in den Einfassungsbrunnen suchen zu müssen, indem man sich zu dessen Erbauung eines nicht gleichhaltigen bindenden Lehms bedient hatte; allein genauere Beobachtungen werden es lehren, worin eigentlich der Grund zu einer ähnlichen Erscheinung liegt.

Was nun 'die Nutzanwendung dieser Thermalquelle anbetrifft, so erhielt der Herr Dr. von La Harpe von Seiten der Regierung den Auftrag, einen Bericht hierüber an den Sanitätsrath des Cantons abzustatten, den ich hier in einer freien Uebersetzung aus einem Schweizer-Journale *) mittheilen werde.

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Herr von La Harpe sagt nämlich; Nachdem ich von Seiten des Sanitätsraths aufgefordert worden war, einen Bericht über die Brauchbarkeit der bereits durch Herrn Baupp analysirten Thermalquelle anzustellen, begab ich mich nach Bex, von wo aus ich nach Lavey ging und an Ort und Stelle sowohl über die Lokalität der Quelle, als auch über ihre etwanige Nutzanwendung Beobachtungen anstellte, Was nun jene anbetrifft, so ist die Gegend, woselbst die gegenwärtig angelegten Bäder sich befinden, dürre und traurig, denn sie befinden sich auf einer schmalen sandigen Landzunge und sind dem Reflex der brennenden Sonnenstrahlen, welche von den sie umgebenden schroffen Felsen abprallen, so wie den hier hausenden Windstössen und Luftzuge stets ausgesetzt; welche Umstände den Aufenthalt hierselbst minder angenehm, als in andern Bädern machen: allein es steht zu erwarten, dass die Kunst hier mit der Zeit einschreiten und Lokalverbesserungen anbrin¬ gen wird, Ueberdies" fährt Herr von La Harpe fort, verliert das Wasser in dieser Entfernung von dem Punkte, wo es zu Tage bricht, bedeutend von seiner Wärme, und wollte man diesem Uebelstande dadurch abhelfen, dass man die Bäder in der Nähe der Quelle selbst anlegte, so würde man

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Siehe: Journal de la Société Vaudoise d'utilité publique, faisant suite à la feuille du Canton de Vaud, publié par Monsieur Chavannes, Professeur à Lausanne 1832. Septemberheft, Seite 6, und Novemberheft, S. 61,

solche, wie diess Herr von Charpentier bereits so richtig bemerkte dem Verderben der Rhonegewässer, den Lavinen und dem Sturze der Felsenblöcke und Gerölle der hier näher gelegenen Berge preisgeben *)."

"

,,Der periodische Wechsel der Temperatur jener Thermalquelle hängt wohl mit von dem Einflusse ab, den die eisigen Gewässer der Rhone zur Zeit auf sie ausüben, und muss jene folglich nach Massgabe dessen sich verringern, als diese durch die starke Schmelzung des Schnees gesteigert werden. Man hofft aber diesem Uebelstande dadurch künftig einigermaassen abhelfen zu können, wenn man die das Wasser leitenden Röhren, mit schlecht Wärme leitenden Materialien, als zum Beispiel mit Kohlenstaub oder Lehm umgiebt, oder solche von bedeutendem Durchmesser anfertigt und ausserhalb stark verkohlt, und dem Wasser selbst einen schnellen Abfluss zu verschaffen sucht. Da der Wasserstrahl der Quelle eine Röhre, die etwa 13 bis 15 Linien im Durchmesser hält, ausfüllt, so dürfte es rathsam sein, das Wasser nur in grossen Massen zu vereinigen, damit es sich nicht zu schnell abkühlen könne."

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Was nun ihre eigentliche Heilkraft anbetrifft" fährt Herr von La Harpe fort, so ertheilt ihr der geringe Gehalt an schwefelsaurem Kalk, der Mangel an kohlensaurem Natrum und das ihr beigemischte Seesalz wohl nicht eine gleiche Wirkung, als die der Heilquelle von Schinznach; allein vergleicht man sie dagegen mit den Quellen von Pfeffers im Canton St. Gallen, Aix in Savoyen und Plombières in Frankreich,

*) Referent ist dennoch der Meinung, dass man die Bäder ohne grosse Gefahr der Quelle näher anbringen könnte; indem sich jene angeblichen Gefahren leicht durch zweckmässige Vorkehrungen beseitigen liessen. Hierdurch könnte man das Wasser beinahe in dessen ursprünglichem Grade von Wärme benutzen, und würde die Kunst, eben so wie dort, zur Verschönerung der Umgegend, die nicht hässlicher als die des gegenwärtigen Standpunctes der Bäder ist, beitragen. Schade, dass die Quelle nicht näker am Dorfe Lavey, das reizend ist, zu Tage bricht; allein da dessen Entfernung nicht bedeutend ist, 50 würde man den Badeplatz durch Alleen und andere Anlagen sehr leicht mit diesem hübschen Orte in Verbindung setzen können. Auf jeden Fall hält dieses Bad wohl den Vergleich mit den Bädern von Baden in der Schweiz, Pfeffers im Appenzeller- und Leuk im Walliserlande aus, die dennoch wegen ihrer Heilkräfte so häufig besucht

werden.

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